Aktuelle Meldungen

Muttermilchmanagement & Co.

Anlässlich der Weltstillwoche informiert das Uniklinikum Würzburg (UKW) über die Vorteile des Stillens für Mutter und Kind, das Gold der Muttermilch, und die Goldwerte Unterstützung von Stillberaterinnen, Hebammen und Pflegefachkräften in Frauen- und Kinderklinik.

Sylvia Königer stellt einen Träger mit Muttermilchflaschen in den Kühlschrank.
Die gelernte Kinderkrankenschwester Sylvia Königer arbeitet seit 24 Jahren im Ernährungszentrum für Säuglinge und Frühgeborene der Universitäts-Kinderklinik. © Kirstin Linkamp / UKW
Sylvia Königer füllt die Muttermilch in Spritzen
Sylvia Königer portioniert die zuvor abgepumpte Milch der Mütter für deren Neu- und Frühgeborenen auf der Säuglingsstation der Universität-Kinderklinik vor. © Kirstin Linkamp / UKW

Die Weltstillwoche wird seit 1991 jedes Jahr in 120 Ländern abgehalten und unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und UNICEF unterstützt. In Deutschland findet sie immer in der 40. Kalenderwoche statt, in diesem Jahr vom 2. bis 8. Oktober. Mit der Weltstillwoche soll das Stillen als natürliche und selbstverständliche Ernährung für Säuglinge in den Mittelpunkt gestellt und über die positiven Effekte des Stillens informiert werden. Ein Anliegen, das das Universitätsklinikum Würzburg mit vereinten Stimmen und Kräften unterstützt. 

Vorteile für Mutter und Kind 

Muttermilch ist die ideale Nahrung für Säuglinge. Sie ist optimal an die individuellen Bedürfnisse angepasst und deckt im ersten Lebenshalbjahr den Bedarf an Nährstoffen und Flüssigkeit, die für ein gesundes Heranwachsen benötigt werden. 
Zudem unterstützt die Muttermilch die Bildung des kindlichen Immunsystems und stärkt die Darmflora. Einen Grund dafür hat Prof. Dr. Dorothee Viemann, Leiterin der Translationalen Pädiatrie in Würzburg, herausgefunden: Spezielle Moleküle, so genannte Alarmine, sind für die positive Wirkung verantwortlich. Sie seien das Gold der Muttermilch. Die Proteine sorgen dafür, dass eine optimale Bakterienvielfalt im Darm entsteht, die ein Leben lang bleibt und gegen viele Krankheiten, die mit einer Störung der Darmbesiedlung zusammenhängen, schützt. Die präventive Wirkung des Stillens ist laut Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG) wissenschaftlich belegt: Gestillte Kinder haben eine geringere Wahrscheinlichkeit für Übergewicht oder den plötzlichen Kindstod und erkranken seltener an Mittelohrentzündungen, Magen-Darm- und Atemwegsinfekten. 

Nicht nur das Kind, auch die Mutter profitiert von der Brusternährung. Stillende Mütter erkranken seltener an Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen sowie an Brust- oder Eierstockkrebs. Außerdem erreichen sie schneller wieder das Gewicht vor der Schwangerschaft. Darüber hinaus fördert das Stillen die enge Bindung zwischen Mutter und Kind.

Optimale Stilldauer: 4 oder 6 Monate ausschließlich stillen? 

Die optimale Stilldauer steht derzeit auf dem Prüfstand. Die WHO empfiehlt 6 Monate ausschließliches Stillen. Die Nationale Stillkommission (NSK), die beim Max Rubner-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, angesiedelt ist und bei der Prof. Dr. Achim Wöckel, Direktor der Frauenklinik am UKW, Leitlinienmitglied ist, untersucht derzeit die Empfehlung für die deutsche Leitlinie. Sollten Säuglinge vier oder sechs Monate ausschließlich Muttermilch erhalten? Ferner engagiert sich Achim Wöckel, der sich zu Brusterkrankungen der Stillzeit habilitierte, im Netzwerk Gesund ins Leben, wo er die Leitlinie für entzündliche Brusterkrankungen der Stillzeit, in der Fachsprache Mastitis, mitkoordiniert. Brusterkrankungen wie wunde Mamillen, Milchstau oder Mastitis gehören zu den häufigsten Abstillgründen. 

Stillförderung am UKW – investierte Zeit ist Gold wert 

In der Frauenklinik am Uniklinikum Würzburg stehen frisch gebackenen Müttern während des Aufenthalts ein Team aus drei Still- und Laktationsberaterinnen mit Rat, Informationen und praktischer Hilfe zur Seite. 
„Die Zeit, die wir in die Stillberatung investieren, ist Gold wert“, sagt Claudia Freudinger, leitende Stillberaterin in der Frauenklinik. „Bei Bedarf sind wir schon beim ersten Anlegen behilflich, beraten zu Stillpositionen und geben Tipps zur Schonung der Mamillen.“ Stillen soll nicht schmerzen. Oberste Regel: Der erste und der letzte Tropfen Muttermilch gehört der Mama zur Pflege der Mamillen. Die vielen Bestandteile der Milch schützen die Haut. Neben viel Luft und Licht, das die Mutter ihren Brüsten gegebenenfalls mit zu Donuts geformten Mullbinden verschaffen kann, helfe auch reines Wollfett, so genanntes Lanolin, oder eine Lasertherapie. Die sanften Laserstrahlen fördern die Wundheilung. 

Wichtige Unterstützung durch Väter und Bezugspersonen 

„Viele Mütter im Wochenbett sind sehr belesen, einige aber auch erstaunt darüber, dass die Nacht nicht mehr ihnen gehört. Denn ein Kind trinkt acht- bis zwölfmal am Tag, auch nachts“, schildert Claudia Freudinger ihre Erfahrungen. Eine große Unterstützung in der Zeit des Stillens und Abpumpens seien übrigens die Väter oder Partner und Partnerinnen, vor allem wenn die Mütter aufgrund von Komplikationen oder eines Kaiserschnitts in den ersten Tagen noch immobil sind. „Von der reinen mentalen Anwesenheit, einem strukturierten Vorgehen, dem Anreichen von Baby oder Hilfsmitteln, der Begleitung ins Bad oder Botendiensten, die Mütter tun sich leichter, dem Partner oder der Partnerin Aufträge zu erteilen als den Schwestern oder Hebammen,“ fasst Claudia Freudinger die wichtigen Beiträge der Bezugsperson zusammen. „Daher ist es uns sehr wichtig, diese feste Bindung bei der ganzen Familie von Beginn an zu stärken und unterstützen“ ergänzt Prof. Ulrich Pecks, der zum 1. Oktober die Leitung der Geburtshilfe am UKW und Professur für Mütterliche Gesundheit und Hebammenwissenschaft innehat.
Die Stillberaterinnen unterstützen die Mütter selbstverständlich auch, wenn das Stillen nicht möglich ist und zeigen, wie sie trotzdem die Entwicklung einer starken Eltern-Kind-Bindung fördern können, zum Beispiel durch möglichst häufigen Haut-zu-Haut-Kontakt.

Kolostrum: Die nähr- und immunstoffreiche Vormilch 

Auch in der Kinderklinik gibt es zur Stillberaterin ausgebildete Pflegekräfte, wie zum Beispiel Natalie Seeberger: „Wenn wir bereits vor der Geburt wissen, dass das Neugeborene auf unserer Kinderintensivstation betreut werden muss, beraten wir die Mütter auch schon in der Schwangerschaft über die Stillmöglichkeiten beziehungsweise die Milchgewinnung per Hand und durch Abpumpen“, berichtet sie. Auch über die Gewinnung des Kolostrums wird informiert. Die vor der Entbindung gebildete Vormilch der Mutter ist besonders reich an Nähr- und Immunstoffen. Vor allem Müttern mit einem Schwangerschaftsdiabetes wird empfohlen, das Kolostrum ab der 37. Schwangerschaftswoche zwei- bis dreimal täglich auszustreichen, in Spritzen zu sammeln, einzufrieren und zur Entbindung mitzubringen. Somit erhält das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt ausreichend Nahrung, die seinen Blutzuckerspiegel stabilisiert. 

Muttermilchmanagement in der Säuglingsernährung 

Für die Früh- und Neugeborenen, die in der Würzburger Universitäts-Kinderklinik betreut werden müssen, stellt das Ernährungszentrum für Säuglinge sicher, dass sie rund um die Uhr die Milch der eigenen Mutter erhalten. Hier bereitet ein Team aus drei Kinderkrankenschwestern und zwei Diätassistentinnen die zuvor abgepumpte Muttermilch auf. Die für die kleinen Patientinnen und Patientinnen lebenswichtige Nahrung wird unter strengsten hygienischen Auflagen behandelt, in Flaschen oder Spritzen gefüllt, etikettiert und ausgeliefert. Je nach ärztlicher Anweisung können patientenindividuell Supplemente, wie Fette, Kohlehydrate und Eiweiße, zugesetzt werden.
„Wir haben auf der Kinderstation gerade 24 Babys, die je nach Entwicklung zwölf, acht oder sechs Mahlzeiten benötigen. Das heißt, ich habe heute 60 Spritzen aufgezogen und 300 Flaschen vorbereitet“, bringt Sylvia Königer als Beispiel. Die gelernte Kinderkrankenschwester arbeitet seit 33 Jahren am Uniklinikum, seit 24 Jahren im Ernährungszentrum für Säuglinge und Frühgeborene. Das Zentrum wird fälschlicherweise oft als Milchküche bezeichnet, dabei ist die Säuglingsernährung eher ein Labor und Ort des Muttermilchmanagements, welches künftig noch erweitert werden soll. 

Kinderklinik plant Frauenmilchbank und Rooming-In 

„Wir planen derzeit, die Säuglingsernährung zu einer Frauenmilchbank auszubauen, in der auch der Einsatz von Spenderinnenmilch möglich ist“, schildert Prof. Dr. Christoph Härtel, der Direktor der Kinderklinik. „So können auch bedürftige Frühgeborene und kranke Neugeborene, bei denen die Milch der eigenen Mutter nicht ausreicht, ausschließlich mit humaner Milch ernährt werden.“ 

Zudem plant die Kinderklinik ein Rooming-In, ähnlich wie es auf den Zimmern der Wochenstation angeboten wird. Indem der neugeborene Schützling rund um die Uhr im Zimmer der Mutter bleibt, wird die Bindung unterstützt und das Stillen erleichtert. Für noch mehr Nähe sorgen die Pforzheimer Bettchen, die direkt ans Bett der Mutter angehängt werden können. 

Rooming-In – vor allem in der Pandemie 

Wie wichtig das so genannte Rooming-In ist, weiß auch Prof. Ulrich Pecks. Im von ihm geleiteten CRONOS-Projekt wurden Daten von mehr als 8.000 Frauen erhoben, die sich während ihrer Schwangerschaft mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Die Ergebnisse der Analyse des Stillens bei SARS-CoV-2-infizierten Müttern und der Umfrage unter den beteiligten Kliniken in Deutschland zum Stillen in der Pandemie wurden gerade im Journal of Human Lactation veröffentlicht. Ulrich Pecks: „Es ist bemerkenswert und schön zu sehen, wie hoch die Stillraten in den Kliniken in der Pandemie waren, die sich am CRONOS-Projekt beteiligt haben. Claudia Freudinger fügt erklärend hinzu: „Auch wenn die Pandemie vieles erschwert hat und viele den Besuch vermisst haben, die Ruhe auf den Stationen hat sich positiv auf die Stillsituation ausgewirkt.“ Neben den Strukturen zur Stillunterstützung ist es insbesondere das Rooming-In, das für eine hohe Stillrate sorgt. Das unterstreicht, wie wichtig die Mutter-Kind-Zusammenführung ist - auch bei Kindern, die nach der Geburt medizinisch versorgt werden müssen.“

Laktation, Stillen und Säuglingsernährung Teil der Hebammenausbildung 

Auch im Studiengang und der allgemeinen Hebammenausbildung spielen Laktation, also der natürliche Prozess der Milchproduktion, Stillen und die Ernährung von Neugeborenen und Säuglingen eine zentrale Rolle. „Es gehört zu den grundlegenden Kompetenzen einer Hebamme, während der Schwangerschaft und nach der Geburt und im Wochenbett bei allen Fragen, Entscheidungen und Problemen im Zusammenhang mit der Ernährung und Pflege des Neugeborenen zu unterstützen“, erklärt Mira Pflanz, die Leiterin des Studiengangs Hebammenwissenschaft am UKW.  

Muttermilch to go! Stillen im Beruf – kenne Deine Rechte 

Muttermilch ist praktisch, da stets verfügbar, hygienisch unbedenklich und wohl temperiert. Auch ein früher Einstieg in die Berufstätigkeit lässt sich inzwischen immer besser mit dem Stillen vereinbaren. Da aber nicht jede Stillende die umfassenden Regelungen zum Schutz der stillenden Mutter in der deutschen Gesetzgebung kennt, lautet das Motto der diesjährigen Stillwoche 2023 „Stillen im Beruf – kenne deine Rechte”. Die Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung informiert: „Für Stillende gelten besondere Rechte im Beruf: Sie haben beispielsweise ein Recht auf Stillpausen während der Arbeitszeit, ihnen dürfen bestimmte Arbeiten nicht abverlangt werden und sie dürfen nicht nachts arbeiten.“
 

Sylvia Königer stellt einen Träger mit Muttermilchflaschen in den Kühlschrank.
Die gelernte Kinderkrankenschwester Sylvia Königer arbeitet seit 24 Jahren im Ernährungszentrum für Säuglinge und Frühgeborene der Universitäts-Kinderklinik. © Kirstin Linkamp / UKW
Sylvia Königer füllt die Muttermilch in Spritzen
Sylvia Königer portioniert die zuvor abgepumpte Milch der Mütter für deren Neu- und Frühgeborenen auf der Säuglingsstation der Universität-Kinderklinik vor. © Kirstin Linkamp / UKW

Vom Schwimmer im Strömungskanal

Die Universitätsmedizin Würzburg und ihr Spin-Off CatalYm zeigen in der Fachzeitschrift Nature Communications erstmals die Wirkung des Zytokins GDF-15 auf die LFA-1/Zelladhäsionsachse bei Tumor-assoziierten T Zellen. Eine erhöhte GDF-15-Expression beeinträchtigt die Immunantwort auf den Tumor und verhindert den Erfolg einer Immuntherapie.

Prof. Dr. Jörg Wischhusen und Dr. Markus Haake im Porträt
Jörg Wischhusen (links), Professor für Experimentelle Tumorimmunologie an der Universität Würzburg, und Markus Haake, Vice President Pharmacology bei CatalYm, forschen schon seit vielen Jahren am Wachstumsdifferenzierungsfaktor GDF-15. Wie GDF-15 die Immuntherapie bei soliden Tumoren beeinflussen kann, haben sie jetzt im Journal Nature Communications publiziert. © Dominik Gierke / CatalYm

Unser Immunsystem schützt uns vor körperfremden Eindringlingen oder krankhaft veränderten Zellen. Die Evolution hat jedoch Toleranzmechanismen entwickelt, die das Immunsystem zum Stillhalten bewegen. Ohne solche Toleranzsignale würde ein Embryo, der ja zur Hälfte väterliche Gene hat, vom mütterlichen Immunsystem abgestoßen werden. Aus eben diesem Grund ist die tumorimmunologische Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jörg Wischhusen in der Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg angesiedelt. „Wir lernen von der feto-maternalen Toleranz“, erklärt Wischhusen. „Das heißt: Wir suchen nach Toleranzmechanismen, die den Fötus schützen und die sich Tumore zu eigen machen, um sich den gleichen Schutz zu verschaffen wie der Embryo.“

GDF-15 kann als Biomarker Versagen einer Immuntherapie vorhersagen

Schon vor vielen Jahren hat der Biochemiker mit seinem Team den Wachstumsdifferenzierungsfaktor GDF-15 (Growth/Differentiation Factor 15) als wichtige Zielstruktur identifiziert. Das Protein GDF-15 führt dazu, dass Immunzellen gar nicht erst zum Fötus gelangen, sondern einfach im Blutstrom am neuen, väterliche Antigene exprimierenden Gewebe vorbeischwimmen. Ein niedriger GDF-15-Spiegel bedeutet für Schwangere ein erhöhtes Risiko, dass ihr Immunsystem den Fötus abstößt. In der Krebstherapie wiederum geht ein erhöhter GDF-15 Spiegel mit einer schlechteren Prognose einher. In einer Studie im Wissenschaftsjournal Nature Communications konnte die Würzburger Arbeitsgruppe gemeinsam mit CatalYm, einer inzwischen in München beheimateten Ausgründung der Julius-Maximilians-Universität, zeigen, dass GDF-15 ein zentraler Faktor der Resistenz gegen Immuntherapien bei verschiedenen soliden Tumoren ist. Die Studie schlägt dabei den Bogen von molekularen Mechanismen über zelluläre Modelle und Mausmodelle bis hin zu Beobachtungen am Menschen. Untersucht wurden Melanome (Hauttumore) und Kopf-Hals-Tumore sowie im Tiermodell Kolon- und Pankreaskarzinome (Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs).

Hoher GDF-15 Spiegel bedeutet schlechte Prognose bei aktuellen Immuntherapien

Wie stark GDF-15 den Erfolg einer Immuntherapie beeinflusst zeigen Blutproben, die Melanom-Patientinnen und Patienten abgenommen wurden, bevor sie eine Immuntherapie mit anti-PD-1-Antikörpern erhielten. PD-1 steht für Programmed Cell Death 1 und ist der Rezeptor für den von vielen Tumoren exprimierten Liganden PD-L1, der T Zellen regelrecht entwaffnet. PD-1-Antikörper, die aus der heutigen Krebstherapie nicht mehr wegzudenken sind, unterbrechen dieses inhibitorische Signal, sodass die T Zellen wieder ihrer eigentlichen Arbeit nachkommen und den Tumor bekämpfen können. Immuntherapien mit diesen so genannten Checkpoint-Inhibitoren bieten vielen Krebspatientinnen und -patienten realistische Heilungschancen. Die Ansprechraten liegen aber bei den meisten Tumorarten im unteren zweistelligen Prozentbereich.

„Diejenigen Melanompatientinnen und -patienten, die eine niedrige GDF-15-Konzentration im Serum aufwiesen, hatten sehr gute Überlebenschancen, wohingegen diejenigen mit einem hohen GDF-15-Wert nicht auf die Immuntherapie angesprochen haben“, schildert Jörg Wischhusen anhand einer Kaplan-Meier-Kurve. „Dass Überlebenskurven basierend auf einem einzigen Marker so weit auseinandergehen ist einer der stärksten Effekte, die bislang beschrieben wurden.“

GDF-15 blockiert die Rekrutierung von LFA-1-abhängigen T-Zellen

Doch warum ist das so? Wie kann GDF-15 die Immunzellen so wirksam hemmen? Hier kommt das Integrin LFA-1 (leukozytenfunktionsassoziiertes Antigen 1) ins Spiel. Seine Bindung an das Adhäsions-Molekül ICAM-1 sorgt für eine entscheidende Zell-Zell-Interaktion, damit aktivierte Immunzellen an ihren Bestimmungsort gelangen. Wischhusen vergleicht die Immunzelle mit einem Schwimmer im Strömungskanal. Nachdem sie im Lymphknoten aktiviert wurde macht sie sich in der Blutbahn auf den Weg zum Tumor, schafft es aber nicht, sich mit ihren Armen, den Integrinen, an den Griffen im Strömungskanal festzuhalten, sich herauszuziehen und zum Tumor ins Gewebe zu gelangen, um diesen zu bekämpfen. Denn GDF15 verhindert die Aktivierung der Zelladhäsionsachse LFA-1/ICAM-1, es schwächt gewissermaßen die Schultermuskulatur des Greifarms der Immunzelle.

Neutralisierung von GDF-15 verbessert Immunantwort

„Tatsächlich ist dies die erste Studie weltweit, die eine Verbindung zwischen GDF-15 und der LFA-1/ICAM-1 Zelladhäsionsachse auf T-Zellen zeigt“, berichtet Dr. Markus Haake, Vice President Pharmcology der CatalYm GmbH und Erstautor der Studie. Somit sei GDF-15 ein interessanter Biomarker, aber auch eine Option in der Therapie, betont Haake, der als ehemaliger Mitarbeiter der AG Wischhusen CatalYm mitbegründet hat. Wenn GDF-15 die Rekrutierung von LFA-1-abhängigen T-Zellen blockiert, so könnte wiederum eine Blockade von GDF-15 die Infiltration der Immunzellen in den Tumor und schlussendlich den Erfolg der Immuntherapie verbessern.

Mit Visugromab verfügt das Biotech-Start-up CatalYm über einen Antikörper, der GDF-15 neutralisiert und mit einer Anti-PD-1-Therapie kombiniert wird. Die aussagekräftigen Daten aus der Phase-1-Studie belegen das erhebliche klinische Potenzial von Visugromab, das inzwischen in einer multizentrischen und internationalen Phase-2-Studie (GDFATHER = GDF-15 Antibody-mediaTed Human Effector Cell Relocation Phase 2) mit Würzburger Beteiligung untersucht wird.

Gelungene Translation und Hoffnung für verschiedene Tumorarten und Therapien

Jörg Wischhusen blickt stolz auf die gelungene Translation, die er mit seiner Arbeitsgruppe geschafft hat: „Wir haben den Mechanismus von der Idee über die ersten Daten, Entwicklung eines Antikörpers, Gewinnung von Investoren, dem Liefern weiterer Evidenz aus Modellen und aus klinischen Korrelationen soweit gebracht, dass dieser GDF-15-neutralisierende Antikörper jetzt klinisch eingesetzt wird.“

„Natürlich müssen wir noch vorsichtig sein, aber es gibt gute Anzeichen, dass die Immunzellen im Tumor landen und wir mit der Kombination aus GDF-15-neutralisierenden Antikörpern und Immuntherapie Menschen mit verschiedenen Tumorarten helfen können, für die es keine therapeutische Option mehr gibt und denen sonst wirklich nicht mehr geholfen werden kann“, blickt Markus Haake hoffnungsvoll in die Zukunft. 

Studie: Haake, M., Haack, B., Schäfer, T. et al. Tumor-derived GDF-15 blocks LFA-1 dependent T cell recruitment and suppresses responses to anti-PD-1 treatment. Nat Commun 14, 4253 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-39817-3

Prof. Dr. Jörg Wischhusen und Dr. Markus Haake im Porträt
Jörg Wischhusen (links), Professor für Experimentelle Tumorimmunologie an der Universität Würzburg, und Markus Haake, Vice President Pharmacology bei CatalYm, forschen schon seit vielen Jahren am Wachstumsdifferenzierungsfaktor GDF-15. Wie GDF-15 die Immuntherapie bei soliden Tumoren beeinflussen kann, haben sie jetzt im Journal Nature Communications publiziert. © Dominik Gierke / CatalYm

Operationsroboter live erleben: Infotag war ein voller Erfolg

Wie funktioniert eigentlich ein Operationsroboter? Antworten auf diese Frage fanden die Besucherinnen und Besucher beim Infotag „Operationsroboter live erleben“ am Samstag, den 15. Juli 2023, am Universitätsklinikum Würzburg.

OA PD Dr. med. Joachim Diessner aus der Frauenklinik mit dem Operationsroboter-System „Da Vinci" © UKW

Einer der Höhepunkte dabei: An einem Demonstrationsmodell des High-End-Operationsroboter-Systems „Da Vinci“ konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dessen Funktionsweise sogar selbst erproben.Das „Da Vinci Xi“ gilt als das derzeit fortschrittlichste auf dem Markt verfügbare Operationsroboter-System. Eines dieser über zwei Millionen Euro teuren Hochtechnologie-Geräte ist seit dem Jahr 2017 im Zentral-Operationssaal des Zentrums für Operative Medizin (ZOM) des Uniklinikums Würzburg (UKW) im Einsatz. Experten des UKW erläuterten beim Infotag in laienverständlichen Kurzvorträgen die Einsatzfelder der Robotik bei urologischen, kinderurologischen und gynäkologischen Eingriffen sowie bei der operativen Behandlung von Magen-, Speiseröhren- und Dickdarmkrebs.  

Operationsroboter selbst steuern

Einige Besucherinnen und Besucher steuerten den Operationsroboter sogar mal selbst. Möglich machte das ein Demonstrationsmodell eines „Da Vinci“ in der Magistrale des ZOM.

Zur Bildergalerie Impressionen vom Infotag Operationsroboter live erleben...

OA PD Dr. med. Joachim Diessner aus der Frauenklinik mit dem Operationsroboter-System „Da Vinci" © UKW

Selina ist das 100ste MIAI-Baby

Seit dem Start der Geburtskohorte MIAI im Mai 2022 wurden am Uniklinikum Würzburg bereits 100 Babys in die Studie aufgenommen. Anhand ihrer Daten und Bioproben untersucht der Lehrstuhl für Translationale Pädiatrie an der Kinderklinik gemeinsam mit der Frauenklinik bei Kindern im ersten Lebensjahr die Entwicklung des Immunsystems gegen Viruserkrankungen der Atemwege.

Selina ist in einem Handtuch eingewickelt und wird gehalten vom MIAI-Studienarzt.
Selina ist das hundertste Baby in der Geburtskohorte MIAI des Lehrstuhls für Translationale Pädiatrie am Uniklinikum Würzburg. © Markus Hammer / UKW
Hautabstrich bei Selina, dem 100sten MIAI-Baby
Im Rahmen der MIAI-Studie werden in regelmäßigen Abständen verschiedene Bioproben wie etwa Hautabstriche und Stuhlproben abgenommen. © Markus Hammer / UKW
In der MIAI-Studienambulanz werden die Babys untersucht.
Das MIAI-Studienteam analysiert anhand der gesammelten Daten aus Fragebögen und Untersuchungen sowie den Bioproben, wie Babys lernen, sich gegen die Viren zu verteidigen, die Atemwegserkrankungen auslösen. © Kirstin Linkamp / UKW

Würzburg. Selina Brandl gähnt herzhaft als Dr. Jonas Fischer das Stethoskop auf ihre zarte Brust setzt. Und das vier Wochen alte Mädchen schläft seelenruhig weiter, während der Kinderarzt es gemeinsam mit Studienschwester Monika ausgiebig untersucht. Auch der prominente Status kann den Säugling nicht aus der Ruhe bringen. Selina ist das hundertste Baby in der MIAI-Studie und leistet mit allen weiteren MIAI-Kindern einen wichtigen Beitrag für die Wissenschaft. 

Mit ihren gesammelten Daten aus Fragebögen und Untersuchungen sowie den Bioproben erhofft sich das MIAI-Studienteam am Uniklinikum Würzburg ein besseres Verständnis, wie Babys lernen, sich gegen die Viren zu verteidigen, die Atemwegserkrankungen auslösen. Ziel der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie MIAI (englisch für Maturation of Immunity Against Influenza) ist es, wissenschaftlich belegte Empfehlungen zu geben und Maßnahmen zu entwickeln, mit denen Eltern die Entwicklung des Immunsystems frühzeitig fördern können.

Welche Faktoren tragen zur Entwicklung des Immunsystems bei?

Auch Selinas Immunsystem ist noch nicht ausgereift. Das ist ganz normal und hat bei Neugeborenen seinen Sinn. Es wird erst in den nächsten Wochen und Monaten durch verschiedene Einflüsse wie die Darmflora, Ernährung, Infektionen, Impfungen, soziale Kontakte und Lebensbedingungen geformt. Welche Faktoren die Reifung des kindlichen Immunsystems gegen Viruserkrankungen der Atemwege beeinträchtigen oder fördern, das erforscht Prof. Dr. Dorothee Viemann, Leiterin der Translationalen Pädiatrie, mit ihrem Team anhand des Datenschatzes, den die MIAI-Babys produzieren. Dazu werden die Kinder direkt nach der Entbindung in der Frauenklinik sowie nach einem, sechs und zwölf Monaten in der MIAI-Studienambulanz in der benachbarten Kinderklinik untersucht. 

Wie läuft eine typische Untersuchung ab? „Wir fragen zunächst nach dem Gesundheitszustand der Kinder, ob zwischendurch Impfungen erfolgt sind oder ein Urlaub im Ausland verbracht wurde. Wir sammeln verschiedene Bioproben der Kinder, nehmen zum Beispiel Hautabstriche und Stuhlproben. Außerdem werden die Babys gemessen, gewogen und von unserem Studienarzt gründlich untersucht“, berichtet die Studienkoordinatorin Carina Maier. Die Untersuchungen finden natürlich erst dann statt, wenn die Eltern in die Studienteilnahme eingewilligt haben.

Erkenntnisse für die Gesellschaft und ein Extra-Blick aufs Kind

Und das tun sie gern. Das Interesse ist groß. So sind die Eltern der MIAI-Zwillinge Anton und Bruno der Meinung: „Nur Forschung bringt uns voran!“ Eine andere Familie hat das Ziel überzeugt, „unabhängig von Pharmainteressen, Erkenntnisse zu gewinnen, was unseren Kindern Vorteile beim Start ins Leben gibt.“ Eine Mutter macht aus Dankbarkeit ein gesundes Baby zur Welt gebracht zu haben, an der Studie mit. Ihre Zimmerkollegin hatte ein Frühchen, das intensivmedizinisch betreut werden musste. Darüber hinaus schätzen viele neben dem gesellschaftlichen Aspekt den persönlichen Vorteil. Denn zusätzlich zu den U-Untersuchungen erfolgt regelmäßig ein professioneller Blick auf die Kleinen, und das Studienteam nehme sich noch einmal Extra-Zeit. Auch Selinas Mama, Sina Brandl, war von Beginn an überzeugt von der Studie und kommt dafür gern zum Uniklinikum. „Es ist ja für die Kinder“, sagt sie.

Weitere Studienteilnehmende sind herzlich willkommen

Wer in Würzburg und Umgebung demnächst Nachwuchs erwartet, am Uniklinikum Würzburg entbinden und an der Studie teilnehmen möchte, ist herzlich eingeladen, sich vorab mit dem MIAI-Studienteam in Verbindung zu setzen: www.ukw.de/miai.

Das Immunsystem: Balance zwischen Toleranz und Abwehr

Weitere Informationen zum Immunsystem als Brücke zwischen Gesundheit und Krankheit stehen in unserer Pressemitteilung, die wir anlässlich des diesjährigen Tag der Immunologie herausgegeben haben. Die Würzburger Universitätsmedizin hat sich als wichtiger Forschungsstandort im Bereich Immunologie hervorgetan und diese Kompetenzen in den letzten Jahren stark ausgebaut. In zahlreichen Instituten und Lehrstühlen arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, das Immunsystem besser zu verstehen, um neue Ansätze zur Therapie und vor allem Prävention von Krankheiten zu entwickeln. Dabei kooperieren sie eng mit Forschungsteams in Deutschland und weltweit.

 

Film: Selinas erste Untersuchung in der MIAI-Studienambulanz haben wir gefilmt und ist hier zu sehen. 

Selina ist in einem Handtuch eingewickelt und wird gehalten vom MIAI-Studienarzt.
Selina ist das hundertste Baby in der Geburtskohorte MIAI des Lehrstuhls für Translationale Pädiatrie am Uniklinikum Würzburg. © Markus Hammer / UKW
Hautabstrich bei Selina, dem 100sten MIAI-Baby
Im Rahmen der MIAI-Studie werden in regelmäßigen Abständen verschiedene Bioproben wie etwa Hautabstriche und Stuhlproben abgenommen. © Markus Hammer / UKW
In der MIAI-Studienambulanz werden die Babys untersucht.
Das MIAI-Studienteam analysiert anhand der gesammelten Daten aus Fragebögen und Untersuchungen sowie den Bioproben, wie Babys lernen, sich gegen die Viren zu verteidigen, die Atemwegserkrankungen auslösen. © Kirstin Linkamp / UKW

Süddeutsches Brustwandzentrum als neue Therapiestruktur am Uniklinikum Würzburg

Diverse Erkrankungen können Operationen an der Brustwand erforderlich machen. Für eine bestmögliche Behandlung bei den oft komplexen Krankheitsbildern bündeln Fachleute aus verschiedenen Abteilungen des Uniklinikums Würzburg ihre Expertise in einem für den gesamten süddeutschen Raum einmaligen Zentrum.

Die Professoren Ivo Aleksic, Rafael Jakubietz und Achim Wöckel vom Uniklinikum Würzburg (von links) vertreten die medizinischen Kerndisziplinen, die sich zum Süddeutschen Brustwandzentrum zusammengeschlossen haben.
Die Professoren Ivo Aleksic, Rafael Jakubietz und Achim Wöckel vom Uniklinikum Würzburg (von links) vertreten die medizinischen Kerndisziplinen, die sich zum Süddeutschen Brustwandzentrum zusammengeschlossen haben. Bilder: UKW / D. Peter, S. Bausewein, D. Peter
Zum Therapieumfang des Süddeutschen Brustwandzentrums gehören fortgeschrittene Tumore.
Zum Therapieumfang des Süddeutschen Brustwandzentrums gehören fortgeschrittene Tumore. Das PET-CT zeigt eine Raumforderung (Pfeil), die sich in Richtung Leber vorwölbt. Die hohe Glucoseaufnahme, erkennbar an der intensiven Gelbfärbung, spricht für einen bösartigen Tumor. Bild: UKW

Würzburg. Für eine zielführende Behandlung von Tumoren, großen Weichteildefekten sowie Verletzungen und Deformitäten des Brustkorbs (Thorax) sind häufig chirurgische Eingriffe nötig. Neben der Therapie der Grunderkrankung gilt es, die ungehinderte Funktion von Herz und Lunge sowie die Stabilität des Brustkorbs zu gewährleisten. Außerdem muss in vielen Fällen auch das Brustwandäußere wiederhergestellt werden. Um diesen komplexen Ansprüchen gerecht zu werden, ist vielfach das vereinte Spezialwissen aus der Thoraxchirurgie, der Plastischen Chirurgie und der Gynäkologie gefragt. Für eine noch bessere Kooperation schlossen sich diese Disziplinen am Uniklinikum Würzburg (UKW) kürzlich zum Süddeutschen Brustwandzentrum (SBWZ) zusammen. Bei Bedarf können weitere Fachbereiche des unterfränkischen Klinikums der Maximalversorgung hinzugezogen werden.

Individuelle Behandlungskonzepte 

Verwaltet wird das Zentrum von der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie. Prof. Dr. Ivo Aleksic, der Leiter der Sektion Thoraxchirurgie, erläutert: „Wir betrachten uns als Anlaufstelle für alle Menschen, die ein gesundheitliches oder kosmetisches Problem mit der Thoraxwand haben und sich durch einen operativen Eingriff eine Verbesserung ihrer Lebensqualität erhoffen.“ Nach seinen Worten erstellt das interdisziplinäre Team des SBWZ für jede Patientin und jeden Patienten nach ausführlicher Diagnostik individuell einen maßgeschneiderten Operationsplan und ein sinnvolles Behandlungskonzept.

Behandlung von Brustwandtumoren

Zu den Leistungsschwerpunkten der Einrichtung gehört die Therapie von fortgeschrittenem Brustkrebs. „Diese bösartige Erkrankung kann auch auf das unter der Brust liegende Gewebe wie die Muskulatur, die Rippen oder sogar das Rippenfell übergreifen“, schildert Prof. Dr. Achim Wöckel. Laut dem Direktor der Würzburger Universitäts-Frauenklinik ist dann eine Operation oft die wichtigste Behandlungsmöglichkeit mit der Aussicht auf Heilung. „Für die optimale Therapie einer Brustkrebserkrankung in einem solchen Stadium ist die Zusammenarbeit von Kolleginnen und Kollegen aus der Gynäkologie, der Plastischen Chirurgie und der Thoraxchirurgie sowie gegebenenfalls aus weiteren Fachdisziplinen geradezu zwingend erforderlich“, unterstreicht Wöckel.

Bei schweren Infektionen der Brustwand oder der Rippen

Ein weiteres Thema für das SBWZ sind massive Infektionen der Brustwand oder der Rippen. Sie können infolge von Verletzungen, Thoraxtraumen oder nach einer Operation auftreten. Neben dem Muskel- und Hautgewebe können auch knöcherne Strukturen oder sogar das Innere des Brustkorbs betroffen sein. „Wenn hier eine Antibiotikagabe nicht die nötigen Erfolge zeigt, muss der – oft ausgedehnte – Wundherd chirurgisch ausgeräumt werden“, beschreibt Prof. Aleksic. Je nach Umfang des Eingriffs kann es für ein am Ende auch ästhetisches Erscheinungsbild nötig sein, den Weichteilmantel des Brustkorbs wiederherzustellen. „Dafür nutzen wir unter anderem die Möglichkeiten der Verschieb- oder Schwenklappenplastiken“, erklärt Prof. Dr. Rafael Jakubietz, der Leiter der Sektion Plastische und ästhetische Chirurgie am UKW.

Lösungen bei angeborenen Fehlbildungen

Den dritten Schwerpunkt des Zentrums bilden operative Maßnahmen, die sich gegen angeborene Fehlbildungen der Brustwand, wie Trichterbrust und Kielbrust, richten. Die Betroffenen können unter psychischen Belastungen, Einschränkungen der Lungenfunktion und der Herzleistung sowie orthopädischen Fehlhaltungen leiden. 

Neben den geschilderten, vergleichsweise häufigen Krankheitsbildern gehören zum „Portfolio“ des SBWZ auch deutlich seltenere Erkrankungen wie Sarkome, Knochenmarkentzündungen des Brustbeins oder das Poland-Syndrom.

Einzigartig in Süddeutschland

Das SBWZ in Würzburg ist das einzige Thoraxwandzentrum in Süddeutschland. Mehr zu den Leistungen und die Kontaktdaten der Brustwandsprechstunde finden sich unter www.ukw.de/behandlungszentren/sueddeutsches-brustwandzentrum-sbwz 

Die Professoren Ivo Aleksic, Rafael Jakubietz und Achim Wöckel vom Uniklinikum Würzburg (von links) vertreten die medizinischen Kerndisziplinen, die sich zum Süddeutschen Brustwandzentrum zusammengeschlossen haben.
Die Professoren Ivo Aleksic, Rafael Jakubietz und Achim Wöckel vom Uniklinikum Würzburg (von links) vertreten die medizinischen Kerndisziplinen, die sich zum Süddeutschen Brustwandzentrum zusammengeschlossen haben. Bilder: UKW / D. Peter, S. Bausewein, D. Peter
Zum Therapieumfang des Süddeutschen Brustwandzentrums gehören fortgeschrittene Tumore.
Zum Therapieumfang des Süddeutschen Brustwandzentrums gehören fortgeschrittene Tumore. Das PET-CT zeigt eine Raumforderung (Pfeil), die sich in Richtung Leber vorwölbt. Die hohe Glucoseaufnahme, erkennbar an der intensiven Gelbfärbung, spricht für einen bösartigen Tumor. Bild: UKW

Geburtshilfe und Frauenheilkunde: Gemeinsamer Kongress von BGGF und OEGGG in Würzburg

Am 23. und 24. Juni 2023 veranstalten die Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde e.V. (BGGF) und die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) einen gemeinsamen Kongress in Würzburg. Die Würzburger Universitäts-Frauenklinik zählt zu den Organisatoren der themenreichen Tagung.

Hauptveranstaltungsort des BGGF/OEGGG-Kongresses ist das Congress Centrum Würzburg. Bild: CTW / Andreas Bestle

„Gemeinsam für die Gesellschaft(en)“ – so lautet das Motto des Kongresses, den die Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde e.V. (BGGF) und die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) am 23. und 24. Juni dieses Jahres im Verbund abhalten. Schauplatz ist – wie schon beim BGGF-Kongress 2022 – Würzburg. Die Kongresspräsidentschaft teilen sich Prof. Dr. Bettina Toth für die OEGGG und Prof. Dr. Achim Wöckel für die BGGF. Prof. Wöckel, der Direktor der Würzburger Universitäts-Frauenklinik, kommentiert: „Wir freuen uns sehr über diesen Schulterschluss mit den Kolleginnen und Kollegen aus Österreich. Gemeinsam können wir ein dicht gepacktes Programm anbieten, das praktisch alle aktuell besonders relevanten Themen der Frauenheilkunde abdeckt.“

Für Nachwuchsförderung und Vernetzung

Neben Übersichtsreferaten stehen wissenschaftliche Präsentationen aus bayerischen Nachwuchsforschergruppen im Fokus. Als Sonderthema widmet sich die Großveranstaltung zudem der Nachwuchsförderung. „Darüber hinaus bieten wir nicht zuletzt eine Plattform für eine effiziente Vernetzung von niedergelassenen, in der Ausbildung befindlichen und in den Kliniken tätigen Medizinerinnen und Medizinern“, unterstreicht der Kongresspräsident.

Als Tagungsort dient das topmoderne Congress Centrum Würzburg. Außerdem finden einzelne Kurse an der Frauenklinik statt.

Kostenloses virtuelles Vorsymposium

Während der Kongress selbst als Präsenzveranstaltung konzipiert ist, gibt es bereits am 20. und 21. Juni abendliche Online-Vorsymposien. Hier wird unter anderem über aktuelle Therapiemöglichkeiten bei Mamma- und Ovarialkarzinomen diskutiert. Die Teilnahme an den virtuellen Veranstaltungen ist kostenlos.

Das detaillierte Kongressprogramm und den Anmeldelink gibt es unter www.bggf.de.

 

Hauptveranstaltungsort des BGGF/OEGGG-Kongresses ist das Congress Centrum Würzburg. Bild: CTW / Andreas Bestle

Studie zur besseren Brustkrebs-Nachsorge gestartet

Im Rahmen der deutschlandweiten Studie BETTER-CARE entwickelt und prüft die Universitätsmedizin Würzburg eine bedarfsadaptierte und individualisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung. Die 30 beteiligten Brustkrebszentren in Deutschland nehmen ab sofort Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer auf.

Im BETTER-CARE-Programm werden in persönlichen Gesprächen und via App das Befinden und mögliche Belastungen der Brustkrebspatientinnen und –patienten abgefragt. © Anna Wenzl / UKW
Im Rahmen der Studie BETTER-CARE, an der 30 Brustkrebszentren in Deutschland beteiligt sind, entwickelt und prüft die Universitätsmedizin Würzburg gemeinsam mit ihren Partnern eine bedarfsadaptierte und individualisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung. © Anna Wenzl / UKW
Über die Anwendungssoftware können die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer Angaben zu ihren individuellen therapeutischen Bedürfnissen oder auch Symptomen machen und Interventionen nutzen, um tumorbedingte Belastungen zu reduzieren. © Anna Wenzl / UKW
Die Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg und das Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg bauen mit BETTER CARE ein fachübergreifendes digitales Versorgungsnetzwerk auf, um die Wirksamkeit eines Nachsorgekonzepts nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung im Vergleich zur derzeitigen Routineversorgung zu untersuchen. © Anna Wenzl / UKW

Würzburg. Brustkrebs ist die weltweit am häufigsten diagnostizierte Krebsart. Jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarzinom. Moderne Therapien bieten gute Heilungschancen. Dennoch bleibt immer ein Risiko, dass der Krebs zurückkommt, ein Rezidiv oder eine Metastasierung bildet, also gestreut hat. Umso wichtiger ist die Nachsorge. Und die hinkt hierzulande noch hinter dem Therapiefortschritt hinterher. „Aktuell wird in Deutschland die Nachsorge bei Brustkrebs nach einem sehr einheitlichen Schema gestaltet. Durch diese Gleichbehandlung besteht im jeweiligen Einzelfall die Gefahr einer Über- oder Unterversorgung“, schildert Prof. Dr. Achim Wöckel, Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg, das Problem. „Die Nachsorge muss viel individualisierter, bedarfs- und risikoadaptierter werden. Und dafür benötigen wir ein wissenschaftlich untermauertes Konzept.“ Es wird in ausgewählten Zentren ein fachübergreifendes digitales Versorgungsnetzwerk aufgebaut, um die Wirksamkeit eines Nachsorgekonzepts im Vergleich zur derzeitigen Routineversorgung zu untersuchen. Die Nachsorge wird hierbei an die individuellen Bedürfnisse sowie das individuelle Risiko der Betroffenen angepasst.

15 Brustkrebszentren bieten BETTER-CARE-Nachsorge, 15 weitere die herkömmliche Nachsorge nach S3-Leitlinie

Das möchte der Gynäkologe gemeinsam mit dem Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg mit dem großangelegten Versorgungsforschungsprojekt BETTER-CARE entwickeln und erproben. „Eines der Ziele von BETTER-CARE ist es, erstmals in Deutschland ein umfassendes, wissenschaftliches Nachsorgeprogramm zu evaluieren, das an die Bedürfnisse und an das individuelle Risiko von Patientinnen und Patienten nach ihrer Brustkrebsbehandlung angepasst ist“, erläutert Prof. Dr. Peter Heuschmann, Vorstand des IKE-B.

Die 30 deutschen Brustkrebszentren, die an BETTER-CARE teilnehmen, wurden der Interventionsgruppe oder der Kontrollgruppe zufällig zugeordnet. Das heißt, 15 Zentren bieten ausschließlich die herkömmliche Brustkrebsnachsorge nach S3-Leitinie an und 15 Zentren die BETTER-CARE-Nachsorge. In jedem Zentrum können ab sofort etwa 38 Personen in die Studie aufgenommen werden.

Aufbau eines fach- und sektorenübergreifenden digitalen Versorgungsnetzwerks

Die Basis des BETTER-CARE-Programms bildet ein jeweils lokales vom Brustkrebszentrum koordiniertes Netzwerk mit Partnerinnen und Partnern aus anderen Fachbereichen wie etwa der Kardiologie, Neurologie, Psychotherapie und Physiotherapie. Über eine zentral gesteuerte Dokumentation, der elektronischen Patientenakte, können die fachärztlichen und therapeutischen Disziplinen untereinander interagieren. Das Befinden und mögliche Belastungen der Patientinnen und Patienten werden sowohl in persönlichen Gesprächen als auch über mobile Anwendungssoftware abgefragt. Über die Apps können die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer Angaben zu ihren individuellen therapeutischen Bedürfnissen oder auch Symptomen machen, die den Interventionszentren stetig aktualisiert zur Verfügung stehen. So können zeitnah weitere Behandlungsschritte eingeleitet werden. Da die Apps auch Prozesse der Künstlichen Intelligenz nutzen, können sie den Betroffenen schnell maßgeschneiderte Angebote liefern. So kann zum Beispiel eine psychologische Intervention vorschlagen werden, um tumorbedingte Belastungen zu reduzieren. „Bei körperlichen oder mentalen Herausforderungen, die auf diesem unmittelbaren Weg nicht zu lösen sind, wird das behandelnde Brustkrebszentrum informiert, mit dem dann das weitere Vorgehen besprochen werden kann“, erklärt Achim Wöckel.

Um den Effekt des neuen Nachsorgekonzeptes beurteilen zu können, werden die Informationen zu Lebensqualität, gesundheitlichen Folgen der Therapie, psychischem Befinden, Gesundheitsverhalten, Zufriedenheit mit der Behandlung und Behandlungskosten zwischen Interventions- und Kontrollgruppe verglichen.

Koordination, Evaluation und Konsortialpartner

Die deutschlandweite vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit 3,3 Millionen Euro geförderte Multicenter -Studie wird von der Frauenklinik des Uniklinikums Würzburg koordiniert und durch das Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg evaluiert. Als Konsortialpartner sind beteiligt: die Klinik für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Heidelberg, die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Ulm, die Universitäts-Frauenklinik Tübingen des Departments für Frauengesundheit, die Institut Frauengesundheit GmbH Tübingen, der Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Controlling und interne Unternehmensrechnung der Universität Würzburg und die Zentrale für Klinische Studien des Universitätsklinikums Würzburg.

Rekrutierungsstart

Jedes an der Studie beteiligte Brustkrebszentrum in Deutschland kann ab sofort Patientinnen und Patienten in die Studie aufnehmen. Alle Patientinnen und Patienten nach ihrer primären Brustkrebsbehandlung, unabhängig von Geschlecht und durchgeführter Therapie, sind herzlich eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Ansprechpersonen sind die behandelnden Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie das Studienteam am Universitätsklinikum Würzburg.

Weitere Informationen finden Sie unter www.better-care.health.

Im BETTER-CARE-Programm werden in persönlichen Gesprächen und via App das Befinden und mögliche Belastungen der Brustkrebspatientinnen und –patienten abgefragt. © Anna Wenzl / UKW
Im Rahmen der Studie BETTER-CARE, an der 30 Brustkrebszentren in Deutschland beteiligt sind, entwickelt und prüft die Universitätsmedizin Würzburg gemeinsam mit ihren Partnern eine bedarfsadaptierte und individualisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung. © Anna Wenzl / UKW
Über die Anwendungssoftware können die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer Angaben zu ihren individuellen therapeutischen Bedürfnissen oder auch Symptomen machen und Interventionen nutzen, um tumorbedingte Belastungen zu reduzieren. © Anna Wenzl / UKW
Die Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg und das Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg bauen mit BETTER CARE ein fachübergreifendes digitales Versorgungsnetzwerk auf, um die Wirksamkeit eines Nachsorgekonzepts nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung im Vergleich zur derzeitigen Routineversorgung zu untersuchen. © Anna Wenzl / UKW

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