Nichtinvasive Diagnostik von Herzrhythmusstörungen

Am Anfang jeder sachgemäßen und effektiven Behandlung von Herzrhythmusstörungen steht eine differenzierte und zielgerichtete Diagnostik. Je nach Krankheitsbild können zusätzlich zur Basisdiagnostik sukzessive eine Reihe weiterer Untersuchungen durchgeführt werden, bis die Ursache einer Herzrhythmusstörung gefunden ist.

Spezialsprechstunde Elektrophysiologie

Erste Anlaufstelle zur Beratung und Diagnose ist unsere Spezialsprechstunde Elektrophysiologie. In der Regel geschieht die Vorstellung nach Zuweisung durch die betreuende niedergelassene Fachärztin oder den betreuenden niedergelassenen Facharzt. In Abhängigkeit der bereits vorliegenden aktuellen Befunde werden bei uns noch fehlende Untersuchungen ergänzt. Dies erfolgt in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit weiteren Teilbereichen der Kardiologie, etwa der kardialen Bildgebung, der interventionellen Kardiologie zur kathetergestützten Abklärung und Behandlung von Gefäßverengungen oder Herzklappenerkrankungen, der kardialen Genetik sowie weiteren Spezialsprechstunden.

Routine- und Spezialuntersuchungen

Nach den Basisuntersuchungen der Kardiologie, wie dem EKG, der Blutdruckmessung oder der Bestimmung von Laborwerten, stehen in der Elektrophysiologie weiterführende diagnostische Maßnahmen zu Verfügung. Damit sollen zum Beispiel anfallsweise auftretende Herzrhythmusstörungen in Langzeitbeobachtung erfasst oder Herzrhythmusstörungen unter besonderen Bedingungen – etwa unter Belastung, Stress oder bei Lageveränderung – unter ärztlicher Aufsicht provoziert oder als Ursache ausgeschlossen werden.

Langzeit-EKG

Langzeit-EKG-Registrierungen sind häufig die entscheidende Nachweismethode für bradykarde sowie tachykarde Herzrhythmusstörungen. Dabei wird die elektrische Aktivität des Herzens mithilfe eines kleinen tragbaren EKG-Geräts im normalen Tagesablauf – bei Belastung, in Ruhe und im Schlaf – über einen längeren Zeitraum kontinuierlich aufgezeichnet. Ziel dabei ist es, sporadisch auftretende Herzrhythmusstörungen zu erfassen und EKG-Veränderungen als Ursache potenzieller Beschwerden nachzuvollziehen. Wichtig dabei ist, dass die Patientin oder der Patienten genau dokumentiert, wann gegebenenfalls solche Symptome aufgetreten sind.

In aller Regel erfolgt die EKG-Registrierung über 24 Stunden. In Sonderfällen, die abhängig von den Beschwerden und der Häufigkeit der Episoden sind, kann die Aufzeichnungsdauer auf bis zu sieben Tage ausgedehnt werden.

Bei besonderen Fragestellungen, wie etwa zur Beurteilung ventrikulärer Extrasystolen – das sind Extraschläge, die von der Herzkammer ausgehen – kommt auch das 12-Kanal-Langzeit-EKG zum Einsatz. Der Vorteil dieser Untersuchungsmethode ist, dass sich durch die 12-Kanal-EKG-Ableitungen der Entstehungsort von Herzrhythmusstörungen präziser lokalisieren lässt.

Belastungs-EKG

Die EKG-Registrierung und Blutdruckmessung unter stufenweise ansteigender körperlicher Belastung, die auch als Ergometrie bezeichnet wird, ermöglicht eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems. Die Veränderungen in den Aufzeichnungen geben Aufschluss über die Durchblutung der Herzkranzgefäße, decken belastungsabhängige Herzrhythmusstörungen auf, dokumentieren das Blutdruckverhalten und spiegeln den allgemeinen Fitnessgrad wider. Bei Gesunden steigt als Reaktion auf die zunehmende Arbeit (griech.: ergon) die Herzfrequenz und die Herzkontraktion wird verstärkt.

Was kann diagnostiziert werden? 

Mit der Ergometrie lassen sich in erster Linie belastungsabhängige Herzrhythmusstörungen und deren Ursache weiter abklären und einordnen: Steigt zum Beispiel die Herzfrequenz trotz zunehmender körperlicher Belastung nicht an, spricht man von einer chronotropen Inkompetenz, was oft auf eine Störung des Sinusknotens hinweist. Ferner werden infolge der körperlichen Anstrengung vermehrt körpereigene Stresshormone ausgeschüttet, die bei bestimmten Krankheitsbildern das Auftreten von Herzrhythmusstörungen bewirken. Auch nutzen wir die Ergometrie zur optimierten Programmierung von Herzschrittmachern. 

Durchführung

Gängiges Ergometrieverfahren in unserer Klinik ist das Fahrradergometer. Auf dem stationären Fahrrad wird der Trittwiderstand sukzessive von etwa 25 Watt auf 150 Watt gesteigert. Während der gesamten Untersuchungszeit wird ein EKG abgeleitet. Insgesamt dauert eine vollständige Fahrradergometrie rund 15 Minuten. Sie wird unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt und bei Gefahr sofort beendet.

Kipptisch-Untersuchung

Die Kipptisch-Untersuchung dient der Abklärung wiederkehrender Bewusstseinsverluste, sogenannter Synkopen. Dabei wird geprüft, ob eine Ohnmacht durch eine passive Lageänderung im Sinne einer Reflexsynkope durch Blutdruckabfall mit oder ohne Bradykardie ausgelöst wird. Während der gesamten Untersuchung wird der Blutdruck in regelmäßigen Abständen gemessen und kontinuierlich ein 12-Kanal-EKG aufgezeichnet. In Abhängigkeit der Veränderung von Herzfrequenz und Blutdruck kurz vor und während der Synkope kann so die dem Bewusstseinsverlust zugrundeliegende Ursache identifiziert werden.

Durchführung

Zu Beginn der Untersuchung liegt die Patientin oder der Patient in Rückenlage auf einer kippbaren Liege. Nach einer definierten Ruhephase wird diese Liege dann rasch in eine aufrechte Position von 60 bis 70 Grad gebracht, die erst mal beibehalten wird. Die Kreislaufreaktion der Untersuchten auf die Lageänderung lässt sich mittels der Aufzeichnungen beobachten. Im Falle eines Bewusstseinsverlustes verhindern stabile Gurte an Oberkörper und Hüfte einen Sturz. 

Ajmalin-Test

Bei Verdacht auf ein sogenanntes Brugada-Syndrom führen wir einen Ajmalin-Test durch. Dem Brugada-Syndrom liegt ein genetisch bedingter Funktionsverlust bestimmter Ionen-Kanäle zugrunde, die für die Erregungsleitung am Herzen von zentraler Bedeutung sind. Betroffene sind in bestimmten Situationen durch das Auftreten von Kammerflimmern gefährdet und weisen daher ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod auf. Die Diagnose eines Brugada-Syndroms basiert auf dafür typischen Veränderungen des EKGs. Da diese Veränderungen jedoch nicht immer vorhanden sein müssen, schließt ein unauffälliges EKG ein Brugada-Syndrom nicht aus.

Wirkungsweise

Mithilfe des Wirkstoffs Ajmalin lassen sich jedoch die für die Erkrankung typischen Veränderungen provozieren und ein unauffällige EKG demaskieren. Der Wirkstoff ist ein sogenanntes Klasse I Antiarrhythmikum, das die Funktion spannungsabhängiger Natriumkanäle beeinträchtigt. Während das Medikament bei gesunden Menschen zu keiner relevanten Veränderung des Oberflächen-EKGs führt, werden bei Betroffenen durch das Medikament die typischen EKG-Veränderungen ausgelöst.

Durchführung

Die Provokationsuntersuchung wird in unserem elektrophysiologischen Labor durchgeführt. Unter kontinuierlicher Aufzeichnung eines 12-Kanal-Oberflächen-EKGs werden in genau definierten Zeitabständen vom Gewicht abhängige Medikamentendosen verabreicht. Wird im Zuge der Untersuchung die Diagnose eines Brugada-Syndroms gestellt, wird die Patientin oder der Patient nach dem Eingriff bis zum vollständigen Nachlassen der Medikamentenwirkung medizinisch überwacht. Im weiteren Verlauf werden die Betroffenen über weitere notwendige Vorsichts- und Verhaltensmaßnahmen aufgeklärt und – sofern gewünscht – an unsere elektrophysiologischen Spezialsprechstunde angebunden.

Therapie

In Abhängigkeit der Befunde entscheiden wir gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten, ob weiterführende Untersuchungen wie etwa eine diagnostische elektrophysiologische Untersuchung (EPU) notwendig sind. Anschließend besprechen wir die weiteren therapeutischen Schritte.

Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten

Je nach Art, Häufigkeit und Gefährlichkeit der diagnostizierten Herzrhythmusstörung gestaltet sich die individuelle Therapie. Das Spektrum reicht hier von einer Veränderung des Lebensstils und der Behandlung von Risikofaktoren über die medikamentöse Therapie hin zu Ablationsverfahren und der Implantation von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren

Ansprechpersonen

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Simone Popp

Sekretariat der kardiologischen Oberärzte

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E-Mail: m1_direktion@ ukw.de

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E-Mail: weyer_i@ ukw.de


Anschrift

Medizinische Klinik und Poliklinik I des Universitätsklinikums | Zentrum Innere Medizin (ZIM) | Oberdürrbacher Straße 6 | Haus A3 | 97080 Würzburg

Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg | Comprehensive Heart Failure Center | Am Schwarzenberg 15 | Haus A9 | 97078 Würzburg