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Veränderte Thrombozyten unter ECMO erhöhen Sterberisiko - Neue Ansätze zur Blutungsprävention

Universitätsmedizin Würzburg identifiziert GPV-Rezeptor als Ziel gegen Blutungsereignisse bei ECMO

Neue Studie vom UKW zeigt, dass die ECMO-Behandlung zu Veränderungen in Thrombozyten führt, was mit einer erhöhten Blutungsneigung einhergeht. Der GPV-Rezeptor auf den Blutplättchen wurde als mögliches Ziel zur Vermeidung von Blutungen identifiziert.

 

Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO)
Mit einer künstlichen Lunge kann im ARDS/ECMO-Zentrum der Würzburger Anästhesiologie das akute Lungenversagen behandelt werden. Die Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) basiert auf einer pumpenunterstützten Blutumleitung, bei der über eine Membrane das Kohlendioxid entfernt und gleichzeitig das Blut mit Sauerstoff angereichert wird. © UKW
Die Thrombozyten wurden mittels speziellem, hochauflösenden Mikroskopieverfahren (Konfokale Mikroskopie, Whole-Mount Transmissionselektronenmikroskopie) dargestellt. Die Daten zeigen, dass es unter ECMO-Therapie zu einem Verlust der δ-Granula (dargestellt in cyan in Abbildung A) und δ-Granula (roter Pfeil, Abbildung B) kommt. © AG Schulze / Institut für Experimentelle Biomedizin / UKW

Würzburg. Für Patientinnen und Patienten mit akutem Lungenversagen, kurz ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome), kann die veno-venöse extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) die letzte Therapiemöglichkeit und damit lebensrettend sein. Das intensivmedizinische Verfahren, bei dem zuvor entnommenes Blut mit Sauerstoff angereichert und wieder zurückgeführt wird, ist jedoch mit potenziellen Komplikationen verbunden. Insbesondere Blutungsereignisse schränken den Erfolg der Therapie ein. Auch die Gabe von Antikoagulanzien kann die Bildung von Blutgerinnseln nicht vollständig verhindern, zudem erhöhen Blutverdünner das Blutungsrisiko. Bei diesen Blutungsereignissen spielen die Blutplättchen eine entscheidende Rolle. Die so genannten Thrombozyten können sowohl Blutungen stillen als auch Infarkte auslösen und Entzündungsprozesse in Gang setzen.

In einem interdisziplinären Projekt am Universitätsklinikum Würzburg haben Forschende der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Experimentelle Biomedizin und der Medizinischen Klinik und Poliklinik I die Thrombozyten im Blut von ARDS-Patientinnen und -Patienten mit und ohne ECMO-Therapie systematisch untersucht. Die Ergebnisse wurden in der weltweit renommierten Thrombose-Fachzeitschrift Journal of Thrombosis and Haemostasis (JTH) veröffentlicht.

Reduzierter GPV-Rezeptor auf Thrombozyten erhöht Sterberisiko 

Dr. Johannes Herrmann, zusammen mit Dr. Lukas Weiß Erstautor der Studie, erläutert die Beobachtungen: „Unter der ECMO-Behandlung stellten wir Veränderungen an den Oberflächenrezeptoren der Thrombozyten fest. Besonders auffällig war eine Reduktion des Glykoprotein-V-Rezeptors. Diese Untereinheit des GPIb/IX/V-Rezeptorkomplexes spielt eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und wurde bereits in Würzburger Vorarbeiten als möglicher Angriffspunkt zur Verhinderung von Blutungen identifiziert. Und tatsächlich: Eine geringere Anzahl von GPV-Rezeptoren war mit einer geringeren Überlebensrate der Patientinnen und Patienten verbunden“.
Zudem beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der ECMO-Therapie eine verminderte Thrombozytenfunktion und eine Entleerung der zellulären Speicher (δ-Granula) in den Thrombozyten. „Dies führte zu einer gestörten Blutgerinnselbildung und einer verlängerten Blutungszeit, ähnlich wie bei Patientinnen und Patienten mit einem Speicherdefekt, dem sogenannten Storage Pool Defect, bei denen es ebenfalls häufig zu Blutungen kommt“, berichtet Lukas Weiß. Interessanterweise normalisierte sich die Thrombozytenfunktion innerhalb von 48 Stunden nach Ende der ECMO-Behandlung deutlich. 

Mit neuen In-vitro-Modellen präklinische Daten für therapeutische Interventionen gewinnen

„Diese grundlegenden Erkenntnisse über Thrombozyten bei der ECMO-Therapie können in Zukunft dazu beitragen, die Therapie und Behandlung kritisch kranker Patientinnen und Patienten zu verbessern. Indem wir die Ursachen von Blutungsereignissen besser verstehen, können wir nun kausal therapieren“, fasst Prof. Dr. Patrick Meybohm zusammen. Der Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie ist gemeinsam mit Prof. Dr. Harald Schulze vom Institut für Experimentelle Biomedizin Letztautor der Studie.

In den nächsten Schritten will das Team neue In-vitro-Modelle etablieren, um die Effekte mechanistisch detaillierter zu untersuchen und präklinische Daten für therapeutische Interventionen zu gewinnen.


Förderung: 
Die Studie wurde gefördert von der European Society of Intensive Care Medicine (ESICM) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des SFB 1525.

Publikation: 
Johannes Herrmann, Lukas J. Weiss, Bastian Just, Kristina Mott, Maria Drayss, Judith Kleiss, Jonathan Riesner, Quirin Notz, Daniel Röder, Rainer Leyh, Sarah Beck, Dirk Weismann, Bernhard Nieswandt, Christopher Lotz, Patrick Meybohm, Harald Schulze, ECMO aggravates platelet GPV shedding and δ-granule deficiency in COVID-19-associated acute respiratory distress syndrome, Journal of Thrombosis and Haemostasis, 2024, ISSN 1538-7836, https://doi.org/10.1016/j.jtha.2024.05.008.
 

Text: Kirstin Linkamp / UKW

Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO)
Mit einer künstlichen Lunge kann im ARDS/ECMO-Zentrum der Würzburger Anästhesiologie das akute Lungenversagen behandelt werden. Die Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) basiert auf einer pumpenunterstützten Blutumleitung, bei der über eine Membrane das Kohlendioxid entfernt und gleichzeitig das Blut mit Sauerstoff angereichert wird. © UKW
Die Thrombozyten wurden mittels speziellem, hochauflösenden Mikroskopieverfahren (Konfokale Mikroskopie, Whole-Mount Transmissionselektronenmikroskopie) dargestellt. Die Daten zeigen, dass es unter ECMO-Therapie zu einem Verlust der δ-Granula (dargestellt in cyan in Abbildung A) und δ-Granula (roter Pfeil, Abbildung B) kommt. © AG Schulze / Institut für Experimentelle Biomedizin / UKW

Aufgehender Stern in der Endokrinologie

Rising Star Award für Würzburger Endokrinologin Barbara Altieri

Dr. Barbara Altieri vom Uniklinikum Würzburg (UKW) ist eine von 13 herausragenden Endokrinologie-Forschenden aus ganz Europa und den USA, die für die kommenden zwei Jahre in das Editorial Board des renommierten European Journal of Endocrinology (EJE) berufen wurden.

 

Porträtbild Barbara Altieri
Dr. Barbara Altieri ist Endokrinologin am Universitätsklinikum Würzburg und als ausgezeichneter Rising Star für die kommenden zwei Jahre Mitglied im Editorial Board des European Journals of Endocrinology (EJE). © Daniel Peter / UKW
Gruppenbild des EJE Editoria Boards in Stockholm
Beim European Congress of Endocrinology (ECE) in Stockholm fand das erste Treffen des Editorial Boards des renommierten European Journal of Endocrinology (EJE) statt. © European Journal of Endocrinology

Würzburg. Beim diesjährigen European Congress of Endocrinology (ECE), der vom 11. bis 14. Mai 2024 in Stockholm stattfand, wurden die "neuen aufgehende Sterne" in der Endokrinologie gekürt. Einer der begehrten Rising Star Awards des European Journal of Endocrinology (EJE) ging an Dr. Barbara Altieri. Die gebürtige Italienerin arbeitet seit fünf Jahren als Ärztin und Wissenschaftlerin in der Endokrinologie und Diabetologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW). 

Ihr wissenschaftliches Interesse gilt neben endokrinen Tumoren, also Tumoren, die von endokrinen Zellen an verschiedenen Stellen im Körper ausgehen können, vor allem Nebennierentumoren und deren Pathogenese. Die 39-Jährige hat mehr als 85 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und wurde für ihre Forschungsarbeiten mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Schoeller-Junkmann-Preis der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) für den weltweit ersten umfassenden Zellatlas der Nebenniere. Der Atlas ermöglicht ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen, die der Tumorentstehung in der Nebennierenrinde zugrunde liegen. Für ihre Erkenntnisse zur molekularen Pathogenese von gutartigen Nebennierentumoren mit Hilfe des Zellatlas erhielt sie bereits den ESE Young Investigator Award.

Rising Star-Programm ebnet herausragenden Forschenden den Weg in die EJE-Redaktion 

Die Ernennung zum „Rising Star“ würdigt nicht nur ihre bisherigen Erfolge, sondern bietet ihr auch die Möglichkeit, sich weiter zu etablieren. Denn der Rising Star Award des EJE, einer Zeitschrift der European Society of Endocrinology (ESE) wird an führende klinische und translationale Forscherinnen und Forscher in der Endokrinologie vergeben, die vielversprechende Leistungen und eine positive Entwicklung zeigen und damit ein hohes Potenzial haben, zukünftige Redakteurinnen und Redakteure des EJE zu werden, so die Begründung der EJE-Redaktion. 
„Barbara Altieri hat definitiv das Potenzial. Wir freuen uns sehr, dass einer der Rising Stars aus unserem Team kommt“, sagt Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter der Endokrinologie am UKW. „Und wir freuen uns für Barbara Altieri. Denn durch die enge Mitarbeit im Editorial Board einer der weltweit besten Zeitschriften für Endokrinologie wird sie viele Einblicke in die Welt des wissenschaftlichen Publizierens erhalten und Kontakte zu interessanten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern knüpfen können.“

Die Auszeichnung umfasst die Mitgliedschaft im EJE Rising Star Reviewer Board für zwei Jahre, ein spezielles Mentoring-Programm für zukünftige EJE-Redakteurinnen und -Redakteure, regelmäßige Beiträge zum EJE Peer Review und die Möglichkeit, eine Rezension und einen Kommentar zu verfassen, sowie ein Reisestipendium für die Teilnahme am European Congress of Endocrinology (ECE) und an den jährlichen Treffen des EJE Editorial Board. 

Als Vorstandsmitglied des EYES (ESE Young Endocrinologists & Scientists) Komitees ist Barbara Altieri bereits in der Ausbildung junger Endokrinologinnen und Endokrinologen aktiv; im September 2023 leitete sie das 10th EYES Annual Meeting in Würzburg. Darüber hinaus ist sie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Arbeitsgruppe ACC des European Network for the Study of Adrenal Tumours (ENS@T).

Barbara Altieri: „Ich bin sehr dankbar, dass ich Teil des „EJE Rising Stars Award and Mentorship Programme“ sein darf. Meine Expertise auf dem Gebiet der Endokrinologie und den Nebennieren deckt sich mit dem Zielen des Journals, und ich freue mich sehr über die Möglichkeit, im EJE Editorial Board mitzuarbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass die Einblicke, die ich von erfahrenen EJE-Expertinnen und Experten erhalte, nicht nur meine redaktionellen Fähigkeiten schärfen, sondern auch wesentlich dazu beitragen werden, das Ansehen und den Einfluss des Journals auf diesem Gebiet zu stärken“.
 

Text: Kirstin Linkamp / UKW 

 

Porträtbild Barbara Altieri
Dr. Barbara Altieri ist Endokrinologin am Universitätsklinikum Würzburg und als ausgezeichneter Rising Star für die kommenden zwei Jahre Mitglied im Editorial Board des European Journals of Endocrinology (EJE). © Daniel Peter / UKW
Gruppenbild des EJE Editoria Boards in Stockholm
Beim European Congress of Endocrinology (ECE) in Stockholm fand das erste Treffen des Editorial Boards des renommierten European Journal of Endocrinology (EJE) statt. © European Journal of Endocrinology

Das Uniklinikum Würzburg macht mit beim Würzburger Gesundheitstag

Am 4. Mai 2024 findet wieder der Würzburger Gesundheitstag statt. Das Uniklinikum Würzburg ist erneut mit einem umfangreichen Informationsangebot dabei.

Infostände beim Gesundheitstag
Wie beim letzten Gesundheitstag in 2022 wird das Uniklinikum Würzburg auch in diesem Jahr wieder auf dem Oberen Markt diverse Themen aus Therapie, Forschung, Prävention und Selbsthilfe präsentieren. Bild: UKW / Susanne Just

Würzburg. Am Samstag, den 4. Mai 2024 veranstaltet das Aktivbüro der Stadt Würzburg den 13. Würzburger Gesundheitstag. Wie von der alle zwei Jahre stattfindenden Aktion gewohnt, werden erneut Anbieter aus dem professionellen Gesundheitsbereich, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen in der Innenstadt informieren, beraten und unterhalten.

Das Uniklinikum Würzburg (UKW) beteiligt sich mit insgesamt fünf Infoständen am Oberen Markt.
Dabei stellt die Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin aktuelle, auf verschiedene Krebserkrankungen zugeschnittene Therapien vor, während sich die Medizinische Klinik I und das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) Herzrhythmusstörungen und erblichen Herzerkrankungen widmen. Einen gemeinsamen Auftritt haben auch das Zentrum für Psychische Gesundheit und das Bündnis gegen Depression. Ferner verdeutlicht die Interdisziplinäre Biomaterial- und Datenbank Würzburg (ibdw) ihre Leistungen für die (biomedizinische) Forschung. Am fünften Stand schließlich präsentiert das für seine Selbsthilfefreundlichkeit ausgezeichnete UKW seine enge Kooperation mit zahlreichen Selbsthilfegruppen.

Der Gesundheitstag geht von 10:00 bis 16:00 Uhr.

Infostände beim Gesundheitstag
Wie beim letzten Gesundheitstag in 2022 wird das Uniklinikum Würzburg auch in diesem Jahr wieder auf dem Oberen Markt diverse Themen aus Therapie, Forschung, Prävention und Selbsthilfe präsentieren. Bild: UKW / Susanne Just

Teilnehmende für ARIPro-Studie bis 30. April gesucht!

Untersucht werden Auswirkungen von akut respiratorischen Infektionen (ARI) auf Immunität, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitenden des Gesundheitswesens.

Das ehamlige CoVacSer-Studienteam auf dem Gelände des UKW.
Das ARIPro-Studienteam v.l.n.r.: Alexander Gabel, Nils Petri, Juliane Mees, Manuel Krone, Isabell Wagenhäuser, Julia Reusch; es fehlen Max Mayerhöfer und Helen Müller. © Daniel Peter / UKW
Aufbau der Studie ARIPro - Grafik

Wer im Gesundheitswesen arbeitet, die Wissenschaft unterstützen und regelmäßig Informationen über seinen Immunstatus erhalten möchte, hat noch bis zum 30. April die Chance an der ARIPro-Studie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) teilzunehmen. Ziel der Studie ist es, Auswirkungen von akut respiratorischen Infektionen (ARI), insbesondere SARS-CoV-2, Influenza und Respiratorisches-Synzytial-Virus (RSV) auf die Immunität, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitenden des Gesundheitswesens zu untersuchen und wie diese gegebenenfalls durch Impfungen verhindert werden können. 

ARI steht für akut respiratorische Infektionen, Pro für Protection. Teilnehmen können alle erwachsene Mitarbeitende des Gesundheitswesens, unabhängig davon, ob sie Kontakt zu Patientinnen und Patienten haben. 

Zwei Teilnahmezeitpunkte pro Person und Jahr

Der Einschluss in die Studie erfolgt bis zum 30. April 2024. Nach der Anmeldung werden die Studienteilnehmenden gebeten, einen Online-Fragebogen auszufüllen und eine Blutprobe mit der Einwilligungserklärung an das Studienteam zu senden. Weitere Datenerhebungen wird es vor der nächsten ARI-Saison im Herbst 2024 sowie im Frühjahr und Herbst 2025 und im Frühjahr 2026 geben. Alle im Rahmen der Studie ermittelten serologischen Befunde werden den Teilnehmenden individuell und baldmöglichst mitgeteilt.

Einladung an Personen, die im Gesundheitswesen im gesamten Bundesgebiet arbeiten

ARIPro ist eine Fortsetzungsstudie der CoVacSer-Studie mit modifiziertem Studien-Design. Die Teilnahme an der vorhergehenden CoVacSer-Studie, aus der zahlreiche wissenschaftliche und gesellschaftlich relevante Erkenntnisse gewonnen wurden (siehe Info weiter unten), ist jedoch nicht verpflichtend. Generell sind Interessierte aus dem gesamten Bundesgebiet herzlich eingeladen, an der ARIPro-Studie teilzunehmen. Für diejenigen die in Würzburg und Umgebung wohnen, bietet das Studienteam auch individuelle Blutentnahmetermine zu bestimmten Zeiten an.

Die ARIPro-Studie wird von einem interdisziplinären Team Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Zentralen Einrichtung für Krankenhaushygiene und Antimicrobial Stewardship, der Medizinischen Klinik und Poliklinik I, Kinderklinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Würzburg sowie dem Institut für Hygiene und Mikrobiologie und dem Institut für Virologie und Immunbiologie der Julius-Maximilians-Universität durchgeführt.

Kontakt: 
Universitätsklinikum Würzburg
Institut für Hygiene und Mikrobiologie
ARIPro-Studienteam
Josef-Schneider-Str. 2 / Gebäude E1
97080 Würzburg

E-Mail: aripro@ ukw.de

Weiterführende Informationen und die genaue Anleitung zur Teilnahme finden Sie unter folgendem Link.

Über die erfolgreiche Vorgängerstudie CoVacSer

In der CoVacSer-Studie des Universitätsklinikums Würzburg wurde die immunologische Impfantwort sowie die Lebens- und Arbeitsqualität nach einer Covid-19-Impfung und/oder -Infektion in einer Kohorte von 1.800 Personen, die im Gesundheitswesen arbeiten untersucht. Die Daten der CoVacSer-Studie unterstreichen zum Beispiel die Bedeutung von Grippe-Impfung für Beschäftigte in der Patientenversorgung. Die Studie wurde hochrangig publiziert im Journal of Infection. Hier geht es zur Pressemitteilung. Weitere Auswertungen im Rahmen der CoVacSer-Studie zu Faktoren, die die Konzentration von Antikörpern nach einer Corona-Infektion oder Covid-19-Impfung beeinflussen, zur Verträglichkeit der Varianten-adaptierten Covid-19 Impfstoffe und gemeinsamen Verabreichung mit der Influenza-Impfung sind hier zusammengefasst. Auch der Einfluss der psychischen Gesundheit und Schlafqualität auf die Immunogenität von Covid-19-Impfungen wurden im Rahmen der CoVacSer-Studie untersucht und sind hier nachzulesen. 
 

Das ehamlige CoVacSer-Studienteam auf dem Gelände des UKW.
Das ARIPro-Studienteam v.l.n.r.: Alexander Gabel, Nils Petri, Juliane Mees, Manuel Krone, Isabell Wagenhäuser, Julia Reusch; es fehlen Max Mayerhöfer und Helen Müller. © Daniel Peter / UKW
Aufbau der Studie ARIPro - Grafik

Neuer immuntherapeutischer Ansatz für das seltene, aber sehr aggressive Nebennierenrindenkarzinom

Zielmolekül ROR1 im Visier bei endokrinem Tumor

ROR1-spezifische CAR-T Zellen zeigen starke Antitumor-Wirksamkeit bei fortgeschrittenem adrenokortikalen Karzinom. Für dieses herausragende Kooperationsprojekt zwischen dem Lehrstuhl für Endokrinologie und dem Lehrstuhl für zelluläre Immuntherapie des Universitätsklinikum Würzburg (UKW) erhielten Marc Philipp Schauer und Laura-Sophie Landwehr den mit 12.000 Euro dotierten Schoeller-Junkmann-Preis der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE).

Preisträger Schauer und Preisträgerin Landwehr mit Urkunden in den Händen.
Marc Philipp Schauer und Laura-Sophie Landwehr erhielten den mit 12.000 Euro dotierten Schoeller-Junkmann-Preis der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). © Barbara Altieri / UKW
Bild von Justus Weber im Labor des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie.
Dr. Justus Weber hat im Research Hudecek-Lab die ROR1 CAR-T-Zellen entwickelt. © Daniel Peter / UKW
Abbildung zum Zielmolekül ROR1 beim Nebennierenrindenkarzinom
Glukokortikoid resistente ROR1 CAR-T-Zelle mittels CRISPR/Cas9 Genomeditierung, die gegen Glukokortikoid-produzierende ROR1+ ACC Tumore gerichtet wird, um diese effektiv in vitro als auch in vivo einzusetzen. © Marc Philip Schauer / UKW

Würzburg. Das Nebennierenrindenkarzinom, auch bekannt als adrenokortikales Karzinom oder kurz ACC, ist eine sehr seltene und aggressive Form von Krebs, die in der äußeren Schicht der Nebennieren, der sogenannten Cortex oder Rinde, entsteht. „Der einzige kurative Behandlungsansatz ist die komplette chirurgische Resektion“, sagt Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter der Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). „Gleichwohl zeigen sich auch nach vollständiger Resektion hohe Raten an Lokalrezidiven und Fernmetastasen mit nur eingeschränkten Behandlungsoptionen. Bislang liegt das mittlere Gesamtüberleben von ACC Patientinnen und -Patienten im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium mit etablierter Standardtherapie bei weniger als 15 Monaten.“

Schoeller-Junkmann Preis der DGE

Hoffnung bringen neue Erkenntnisse aus seiner Arbeitsgruppe, für die Marc Philipp Schauer und Dr. Laura-Sophie Landwehr auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) in Rostock mit dem Schoeller-Junkmann-Preis ausgezeichnet wurden. Mit 12.000 Euro ist er der höchstdotierte Preis der DGE. Die Biomedizinerin und der Doktorand zeigen in ihrem Forschungsprojekt, wie das onkogene Protein ROR1, das auf ACC Tumoren im Vergleich zu gesunden Nebennieren stark überexprimiert ist, mittels genetisch modifizierter Immunzellen gezielt angegriffen werden kann. 

Bei der neuartigen Therapieform werden patienteneigene T-Zellen des Immunsystems mit einem synthetischen Rezeptor, einem so genannten Chimären Antigen-Rezeptor (CAR) ausgestattet, um die körpereigenen Immunzellen gegen den Tumor zu sensibilisieren und diesen anzugreifen. Je nach Art der Tumorerkrankung muss ein Zielmolekül identifiziert und validiert werden, um den Sensor entsprechend maßzuschneidern. Bei endokrinen Tumoren hat sich das Zielmolekül namens ROR1 als möglicher Angriffspunkt erwiesen. 

ROR1 CAR-T-Zellen resistent gegen Glukokortikoide 

Marc Philipp Schauer und Laura-Sophie Landwehr beleuchten in ihrer Arbeit die Entwicklung sowie den präklinischen Nutzen von verschiedenen ROR1 CAR-T-Zellmodifikationen und den Einfluss durch die vom Tumor produzierten und das Immunsystem unterdrückenden Glukokortikoide. In 60 Prozent der Nebennierenrindenkarzinom-Fälle werden hohe Mengen an Glukokortikoiden produziert. Diese Hormone sind unter anderem an der Regulation des Immunsystems beteiligt. Eine Überproduktion führt zu einem Zustand, der als Cushing-Syndrom bekannt ist und unter anderem durch Gewichtszunahme, Fettansammlung im Gesicht und am Rumpf, Stiernacken, Muskelschwäche, Bluthochdruck, erhöhten Blutzuckerspiegel und Stimmungsschwankungen gekennzeichnet ist.

„Einen Quantensprung in unserer Forschung stellte die Verwendung fortschrittlichster Genom-Editierungstechniken dar, mit deren Hilfe es uns gelang, Glukokortikoid-resistente CAR-T Zellen herzustellen“, berichtet Dr. Justus Weber, der in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Michael Hudecek am Lehrstuhl für zelluläre Immuntherapie die ROR1 CAR-T-Zellen entwickelt hat.

„Wir zeigen, dass Glukokortikoid-resistente CAR-T-Zellen Glukokortikoid-angereicherte Tumorumgebungen gezielt umgehen können und ACC Tumore sehr effizient in vitro und in vivo heilen können“, ergänzt Laura-Sophie Landwehr. Das heißt, die modifizierten ROR1 CAR-T-Zellen bekämpfen die Mechanismen eines immunsupprimierten Tumormikromilieus.

„Die hier entwickelte Therapie könnte einen neuartigen und potentiell kurativen Behandlungsansatz für Patienten und Patientinnen mit fortgeschrittenem ACC darstellen und somit ihr Gesamtüberleben effizient verlängern könnte“, kommentiert Marc Philipp Schauer. Denn bisherige Immuntherapieversuche im ACC mit Immuncheckpoint-Inhibitoren haben bislang lediglich moderate Erfolge verzeichnen können. 

ROR1-Molekül im Visier bei verschiedenen Tumoren

Die gezeigten Forschungsergebnisse bieten aber nicht nur einen Therapieansatz für das Nebennierenrindenkarzinom, sondern auch für andere Tumorarten. So hat sich das Zielmolekül ROR1 ebenfalls als Angriffspunkt bei hämatologischen Krebserkrankungen und soliden Tumoren wie Lungen-, Brust- und Eierstockkrebs hervorgetan. Prof. Dr. Michael Hudecek, Leiter des Lehrstuhls Zelluläre Immuntherapie am UKW, konnte mit seinem Team als erster ein ROR1-spezifisches CAR-Konstrukt erstellen und dessen zytotoxischen Effekte gegen ROR1+ hämatologische Krebserkrankungen in vitro und in vivo zeigen. Den effektiven Einsatz von ROR1 CAR-T-Zellen gegen solide Tumore hat das Team aus Würzburg in einem fortschrittlichen mikrophysiologischen 3D-Tumormodell veranschaulicht. 

ROR1 geht in klinische Prüfung 

Als nächstes werden die entwickelten ROR1 CAR-T-Zellen in der first-in-human Phase I Studie (LION-1) am Menschen getestet, wo diese im Idealfall einen klinischen Nutzen entfalten können. Hierbei kommt zunächst ein Zellprodukt ohne Genom-Editierung zum Einsatz. In nächster Instanz sollen dann die Sicherheit und Effektivität eines Glukokortikoid-resistenten ROR1 CAR-T-Zellprodukts im Rahmen einer LION-1 2.0-Studie untersucht werden. Zudem wird am UKW auf präklinischer Ebene daran gearbeitet, weitere Ansätze im T-Zelltherapiebereich zu entwickeln und neue Modifikationen zu testen, die ebenfalls Einlass in die Klinik erhalten könnten.

Förderung und Kooperationspartner 

Das Forschungsprojekt zur Immuntherapie beim Nebennierenrindenkarzinom wurde gefördert von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs/Transregio Nebenniere (SFB TRR 205) und des Sonderforschungsbereichs/Transregio LETSIMMUN (SFB TRR 338). Beteiligt waren neben der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Fassnacht mit Dr. Laura-Sophie Landwehr und Marc P. Schauer die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Michael Hudecek mit Dr. Justus Weber sowie Prof. Dr. Dr. Matthias Kroiss vom LMU Klinikum München (ehemals UKW) und Prof. Katja Kiseljak-Vassiliades von der University of Colorado.

Preisträger Schauer und Preisträgerin Landwehr mit Urkunden in den Händen.
Marc Philipp Schauer und Laura-Sophie Landwehr erhielten den mit 12.000 Euro dotierten Schoeller-Junkmann-Preis der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). © Barbara Altieri / UKW
Bild von Justus Weber im Labor des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie.
Dr. Justus Weber hat im Research Hudecek-Lab die ROR1 CAR-T-Zellen entwickelt. © Daniel Peter / UKW
Abbildung zum Zielmolekül ROR1 beim Nebennierenrindenkarzinom
Glukokortikoid resistente ROR1 CAR-T-Zelle mittels CRISPR/Cas9 Genomeditierung, die gegen Glukokortikoid-produzierende ROR1+ ACC Tumore gerichtet wird, um diese effektiv in vitro als auch in vivo einzusetzen. © Marc Philip Schauer / UKW

Uniklinikum Würzburg: Infos zur Herzinsuffizienz beim Würzburger Residenzlauf 2024

Das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) und die Medizinische Klinik I des Uniklinikums Würzburg nutzen den 34. Würzburger Residenzlaufs am 28. April 2024, um an einem Stand über Herzschwäche und deren Prävention zu informieren.

Roter Herz Luftballon mit der Aufschrift Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg. im Hintergrund sieht man Läufer vom Residenzlauf.
Das DZHI und die Medizinische Klinik I des Uniklinikums Würzburg machen beim Würzburger Residenzlauf auf die Themen Herzgesundheit und Herzinsuffizienz aufmerksam. Bilder (Montage): Wolfgang Wünsch / Würzburger Residenzlauf Veranstaltungsgesellschaft UG + Kirstin Linkamp / UKW

Würzburg. Am Sonntag, den 28. April 2024 findet die 34. Auflage des Würzburger Residenzlaufs statt. Erneut werden Tausende Läuferinnen und Läufer aller Altersklassen und Leistungsstufen sowie anfeuernde Zuschauerinnen und Zuschauer bei dem sportlichen Großevent erwartet. Das am Uniklinikum Würzburg (UKW) angesiedelte Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) nutzt gemeinsam mit der Kardiologie der Medizinischen Klinik I des UKW (Leitung: Prof. Dr. Stefan Frantz) diese prächtige Kulisse, um an einem Stand auf dem Residenzplatz über Herzschwäche und deren Prävention zu informieren. „Laufsport und Herzgesundheit passen bestens zusammen“, kommentiert Prof. Dr. Stefan Störk. Der Leiter des Departments Klinische Forschung und Epidemiologie am DZHI fährt fort: „Bewegung gehört zu den zentralen Vorbeugemaßnahmen für Herzschwäche. Wir empfehlen fünfmal pro Woche mindestens 30 Minuten Ausdauertraining. Wobei Spazierengehen oder mit dem Rad zur Arbeit fahren auch zählen!“ Nach seinen Worten gibt es mehr als genug Anlass, jetzt aktiv zu werden und zu bleiben. Schließlich leiden fast vier Millionen Menschen in der Bundesrepublik an Herzinsuffizienz – Tendenz steigend. Und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mit 35 Prozent die häufigste Todesursache in Deutschland. 
Neben dem Infostand beteiligen sich das DZHI und die Medizinische Klinik I auch mit einem eigenen Laufteam am Residenzlauf 2024. 
 

Roter Herz Luftballon mit der Aufschrift Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg. im Hintergrund sieht man Läufer vom Residenzlauf.
Das DZHI und die Medizinische Klinik I des Uniklinikums Würzburg machen beim Würzburger Residenzlauf auf die Themen Herzgesundheit und Herzinsuffizienz aufmerksam. Bilder (Montage): Wolfgang Wünsch / Würzburger Residenzlauf Veranstaltungsgesellschaft UG + Kirstin Linkamp / UKW

Wie das Kunststoffzeitalter unsere Hormone beeinträchtigt

Bruno-Allolio-Nebennierenpreis 2024 für Lydia Kürzinger und Benedikt Pötzl

Ein Team der Endokrinologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) hat den Einfluss der chemischen Substanzen Bisphenol A, F und S auf die Hormonsynthese und den Hormonhaushalt der Nebenniere untersucht und warnt vor potentiellen Folgen für unsere Gesundheit.

Benedikt Pötzl hält die Preisrede
Benedikt Pötzl präsentiert beim Deutschen Kongress für Endokrinologie die Untersuchungen zu den Auswirkungen der Weichmacher Bisphenol A, F und S auf die Steroidogenese in Nebennieren, für die er gemeinsam mit Lydia Kürzinger den Bruno-Allolio-Nebennierenpreises 2024 erhielt. © EndoScience
Grafische Darstellung der Steroidsynthese
Schematischer Überblick über Veränderungen in der Steroidsynthese der Nebennierenzellen in Anwesenheit von Bisphenol A, F und S. Erstellt mit biorender.com. © UKW

Würzburg. Ob Trinkflaschen, Konservendosen, Bratpfannen, Kassenbons, Textilien, Wasserleitungen, Brandschutzmittel oder mit Pestiziden belastete Lebensmittel – wir alle kommen im heutigen Kunststoffzeitalter mit chemischen Substanzen in Verbindung. Viele dieser synthetischen Stoffe bringen jedoch nicht nur Vorteile mit sich, sondern bergen auch zahlreiche Risiken für die Umwelt und für unsere Gesundheit. Im Verbund von Mikro- und Nanoplastikpartikeln werden die Schadstoffe weltweit verteilt und tauchen in verschiedensten Ökosystemen und Nahrungsketten auf. Die genauen Folgen und Auswirkungen einer chronischen Exposition auf die menschliche Gesundheit sind schwer abschätzbar. 

Endokrine Disruptoren können Gesundheit beeinträchtigen 

In der gegenwärtigen Forschung werden die Schadstoffe, die wir durch die Nahrung, Luft oder Hautkontakt aufnehmen, als „endokrine Disruptoren“ bezeichnet. Denn sie stehen im Verdacht, Hormonkreisläufe zu stören oder zu beeinträchtigen und somit Einfluss auf Wachstum und Entwicklung, Stoffwechsel, Fortpflanzung, Stimmung und Verhalten zu haben. Die Folgen sind unter anderem Unfruchtbarkeit, Adipositas oder Diabetes. 

Lydia Kürzinger und Benedikt Pötzl vom Würzburger Lehrstuhl Endokrinologie und Diabetologie haben sich die Auswirkungen von Bisphenolen auf die Hormonsynthese der Nebenniere genauer angeschaut. Bisphenole sind eine Gruppe chemischer Substanzen, die in vielen Kunststoffen als Weichmacher oder Stabilisatoren verwendet werden. Die Assistenzärztin und der Doktorand konnten in aufwendigen Zellkulturexperimenten zum ersten Mal den Einfluss von Bisphenol A (BPA), F (BPF) und S (BPS) auf die Sekretion 15 verschiedener Nebennierenhormone nachweisen.  

Bisphenole hemmen Cortisol, Aldosteron und DHEA

Bei der Exposition mit BPA, BPF und BPS beobachteten die beiden Forschenden signifikante Veränderungen in der Freisetzung essentieller Hormone, wobei einzelne Hormone hoch- und andere herunterreguliert wurden. „Es ist daher davon auszugehen, dass die getesteten Bisphenole auf sehr komplexe Weise mit der Steroidsynthese der Nebennierenzellen interagieren, was dazu führt, dass die Ausschüttung klinisch relevanter Hormone wie Cortisol, Aldosteron und Dehydroepiandrosteron, kurz DHEA, gehemmt wird“, berichtet Benedikt Pötzl. 

„Die betroffenen Steroidhormone sind in verschiedene Systemen des menschlichen Organismus involviert, zum Beispiel Stressantwort, Blutdruckkontrolle, sexuelle Differenzierung und Pubertät“, fährt Lydia Kürzinger fort und resümiert. „Unsere Arbeit legt nahe, dass Bisphenole, die sich mittlerweile in nahezu allen untersuchten menschlichen Proben nachweisen lassen, den präzise regulierten Hormonhaushalt der Nebenniere beeinträchtigen.“ 

Bruno-Allolio-Nebennierenpreis 2024 für Lydia Kürzinger und Benedikt Pötzl

Für ihre Arbeit "Disruptive effects of plasticizers bisphenol A, F, and S on steroidogenesis of adrenocortical cells”, die von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs/Transregio zur Nebenniere (SFB/TRR 205) und durch ein Stipendium der Graduate School of Life Sciences (GSLS) gefördert wurde, haben Lydia Kürzinger und Benedikt Pötzl beim 67. Deutschen Kongress für Endokrinologie (DGE) in Rostock den mit 8.000 Euro dotierten Bruno-Allolio-Nebennierenpreis der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie 2024 erhalten. 

„Die Thematik der endokrinen Disruptoren stellt angesichts der Unmengen an Plastik und Kunststoffen, die jedes Jahr produziert und nahezu unreguliert in die Umwelt gelangen, ein sehr relevantes und alarmierendes Problem unserer Zeit dar, welches die planetare Gesundheit bedroht. Und die Brisanz nimmt zu, da die planetaren Belastungsgrenzen zur Einbringung neuartiger Substanzen bei Weitem überschritten sind“, kommentiert Privatdozent Dr. Ulrich Dischinger. Der Oberarzt und Leiter des endokrinologischen Routinelabors am UKW hat das Forschungsprojekt initiiert hat und als Mentor betreut. 

Regulatorische Maßnahmen im Sinne des Verbraucher- und Umweltschutzes

Die Forschenden hoffen, dass sie mit dieser Arbeit und weiteren Studien zu endokrinen Disruptoren und deren Risiken zu einer Vertiefung der wissenschaftlichen Evidenz über Risiken unserer kunststoffgeprägten Zeit beitragen und politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern wertvolle Informationen für regulatorische Maßnahmen liefern können, im Sinne des Verbraucher- und Umweltschutzes. 

Im Falle einzelner Substanzen wurden zwar dank langjähriger wissenschaftlicher Forschung inzwischen zumindest in der EU, sowie den USA, weitgehende Regulationen erreicht, doch der Status quo in der Verwendung neuer synthetischer Stoffe durch die Industrie sei weiterhin mangelhaft, denn die komplexen Interaktionen zwischen potenziell endokrin disruptiven Substanzen und Organismen müssen oft nicht ausreichend getestet werden. Besorgniserregend sei auch der gegenwärtige Trend, dass alternative Substanzen durch geringe chemisch-strukturelle Variation entwickelt und eingesetzt werden, obwohl deren potentiell schädlicher Einfluss oft mit der Ursprungssubstanz vergleichbar sei. 

Neben Benedikt Pötzl und Lydia Kürzinger haben Sabine Kendl, Hanna Urlaub, Antonia Dohles, Max Kurlbaum sowie Martin Fassnacht und Ulrich Dischinger am Projekt mitgewirkt. 

Benedikt Pötzl hält die Preisrede
Benedikt Pötzl präsentiert beim Deutschen Kongress für Endokrinologie die Untersuchungen zu den Auswirkungen der Weichmacher Bisphenol A, F und S auf die Steroidogenese in Nebennieren, für die er gemeinsam mit Lydia Kürzinger den Bruno-Allolio-Nebennierenpreises 2024 erhielt. © EndoScience
Grafische Darstellung der Steroidsynthese
Schematischer Überblick über Veränderungen in der Steroidsynthese der Nebennierenzellen in Anwesenheit von Bisphenol A, F und S. Erstellt mit biorender.com. © UKW

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