„Aktuell wird in Deutschland die Nachsorge bei Brustkrebs für alle Patientinnen und Patienten nach einem sehr einheitlichen Schema gestaltet“, berichtet Prof. Dr. Achim Wöckel. Der Direktor der Würzburger Universitäts-Frauenklinik fährt fort: „Je nach persönlichem Rezidiv- oder Metastasierungsrisiko besteht durch diese ‚Gleichbehandlung‘ im jeweiligen Einzelfall die Gefahr einer Über- oder Unterversorgung.“ Nach der Auffassung des Gynäkologen bedarf es stattdessen eines wissenschaftlich untermauerten Konzepts für eine viel stärker individualisierte, bedarfs- und risikoadaptierte Nachsorge. Dieses Konzept soll nun in dem großangelegten Versorgungsforschungsprojekt BETTER-CARE entwickelt und erprobt werden. Als wesentliche Voraussetzung dafür sagte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im September 2021 für die kommenden dreieinhalb Jahre eine Förderung von über 3,3 Millionen Euro zu.
Die deutschlandweite Multicenter-Studie wird von der Frauenklinik des Uniklinikums Würzburg koordiniert und durch das von Prof. Dr. Peter Heuschmann geleitete Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Uni Würzburg evaluiert.
Welche Bedürfnisse haben Menschen nach einer Brustkrebsbehandlung?
„Wir planen den Aufbau eines fach- und sektorenübergreifenden digitalen Versorgungsnetzwerks“, beschreibt Prof. Heuschmann. Darin können alle an der Nachsorge beteiligten Fachärztinnen und Fachärzte sowie Therapeutinnen und Therapeuten über eine zentral geführte Dokumentation untereinander sowie mit den Patientinnen und Patienten interagieren. Unter anderem haben sie Zugriff auf stetig aktualisierte Informationen zu den individuellen therapeutischen Bedürfnissen oder auch Symptomen der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer. „Eines der Ziele von BETTER-CARE ist es, erstmals in Deutschland ein wirklich klares, evidenzbasiertes Bild der Bedürfnislage von Patientinnen und Patienten nach ihrer Brustkrebsbehandlung zu bekommen“, unterstreicht Heuschmann.
Software soll zu besserer Lebensqualität verhelfen
Um ihre persönliche Situation zu erfassen, sollen die Patientinnen und Patienten eine spezielle App einsetzen. Das Programm soll den Nutzerinnen und Nutzern darüber hinaus helfen, bestimmte Belastungen direkt anzugehen. So können integrierte Tools zum Beispiel Übungen vorschlagen, um tumorbedingte psychische Probleme zu reduzieren und insgesamt die Lebensqualität zu steigern. „Damit diese Angebote möglichst maßgeschneidert sind, wird die Software Prozesse der Künstlichen Intelligenz nutzen“, kündigt Prof. Wöckel an. Bei körperlichen oder mentalen Herausforderungen, die auf diesem unmittelbaren Weg nicht zu lösen sind, wird das behandelnde Brustkrebszentrum informiert, mit dem dann das weitere Vorgehen besprochen werden kann. Zur Koordination und zur Kommunikation mit den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern ist der Einsatz von spezifisch geschulten Pflegekräften geplant.
Teilnahme über rund 30 Brustkrebszentren möglich
Neben der federführenden Frauenklinik und dem IKE-B sind auch die AG Medizininformatik, der Lehrstuhl für Controlling und Interne Unternehmensrechnung sowie die Zentrale für Klinische Studien als zusätzliche Würzburger Einrichtungen an dem multizentrischen Vorhaben beteiligt. Weitere Forschungspartner sind die Klinik für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Heidelberg, die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Ulm, die Universitätsfrauenklinik Tübingen und das Institut Frauengesundheit Institute Women`s Health GmbH. Hinzu kommen bundesweit rund 30 Brustkrebszentren, welche die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer rekrutieren sowie das neue Konzept in den kommenden Jahren implementieren und erproben werden.
Mehr dazu unter www.better-care.health