Histozytose & Co

In kaum einem anderen Fachgebiet gibt es so viele seltene Krankheitsbilder wie in der Pneumologie. Jedes einzelne erfordert eine individuelle Herangehensweise und oft eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Durch die enge Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Fachbereiche ist dies in unserem Universitätsklinikum besonders gut möglich.

Ausgefeilte Diagnostik

Bei unspezifischen Symptomen – meist zunehmender Atemnot bei Belastung, bei familiärer Vorbelastung oder infolge eines Zufallsbefunds, etwa in der Bildgebung, wird die Diagnostik eingeleitet. An die Basisuntersuchungen aus Befragung, Bildgebung und Lungenfunktionsmessung schließen sich gegebenenfalls auch eine Bronchiallavage oder eine Bronchoskopie und spezielle Blutuntersuchungen an. Je nach Symptomatik, Organbefall und Krankheitsbild werden entsprechend Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachbereichen hinzugezogen, um so Schritt für Schritt zu einer abschließenden Diagnose zu kommen, die zu einem gemeinsam erstellten Therapieplan führt.

PLCH, LAM und CF

Neben der Sarkoidose zählen vor allem die Histiozytose (PLCH), die Lymphangioleimoyomatose (LAM) sowie die Mukoviszidose (CF) zu den bekanntesten Krankheitsbildern unter den seltenen Lungenerkrankungen, von denen es mehr als 100 verschiedene gibt.

Histiozytose

Gekennzeichnet ist Histiozytose, eine seltene Krankheit, die etwa einen von einer Million Menschen betrifft, durch eine übermäßige Wucherung von gewebsständigen Immunzellen. Diese dringen in gesundes Organgewebe ein und zerstören es zunehmend. Eine spezielle Form davon ist die Pulmonale Langerhans-Zell-Histiozytose (PLCH), bei der spezielle Histiozyten fast ausschließlich die Lungen befallen und die deshalb als Lungenerkrankung gilt. Geschädigt  werden vor allem die kleinsten Verzweigungen der Atemwege, die Bronchiolen. In 95 Prozent der Fälle entwickelt sich eine PLCH aus einem chronischen Nikotinkonsum.

Therapie

Das Rauchen aufzugeben, ist deshalb die wichtigste therapeutische Maßnahme. Reicht ein kompletter Rauchstopp als Therapiemaßnahme allein nicht aus, werden die Zellwucherungen mit Immunsupressiva oder Chemotherapeutika bekämpft.

Lymphangioleimoyomatose (LAM)

Ein spontan erworbener oder angeborener Gendefekt führt bei einer Lymphangioleimoyomatose (LAM) dazu, dass es zu einer überschießenden Wucherung glatter Muskelzellen in Lymphgefäßen kommt. Dabei bilden sich Lungenzysten. Diese luftgefüllten Bläschen breiten sich nach und nach in der Lunge aus, verdrängen und zerstören dabei funktionales Lungengewebe und führen zunehmend zu Atemnot. Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Frauen in einer Häufigkeit von etwa fünf von einer Million, vorwiegend vor der Menopause. Deshalb vermutet man auch, dass Östrogene das Wachstum fördern. In Deutschland gibt es schätzungsweise 200 bis 240 Patientinnen mit LAM.

Therapie

Bisher gibt es für dieses Krankheitsbild keine Heilung. Durch bestimmte Immunsupressiva, sogenannte mTOR Inhibitoren, kann das Fortschreiten jedoch verzögert werden. Bei Auftreten von Komplikationen wie einem  Pneumothorax  oder Chylothorax sind manchmal auch operative Eingriffe notwendig.

Mukoviszidose oder Cystische Fibrose

Mukoviszidose oder Cystische Fibrose sind Namen für ein und dieselbe Krankheit. Sie ist genetisch bedingt und wird seit 2016 im Rahmen von Screenings bereits bei Neugeborenen diagnostiziert. Deshalb liegt die Behandlung und Betreuung in den Händen von Kinderärztinnen und Kinderärzten. Durch wesentliche therapeutische Verbesserungen erreichen Betroffene mittlerweile durchaus das Erwachsenenalter und fallen somit auch in das Krankheitsspektrum der Pneumologie.

Zäher Schleim

Die Krankheit selbst ist eine sogenannte monogenetische Erkrankung und bedeutet, dass eine einzige Mutation auf dem Gen CFTR zu einem gestörten Wasser-Salz-Haushalt führt. Dadurch bildet sich zäher Schleim (lat.: mucus), der die Drüsenkanäle verstopft und verschiedene Organe in ihrer Funktion beeinträchtigt. Neben Bauchspeicheldrüse, Verdauungs- und Fortpflanzungsorganen ist vor allem die Lunge betroffen, was sich durch zahlreiche Atemwegsinfekte in der Kindheit bemerkbar macht und zunehmend zum Lungenversagen führt.

Innovative Therapien

Große Hoffnung liegt derzeit auf der Heilung durch eine Gentherapie, durch die das mutierte Gen gegen ein gesundes Gen ausgetauscht wird. Entsprechende Versuche laufen, haben aber das Experimentierstadium noch nicht verlassen.
Jedoch sind auch in der medikamentösen Therapie große Fortschritte erzielt worden. So nehmen sogenannte CFTR-Modulatoren direkten Einfluss auf die Drüsenkanäle, verbessern den Salz-Wasser-Haushalt und damit die Krankheitssymptome. Die Basistherapie besteht nach wie vor aus Inhalationen und Medikamenten, die den Schleim lösen und die Bronchien erweitern. Ergänzt wird dies durch regelmäße Atem- und Physiotherapie und körperliche Aktivität.

Komplikationen

Häufige Komplikationen der Cystischen Fibrose sind die Besiedelung der Lunge mit Problemkeimen sowie die  sogenannte Pankreasinsuffizienz. Entsprechend muss in der Lunge aktiv und gezielt nach den Erregern gesucht werden, um wirkungsvolle Antibiotika einzusetzen. Bei Versagen der Bauchspeicheldrüse infolge der Verstopfung von Drüsengängen werden die ausfallenden Verdauungsenzyme ergänzt. Manchmal stellt die Bauchspeicheldrüse auch die Insulinproduktion ein, was zu Diabetes mellitus führt und entsprechend behandelt werden muss.

Ausblick

Für nahezu alle seltenen Lungenerkrankungen hat die Forschung in den letzten Jahren viele Erkenntnisse gewonnen, neue Therapieansätze generiert sowie innovative Medikamente entwickelt, die spezifisch die Krankheitsursache beeinflussen und das Fortschreiten verzögern. Lebenserwartung und Lebensqualität haben sich deutlich verbessert. Dennoch sind die meisten seltenen Lungenkrankheiten auch heute noch nicht heilbar und werden deshalb auch symptomatisch behandelt. Im fortgeschrittenen Stadium wird oft eine Sauerstofftherapie erforderlich. Manchmal kann auch eine Lungentransplantation notwendig werden.

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