Wenn das Immunsystem die Fähigkeit verliert, zwischen "selbst" und "fremd" zu unterscheiden

Zum Tag der Immunologie 2025: Prof. Kathrin Doppler erforscht Immunneuropathien, bei denen das Immunsystem das periphere Nervensystem angreift

Anlässlich des Internationalen Tags der Immunologie am 29. April, der in diesem Jahr unter dem Motto Neuroimmune Crosstalks steht, stellt das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) verschiedene Arbeitsgruppen vor, die sich in ihrer Forschung mit den Wechselwirkungen zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem beschäftigen. Hier gibt es einen Einblick in die Forschung von apl. Prof. Dr. Kathrin Doppler zu Immunneuropathien. 


Normalerweise bildet das Immunsystem Antikörper, um fremde Eindringlinge wie Viren oder Bakterien zu bekämpfen. Bei Autoimmunerkrankungen identifiziert das Immunsystem jedoch fälschlicherweise körpereigene Zellen und Gewebe als gefährlich und geht mit Autoantikörpern gegen sie vor. Eine, die sich seit Jahren mit dem Dialog zwischen Immun- und Nervensystem beschäftigt, ist Apl. Prof. Dr. Kathrin Doppler, Oberärztin an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW). Ihr Spezialgebiet sind Immunneuropathien, also Polyneuropathien, bei denen das fehlgeleitete Immunsystem das periphere Nervensystem angreift. Beispiele hierfür sind das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) oder die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (CIDP). Die Schädigung und Degeneration der peripheren Nerven führt zu Symptomen wie Lähmungen, Schmerzen, Taubheitsgefühl, Kribbeln und Muskelschwund. 

„Als Ärztin sehe ich die Patientinnen und Patienten mit den Symptomen. Dann beginnt die Suche: Welche Nerven sind warum geschädigt? Greift ein Antikörper die Nerven an? Oder zerstört eine andere Immunreaktion das Nervengewebe? Oder ist es eine Kombination verschiedener Schädigungsmechanismen?“, sagt Kathrin Doppler, die diese Detektivarbeit als extrem spannend bezeichnet. Früher ging man davon aus, dass die CIDP eine Erkrankung ist, der bei allen Patienten die gleiche Art von fehlgeleiteter Immunantwort zugrunde liegt. Mittlerweile kennt man viele Subtypen, denen sehr wahrscheinlich verschiedene Schädigungsmechanismen zugrunde liegen. Jeder Fall sei anders und in absehbarer Zeit gebe es hoffentlich Medikamente, die eine zielgerichtete Therapie verschiedener Subtypen ermöglichen.

Caspr: Autoantikörper zerstört Ranviersche Schnürringe und beeinträchtigt Nervenleitung

Mit Anti-Caspr1 (Cell Adhesion Molecule of the Peripheral Nervous System) hat Kathrin Doppler gemeinsam mit Claudia Sommer und Luise Appeltshauser bereits vor neun Jahren einen Antikörper entdeckt, der an der Entstehung bestimmter Formen von Immunneuropathien beteiligt ist (siehe Studie in BRAIN). Caspr1 ist am Aufbau der so genannten Ranvierschen Schnürringe beteiligt – einer Struktur an der Nervenfaser, die dafür sorgt, dass Signale aus dem Gehirn schnell und effizient an ihr Ziel gelangen. 
Die Wissenschaftlerinnen konnten zeigen, dass bei Patienten mit Antikörpern gegen Caspr1 der Aufbau der Ranvierschen Schnürringe zerstört wird und die Nervenleitung stark beeinträchtigt ist. Inzwischen wurden die Immunneuropathien mit Schnürringantikörper als eigenständige Erkrankung, die sogenannte autoimmune Nodopathie, definiert. Die Wissenschaftlerinnen aus der Würzburger Neurologie forschen weiterhin intensiv an der Erkrankung und haben sich weltweit einen Namen auf diesem Gebiet gemacht.

KFO 5001 untersucht pathogene Mechanismen von Caspr2-Antikörpern auf die Schmerzentstehung 

Derzeit steht Caspr2, ein anderes Adhäsionsprotein, im Fokus von Dopplers Forschung. In der Projektgruppe 3 der Klinischen Forschungsgruppe (KFO 5001) ResolvePAIN untersucht sie gemeinsam mit Prof. Dr. Carmen Villmann vom Institut für Klinische Neurobiologie, wie und warum Autoantikörper gegen das Oberflächenprotein Caspr2 neuropathische Schmerzen hervorrufen und wie sich diese Schmerzen zurückbilden können. „Manche Patientinnen und Patienten mit Caspr2-Autoantikörpern haben gar keine Schmerzen, andere klagen über brennende Schmerzen in den Füßen, Muskelschmerzen am ganzen Körper bis hin zu Muskelkrämpfen, haben aber keine relevanten Symptome im Gehirn“, so Doppler. Es sei schon länger bekannt, dass Anti-Caspr2 eine entzündliche Reaktion im Gehirn, eine so genannte Enzephalitis auslöst, die oft zu Gedächtnisstörungen und epileptischen Anfällen führt. Kathrin Doppler: „Die Erkrankung ist sehr selten. Daher sind wir froh, wenn sich Patientinnen und Patienten mit der Diagnose einer Anti- Caspr2-positiven Enzephalitis bei uns melden und Interesse an einer Studienteilnahme haben.“ Die Erkrankung ist zwar selten, aber die Erkenntnisse lassen sich durchaus auf andere antikörperassoziierte Erkrankungen übertragen, die Schmerzen auslösen.

Prävention: Wie kann man sich vor Autoimmunerkrankungen schützen? 

„Wir wissen noch zu wenig über die genauen Ursachen, um uns schützen zu können“, sagt Kathrin Doppler. „Autoimmunerkrankungen entstehen genau dann, wenn unser Immunsystem stark ist, aber fehlreguliert und unseren Körper angreift.“ Die Ursachen sind noch weitgehend unbekannt. Einige Erkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) werden durch Infektionen ausgelöst, vor allem durch Durchfallerreger. „Wir können aber nicht alle Erreger vermeiden“, sagt Doppler. Ein gesunder Lebensstil ist immer empfehlenswert und umso wichtiger, wenn man bereits eine Immunneuropathie hat. Dann sollte man alles vermeiden, was die Nerven zusätzlich schädigt, allen voran Alkohol und Diabetes.

Weitere Informationen zum Tag der Immunologie gibt es auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.

Text: KL / Wissenschaftskommunikation
 

Kathrin Doppler sitzt im weißen Kittel am Mikroskop, im Hintergrund ist eine mit Kreide beschriebene grüne Tafel
Die außerplanmäßige Professorin Dr. Kathrin Doppler erforscht in der Neurologie am UKW Immunneuropathien. © Kim Sammet / UKW

Die außerplanmäßige Professorin Dr. Kathrin Doppler erforscht in der Neurologie am UKW Immunneuropathien. © Kim Sammet / UKW

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