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Molekulare Ziele für effizientere Therapie des Cushing-Syndroms

Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG fördert Untersuchungen zur Entschlüsselung der molekularen Pathogenese des Morbus Cushing mit 580.450 Euro.

Darstellung der Hypophyse und den Einfluss von ACTH auf die Cortisol-Produktion der Nebenniere.
Das Cushing-Syndrom wird in den meisten Fällen durch gutartige Tumore der Hypophyse, eine erbsengroße Drüse unterhalb des Gehirns, ausgelöst. Durch den Tumor produziert diese sogenannte Hirnanhangsdrüse ungebremst das Hormon Adrenocorticotropin (ACTH), welches die Nebennieren antreibt, Cortisol auszuschütten.

Würzburg. Es hilft gegen Stress, bereitet aber auch Stress: Cortisol! Einerseits nimmt das Stresshormon im Stoffwechsel des Menschen wichtige Funktionen ein. Es sorgt zum Beispiel dafür, dass unser Körper bei erhöhter Belastung genügend Energie hat und hemmt Entzündungen. Wenn es jedoch über einen längeren Zeitraum in hohen Dosen eingenommen oder unkontrolliert über die Nebenniere ausgeschüttet wird, stürzt es den Organismus ins Chaos: Viele Betroffenen entwickeln nicht nur ein bauchbetontes Übergewicht, rundes Gesicht und kräftigen Nacken, sondern auch Bluthochdruck, Muskelschwäche, Diabetes und werden anfälliger für Infekte. Die Summe dieser Symptome nennt man auch Cushing-Syndrom.

Tumor in Hypophyse Ursache für erhöhten Cortisol-Spiegel und Cushing-Syndrom

Ausgelöst wird das Cushing-Syndrom in gut 70 Prozent aller Fälle durch gutartige Tumore der Hypophyse, eine erbsengroße Drüse unterhalb des Gehirns. Durch den Tumor produziert die Hirnanhangsdrüse ungebremst das Hormon Adrenocorticotropin (ACTH), welches die Nebennieren antreibt, Cortisol auszuschütten. Trotz chirurgischer Therapie - mit Entfernung der für den Hormonexzess ursächlichen Raumforderung - sind viele Betroffene anschließend nicht dauerhaft geheilt und benötigen eine medikamentöse Behandlung. Allerdings sind die Medikamente oft nicht ausreichend wirksam und weisen häufig zahlreiche Nebenwirkungen auf. Was in Tumoren passiert, die ungezügelt ACTH ausschütten, war lange Zeit unbekannt, was die Entwicklung neuer Therapien gebremst hat. Das will ein Forschungsteam des Lehrstuhls für Endokrinologie am Uniklinikum Würzburg (UKW) ändern. Die Entschlüsselung der Ursachen des endogenen Cushing-Syndroms sowohl in klinischen als auch in wissenschaftlichen Ansätzen steht seit mehr als zehn Jahren im Forschungsfokus des Teams unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Fassnacht.

Mutation in Genen USP8 und USP48 für Hälfte aller Morbus-Cushing-Tumoren verantwortlich

„Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus München und Japan waren wir die ersten, die in einer in der Fachzeitschrift Nature Genetics publizierten Studie (1), zeigen konnten, dass Mutationen im Deubiquitinase-Gen USP8 in rund einem Drittel der Tumoren für das Cushing-Syndrom verantwortlich waren“, berichtet Privatdozent Dr. Silviu Sbiera, Leiter des Würzburger Endokrinologischen Forschungslabors. „Im Jahr 2019 haben wir in der Zeitschrift NeuroOncology (2) eine weitere krankmachende Mutation im Deubiquitinase-Gen USP48 veröffentlicht. Damit sind somatische Mutationen im Deubiquitinase-System für die Hälfte aller Morbus-Cushing-Tumoren verantwortlich, was diesem System eine außerordentliche Bedeutung für diese seltene Erkrankung verleiht.“ Der Mensch besitzt etwa 100 verschiedene Deubiquitinasen. Die Enzyme können die Stabilität der Proteine regulieren.

DFG fördert Forschungsprojekt mit 580.450 Euro

Die bisherigen Ergebnisse haben die Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG, die schon zahlreiche Projekte einzeln und im Rahmen des Sonderforschungsbereichs Transregio 205 zur Nebenniere gefördert hat, überzeugt, sodass sie jetzt weitere Untersuchungen zum Verständnis der Vorgänge in den ACTH-produzierenden Hypophysen-Tumoren mit einer Einzelförderung von 580.450 Euro unterstützt. Geleitet wird das Forschungsprojekt von Silviu Sbiera und Martin Fassnacht sowie Nikita Popov, Professor für Ubiquitin Signaling in Cancer in der Abteilung Klinische Tumorbiologie am Universitätsklinikum Tübingen. Beteiligt sind außerdem die Core Unit Bioinformatik am Comprehensive Cancer Center Mainfranken, die Neurochirurgien an den Universitätskliniken Erlangen, Hamburg-Eppendorf und Tübingen, die Genomic Core Facility und das Proteome Center am Uniklinikum Tübingen sowie das Department of Cell and Chemical Biology am Leiden University Medical Centre in den Niederlanden.

Das neue Forschungsprojekt gliedert sich in vier Arbeitspakete: 1.) Herstellung von humanen Zelllinien mit unterschiedlichem genetischem Hintergrund und Verwendung als 2D- und 3D-Modell. 2.) Tiefergehende Charakterisierung des Einflusses von USP8- und USP48-Mutationen auf Signalwege in den Zellen. 3.) Vertiefende Analysen der Interaktion zwischen Immunsystem und Morbus Cushing-Tumoren. 4.) Etablierung prognostischer Marker und potenzieller therapeutischer Ziele.

Effizientere Therapien durch besseres Verständnis molekularen Pathogenese

„Wir erhoffen uns, die molekularen Merkmale, die durch die Mutationen in den Deubiquitinase-Genen in der Mehrzahl der Morbus Cushing-Fälle induziert werden, besser zu verstehen. Wenn wir deren Einfluss auf die DNA-Reparaturebene und das Fortschreiten der Tumoren genauer beschreiben können, lassen sich wahrscheinlich auch Mechanismen der antitumoralen Immunität und von Immune-Escape-Mechanismen umfassender charakterisieren. In einem zweiten Schritt streben wir an, mithilfe unserer neu entwickelten Zellsysteme molekulare Ziele zu identifizieren, die durch zukünftige individualisierte Therapien angegangen werden können“, fasst Silviu Sbiera die Vision zusammen. Und Martin Fassnacht fügt hinzu: „Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse mittel- und langfristig dazu beitragen, effizientere und nebenwirkungsärmere Medikamente für diese und möglicherweise auch für andere Hypophysen-Erkrankung zu entwickeln.“

(1) Reincke, M*., Sbiera, S*., Hayakawa, A. Theodoropoulou M, Osswald A, Beuschlein F, Meitinger T, Mizuno-Yamasaki E, Kawaguchi K, Saeki Y, Tanaka K, Wieland T, Graf E, Saeger W, Ronchi CL, Allolio B, Buchfelder M, Strom TM, Fassnacht M*, Komada M* Mutations in the deubiquitinase gene USP8 cause Cushing's disease. Nat Genet 47, 31–38 (2015). doi.org/10.1038/ng.3166

(2) Silviu Sbiera, Luis Gustavo Perez-Rivas, Lyudmyla Taranets, Isabel Weigand, Jörg Flitsch, Elisabeth Graf, Camelia-Maria Monoranu, Wolfgang Saeger, Christian Hagel, Jürgen Honegger, Guillaume Assie, Ad R Hermus, Günter K Stalla, Sabine Herterich, Cristina L Ronchi, Timo Deutschbein, Martin Reincke, Tim M Strom, Nikita Popov, Marily Theodoropoulou, Martin Fassnacht, Driver mutations in USP8 wild-type Cushing’s disease, Neuro-Oncology, Volume 21, Issue 10, October 2019, Pages 1273–1283, doi.org/10.1093/neuonc/noz109

PD Dr. Silviu Sbiera
Prof. Dr. Martin Fassnacht
Lehrstuhl für Endokrinologie und Diabetologie
Universitätsklinikum Würzburg
sbiera_s@ ukw.de
fassnacht_m@ ukw.de

Prof. Nikita Popov
Medizinische Onkologie und Pneumologie
Universitätsklinikum Tübingen
nikita.popov@ med.uni-tuebingen.de

 

Darstellung der Hypophyse und den Einfluss von ACTH auf die Cortisol-Produktion der Nebenniere.
Das Cushing-Syndrom wird in den meisten Fällen durch gutartige Tumore der Hypophyse, eine erbsengroße Drüse unterhalb des Gehirns, ausgelöst. Durch den Tumor produziert diese sogenannte Hirnanhangsdrüse ungebremst das Hormon Adrenocorticotropin (ACTH), welches die Nebennieren antreibt, Cortisol auszuschütten.

Erfolg von Adipositas-OP hängt wesentlich vom Gehirn ab

Ein interdisziplinäres Team der Universitätsmedizin Würzburg veröffentlicht eine Studie, die zeigt, dass der Effekt einer bariatrischen Operation nicht auf einer simplen Magenverkleinerung basiert, sondern sehr wesentlich auf einer intakten Informationsverarbeitung in bestimmten Gehirnarealen.

Würzburg. Für viele Personen mit ausgeprägter Adipositas ist eine bariatrische Operation wie zum Beispiel ein Magenbypass oder ein Schlauchmagen der letzte Ausweg, um ihr Gewicht dauerhaft zu reduzieren. Der Erfolg der Operation hängt dabei aber nicht allein vom chirurgischen Eingriff im Magen-Darm-Trakt ab, sehr wesentlich wird die Wirkung über Strukturen im Gehirn vermittelt. Das fand jetzt ein interdisziplinäres Team am Uniklinikum Würzburg heraus. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal Metabolism: Clinical and Experimental veröffentlicht (Hypothalamic integrity is necessary for sustained weight loss after bariatric surgery: A prospective, cross-sectional study, https://doi.org/10.1016/j.metabol.2022.155341).

Hormone können bei geschädigtem Hypothalamus Wirkung nicht entfalten

„Die Adipositas-Chirurgie ist aktuell sicherlich die effektivste Therapie für eine ausgeprägte Adipositas. Die Wirkweise dieser Operation ist allerdings nicht vollständig verstanden“, berichtet Dr. Ulrich Dischinger, Oberarzt und Leiter der experimentellen Adipositasforschung am Lehrstuhl für Endokrinologie und Diabetologie. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Chirurgischen Klinik 1, der Psychiatrie und der Molekularen Infektionsbiologie fand er heraus, dass die Effektivität der Adipositas-Chirurgie von einem intakten Hypothalamus abhängt. Der Hypothalamus ist ein zentraler Teil des Gehirns, der als wichtige Schaltzentrale unseres Körpers vegetative und endokrine Vorgänge reguliert und unter anderem die Nahrungsaufnahme steuert.

Ist diese Gehirnregion jedoch krankheitsbedingt zerstört, zum Beispiel durch einen gutartigen Tumor wie etwa ein Kraniopharyngeom, ist der Effekt der Adipositas-Operation deutlich abgeschwächt. Das heißt, sattmachende Hormone wie GLP-1 oder PYY, die nach dem chirurgischen Eingriff verstärkt aus dem Magen-Darm-Trakt ausgeschüttet werden, können ihre nahrungsregulierende Wirkung über den geschädigten Hypothalamus nicht entfalten. Obwohl die in dieser Studie untersuchten Patientinnen und Patienten mit Adipositas und geschädigtem Hypothalamus nach der bariatrischen Operation höhere Hormonspiegel als diejenigen mit Adipositas und intaktem Hypothalamus aufwiesen, war der Effekt der OP bei ihnen deutlich abgeschwächt. Dies zeigt, dass die Wirkweise der Adipositas-Chirurgie im Wesentlichen auf veränderten neuroendokrinen Signalen aus dem Magendarmtrakt basiert und von einem intakten Hypothalamus abhängt.

Adipositas-OP vom Stigma einer simplen Magenverkleinerung befreien

Ulrich Dischinger ist sich sicher, dass die Erkenntnisse wesentlich zu einer weiteren Aufklärung der Wirkweise der Adipositas-Chirurgie beitragen: „Die überragende Bedeutung einer intakten Hypothalamusfunktion für die Effektivität der bariatrischen Chirurgie war am Menschen bislang nicht gut untersucht. Mit unseren Resultaten können wir helfen, die Adipositas-Chirurgie vom Stigma einer simplen Magenverkleinerung zu befreien. Tatsächlich ist die bariatrische Operation eine Art neuroendokrine Intervention.“ Auch Prof. Dr. Florian Seyfried, Oberarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie und Leiter des Würzburger Referenzzentrums für metabolische und bariatrische Chirurgie, hofft, dass die Ergebnisse zu einer größeren Akzeptanz der Adipositas-Chirurgie beitragen. „Bislang sind nicht nur die Adipositas, sondern auch die bariatrische Chirurgie stigmatisiert. So hält sich die historische Annahme, dass die Wirkungsweise bariatrischer Operationen darauf beruht, dass der Patient weniger Nahrung aufnehmen kann und diese vom Körper teilweise nicht mehr verstoffwechseln kann. Die nun publizierte Arbeit widerspricht nun ganz klar diesem vermuteten Wirkprinzip.“

Menschen mit hypothalamischer Adipositas besser beraten

Ulrich Dischinger führt weiter aus: „Unsere Forschung wird auch dabei helfen, Menschen mit Schädigung des Hypothalamus und dadurch verursachter hypothalamischer Adipositas‘ vor einer geplanten Adipositas-Operation besser beraten zu können. Gerade dieses sensible Patientengut sollte keiner Intervention zugeführt werden, deren üblicher günstiger Effekt nicht zu 100 Prozent übertragbar sein dürfte.“

Aktuell wird das Spektrum der Adipositasforschung mit einer Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz erweitert. Wesentliche Untersuchungsgegenstand wird hier die Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion sein, einer häufigen und bislang nicht gut behandelbaren Begleiterkrankung der Adipositas.

Pressemitteilung, Universitätsklinikum Würzburg, 22. November 2022

Ausgezeichnete Diagnostik von neuroendokrinen Tumoren

Hanna Remde vom Uniklinikum Würzburg erhält den ENS@T Award 2022 for Research on Pheochromocytoma and Paraganglioma des European Networks for Study of Adrenal Tumors (ENSAT).

Würzburg.  Phäochromozytome und Paragangliome sind ihr Spezialgebiet. Für ihre Forschung zur Diagnostik dieser seltenen Tumore hat Dr. Hanna Remde beim 21st Kongress des European Networks for Study of Adrenal Tumores (ENSAT) in Warschau den ENS@T Award 2022 for Research on Pheochromocytoma and Paraganglioma erhalten. Mit diesen Tumoren geht eine erhöhte Produktion der blutdrucksteigernden Hormone Adrenalin und Noradrenalin, den so genannten Katecholaminen, einher. Die meisten dieser neuroendokrinen Tumore befinden sich im Nebennierenmark, sie werden als Phäochromozytome bezeichnet. Paragangliome hingegen treten in bestimmten Nervenzellnestern des Kopf-, Hals-, Brust oder Bauchbereichs auf.

Bei Verdacht auf diese Erkrankung werden üblicherweise die Abbauprodukte der Hormone im Blut gemessen, die so genannten Metanephrine. Dabei kommt es oft zu uneindeutigen, nur knapp auffälligen Werten. In diesem Fall, kommt im Rahmen der Tumordiagnostik in der Regel ein Clonidin-Hemmtest zum Einsatz. Dabei wird bei den Patientinnen und Patienten vor und nach Einnahme von Clonidin der Normetanephrin-Spiegel im Blut gemessen und verglichen.

Clonidin-Tests sind genau – doch in vielen Fällen kann auf sie verzichtet werden

Hanna Remde hat mit ihrem Team aus der Endokrinologie Würzburg die diagnostische Genauigkeit dieser Tests untersucht und hierfür die weltweit größte Studie durchgeführt, die nur Patientinnen und Patienten mit echter Indikation für den Test in die Studie eingeschlossen hat. Es zeigte sich eine hohe diagnostische Genauigkeit unter der Anwendung der etablierten Grenzwerte. Noch exakter fielen die Tests aus, wenn ein neuer altersabhängiger Grenzwert verwendet wurde. „Auf den Clonidin-Hemmtest ist also fast immer Verlass, insbesondere bei Berücksichtigung des Alters der Patientinnen und Patienten“, resümiert Hanna Remde. Allerdings seien die Tests nicht immer notwendig, fährt die Ärztin fort: „Bei vielen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern waren die Laborwerte am Testtag bereits vor der Einnahme von Clonidin normalisiert. Daraus schlussfolgern wir, dass bei Patientinnen und Patienten, die einen Normetanephrin-Wert aufweisen, der nur knapp über der Norm liegt, auf einen Clonidin-Test meist verzichtet werden kann. Bei grenzwertig auffälligem Normetaneprin genügt häufig eine einfache Wiederholung der Messung unter optimierten Bedingungen.

Die Ergebnisse des Projekts „Improved Diagnostic Accuracy of Clonidine Suppression Testing Using an Age-Related Cutoff for Plasma Normetanephrine“ wurden in der Fachzeitschrift Hypertension der American Heart Association veröffentlicht. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/HYPERTENSIONAHA.122.19019

In einer weiteren großen multizentrischen Studie erforscht das Team der Endokrinologie gerade, wie sich die Nachsorge dieser neuroendokrinen Tumore bestmöglich gestalten lässt.

 

Abendsprechstunde Schilddrüse

Rückblick auf die Veranstaltung am 20. Juli 2022

Prof. Dr. med. Stefanie Hahner: Abendsprechstunde Schilddrüse - Grundlagen zu Funktion und Fehlfunktion
Prof. Dr. med. Stefanie Hahner: Abendsprechstunde Schilddrüse - Grundlagen zu Funktion und Fehlfunktion

Nebennierentumore im Blick behalten

Eine von Würzburg aus geleitete internationale multizentrische Studie belegt: Eine erhöhte Kortisolausschüttung von gutartigen Nebennierentumoren geht mit einer gesteigerten Sterblichkeit einher, vor allem bei Frauen unter 65 Jahren.

Martin Fassnacht (links) und Timo Deutschbein vom Uniklinikum Würzburg leiten die multizentrische Studie NAPACA, die bei 3656 StudienteilnehmerInnen die Auswirkungen einer Kortisolaussschüttung von gutartigen Nebennierentumoren untersucht. © Daniel Peter / UKW
Das MRT zeigt einen drei Zentimeter großen Nebennierentumor auf der rechten Seite. 80 bis 90 Prozent dieser Tumore, die meist zufällig entdeckt werden, sind gutartig. © UKW
Die Grafik zeigt das Überleben während der 24-monatigen Studiendauer von Frauen unter 65 mit Nebennierentumor. Die blaue Linie steht für die Patientinnen, die einen Tumor haben, der nicht vermehrt Kortisol ausschüttet, ihr Risiko zu sterben, ist am niedrigsten. Grün steht für mögliche unkontrollierte Kortisolausschüttung. Signifikant hoch war die Sterberate bei denen mit unkontrollierter Kortisolausschüttung. (rot). © UKW

Drei Prozent der über 50-Jährigen haben Nebennierentumore. Bei den über 80-Jährigen ist sogar jeder zehnte betroffen. 80 bis 90 Prozent dieser Tumore, die meist zufällig, zum Beispiel bei einer Computertomographie bei Gallenproblemen, Nierensteinen oder Rückenleiden, entdeckt werden, sind jedoch gutartig und vermeintlich harmlos. Vermeintlich. Denn eine leicht gesteigerte Produktion des Hormons Kortisol, die viele dieser Tumore mit sich bringen, spaltete vor einiger Zeit die Meinungen. Muss man den Tumor operativ entfernen oder nicht?

Bis vor kurzem war Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter des Lehrstuhls Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg, noch der Meinung, dass man die meisten gutartigen Nebennierentumore nicht behandeln müsse, sondern nur diejenigen, die zu einem schweren Hormonexzess führen. Im Jahr 2014 berichteten zwei Studien unabhängig voneinander, dass Patienten und Patientinnen mit gutartigen Nebennierentumoren und erhöhter Hormonproduktion eher sterben als diejenigen, deren Tumor kein Kortisol produziert. Untersucht wurden insgesamt 400 Betroffene. „Das war uns zu wenig, wir wollten es genau wissen“, erinnert sich Martin Fassnacht. Bei einem europäischen Nebennierentreffen im Jahr 2014 in München adressierte er die Hypothese, dass das Krankheitsbild bei den meisten Betroffenen zu ignorieren sei und animierte seine europäischen Kolleginnen und Kollegen zu einer großen Kohortenstudie namens NAPACA-Outcome. 28 Zentren aus 16 europäischen Ländern und zwei Zentren aus den USA schlossen sich an. Die selbst gesetzte Mindestmarke von 2014 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern wurde schnell erreicht und schlussendlich sogar verdoppelt. Von den 4374 aufgenommenen Patientinnen und Patienten erfüllten 3656 sämtliche Studienkriterien: Erwachsene mit gutartigem Nebennierentumor, der größer als ein Zentimeter ist und bei denen mittels Dexamethason-Test untersucht worden war, ob der Tumor vermehrt Kortisol produziert. Patientinnen und Patienten mit bösartigem Tumor und klinisch erkennbarem Hormonüberschuss wie zum Beispiel einem Cushing-Syndrom wurden ausgeschlossen. „Bei einem Cushing Syndrom sieht man den Betroffenen im Rahmen der ärztlichen Untersuchung gleich an, dass sie schwer krank sind. Hier besteht dann zweifelsohne rascher Handlungsbedarf“, bemerkt Martin Fassnacht.

Frauen unter 65 gefährdet das Zuviel an Kortisol am meisten

Die Auswertung dieser großen Studie hat selbst Skeptiker wie Martin Fassnacht überzeugt: „Entgegen meiner Hypothese sterben diejenigen mit einem Zuviel an Kortisol tatsächlich eher als diejenigen ohne. Doch es trifft nicht alle gleich. Zu unserer Überraschung haben wir festgestellt, dass Frauen unter 65 mit vermehrter Kortisolausschüttung ein vierfach höheres Risiko haben, eher zu sterben als Frauen ohne Kortisolüberschuss. Interessanterweise scheint letzterer bei Männern über 65 kaum eine Rolle zu spielen.“

Warum ist das so? Es könnte an dem Schutz liegen, den Frauen generell bis zu den Wechseljahren und zehn Jahre danach haben, zum Beispiel was Herz-Kreislauf-Erkrankungen angeht. Sie seien generell gesünder als Männer und hätten eine höhere Lebenserwartung. „Je gesünder die Patienten sind, desto relevanter ist die Rolle des Kortisols“, vermutet Priv.-Doz. Dr. Timo Deutschbein, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Endokrinologie und Erstautor der Publikation. „Hätten die jungen Frauen unabhängig vom Kortisol ein relevant erhöhtes Risikoprofil, zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht und Nikotinkonsum, würde das Kortisol wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielen.“ All das werde jetzt in Folgestudien genauer untersucht. Auch der kausale Zusammenhang zwischen Zuviel an Kortisol und höherer Sterblichkeit müsse unter die Lupe genommen werden. Schließlich könnte die Sterblichkeit auch mit einem bisher unbekannten Faktor zusammenhängen, der für die Entstehung und das Wachstum des Nebennierentumors verantwortlich ist und „nur nebenbei“ zur vermehrten Kortisolausschüttung führt.

Zukünftig gilt es vor allem zu prüfen, wem eine Operation oder medikamentöse Behandlung empfohlen werden kann. „Ein Teil der Patientinnen und Patienten würde vermutlich von einer Operation oder medikamentösen Behandlung profitieren“, revidiert Martin Fassnacht seine anfängliche Meinung. 

Die Auswertungen dieser von Würzburg aus geleiteten multizentrischen Studie wurde jetzt im renommierten Journal Lancet Diabetes Endocrinology publiziert: doi.org/10.1016/S2213-8587(22)00100-0

Gesundheits-Staatssekretärin Sabine Dittmar besucht Uniklinik Würzburg

Experten stellen Arbeit des Adipositas-Zentrums und spezielles Nachsorgeprogramm „ACHT“ vor

Staatssekretärin Sabine Dittmar (3.v.r.) bei ihrem Besuch an der Uniklinik Würzburg.
Staatssekretärin Sabine Dittmar (3.v.r.) bei ihrem Besuch an der Uniklinik Würzburg. Im Mittelpunkt standen neue Versorgungsformen in der Adipositas-Therapie. Foto: UKW/S. Dreising

Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, besuchte am Freitag (25.02.) das Universitätsklinikum Würzburg. Sie informierte sich über die Arbeit des Adipositas-Zentrums an der unterfränkischen Uniklinik. Dort arbeiten Expertinnen und Experten verschiedener Fachdisziplinen eng zusammen.

Das Adipositas-Zentrum, die Deutsche Stiftung für chronisch Kranke und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns stellten der Staatssekretärin speziell das Projekt „ACHT“ vor. Hier werden Patientinnen und Patienten in einem 18-monatigen Programm mit Unterstützung einer App, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Ernährungsberaterinnen und –beratern und Sportmedizinern engmaschiger und heimatnäher betreut, als es bisher in der Nachsorge möglich ist. „Hier arbeiten die verschiedenen Akteure eng und übergreifend zusammen. Davon profitieren die Patienten enorm“, so Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter der Endokrinologie und Diabetologie am UKW.

Für die Patientinnen und Patienten stehen seit Beginn des vom Innovationsfonds geförderten Projektes u.a. Adipositas-Lotsinnen zur Verfügung. Sie sind Hauptansprechpartner und vermitteln zwischen den verschiedenen Akteuren. Die strukturierte Nachbetreuung von Patientinnen und Patienten nach einer Adipositas-Operation wird im Rahmen des Projektes an sechs bayrischen Adipositaszentren auf ihren Nutzen getestet. 

 

Staatssekretärin Sabine Dittmar (3.v.r.) bei ihrem Besuch an der Uniklinik Würzburg.
Staatssekretärin Sabine Dittmar (3.v.r.) bei ihrem Besuch an der Uniklinik Würzburg. Im Mittelpunkt standen neue Versorgungsformen in der Adipositas-Therapie. Foto: UKW/S. Dreising

Universitätsmedizin Würzburg: Krebsforschungsprojekt FORTiTher als exzellent bewertet

Bei der zweiten Zwischenbegutachtung bewertete die Bayerische Forschungsstiftung den Forschungsverbund Tumordiagnostik für individualisierte Therapie (FORTiTher) erneut als exzellent. Sprecher des im Jahr 2019 gestarteten Vorhabens sind die Professoren Torsten Blunk und Martin Fassnacht vom Uniklinikum Würzburg.

Der Forschungsverbund Tumordiagnostik für individualisierte Therapie (FORTiTher) will neue diagnostische Verfahren entwickeln, die ein noch differenzierteres Bild von Tumoren liefern sollen im Hinblick auf Bösartigkeit, Wachstum, Auseinandersetzung mit dem Immunsystem, Ausbreitungstendenz und Ansprechen auf Medikamente. An dem Mitte 2019 gestarteten Vorhaben sind zwölf Forschungsgruppen aus dem Uniklinikum Würzburg (UKW), den Universitäten Würzburg und Regensburg, der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Fraunhofer-Translationszentrum für Regenerative Therapien TLZ-RT beteiligt. Außerdem ergänzen 15 Partner aus der bayerischen Wirtschaft den Zusammenschluss.

Gelungene Vernetzung und hohe Produktivität

Gefördert wird FORTiTher von der Bayerischen Forschungsstiftung. Diese führte Ende Juni dieses Jahres unter Mitwirkung eines sechsköpfigen Gutachtergremiums die zweite Zwischenbegutachtung des Forschungsverbunds durch. An deren Ende vergaben die Prüfer*innen die Gesamtnote „exzellent“. Dabei hoben sie besonders die gelungene Vernetzung der Projekte und die hohe Produktivität, nicht zuletzt durch die flexible Reaktion auf die Corona-Pandemie, hervor. Der Verbund leistet damit auch einen Beitrag zur weiteren Stärkung des Bayerischen Standorts des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT), dem NCT WERA.

Staffelübergabe im vergangenen Jahr

„Wir nehmen das Gutachtervotum als Bestätigung und Herausforderung an, die entwickelten Tumormodelle und diagnostischen Verfahren weiter zu verfeinern und an die klinische Umsetzung heranzuführen“, sagt Prof. Dr. Torsten Blunk. Der Leiter der Unfallchirurgischen Forschung des UKW koordiniert FORTiTher seit Mitte vergangenen Jahres zusammen mit Prof. Dr. Martin Fassnacht, dem Leiter der Endokrinologie und Diabetologie des UKW. Zuvor war Prof. Dr. Franz Jakob, der Leiter des Bernhard-Heine-Centrums für Bewegungsforschung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, bis zu seiner Pensionierung im Juni 2020 der Sprecher des Verbundes. Prof. Blunk und Prof. Fassnacht sind nach eigenen Worten froh, dass ihnen Prof. Jakob als Spiritus Rector des Vorhabens auch in dessen weiteren Laufzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen wird.

 

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