Alpha-1-Antitrypsinmangel

Die seltene Erbkrankheit Alpha-1-Antitrypsinmangel führt zu einer Zerstörung der Lungenbläschen. Durch eine schnelle Diagnose, eine symptomatische Therapie und den Ersatz des fehlenden Enzyms lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung deutlich verlangsamen.

Was ist Alpha-1-Antitrypsinmangel?

Infolge eines Gendefekts wird das Enzym Alpha-1-Antitrypsin (A1AT) fehlerhaft in der Leber gebildet. Das veränderte Eiweiß kann nicht oder nur in geringer Menge aus der Leber in den Blutkreislauf abgegeben werden. Dadurch kann einerseits das Lebergewebe geschädigt werden, andererseits fehlt A1AT im restlichen Körper, zum Beispiel in der Lunge. Dort schützt es die Lunge vor einer Selbstverdauung durch eiweißspaltende Enzyme, die von den körpereigenen Abwehrzellen zum Schutz vor eindringenden Krankheitserregern wie Bakterien, freigesetzt werden.

Schäden in der Lunge

Ist der Mangel an A1AT groß, wird das elastische Gewebe in der Lunge angegriffen und vor allem die Lungenbläschen zerstört. Die Symptome und die Folgen gleichen denen einer chronisch obstruktiven Bronchitis (COPD) infolge von Nikotinkonsum, mit der die Erkrankung deshalb auch oft verwechselt wird. Allerdings treten die Symptome typischerweise in jüngeren Jahren auf. Zusätzlich zu einem Lungenemphysem können sich auch Bronchiektasien bilden. In diesen sackförmigen Erweiterungen der Atemwege nisten sich gerne typische Infektionserreger ein.

Erweitertes Krankheitsbild

Bei zehn bis 20 Prozent der Patientinnen und Patienten, die einen A1AT-Mangel haben, wird auch die Leber geschädigt. Durch die Ablagerung des fehlerhaften Proteins kommt es zu Leberentzündungen, die im schlimmsten Fall in eine Leberzirrhose münden können. Sehr selten können durch einen A1AT-Mangel Autoimmunerkrankungen, wie etwa eine Vaskulitis ausgelöst werden. Vaskulitiden zählen zu den rheumatischen Erkrankungen und werden auch als Gefäßrheuma bezeichnet.

Entsprechend der mitbeteiligten Organe erfolgt die Therapie in Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der Hepatologie oder Rheumatologie.

Diagnostik

Mit einem einfachen Bluttest lässt sich die Antitrypsin-Konzentration im Serum ermitteln. Sind die Werte stark erniedrigt, schließt sich meist ein genetischer Test an, der die Diagnose bestätigen kann.

Infusionstherapie

Die Behandlung des Alpha-1-Antitrypsinmangels gleicht der symptomatischen Therapie einer COPD. Zusätzlich kann über eine wöchentliche Infusion das fehlende A1AT zugeführt werden. Die Substitutionstherapie wird entweder von der Klinik oder einer niedergelassenen Praxis vorgenommen, kann aber auch – nach Schulung – daheim selbstständig durchgeführt werden. Durch die regelmäße A1AT-Ergänzung verlangsamt sich der Krankheitsverlauf nachweislich. Eine Indikation dafür besteht, wenn Anzeichen für ein Fortschreiten der Erkrankung vorliegen.

Genetische Beratung

Da Alpha-1-Antitrypsin-Mangel eine Erbkrankheit ist, sollte bei einer manifesten Erkrankung auch das familiäre Umfeld untersucht werden. So können einerseits leichtere Formen erfasst und frühzeitig behandelt werden, andererseits lässt sich bei Kinderwunsch das Risiko für den Nachwuchs abschätzen. Vor solch einer weiterführenden Untersuchung ist jedoch eine genetische Beratung an qualifizierter Stelle vorgeschrieben. Die Pneumologie verfügt über diese Zusatzqualifikation und kann Sie und Ihre Angehörigen fundiert beraten.

Genetisches Risiko

Eine schwere Erkrankung setzt voraus, dass beide Eltern das defekte Gen in sich tragen und dieses weitervererbt haben. Man schätzt, dass etwa jeder 25. Europäer Träger eines veränderten Gens ist und allein in Deutschland rund 30000 Menschen sowohl vom Vater als auch von der Mutter solch ein mutiertes Gen erhalten haben. Sie haben damit die homozygote Form. Da es allerdings innerhalb des gleichen Gens viele verschiedene Mutationsvarianten gibt – bisher konnten über 100 Varianten definiert werden, kommt es selbst bei homozygoten Erbträgern zu unterschiedlich schweren Verläufen. Bei rund einem Drittel der 30000 homozygoten Menschen liegt allerdings das schwere Vollbild der Erkrankung vor.

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