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Neuroradiologie: „Die Musik spielt nicht nur im Kopf, sondern auch im peripheren Nervensystem“

Magnus Schindehütte und seinem interdisziplinären Team aus der Neuroradiologie des UKW – unter der Leitung von Prof. Dr. Mirko Pham – sowie dem Biozentrum der Universität Würzburg ist es erstmals gelungen, mithilfe von Deep Learning Algorithmen ein neuronales Netz zu trainieren, das Spinalganglien in MRT-Bildern automatisch segmentiert. Spinalganglien sind Ansammlungen sensorischer Nervenzellkörper im peripheren Nervensystem. Diese kombinierte MRT- und KI-basierte Methode ist ein erster Schritt, um künftig neuronale Aktivität in vivo sichtbar zu machen, zum Beispiel über bildgebende Marker elektrischer Erregung. Die in der renommierten Fachzeitschrift NeuroImage veröffentlichte Studie ist insbesondere für die Schmerzforschung von Bedeutung. Durch die standardisierte Analyse können Nervenstrukturen von Patienten künftig besser auf krankhafte Veränderungen untersucht werden.

Porträt von Magnus Schindehütte in weißer Arztkluft vor Grünpflanze
Dem angehenden Facharzt für Neuroradiologie und Clinician Scientist, Magnus Schindehütte, und seinem Team ist es erstmals gelungen, mithilfe von Deep Learning Algorithmen ein neuronales Netz zu trainieren, das Spinalganglien in MRT-Bildern automatisch segmentiert. © IZKF
Die Grafik zeigt auf drei Bildern, wo die lumbosakralen Spinalganglien liegen und wie sie aussehen.
A) Schematischer Überblick über die lumbosakralen Spinalganglien (dorsal root ganglia, DRG) der Wirbelkörperhöhen L5 und S1. B) Darstellung der lumbosakralen DRG im MRT. C) 3D Rendering der DRG (gelb), der angrenzenden Nervenstrukturen (grau) und des Durasacks (weiß). © Aliya C. Nauroth-Kreß et al, Automated segmentation of the dorsal root ganglia in MRI, NeuroImage, 2025, https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2025.121189
Eine Hand zeichnet mit einem Stift auf einer MRT-Aufnahme des lumbosakralen Rückenmarkssegments S1 die Spinalganglien grün und gelb ein.
Um das KI-Modell zu trainieren, wurden die Spinalganglien auf den MRT-Aufnahmen vorher manuell annotiert. Dazu ordneten drei Experten unabhängig voneinander auf einem Grafiktablett die sogenannten Voxel den Nervenstrukturen zu. © Kirstin Linkamp

Würzburg. Wenn Magnus Schindehütte auf neuroradiologischen Kongressen seine Forschungsergebnisse vorstellt, ist es immer wieder eine Überraschung, welcher Sektion die Beiträge zugeordnet werden. Denn noch ist sein Forschungsgebiet eine Nische. Die neuroradiologische Forschung der letzten Jahrzehnte habe sich insbesondere auf den Kopf bzw. das zentrale Nervensystem konzentriert, sagt Schindehütte. Er dagegen interessiert sich für die Bildgebung im peripheren Nervensystem, insbesondere der Spinalganglien – kurz DRG für dorsal root ganglia. Das sind Ansammlungen von sensorischen Nervenzellkörpern, die sich an der hinteren (dorsalen) Nervenwurzel befinden, kurz bevor diese in das Rückenmark eintritt. Die Neuronen der DRGs empfangen Reize über ihre peripheren Fortsätze und leiten sie über zentrale Axone an das Rückenmark weiter. Die DRGs spielen also eine zentrale Rolle bei der Weiterleitung von Schmerzsignalen vom peripheren zum zentralen Nervensystem, über das Rückenmark bis ins Gehirn. „Das DRG ist die erste Station im Nervensystem, an der Schmerzreize verarbeitet und weitergeleitet werden – eine Schlüsselstelle für das Verständnis, die Diagnose und die Therapie von Schmerzerkrankungen“, betont Magnus Schindehütte.

Der Clinician Scientist in der Neuroradiologie des Uniklinikums Würzburg (UKW) hat mit einem interdisziplinären Team als Seniorautor eine methodische Studie in der renommierten Fachzeitschrift NeuroImage veröffentlicht. Darin stellen die Forscher ein KI-basiertes Modell zur automatischen Erkennung und Segmentierung von Spinalganglien in MRT-Bildern vor. Diese Innovation erleichtert die Beurteilung der Spinalganglien erheblich und eröffnet neue diagnostische Möglichkeiten, insbesondere in der Schmerzmedizin.

Deep Learning Algorithmus segmentiert die Region of Interest (ROI) robust, schnell und frei von menschlichem Bias

Die Studie konzentrierte sich auf die Spinalganglien der lumbosakralen Rückenmarkssegmente L5 und S1, die im unteren Abschnitt der Wirbelsäule liegen und an der Weiterleitung sensorischer Signale aus den unteren Extremitäten beteiligt sind.
„Was früher oft als unscheinbare Knubbel an der Wirbelsäule abgetan wurde, rückt heute – dank großer Fortschritte in der Bildgebung – immer mehr in den Fokus der Wissenschaft. Die DRGs sind zwar immer noch schwer zu erfassen, weil sie sich mit jeder Atembewegung leicht verschieben, aber die Aufnahmen sind inzwischen so hochauflösend, dass man die Strukturen viel klarer abgrenzen kann“, erklärt Schindehütte.

Die MRT-Aufnahmen seines Teams erreichen eine isotrope Auflösung von 1 × 1 × 1 mm – jedes sogenannte Voxel, also ein dreidimensionaler Bildpunkt, entspricht dabei einem Würfel mit jeweils einem Millimeter Kantenlänge. Um das KI-Modell zu trainieren, markierten Schindehütte und sein Team die Voxel, die sie den Nervenstrukturen zuordneten, manuell mit einem Grafiktablett – eine aufwendige, aber notwendige Vorarbeit für den Deep Learning Algorithmus.

Es sei gar nicht so einfach, die Spinalganglien – die Schaltzentralen der sensorischen Nervenbahnen – von der „Autobahn“ der vorbeiziehenden Nervenfasern abzugrenzen, erklärt Schindehütte. Die so genannte Region of Interest (ROI) sieht bei jedem Menschen etwas anders aus, was die Segmentierung zusätzlich erschwert. Jedes Bild wurde deshalb von drei Experten manuell annotiert. Aus ihren Bewertungen entstand eine Referenz, eine sogenannte Ground Truth, mit der das neuronale Netz trainiert wurde – immer und immer wieder.

Mit Erfolg: Inzwischen erkennt und segmentiert der Deep Learning Algorithmus (nnU-Net) nicht nur die ursprünglichen Trainingsdaten, sondern auch neue MRT-Bilder - und zwar sowohl von gesunden als auch von erkrankten Personen. Dabei arbeitet das System robust, schnell und weitgehend standardisiert – eine wichtige Grundlage für eine objektive und reproduzierbare Diagnostik.

Segmentierung ermöglicht Volumen- und Signalauswertung der DRGs

Ein wichtiger diagnostischer Aspekt ist die Signalintensität der Spinalganglien – also wie hell oder dunkel sie in bestimmten MRT-Sequenzen erscheinen. Bei der Multisystemerkrankung Morbus Fabry zum Beispiel zeigen die DRGs in flüssigkeitssensitiven, sogenannten T2-gewichteten Aufnahmen eine erhöhte Signalintensität – ein Muster, das der KI-Algorithmus zuverlässig erkannte.
Eine mögliche Hypothese: Abbauprodukte, die sich bei Fabry-Patienten im Gewebe anreichern, lagern sich auch in den DRGs ab. Im Zellmodell konnten solche Ablagerungen bereits nachgewiesen werden.

Darüber hinaus können auch Volumenveränderungen – etwa Atrophien – die Spinalganglien betreffen. In einer weiteren Arbeit zeigte Magnus Schindehütte gemeinsam mit einem Team vom Zentrum für Interdisziplinäre Schmerzforschung (ZIS), dass das Spinalganglion, das die Zellkörper jener Nerven enthält, die die Leistenregion versorgen, bei chronischen postoperativen Leistenschmerzen deutlich schrumpft.

Clinician Scientist in KFO5001 ResolvePAIN

Gerade für die Schmerzforschung sind Fortschritte in der Bildgebung der Spinalganglien und deren automatisierte Auswertung von großer Bedeutung. Daher wird Magnus Schindehütte im Rahmen des Clinician Scientist Programms vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) gefördert. Diese Förderung ist in seinem Fall eingebettet in die Klinische Forschungsgruppe KFO5001 ResolvePAIN am UKW, die von Prof. Dr. Heike Rittner und Prof. Dr. Claudia Sommer geleitet wird.

Diese Förderung ermöglicht es ihm, neben seiner Facharztausbildung kontinuierlich an seiner Forschung zu arbeiten. Nachdem er sich zunächst mit morphologischen Parametern wie Größe und Signalintensität beschäftigt hat, interessieren ihn nun zunehmend funktionelle Fragestellungen: Wie verarbeiten die DRGs Schmerzreize? Was passiert bei der Schmerzentstehung – und was bei der Linderung?
„Schmerz ist immer subjektiv. Wir versuchen, ihn bildgebend zu erfassen und damit einen Surrogatmarker für die Schmerzverarbeitung zu identifizieren. Wenn wir verstehen, was physiologisch im DRG passiert, können wir künftig gezielter über therapeutische Ansätze nachdenken“, erklärt Magnus Schindehütte.

Als Seniorautor der Studie lieferte er gemeinsam mit dem Team der Neuroradiologie die klinische und bildgebende Expertise. Für die technische Umsetzung sorgte das Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Center for Computational and Theoretical Biology, CCTB) – allen voran Dr. Philip Kollmannsberger und Aliya C. Nauroth-Kreß als Erstautorin.

Erste Schritte zu einer breiteren Anwendung

„Unser Methodenpapier zeigt, dass es einen wissenschaftlichen Bedarf für eine objektive Auswertung der Spinalganglien gibt“, sagt Magnus Schindehütte. „Unser trainiertes Netz ist frei zugänglich und kann anderen Zentren helfen, standardisierte Auswertungen durchzuführen – auch international. Damit schaffen wir die Grundlage für eine verlässliche Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Einrichtungen und Studien – und einen weiteren Beleg dafür, dass in der Neuroradiologie die Musik nicht nur im Kopf, sondern auch im peripheren Nervensystem spielt.“

Text: KL / Wissenschaftskommunikation

Publikation:
Aliya C. Nauroth-Kreß, Simon Weiner, Lea Hölzli, Thomas Kampf, György A. Homola, Mirko Pham, Philip Kollmannsberger, Magnus Schindehütte. Automated segmentation of the dorsal root ganglia in MRI. NeuroImage, Volume 311, 2025, 121189. ISSN: 1053-8119. doi.org/10.1016/j.neuroimage.2025.121189
 

Porträt von Magnus Schindehütte in weißer Arztkluft vor Grünpflanze
Dem angehenden Facharzt für Neuroradiologie und Clinician Scientist, Magnus Schindehütte, und seinem Team ist es erstmals gelungen, mithilfe von Deep Learning Algorithmen ein neuronales Netz zu trainieren, das Spinalganglien in MRT-Bildern automatisch segmentiert. © IZKF
Die Grafik zeigt auf drei Bildern, wo die lumbosakralen Spinalganglien liegen und wie sie aussehen.
A) Schematischer Überblick über die lumbosakralen Spinalganglien (dorsal root ganglia, DRG) der Wirbelkörperhöhen L5 und S1. B) Darstellung der lumbosakralen DRG im MRT. C) 3D Rendering der DRG (gelb), der angrenzenden Nervenstrukturen (grau) und des Durasacks (weiß). © Aliya C. Nauroth-Kreß et al, Automated segmentation of the dorsal root ganglia in MRI, NeuroImage, 2025, https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2025.121189
Eine Hand zeichnet mit einem Stift auf einer MRT-Aufnahme des lumbosakralen Rückenmarkssegments S1 die Spinalganglien grün und gelb ein.
Um das KI-Modell zu trainieren, wurden die Spinalganglien auf den MRT-Aufnahmen vorher manuell annotiert. Dazu ordneten drei Experten unabhängig voneinander auf einem Grafiktablett die sogenannten Voxel den Nervenstrukturen zu. © Kirstin Linkamp

Erstmaliger Nachweis eines lokalen Biomarkers zur Vorhersage schwerer Schlaganfallverläufe

Interdisziplinäres Würzburger Team aus Neuroradiologie und Neurologie identifiziert das Enzym MMP-9 direkt in Blutgefäßen des betroffenen Hirnareals als entscheidenden Biomarker für schwerste Schlaganfallverläufe nach mechanischer Gerinnselentfernung, noch bevor therapeutische Schritte erfolgen.

Das Forscher-Team im Labor
An der Studie beteiligte Forscher am Fluoreszenzmikroskop mit aktiven MMP-9 positiven Entzündungszellen aus einem betroffenen Hirngefäß (v.l.n.r.): Alexander Kollikowski, Michael Schuhmann, Guido Stoll und Mirko Pham. © Vivian Vogt
MMP-9-expressierende Zellen unterm Fluoreszenzmikroskop
Erstmalige Beobachtung stark MMP-9-expressierender neutrophiler Granulozyten aus einer betroffenen Hirnregion bei hyperakutem ischämischem Schlaganfall. © Alexander Kollikowski

Würzburg. Plötzliche Lähmung, Taubheit, Verwirrung, Geh-, Sprach- und Sehstörungen können auf einen Schlaganfall hinweisen, der schnellstmögliche medizinische Hilfe erfordert. Bei einem ischämischen Schlaganfall, der einen Großteil der Schlaganfälle ausmacht, wird ein Teil des Gehirns aufgrund einer Unterbrechung der Blutversorgung geschädigt. Das wirkstärkste Therapieverfahren ist die mechanische Thrombektomie, die allein oder in Kombination mit medikamentöser Thrombolyse durchgeführt werden kann. Dabei wird das für den Schlaganfall verantwortliche Gerinnsel mittels eines interventionell-radiologischen Katheterverfahrens - minimalinvasiv - aus dem betroffenen Blutgefäß des Gehirns entfernt und die Blutversorgung wiederhergestellt. 

Risiken für Komplikationen nach einem Schlaganfall 

Auch bei schneller und effizienter Behandlung können bedauerlicherweise im Verlauf bisher unvorhersehbare, schwerwiegende Komplikationen auftreten, wie beispielsweise eine raumfordernde Blutung im betroffenen Hirnareal oder neurologische Beeinträchtigungen mit hohem Behinderungsgrad aufgrund ausgedehnter Gewebeschäden. Obwohl allgemeine Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder eine lange Zeitdauer bis zum Therapiebeginn in nachträglichen Analysen einiger Therapiestudien zur mechanischen Thrombektomie beschrieben wurden, ist bisher noch nicht verstanden, welche individuellen Faktoren dazu führen, dass bestimmte Patientinnen und Patienten ein höheres Risiko für schwere Verläufe haben. Deshalb war es bisher noch nicht möglich, die klinische Praxis für potenzielle Risikogruppen frühzeitig und individuell anzupassen. 

Sogenannte Matrix-Metalloproteinasen (MMP) werden seit langem mit Blutungskomplikationen und neurologischen Beeinträchtigungen nach einem ischämischen Schlaganfall in Verbindung gebracht. Allerdings existieren noch keine Studien, welche die früheste Freisetzung dieser Enzyme direkt in den vom Schlaganfall betroffenen Hirnregionen und ihre prognostische Bedeutung in einem therapeutischen Kontext untersucht haben.

Intravaskuläre weiße Blutkörperchen - neutrophile Granulozyten - als Quelle von MMP-9 identifiziert 

Das hat Dr. Alexander Kollikowski vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) nun gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Schuhmann, Leiter des klinischen Labors der Neurologie, und der interdisziplinären neurovaskulären Arbeitsgruppe geändert. Ihre Forschungsergebnisse zu verschiedenen Matrixmetalloproteinasen und ihrer prognostischen Relevanz, die anhand von winzigen Blutproben direkt aus dem Gehirn von Schlaganfallpatientinnen und -patienten gewonnen wurden, noch bevor das Gerinnsel mechanisch entfernt wurde und das wiedereinströmende Blut die Situation vor Ort massiv verändert hätte, wurden in eBioMedicine, dem translationalen Fachjournal der international führenden Lancet-Gruppe, veröffentlicht. 

Das endovaskuläre Schlüsselverfahren hierzu hatte das interdisziplinäre Team in mehrjähriger Vorarbeit etabliert. Dabei konnten die Forschenden erstmals belegen, dass beim Menschen während eines Schlaganfalls eine sofortige massive Entzündungsreaktion im Gehirn stattfindet, die durch bestimmte Botenstoffe sowie eine Immunzellinvasion in das abgeriegelte Gefäßsystem über Umgehungskreisläufe charakterisiert ist. Nun haben die Forschenden aus Würzburg bei ihrer Analyse von 264 Proben von 132 Schlaganfallpatientinnen und -patienten belegen können, dass von eindringenden Neutrophilen, einer Art weißer Blutkörperchen, enzymatisch aktive Matrixmetalloproteinase (MMP)-9, nicht aber das zur gleichen Enzymfamilie gehörende MMP-2, in die Blutgefäße des betroffenen Hirnareals freigesetzt wird.

Lokale Freisetzung von MMP-9 ist ein Prädiktor für schwerste Verläufe

Und tatsächlich: „Die lokale Freisetzung von MMP-9 vor Thrombektomie war ein starker unabhängiger Prädiktor für raumfordernde Einblutungen und schwerste Behinderung oder Tod im frühen klinischen Verlauf trotz erfolgreicher Rekanalisation“, schildert Alexander Kollikowski. „Die Daten aus den gewonnen Proben deuten darauf hin, dass lokal stärkste Konzentrationserhöhungen von MMP-9 einen erheblichen Informationswert für die Vorhersage dieser Ereignisse haben, womit wir erstmals einen Konzeptnachweis für früheste lokale Biomarker vor einer therapeutischen Rekanalisation erbracht haben.“ Damit ist örtlich freigesetztes MMP-9 ein pathophysiologisch relevanter Biomarker zur Identifizierung der klinisch relevantesten Hochrisikogruppen für schwere Verläufe nach einer mechanischen Thrombektomie, noch bevor die eigentlich therapeutischen Schritte eingeleitet werden, um den Blutfluss zum betroffenen Hirnareal wiederherzustellen. 

Für diesen Befund gibt es eine plausible Erklärung aus der Grundlagenforschung: Es ist seit langem bekannt, dass MMP-9 die schützende Blut-Hirn-Schranke schwer schädigen kann, was wiederum eine erhöhte Blutungsneigung zur Folge hat. Michael Schuhmann resümiert: „Unsere Ergebnisse haben damit weitreichende Implikationen für die zukünftige präklinische und klinische Schlaganfallforschung, insbesondere für die Implementierung erweiterter Behandlungskonzepte für die Akutphase zur Verbesserung des Outcome. Im Rahmen weiterführender Untersuchungen zeichnen sich schon jetzt vielfältige erweiterte Konzepte für zukünftige Schlaganfalltherapien ab.“

Forschungsförderung

Diese Untersuchungen wurden durch das Interdisziplinäre Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums Würzburg (Projekt T-516; Kollikowski/Schuhmann: Integration von zerebraler Hämodynamik, Hämorheologie und Inflammation im hyperakuten Schlaganfall) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG  (TR240 Projekt B02; Stoll/Pham: Thrombozyten-abhängige Schädigungs- und Schutzmechanismen im akuten Schlaganfall) gefördert. Aktuell wird Michael Schuhmann durch die Hentschel-Stiftungsprofessur unterstützt.

Zahlen, Daten und Fakten zum Schlaganfall

Jedes Jahr erleiden etwa 250.000 bis 300.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Laut Robert-Koch-Institut hatten bereits 2,5 Prozent der Erwachsenen hierzulande einen Schlaganfall, das entspricht einem von 40 Menschen in Deutschland. Trotz Fortschritten in der Vorsorge und Behandlung wird die globale Krankheitslast infolge von Schlaganfällen bis zum Jahr 2050 stetig ansteigen, sodass es zu diesem Zeitpunkt weltweit rund 200 Millionen Überlebende von Schlaganfällen geben wird, einhergehend mit jährlich über 30 Millionen Neuerkrankungen und 12 Millionen Todesfällen. Weitere Informationen: Deutsche Schlaganfall Gesellschaft, Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe und Hentschel-Stiftung

Literatur; The Lancet Discovery Science:
Kollikowski, A. M. et al. MMP-9 release into collateral blood vessels before endovascular thrombectomy to assess the risk of major intracerebral haemorrhages and poor outcome for acute ischaemic stroke: a proof-of-concept study. EBioMedicine 103, 105095 (2024). doi.org/10.1016/j.ebiom.2024.105095 

Text: Kirstin Linkamp 
 

Das Forscher-Team im Labor
An der Studie beteiligte Forscher am Fluoreszenzmikroskop mit aktiven MMP-9 positiven Entzündungszellen aus einem betroffenen Hirngefäß (v.l.n.r.): Alexander Kollikowski, Michael Schuhmann, Guido Stoll und Mirko Pham. © Vivian Vogt
MMP-9-expressierende Zellen unterm Fluoreszenzmikroskop
Erstmalige Beobachtung stark MMP-9-expressierender neutrophiler Granulozyten aus einer betroffenen Hirnregion bei hyperakutem ischämischem Schlaganfall. © Alexander Kollikowski

Neurovaskuläres Netzwerk Unterfranken gegründet

Am 1. Februar 2023 fand am Uniklinikum Würzburg (UKW) die Gründungsveranstaltung und konstituierende Sitzung des Neurovaskulären Netzwerks Unterfranken statt. Das interdisziplinär ausgerichtete Netzwerk bildet eine innovative überregionale Versorgungsstruktur für Patientinnen und Patienten mit neurovaskulären Erkrankungen, wie beispielsweise einem Schlaganfall oder komplexen Gefäßveränderungen. Diese sollen an spezialisierten Kliniken mittels dort etablierter Therapiekonzepte behandelt werden.

Gruppenbild Gründungsveranstaltung Neurovaskuläres Netzwerk Unterfranken
Zur Gründungsveranstaltung des Neurovaskulären Netzwerks Unterfranken kamen Vertreterinnen und Vertretern aus zahlreichen Krankenhäusern der Region am Uniklinikum Würzburg zusammen. Bild: UKW / Annika Wolf

Zahlreiche Krankenhäuser beteiligt

Am Neurovaskulären Netzwerk Unterfranken beteiligen sich das Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, das Rhön-Klinikum – Campus Bad Neustadt, das Helios-Klinikum Erlenbach, die Klinik Kitzinger Land, das Klinikum Main-Spessart Lohr, die Main-Klinik Ochsenfurt, das Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt, die Rotkreuzklinik Wertheim, das Klinikum Würzburg Mitte und das UKW.

Die enge Zusammenarbeit der Fachdisziplinen Neurologie, Neurochirurgie, Neuroradiologie, Kardiologie, Anästhesiologie und Gefäßchirurgie basiert auf der etablierten Zusammenarbeit im Telemedizinnetzwerk TRANSIT-Stroke, dem ein Großteil der am Neurovaskulären Netzwerk Unterfranken beteiligten Kliniken angehören.

 

Prof. Dr. Karl Georg Häusler zum Netzwerk-Sprecher gewählt

Im Rahmen der konstituierenden Sitzung wurde Prof. Dr. Karl Georg Häusler aus der Neurologische Klinik und Poliklinik des UKW (Direktor: Prof. Dr. Jens Volkmann) zum Sprecher des Neurovaskulären Netzwerks Unterfranken gewählt. Er soll dessen Arbeit in den nächsten drei Jahren koordinieren. In der Sitzung wurde vorgeschlagen, dass die Koordination der Netzwerkarbeit im Anschluss durch das Rhön-Klinikum – Campus Bad Neustadt erfolgen soll.

 

Arbeitsschwerpunkte des Neurovaskulären Netzwerks

Neben regelmäßigen Treffen zum fachlichen Austausch und zur Qualitätssicherung soll eine gemeinsame Behandlungsleitlinie für neurovaskuläre Erkrankungen implementiert werden, um die Patientenversorgung in Unterfranken und in angrenzenden Regionen Baden-Württembergs durch eine bestmögliche interhospitale Kooperation zu optimieren. Eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit mit außerklinischen Partnern wird im Rahmen des Neurovaskulären Netzwerks angestrebt – von den Erstversorgern bis hin zu den Ärztlichen Leitern des Rettungsdienstes in der Region. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Vorstand: Prof. Dr. Peter U. Heuschmann) werden Ärztinnen und Ärzte der beteiligten Netzwerk-Kliniken zudem wissenschaftliche Fragestellungen bearbeiten.

 

Zertifizierung durch die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft geplant

Noch im Jahr 2023 soll eine Zertifizierung des Neurovaskulären Netzwerks Unterfranken durch die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft beantragt werden, die seit 2018 Neurovaskuläre Netzwerke bundesweit zertifiziert.

Uniklinikum Würzburg: Teilnehmende für Hirnforschungsstudie gesucht

Das Uniklinikum Würzburg sucht für eine neurowissenschaftliche Studie gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mit modernen Technologien bislang verborgene Zusammenhänge zwischen Verhalten und Gehirnfunktion zu entdecken. Die Erkenntnisse könnten langfristig die Grundlage für bessere Therapien bei ADHS, Suchterkrankungen sowie weiteren psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen bilden.

„Die Rolle des Frontalkortex auf Verhaltensplanung (ROFKO)“ – so heißt eine aktuelle Studie am Zentrum für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Würzburg (UKW). Durchgeführt wird sie von der Arbeitsgruppe „Experimentelle Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie“ in Kooperation mit der Neuroradiologie und Neurologie des UKW. Der Arbeitsgruppenleiter, Prof. Dr. Lorenz Deserno, erläutert: „In der Studie untersuchen wir die Bedeutung einer bestimmten Hirnregion – des ventro-medialen präfrontalen Kortex – für die Fähigkeit, aus positiven und negativen Rückmeldungen zu lernen und Entscheidungen zu treffen. Dabei kombinieren wir Methoden der computationalen Neurowissenschaften mit modernen Bildgebungsverfahren, wodurch wir Zusammenhänge in Verhalten und Gehirnfunktion entdecken können, die bislang verborgen blieben.“ Studienarzt Dr. Hans-Christoph Aster ergänzt: „Wir erforschen damit die Grundlagen psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen, wie beispielsweise ADHS oder Suchterkrankungen. Auf lange Sicht könnten aus diesem Wissen bessere Therapiemöglichkeiten entwickelt werden.“

Einsatz von TMS und fMRT

Aktuell sucht das ROFKO-Forschungsteam noch weitere Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer. Sie sollten zwischen 18 und 40 Jahre alt sein sowie Rechtshänderinnen bzw. Rechtshänder. Außerdem müssen sie über gute Deutschkenntnisse verfügen. 

Während der insgesamt 180 bis 210 Minuten dauernden Studiensitzung wird bei ihnen mittels transkranieller Magnetstimulation (TMS) die Aktivität des Frontalkortex für einen kurzen Zeitraum beeinflusst. Anschließend spielen die Teilnehmenden zwei einfache Computerspiele, während gleichzeitig mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) die Aktivierungsmuster des Gehirns erfasst werden. 

Keine Gefährdungen durch die eingesetzten Verfahren 

„Beide Verfahren, TMS und fMRT, werden seit Jahrzehnten klinisch routiniert eingesetzt und gelten auch für die Anwendungen in der Forschung als sicher. Es sind keine langfristigen Gefährdungen oder Risiken bekannt“, betont Dr. Aster. 

Pro Stunde wird eine Vergütung von zehn Euro gezahlt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, bei den während der Messung absolvierten digitalen Spielen kleinere Geldbeträge zu gewinnen. Last but not least können die Probandinnen und Probanden die MRT-Bilder ihres Gehirns auf Wunsch mit nach Hause nehmen. 

Wer mehr über die Studie erfahren oder sich anmelden möchte, kontaktiert Dr. Aster unter E-Mail: Aster_H@ ukw.de 

Verleihung des DGNR-Interventionspreises 2021 an Dr. Alexander Kollikowski

Verleihung des DGNR-Interventionspreises 2021 an Dr. Alexander Kollikowski

Herr Dr. Alexander Kollikowski, Clinician Scientist (DFG-geförderte Projekte SFB TR240 B02 und UNION-CVD) am Institut für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, ist Preisträger des diesjährigen Interventionspreises der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie, der für innovative und herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der interventionellen Neuroradiologie vergeben wird.

Herrn Dr. Kollikowski gelang es nach aufwändiger Methodenetablierung in seinen interventionell-translationalen Arbeiten die „pathophysiologische Relevanz der lokalen Immunantwort während des akuten ischämischen Schlaganfalls“ aufzuzeigen  und experimentelle Konzepte zur Immunantwort im ischämischen Schlaganfall erstmals direkt im humanen System nachzuweisen.

Herzlichen Glückwunsch an den Preisträger!

Das Uniklinikum Würzburg sucht gesunde Proband*innen

Im Zusammenhang mit der Forschung zur Stoffwechselerkrankung Morbus Fabry sucht das Uniklinikum Würzburg gesunde Proband*innen als Vergleichsgruppe. Neben dem guten Gefühl, einen Beitrag zum wissenschaftlichen Fortschritt zu leisten, winkt eine Vergütung von 80 Euro.

Expert*innen des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie und der Neurologischen Klinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) untersuchen Patient*innen mit der seltenen Stoffwechselerkrankung Morbus Fabry. „Um unsere Ergebnisse für die Praxis nutzbar zu machen, müssen wir diese mit denjenigen gesunder Probandinnen und Probanden vergleichen“, berichtet Prof. Dr. Mirko Pham. Der Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie des UKW fährt fort: „Deshalb suchen wir weiterhin gesunde Freiwillige, mit denen wir klinische Untersuchungen und eine Magnetresonanztomographie der Wirbelsäule durchführen wollen. Bei dieser sogenannten Kernspintomographie kommen keine Röntgenstrahlen zum Einsatz.“Die Untersuchungen finden in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Claudia Sommer und Prof. Dr. Nurcan Üçeyler, führenden Schmerzforscherinnen der Neurologischen Klinik des UKW, statt.

Voraussetzungen für die Teilnahme
Die gesuchten Proband*innen sollten zwischen 30 und 70 Jahren alt sein und dürfen keine psychiatrischen oder neurologischen Vorerkrankungen aufweisen. Für die Magnetresonanztomographie (MRT) ist zudem wichtig: keine Metallimplantate, Herzschrittmacher, Insulinpumpen, Cochlea-Implantate oder Metallsplitterverletzungen. Außerdem sollten die in Frage kommenden Personen nicht in der metallverarbeitenden Industrie arbeiten und keine Platzangst haben.

80 Euro Vergütung
Neben der MRT-Untersuchung erwarten sie Fragebögen, eine Blutentnahme, eine Sensibilitätsprüfung der Haut, eine Nervenmessung und zwei, etwa vier Millimeter kleine Hautentnahmen am Bein in örtlicher Betäubung. Die Untersuchungen dauern insgesamt mindestens zwei Stunden an einem oder zwei Terminen. Vergütet wird die Teilnahme pauschal mit 80 Euro.Interessierte wenden sich bitte vorzugsweise an die E-Mail-Adresse forschung.nrad@ ukw.de oder rufen werktags zwischen 8:30 und 16:00 Uhr an unter Tel: 0931/201-34805.

Experten des Uniklinikums Würzburg informieren zum Thema Schlaganfall

Am Dienstag, den 16. März 2021, beantworten drei Experten des Uniklinikums Würzburg in einer Online-Veranstaltung laienverständlich Fragen rund um das Thema Schlaganfall. Die kostenlose Veranstaltung ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der Mediengruppe Main-Post.

Jedes Jahr erleiden allein in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Weltweit zählt die Erkrankung zu den häufigsten Todesursachen, außerdem ist sie der häufigste Grund für eine Behinderung im Erwachsenenalter. Vor diesem Hintergrund haben Laien zu Recht viele Fragen: Wie beeinflussen Krankheiten wie Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen, aber auch der individuelle Lebensstil das Schlaganfall-Risiko? Wann ist die Behandlung von verengten Halsgefäßen sinnvoll? Wie erkenne ich Symptome eines Schlaganfalls? Und wie werden Schlaganfallpatienten in der Region Mainfranken versorgt? 

Kompetente Antworten auf diese und weitere Fragen geben bei einer Online-Veranstaltung am Dienstag, den 16. März 2021, drei Experten des Uniklinikums Würzburg (UKW): Univ.-Prof. Dr. Karl Georg Häusler (Geschäftsführender Oberarzt der Neurologischen Klinik und Poliklinik), Dr. Thorsten Odorfer (Oberarzt der Neurologischen Klinik und Poliklinik sowie Koordinator des Telemedizin-Netzwerks Transit-Stroke) und Univ.-Prof. Dr. Stefan Frantz (Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des UKW). 

Nach kurzen Vorträgen zur Prävention und Therapie des Schlaganfalls werden die Experten auch auf vorab – im Rahmen der Anmeldung – von den Teilnehmer*innen eingereichte Fragen eingehen. 

Das UKW organisiert die Veranstaltung gemeinsam mit der Mediengruppe Main-Post. Beginn ist um 18:00 Uhr unter Nutzung der Plattform „Skype for Business“. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine Internetverbindung sowie ein Smartphone, ein Tablet, ein Laptop oder ein PC. 

Wichtig ist eine Anmeldung ausschließlich bei der Main-Post unter Tel: 0931/6001 6009 oder unter http://akademie.mainpost.de.

 

Link zur Pressemitteilung

 

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