Würzburg. Für viele Personen mit ausgeprägter Adipositas ist eine bariatrische Operation wie zum Beispiel ein Magenbypass oder ein Schlauchmagen der letzte Ausweg, um ihr Gewicht dauerhaft zu reduzieren. Der Erfolg der Operation hängt dabei aber nicht allein vom chirurgischen Eingriff im Magen-Darm-Trakt ab, sehr wesentlich wird die Wirkung über Strukturen im Gehirn vermittelt. Das fand jetzt ein interdisziplinäres Team am Uniklinikum Würzburg heraus. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal Metabolism: Clinical and Experimental veröffentlicht (Hypothalamic integrity is necessary for sustained weight loss after bariatric surgery: A prospective, cross-sectional study, https://doi.org/10.1016/j.metabol.2022.155341).
Hormone können bei geschädigtem Hypothalamus Wirkung nicht entfalten
„Die Adipositas-Chirurgie ist aktuell sicherlich die effektivste Therapie für eine ausgeprägte Adipositas. Die Wirkweise dieser Operation ist allerdings nicht vollständig verstanden“, berichtet Dr. Ulrich Dischinger, Oberarzt und Leiter der experimentellen Adipositasforschung am Lehrstuhl für Endokrinologie und Diabetologie. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Chirurgischen Klinik 1, der Psychiatrie und der Molekularen Infektionsbiologie fand er heraus, dass die Effektivität der Adipositas-Chirurgie von einem intakten Hypothalamus abhängt. Der Hypothalamus ist ein zentraler Teil des Gehirns, der als wichtige Schaltzentrale unseres Körpers vegetative und endokrine Vorgänge reguliert und unter anderem die Nahrungsaufnahme steuert.
Ist diese Gehirnregion jedoch krankheitsbedingt zerstört, zum Beispiel durch einen gutartigen Tumor wie etwa ein Kraniopharyngeom, ist der Effekt der Adipositas-Operation deutlich abgeschwächt. Das heißt, sattmachende Hormone wie GLP-1 oder PYY, die nach dem chirurgischen Eingriff verstärkt aus dem Magen-Darm-Trakt ausgeschüttet werden, können ihre nahrungsregulierende Wirkung über den geschädigten Hypothalamus nicht entfalten. Obwohl die in dieser Studie untersuchten Patientinnen und Patienten mit Adipositas und geschädigtem Hypothalamus nach der bariatrischen Operation höhere Hormonspiegel als diejenigen mit Adipositas und intaktem Hypothalamus aufwiesen, war der Effekt der OP bei ihnen deutlich abgeschwächt. Dies zeigt, dass die Wirkweise der Adipositas-Chirurgie im Wesentlichen auf veränderten neuroendokrinen Signalen aus dem Magendarmtrakt basiert und von einem intakten Hypothalamus abhängt.
Adipositas-OP vom Stigma einer simplen Magenverkleinerung befreien
Ulrich Dischinger ist sich sicher, dass die Erkenntnisse wesentlich zu einer weiteren Aufklärung der Wirkweise der Adipositas-Chirurgie beitragen: „Die überragende Bedeutung einer intakten Hypothalamusfunktion für die Effektivität der bariatrischen Chirurgie war am Menschen bislang nicht gut untersucht. Mit unseren Resultaten können wir helfen, die Adipositas-Chirurgie vom Stigma einer simplen Magenverkleinerung zu befreien. Tatsächlich ist die bariatrische Operation eine Art neuroendokrine Intervention.“ Auch Prof. Dr. Florian Seyfried, Oberarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie und Leiter des Würzburger Referenzzentrums für metabolische und bariatrische Chirurgie, hofft, dass die Ergebnisse zu einer größeren Akzeptanz der Adipositas-Chirurgie beitragen. „Bislang sind nicht nur die Adipositas, sondern auch die bariatrische Chirurgie stigmatisiert. So hält sich die historische Annahme, dass die Wirkungsweise bariatrischer Operationen darauf beruht, dass der Patient weniger Nahrung aufnehmen kann und diese vom Körper teilweise nicht mehr verstoffwechseln kann. Die nun publizierte Arbeit widerspricht nun ganz klar diesem vermuteten Wirkprinzip.“
Menschen mit hypothalamischer Adipositas besser beraten
Ulrich Dischinger führt weiter aus: „Unsere Forschung wird auch dabei helfen, Menschen mit Schädigung des Hypothalamus und dadurch verursachter hypothalamischer Adipositas‘ vor einer geplanten Adipositas-Operation besser beraten zu können. Gerade dieses sensible Patientengut sollte keiner Intervention zugeführt werden, deren üblicher günstiger Effekt nicht zu 100 Prozent übertragbar sein dürfte.“
Aktuell wird das Spektrum der Adipositasforschung mit einer Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz erweitert. Wesentliche Untersuchungsgegenstand wird hier die Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion sein, einer häufigen und bislang nicht gut behandelbaren Begleiterkrankung der Adipositas.
Pressemitteilung, Universitätsklinikum Würzburg, 22. November 2022
Aktuelle Meldungen
Würzburg. Phäochromozytome und Paragangliome sind ihr Spezialgebiet. Für ihre Forschung zur Diagnostik dieser seltenen Tumore hat Dr. Hanna Remde beim 21st Kongress des European Networks for Study of Adrenal Tumores (ENSAT) in Warschau den ENS@T Award 2022 for Research on Pheochromocytoma and Paraganglioma erhalten. Mit diesen Tumoren geht eine erhöhte Produktion der blutdrucksteigernden Hormone Adrenalin und Noradrenalin, den so genannten Katecholaminen, einher. Die meisten dieser neuroendokrinen Tumore befinden sich im Nebennierenmark, sie werden als Phäochromozytome bezeichnet. Paragangliome hingegen treten in bestimmten Nervenzellnestern des Kopf-, Hals-, Brust oder Bauchbereichs auf.
Bei Verdacht auf diese Erkrankung werden üblicherweise die Abbauprodukte der Hormone im Blut gemessen, die so genannten Metanephrine. Dabei kommt es oft zu uneindeutigen, nur knapp auffälligen Werten. In diesem Fall, kommt im Rahmen der Tumordiagnostik in der Regel ein Clonidin-Hemmtest zum Einsatz. Dabei wird bei den Patientinnen und Patienten vor und nach Einnahme von Clonidin der Normetanephrin-Spiegel im Blut gemessen und verglichen.
Clonidin-Tests sind genau – doch in vielen Fällen kann auf sie verzichtet werden
Hanna Remde hat mit ihrem Team aus der Endokrinologie Würzburg die diagnostische Genauigkeit dieser Tests untersucht und hierfür die weltweit größte Studie durchgeführt, die nur Patientinnen und Patienten mit echter Indikation für den Test in die Studie eingeschlossen hat. Es zeigte sich eine hohe diagnostische Genauigkeit unter der Anwendung der etablierten Grenzwerte. Noch exakter fielen die Tests aus, wenn ein neuer altersabhängiger Grenzwert verwendet wurde. „Auf den Clonidin-Hemmtest ist also fast immer Verlass, insbesondere bei Berücksichtigung des Alters der Patientinnen und Patienten“, resümiert Hanna Remde. Allerdings seien die Tests nicht immer notwendig, fährt die Ärztin fort: „Bei vielen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern waren die Laborwerte am Testtag bereits vor der Einnahme von Clonidin normalisiert. Daraus schlussfolgern wir, dass bei Patientinnen und Patienten, die einen Normetanephrin-Wert aufweisen, der nur knapp über der Norm liegt, auf einen Clonidin-Test meist verzichtet werden kann. Bei grenzwertig auffälligem Normetaneprin genügt häufig eine einfache Wiederholung der Messung unter optimierten Bedingungen.
Die Ergebnisse des Projekts „Improved Diagnostic Accuracy of Clonidine Suppression Testing Using an Age-Related Cutoff for Plasma Normetanephrine“ wurden in der Fachzeitschrift Hypertension der American Heart Association veröffentlicht. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/HYPERTENSIONAHA.122.19019
In einer weiteren großen multizentrischen Studie erforscht das Team der Endokrinologie gerade, wie sich die Nachsorge dieser neuroendokrinen Tumore bestmöglich gestalten lässt.
Mit zunehmender Erderwärmung steigt die Wetterempfindlichkeit der Menschen, in der Fachsprache Biotropie genannt. Hitzewellen sowie rasche Temperaturänderungen zum Vortag und Temperaturschwankungen binnen eines Tages werden mit einer erhöhten Wetterfühligkeit in Verbindung gebracht, was zur Folge hat, dass bereits vorhandene Krankheiten und Beschwerden verstärkt oder ausgelöst werden können. „Der Klimawandel schlägt vor allem auf den Kreislauf und bereitet insbesondere Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Bluthochdruck große Probleme. Es kommt zu Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten, Muskelkrämpfen bis hin zu Herzrhythmusstörungen“, erklärt Prof. Dr. Stefan Frantz, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Uniklinikums Würzburg (UKW). Wer sich nicht rechtzeitig Kühlung verschafft, riskiert sogar einen Hitzschlag. Auch die Nieren können unter den erhöhten Durchschnittstemperaturen und extremer Hitze leiden.
Regulation der Körpertemperatur
Generell hat unser Körper verschiedene Möglichkeiten, die eigene Körpertemperatur zu regulieren und überschüssige Wärme abzugeben. Die bekannteste Maßnahme ist das Schwitzen. Stellt unser Temperaturkontrollzentrum im Gehirn, in der Fachsprache Hypothalamus genannt, fest, dass unsere Wohlfühltemperatur von 37 Grad im Körperinneren überschritten wird, werden die Schweißdrüsen in der Haut zur vermehrten Produktion angeregt. Wir geben also Wärme ab, indem der Schweiß auf der Körperoberfläche „verdampft“. Darüber hinaus stellt der Körper unsere Hautgefäße weit. Das Herz pumpt vermehrt warmes Blut in die erweiterten Hautgefäße, wodurch ebenfalls Wärme abgeleitet wird.
„In Folge des vermehrten Schwitzens kommt es naturgemäß zu einem Verlust von Flüssigkeit und wichtigen Körpersalzen, den sogenannten Elektrolyten. Der Mangel an Flüssigkeit und die hitzebedingte Weitstellung der Gefäße führen zu einem Absinken des Blutdrucks. Das Herz pumpt nicht mehr ausreichend Blut durch den Körper - und die Nieren“, berichtet Professor Dr. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie am UKW und Präsident der European Renal Association ERA und Initiator der Kampagne Strong Kidneys. „Wer diesen Flüssigkeitsverlust nicht ausgleicht, trocknet aus. Das kann ein Nierenversagen zur Folge haben. Auch das Risiko für die Bildung von Harnsteinen und Harnwegsinfektionen wird durch eine Austrocknung des Körpers erhöht.“
Genügend trinken
Pro Tag scheidet der Mensch knapp einen Liter Wasser über den Urin aus, einen halben Liter über den Schweiß und einen weiteren halben Liter über die Atmung. An heißen Tagen und bei großen Anstrengungen schwitzen wir noch mehr. Damit der Körper weiterhin einwandfrei funktioniert, muss dieser Verlust ausgeglichen werden. Wir müssen entsprechend mehr trinken - idealerweise ein bis zwei Liter zuzüglich zur sonstigen Trinkmenge, also unterm Strich zwei bis drei Liter. Experten empfehlen Leitungs- oder Mineralwasser, je nach Geschmack mit etwas Zitrone oder wenig Saft gemischt sowie ungesüßte Tees. Am besten trinkt man morgens direkt nach dem Aufstehen schon ein großes Glas Wasser, das füllt die Speicher wieder auf, kurbelt den Kreislauf an und fördert die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.
Jüngere, gesunde Menschen können sich durchaus auf ihr Durstgefühl verlassen. Durst ist ein guter Indikator dafür, dass der Körper Flüssigkeit benötigt. Mit dem Alter lässt das Durstempfinden jedoch nach.
Anzeichen eines Flüssigkeitsmangels sind übrigens Müdigkeit, Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen, da der Magen-Darm-Trakt langsamer arbeitet, Schwindel, Muskelkrämpfe, Gliederschmerzen und Hauttrockenheit.
Achtung: Veränderte Flüssigkeitszufuhr bei Herz- oder Nierenerkrankung!
Patientinnen und Patienten mit einer Herz- oder Nierenerkrankung sollten die tägliche Trinkmenge unbedingt mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen, möglicherweise muss sie überdacht werden. Denn wenn ihr Körper das Wasser nicht vollständig ausscheiden kann, sammelt es sich möglicherweise in Beinen, Lunge oder im Bauchraum an. Tägliches Wiegen hilft, Schwankungen im Flüssigkeitshaushalt zu vermeiden. Eine Zunahme von einem halben Kilo Körpergewicht innerhalb eines Tages deutet in der Regel auf eine zu hohe Trinkmenge hin.
Elektrolyte ersetzen
Über den Schweiß gehen auch viele Elektrolyte verloren, wertvolle Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium sowie Zink und Jod. Achten Sie neben einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr auf eine ausgewogene Ernährung. Einem Mangel an Elektrolyten wirkt man gut mit einer Gemüsebrühe oder einer Gazpacho, der kalten Gemüsesuppe aus Andalusien, entgegen. Wer bereits an einer Herzerkrankung leidet, sollte vor allem seinen Kalium-Spiegel im Blick haben, da ein Kalium-Mangel die Herzfunktion noch stärker beeinträchtigen kann. Nehmen Sie jedoch nicht eigenmächtig, ohne ärztliche Absprache, Kalium-Tabletten ein.
Mittagshitze und körperliche Anstrengung meiden
Halten Sie an heißen Tagen mittags eine Siesta. Körperliche Aktivitäten wie Einkaufen, Haus- und Gartenarbeit sollten bei Hitze auf ein Minimum reduziert und in die kühleren Morgen- und Abendstunden verlegt werden. Das gilt auch für Sport. Kraft- und Ausdauertraining stärken zwar das Herz und bringen Sie besser durch die Hitzewelle. An extrem heißen Tagen sollten Sie sich jedoch nicht überanstrengen und allenfalls schwimmen gehen oder in gekühlten Räumen moderat Sport treiben.
Hitze aussperren
Lüften Sie früh morgens und spät abends oder nachts und halten Sie tagsüber die Fenster geschlossen. Sperren Sie die Hitze aus, indem Sie alle Räume verdunkeln, sofern vorhanden mit außenliegende Rollläden, sie schützen besser vor Hitze als innenliegende Jalousien oder Vorhänge.
Luftige Kleidung tragen
Bevorzugen Sie leichte, luftige und helle Kleidung aus Baumwolle, damit sich die Hitze nicht staut. Und denken Sie an eine Kopfbedeckung, wenn Sie sich draußen aufhalten
Körper kühlen
Eine wohltuende Erfrischung bringen kalte feuchte Tücher im Nacken sowie kalte Fuß- und Armbäder. Für den Extra-Kühl-Effekt sorgen ein paar Tropfen ätherische Öle im Wasser wie Minze, Zitrone oder Eukalyptus.
Medikamente und Blutdruck im Blick behalten
Halten Sie Ihren Blutdruck im Blick. Denn die Hitze weitet die Gefäße, sodass der Blutdruck sinkt. Gegebenenfalls muss die Dosis der Medikamente angepasst werden. Doch auch die Wirkungen und Nebenwirkungen von anderen Medikamenten können sich bei Hitze ändern, wie zum Beispiel die der wassertreibenden Mittel, so genannte Diuretika. Um unerwünschte Folgen zu vermeiden, sollten Sie im Hochsommer die Dosierung der Medikamente ebenso wie die Anpassung der Trinkmenge stets mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Lagern Sie Ihre Medikamente immer an einem kühlen und schattigen Ort.
Hitzenotfall
Wer bei Mitmenschen Symptome wie plötzlicher Verwirrtheit, Bewusstlosigkeit, Krampfanfall, Fieber, starken Kopfschmerzen oder wiederholtem heftigen Erbrechen beobachtet, sollte umgehend den Notarzt 112 rufen und bis zum Eintreffen des Rettungswagens erste Hilfe leisten. Bringen Sie die Person in den Schatten und sorgen Sie mit kalten Tüchern für Abkühlung. Bei Bewusstlosigkeit ist die stabile Seitenlage angebracht, bei Atemstillstand Herzdruckmassage.
Hitzewarnungen
Um sich für heiße Tage zu wappnen, lohnt sich ein regelmäßiger Blick auf die Webseite des Deutschen Wetterdiensts (DWD): www.dwd.de
Herzgesundheit
Ausführliche Informationen zur Herzgesundheit erhalten Sie auf der Webseite des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz Würzburg: www.dzhi.de
Nierengesundheit:
Informationen zur Stärkung der Nieren gibt es unter www.strongkidneys.eu
Abkühlung in Würzburg:
Wo gibt es Schattenplätze in Würzburg? Wo kann ich unterwegs kostenfrei Leitungswasser in meine Flasche nachfüllen? Die Stadt Würzburg gibt weitere Tipps zum Thema Hitze: www.wuerzburg.de/hitze


Würzburg. Nach Bergamo, Vancouver, Hong Kong, Manchester, Mexiko City und Prag ist nun Würzburg der Austragungsort des internationalen Fabry Kongresses. Beim 7th Update on Fabry Disease vom 29. bis 31. Mai 2022 werden sich namhafte Fachleute sowie Behandelnde der Fabry-Krankheit aus der ganzen Welt über jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse austauschen. Der Schwerpunkt liegt auf neuen Behandlungsansätzen, Ausgangsmerkmalen, die das patientenindividuelle Ansprechen auf die Behandlung von Morbus Fabry bestimmen und Antikörper-Interaktionen mit der sogenannten infundierten Enzymersatztherapie (ERT = Enzyme Replacement Therapy).
Die lysosomale Speichererkrankung Morbus Fabry wird über ein fehlerhaftes Gen, das GLA-Gen, hervorgerufen. Die Mutationen haben zur Folge, dass dem Körper das lebenswichtige Enzym alpha-Galaktosidase A teilweise oder gänzlich fehlt. Dadurch können wiederum die sogenannten Glykosphingolipide nicht genügend abgebaut werden, die Fettsubstanzen reichern sich in verschiedenen Zellen im gesamten Körper an und schädigen das Gewebe und wichtige Organe, vor allem die Nieren und das Herz, aber auch das Gehirn
Interdisziplinäre Forschung und Behandlung
Für diese Trias Niere, Herz und Nervensystem – steht im Würzburger Fabry-Zentrum für interdisziplinäre Therapie (FAZiT) ein exzellentes Forschungs- und Behandlungsteam zur Verfügung. Prof. Dr. med. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I, hatte das Zentrum bereits im Jahr 2001 gegründet, wenig später kam die Kardiologie mit Privatdozent Dr. Peter Nordbeck hinzu. Und inzwischen ist auch die Neurologie mit Prof. Dr. Claudia Sommer und Prof. Dr. Nurcan Üçeyler stark eingebunden. Weitere Expertise kommt aus zahlreichen Fachabteilungen der Uniklinik wie der Kinderklinik, Radiologie, kardiovaskulären Genetik, HNO sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aber auch aus den Instituten für Humangenetik und Pathologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
„Diese X-chromosomal vererbte Multisystemerkrankung erfordert einen interdisziplinären und interprofessionellen Ansatz, den wir hier in Würzburg intensiv leben“, betont Christoph Wanner. „Wir können in kurzer Zeit ein umfassendes Diagnostikprogramm durchführen und zeitnah individualisierte Therapien anbieten.“
Akademisches Flair
Das Würzburger Fabry-Zentrum ist das größte in Deutschland. In seiner Spezialambulanz werden aktuell 200 Erwachsene und Kinder betreut. Viele der Patientinnen und Patienten nehmen an Studien teil. So wurden in der Beobachtungsstudie seit Zentrumsgründung im Jahr 2001 die Krankheitsverläufe von 400 Betroffenen analysiert. Die krankheitsbezogenen Daten fließen sowohl in die interne Datenbank als auch in internationale Register wie etwa das weltweite Fabry Registry, welches von Würzburg aus mitgeleitet wird. So werden bei dieser sehr seltenen Erkrankungen Informationen zusammengetragen, die verlässliche Aussagen über den Krankheitsverlauf der Krankheit und den Erfolg der Behandlungen ermöglichen.
Morbus Fabry bietet mit seinem breit gefächerten Krankheitsbild zahlreiche wissenschaftliche Fragestellungen. „Ideal für den Nachwuchs! Dieses akademische Flair, den das Fabry-Zentrum umgibt, hat mich immer fasziniert“, schwärmt Christoph Wanner: „Allein aus dem Beobachtungsregister sind in Würzburg 150 Publikationen entstanden.“
Portfolio der Würzburger Neurologie hat Alleinstellungscharakter
Vor allem für die Neurologie ist Morbus Fabry eine besonders wichtige Erkrankung, da sie das periphere und zentrale Nervensystem betreffen kann. Die neurologischen Hauptsymptome sind wiederkehrende Schlaganfälle und Schmerzen. Insbesondere die mit Morbus Fabry assoziierten Schmerzen, die bereits in der Kindheit eintreten, sowie die mit der Erkrankung einhergehende Kleinfaserneuropathie werden seit mehr als zehn Jahren in der Neurologischen Klinik am Uniklinikum Würzburg umfangreich untersucht. Nurcan Üçeyler, Heisenberg-Professorin und Prodekanin der Medizinischen Fakultät nennt Beispiele: „So wird die Pathophysiologie von Schmerz und Neuropathie im Mausmodell beforscht, und durch die Etablierung patienteneigener Zellkultursysteme basierend auf induzierten pluripotenten Stammzellen können wir genuine translationale Forschung betreiben. Dieses umfangreiche Portfolio über anspruchsvolle klinische Forschung, Forschung im Tiermodell und an patienteneigenen Körperzellen zum Thema Neurologie und Morbus Fabry hat Alleinstellungscharakter.“
Der Morbus Fabry als kardiale Modell-Erkrankung
Aus Sicht der Kardiologie liegt ein aktueller Hauptfokus der Forschung vor allem auf der genaueren Charakterisierung der Pathophysiologie, also der Krankheitsentstehung, und der dadurch bedingten klinischen Ausprägung der Erkrankung. Interessanterweise teilt der Morbus Fabry viele Gemeinsamkeiten mit anderen Erkrankungen welche zu einer Verdickung des Herzmuskels führen, so dass die Erkrankung sowohl hinsichtlich der Diagnostik als auch in Bezug auf die Weiterentwicklung neuer Therapiekonzepte Modellcharakter hat. So konnten unter anderem zuletzt neue Bildgebungstechniken entwickelt werden, die nicht nur für die Diagnostik der Fabry-Erkrankung vielversprechend sind. Gleiches gilt für die Therapie: „Die erfolgreiche Einführung neuer Therapieansätze wie der sogenannten Chaperon-Therapie bedeuten für eine große Zahl herzkranker Patientinnen und Patienten in Deutschland und weltweit eine enorme Chance, da gerade im Bereich von Herzmuskelschwäche, die aus einer Verdickung des Herzmuskels resultiert, bisher kaum wirksame Behandlungsmöglichkeiten verfügbar waren“, erklärt Privatdozent Dr. Peter Nordbeck.
Suche nach geeignete Gentherapien
Neben der noch relativ neuen Chaperon-Therapie ist die infundierte Enzymersatztherapie augenblicklich die einzige Therapie, die den Betroffenen zur Verfügung steht. Dabei wird den Patientinnen und Patienten alle 14 Tage ein bestimmtes Enzym über eine Infusion in die Vene verabreicht. „Das ist zeitaufwändig und kann das natürliche Enzym immer noch nicht zu hundert Prozent ersetzen“, bemerkt Christoph Wanner. „Wir arbeiten mit Hochdruck mit an klinischen Studien zu geeigneten Gentherapien. Erste Ergebnisse werden beim 7th Update on Fabry Disease in Würzburg diskutiert. Es wird spannend.“
Sämtliche Abstracts des 7th International Update on Fabry Disease sind ab dem 26. Mai 2022 im Journal Nephron online: DOI: 10.1159/000524933



Drei Prozent der über 50-Jährigen haben Nebennierentumore. Bei den über 80-Jährigen ist sogar jeder zehnte betroffen. 80 bis 90 Prozent dieser Tumore, die meist zufällig, zum Beispiel bei einer Computertomographie bei Gallenproblemen, Nierensteinen oder Rückenleiden, entdeckt werden, sind jedoch gutartig und vermeintlich harmlos. Vermeintlich. Denn eine leicht gesteigerte Produktion des Hormons Kortisol, die viele dieser Tumore mit sich bringen, spaltete vor einiger Zeit die Meinungen. Muss man den Tumor operativ entfernen oder nicht?
Bis vor kurzem war Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter des Lehrstuhls Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg, noch der Meinung, dass man die meisten gutartigen Nebennierentumore nicht behandeln müsse, sondern nur diejenigen, die zu einem schweren Hormonexzess führen. Im Jahr 2014 berichteten zwei Studien unabhängig voneinander, dass Patienten und Patientinnen mit gutartigen Nebennierentumoren und erhöhter Hormonproduktion eher sterben als diejenigen, deren Tumor kein Kortisol produziert. Untersucht wurden insgesamt 400 Betroffene. „Das war uns zu wenig, wir wollten es genau wissen“, erinnert sich Martin Fassnacht. Bei einem europäischen Nebennierentreffen im Jahr 2014 in München adressierte er die Hypothese, dass das Krankheitsbild bei den meisten Betroffenen zu ignorieren sei und animierte seine europäischen Kolleginnen und Kollegen zu einer großen Kohortenstudie namens NAPACA-Outcome. 28 Zentren aus 16 europäischen Ländern und zwei Zentren aus den USA schlossen sich an. Die selbst gesetzte Mindestmarke von 2014 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern wurde schnell erreicht und schlussendlich sogar verdoppelt. Von den 4374 aufgenommenen Patientinnen und Patienten erfüllten 3656 sämtliche Studienkriterien: Erwachsene mit gutartigem Nebennierentumor, der größer als ein Zentimeter ist und bei denen mittels Dexamethason-Test untersucht worden war, ob der Tumor vermehrt Kortisol produziert. Patientinnen und Patienten mit bösartigem Tumor und klinisch erkennbarem Hormonüberschuss wie zum Beispiel einem Cushing-Syndrom wurden ausgeschlossen. „Bei einem Cushing Syndrom sieht man den Betroffenen im Rahmen der ärztlichen Untersuchung gleich an, dass sie schwer krank sind. Hier besteht dann zweifelsohne rascher Handlungsbedarf“, bemerkt Martin Fassnacht.
Frauen unter 65 gefährdet das Zuviel an Kortisol am meisten
Die Auswertung dieser großen Studie hat selbst Skeptiker wie Martin Fassnacht überzeugt: „Entgegen meiner Hypothese sterben diejenigen mit einem Zuviel an Kortisol tatsächlich eher als diejenigen ohne. Doch es trifft nicht alle gleich. Zu unserer Überraschung haben wir festgestellt, dass Frauen unter 65 mit vermehrter Kortisolausschüttung ein vierfach höheres Risiko haben, eher zu sterben als Frauen ohne Kortisolüberschuss. Interessanterweise scheint letzterer bei Männern über 65 kaum eine Rolle zu spielen.“
Warum ist das so? Es könnte an dem Schutz liegen, den Frauen generell bis zu den Wechseljahren und zehn Jahre danach haben, zum Beispiel was Herz-Kreislauf-Erkrankungen angeht. Sie seien generell gesünder als Männer und hätten eine höhere Lebenserwartung. „Je gesünder die Patienten sind, desto relevanter ist die Rolle des Kortisols“, vermutet Priv.-Doz. Dr. Timo Deutschbein, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Endokrinologie und Erstautor der Publikation. „Hätten die jungen Frauen unabhängig vom Kortisol ein relevant erhöhtes Risikoprofil, zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht und Nikotinkonsum, würde das Kortisol wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielen.“ All das werde jetzt in Folgestudien genauer untersucht. Auch der kausale Zusammenhang zwischen Zuviel an Kortisol und höherer Sterblichkeit müsse unter die Lupe genommen werden. Schließlich könnte die Sterblichkeit auch mit einem bisher unbekannten Faktor zusammenhängen, der für die Entstehung und das Wachstum des Nebennierentumors verantwortlich ist und „nur nebenbei“ zur vermehrten Kortisolausschüttung führt.
Zukünftig gilt es vor allem zu prüfen, wem eine Operation oder medikamentöse Behandlung empfohlen werden kann. „Ein Teil der Patientinnen und Patienten würde vermutlich von einer Operation oder medikamentösen Behandlung profitieren“, revidiert Martin Fassnacht seine anfängliche Meinung.
Die Auswertungen dieser von Würzburg aus geleiteten multizentrischen Studie wurde jetzt im renommierten Journal Lancet Diabetes Endocrinology publiziert: doi.org/10.1016/S2213-8587(22)00100-0
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