Aktuelle Pressemitteilungen

Neues Therapieangebot für Jugendliche mit Schmerzen

Ein interdisziplinäres multimodales Behandlungskonzept am Uniklinikum Würzburg will jungen Menschen den Umgang mit chronischen Schmerzen erleichtern. Ziel des ganzheitlichen Programms ist es, die Jugendlichen wieder in ihren Alltag zurückzubringen, ihre Beschwerden zu lindern, den sozialen Leidensdruck zu mindern und ihnen Lebensfreude zurückzugeben.

Das neue Therapieangebot will Jugendlichen mit chronischen Schmerzen die Lebensfreude zurückgeben.
Das neue Therapieangebot will Jugendlichen mit chronischen Schmerzen die Lebensfreude zurückgeben. © Pixabay

Würzburg. Rund 350.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden an chronischen Schmerzen, also Schmerzen, die entweder über drei Monate anhalten oder wiederholt auftreten. „In dieser Altersgruppe dominieren Kopfschmerzen oder Schmerzen des Bewegungsapparats“, berichtet Prof. Dr. Heike Rittner. Die Leiterin des Zentrums für interdisziplinäre Schmerzmedizin (ZiS) der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Uniklinikum Würzburg (UKW) fährt fort: „Häufig liegen den Problemen verschiedene Einflussfaktoren zugrunde. Besonders relevant ist das Zusammenspiel von körperlichen Beschwerden und psychischem Stress, da sich Schmerz in dieser Kombination verselbständigen und zur eigenständigen Erkrankung werden kann.“

Für Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren

Um dem wirkungsvoll entgegenzuarbeiten, bietet das UKW jetzt ein ganzheitliches Therapieprogramm an, das sich an Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren wendet. Neben dem ZiS sind das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) der Würzburger Universitäts-Kinderklinik und die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (KJPPP) des UKW an dem Kooperationsprojekt beteiligt. 

„Wir behandeln junge Patientinnen und Patienten mit Kopfschmerzen und Schmerzen am Bewegungsapparat, deren Diagnostik abgeschlossen ist“, schildert Prof. Rittner. Dabei werden nach ihren Worten sowohl die Schmerzen, als auch die Psyche in den Blick genommen. Prof. Dr. Marcel Romanos, der Direktor der KJPPP präzisiert: „Unser Programm hat vier ‚S‘ im Fokus: Sport, Schlaf, soziale Kontakte und Schule. Es kombiniert daher Wissen mit Bewegungseinheiten – etwa in Form von HipHop oder Zirkus – und Entspannungstechniken wie Kunst- und Musiktherapie oder Yoga.“ Laut Prof. Dr. Juliane Spiegler, der Leiterin des SPZ, bietet sich in einer Gruppe Gleichbetroffener die Möglichkeit, gegenseitig Erfahrungen auszutauschen, voneinander zu lernen und Strategien zur Bewältigung des Alltags zu entwickeln. „Ziel ist es, dass die Jugendlichen für sich selbst einen Umgang mit den Schmerzen finden“, fasst Prof. Rittner, die auch den Würzburger Lehrstuhl für Schmerzmedizin innehat, zusammen. Neben den Jugendlichen werden auch die Eltern mit Informationen versorgt und können vom Austausch mit anderen Vätern und Müttern profitieren.

Teilstationäre Therapie an sieben Freitagnachmittagen

Um den Schulbesuch oder die Ausbildung möglichst wenig zu beeinträchtigen, findet das Programm an sieben Freitagnachmittagen von 12:00 Uhr bis 16:00 Uhr in den Räumen des SPZ unter Leitung von Prof. Spiegler auf dem Klinikums-Campus an der Josef-Schneider-Straße statt. Die teilstationäre Therapie wird von der Krankenkasse bezahlt.

Nachdem im Jahr 2024 drei Pilotrunden am UKW liefen, startet das das neue Behandlungsprogramm mit dem Jahresbeginn 2025 voll durch. Interessierte können sich in der Tagesklinik des ZiS informieren und anmelden bei Andrea Neckermann unter Tel. 0931/201-30229 oder E-Mail: schmerztherapie_jugend@ ukw.de 

Text: Pressestelle / UKW
 

Das neue Therapieangebot will Jugendlichen mit chronischen Schmerzen die Lebensfreude zurückgeben.
Das neue Therapieangebot will Jugendlichen mit chronischen Schmerzen die Lebensfreude zurückgeben. © Pixabay

Proteine als Biomarker für Vorhofflimmern?

ADOLF UND EDITH SCHIEßER-STIFTUNG UNTERSTÜTZT HERZINSUFFIZIENZ-FORSCHUNG AM UKW / 10.000 EURO FÜR KLINISCHE STUDIE ZU VORHOFFLIMMERN

Prof. Dr. Thomas Fischer und Dr. Moritz Huttelmaier vom Uniklinikum Würzburg (UKW) wollen Vorhofflimmern in Zukunft gezielter diagnostizieren und bestenfalls verhindern. Gemeinsam mit der Universitätsklinik Mainz untersuchen die Kardiologen in einer Herzinsuffizienz-Kohorte Proteine und Signalwege, die bei dieser Risikogruppe Vorhofflimmern ausgelöst haben könnten. Das Forschungsprojekt wird von der neu gegründeten Adolf und Edith Schießer-Stiftung mit 10. 000 Euro unterstützt.

 

Collage von den Porträts der beiden Ärzte in weißen Kitteln vor grauem Hintergrund.
Prof. Dr. Thomas Fischer (rechts) und Dr. Moritz Huttelmaier vom Uniklinikum Würzburg (UKW) wollen Vorhofflimmern in Zukunft gezielter diagnostizieren und bestenfalls verhindern. © UKW

Würzburg. Nicht jeder Mensch spürt es, aber etwa jeder dritte Mensch hat im Laufe seines Lebens damit zu tun: Vorhofflimmern. Diese Herzrhythmusstörung, welche zu chaotischen und unregelmäßigen Kontraktionen der Vorhofmuskulatur führt, ist mit einem erhöhten Risiko sowohl für Schlaganfälle als auch für die Entwicklung einer Herzschwäche verbunden. Vorhofflimmern kann sicher und erfolgreich durch eine Katheterablation, also eine Verödungsbehandlung, therapiert werden. Und das Risiko für einen Schlaganfall lässt sich medikamentös durch eine Blutverdünnung stark reduziert. Problematisch wird es, wenn Vorhofflimmern nicht rechtzeitig erkannt wird, vor allem wenn das Herz ohnehin schon geschwächt ist. 

Vorhofflimmern verschlechtert Herzinsuffizienz 

„Der durch das Vorhofflimmern beschleunigte und unregelmäßige Puls verursacht in der Regel deutliche Symptome. Werden diese nicht wahrgenommen, oder bleiben sie aus, sind die Konsequenzen für Patientinnen und Patienten mit einer zugrundeliegenden Herzschwäche weitaus gravierender. Wird ihr Herz durch Vorhofflimmern zusätzlich gestresst, kann sich zum einen die Herzfunktion weiter dramatisch verschlechtern, zum anderen steigt das Risiko für einen Schlaganfall“, fasst Prof. Dr. Thomas Fischer, Leiter der Interventionellen Elektrophysiologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), die Problematik zusammen. Umso wichtiger ist es, auch asymptomatisches Vorhofflimmern in dieser Risikogruppe frühzeitig zu erkennen, um entsprechende Therapien einzuleiten und im besten Fall das Vorhofflimmern in seiner Entstehung zu beeinflussen.

Adolf und Edith Schießer-Stiftung startet Förderprogramm der Herzinsuffizienz-Forschung 

„Wir wissen, dass Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes mit dem Auftreten von Vorhofflimmern verbunden sind, aber die grundlegenden Mechanismen und Signalwege sind nicht ausreichend verstanden“, erklärt Dr. Moritz Huttelmaier, Facharzt für Kardiologie und Clinician Scientist am UKW mit dem Schwerpunkt Herzrhythmusstörungen. Bestimmte Signalwege stehen im Verdacht, ursächlich mit dem Auftreten der Herzrhythmusstörungen in Verbindung zu stehen. Welche das bei einer bestehenden Herzschwäche sind, das wollen Moritz Huttelmaier und Thomas Fischer in Kooperation mit der Universitätsklinik Mainz an einer großen Herzinsuffizienz-Kohorte untersuchen Unterstützt werden sie dabei von der neu gegründeten Adolf und Edith Schießer Stiftung mit 10. 000 Euro. 

Adolf Schließer starb an den Folgen einer Herzinsuffizienz. Seine Frau Edith hat deshalb noch vor ihrem Tod verfügt, dass ihr Nachlass im Rahmen einer Stiftung der Herzinsuffizienz-Forschung am UKW zugutekommen soll - mit dem Ziel zukünftigen Erkrankten noch besser und erfolgreicher helfen zu können. Die Stiftung wird von der Bürgerstiftung Würzburg und Umgebung verwaltet und schüttet erstmals die Summe von 10.000 Euro aus. „Wir freuen uns sehr über diese Förderung“, sagt Prof. Dr. Stefan Frantz, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I. „Dank der finanziellen Unterstützung kann Moritz Huttelmaier seine klinische Tätigkeit für kurze Zeit ruhen lassen, und sich voll und ganz dem Forschungsprojekt widmen.“ 

Protein-Screening in der Herzinsuffizienz-Kohorte 

In der Mainzer MyoVasc-Kohorte wurden 3.300 Patientinnen und Patienten aller Stadien der Herzinsuffizienz über einen Zeitraum von sechs Jahren beobachtet. Es wurden zu verschiedenen Zeitpunkten umfangreiche klinische Daten erhoben und biologische Proben einschließlich Serum, DNA, RNA und Zellen analysiert. „Uns interessiert vor allem, welche der 536 analysierten Proteine bei Vorhofflimmern eine entscheidende Rolle spielen“, sagt Moritz Huttelmaier. Erste Vorarbeiten haben bereits gezeigt, dass bei Herzinsuffizienz-Patienten mit Vorhofflimmern einzelne Proteine in unterschiedlicher Quantität vorliegen als bei Herzinsuffizienz-Patienten ohne Vorhofflimmern. „Anschließend schauen wir uns zusätzlich die Herzinsuffizienz-Patienten, die im Studienzeitraum neu Vorhofflimmern entwickelt haben, genauer an und untersuchen, welche Proteine oder Proteinmuster und welche Signalwege hoch- oder herunterreguliert waren.“ Auf diese Weise wollen die Forscher wichtige Schlüsselwege identifizieren, die perspektivisch einen neuen Ansatz bieten, um Vorhofflimmern noch besser zu behandeln. Darüber hinaus hoffen sie, ein Set von Proteinen zu finden, die als Biomarker die Vorhersage von Vorhofflimmern in Zukunft erleichtern könnten. 

Elektrophysiologisch-rhythmologischer Blick auf die MyoVasc-Kohorte

In einer Folgestudie wollen die Würzburger Forscher die Daten der MyoVasc-Kohorte mit elektroanatomischen 3D-Karten verknüpfen, die im Zuge der Katheterablation von Vorhofflimmern erstellt werden. Ziel ist es, einen Biomarker für stark geschädigte Vorhöfe, eine sogenannte Vorhofkardiomyopathie, zu entwickeln.

Weitere Meldungen zum Thema: Puls Field Ablation bei Vorhofflimmern, Universitätsprofessor Dr. Thomas Fischer, Vorhofflimmern – nur jeder zweite spürt Symptome (Deutsche Herzstiftung)
 

Collage von den Porträts der beiden Ärzte in weißen Kitteln vor grauem Hintergrund.
Prof. Dr. Thomas Fischer (rechts) und Dr. Moritz Huttelmaier vom Uniklinikum Würzburg (UKW) wollen Vorhofflimmern in Zukunft gezielter diagnostizieren und bestenfalls verhindern. © UKW

Dickdarmpolypen intelligent im Blick

KI-BASIERTES POLYPENERKENNUNGSSYSTEM BEI FAMILIÄRER ADENOMATÖSER POLYPOSIS (FAP)

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert ein Forschungsprojekt der Arbeitsgruppe Interventionelle und Experimentelle Endoskopie (InExEn) am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) mit über 200.000 Euro. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Alexander Hann will in Kooperation mit dem Nationalen Zentrum für erbliche Tumorerkrankungen am Universitätsklinikum Bonn die Darmkrebsvorsorge bei Patientinnen und Patienten mit bekannter familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) mit Hilfe von Eye-Tracking und künstlicher Intelligenz verbessern.

 

Das Bild zeigt eine Aufnahme Darm, der übersät ist mit Polypen.
Bei Patientinnen und Patienten mit der Diagnose „familiäre adenomatöse Polyposis“, kurz FAP, bilden sich bis zu tausende von Polypen im Darm, ohne eine entsprechende Behandlung ist bei ihnen Darmkrebs zu 100 Prozent vorprogrammiert. Ein Projekt der Universitätskliniken Würzburg und Bonn, gefördert von der Wilhelm Sander-Stiftung, erforscht nun die Entwicklung und den Einsatz eines KI-Polypenerkennungssystems, um die Darmkrebsvorsorge bei Betroffenen mit FAP zu verbessern. © Universitätsklinikum Bonn (UKB) / Robert Hüneburg
Porträtbild von Alexander Hann in weißem Kittel
Alexander Hann ist Professor für Digitale Transformation in der Gastroenterologie am Uniklinikum Würzburg (UKW). Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe und dem Nationalen Zentrum für erbliche Tumorerkrankungen am Universitätsklinikum Bonn will er die Darmkrebsvorsorge bei Patientinnen und Patienten mit bekannter familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) mit Hilfe von Eye-Tracking und künstlicher Intelligenz verbessern. © Daniel Peter / UKW

Würzburg/Bonn. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, Polypen in der Darmschleimhaut zu entwickeln. In der Regel sind die einzelnen Zellwucherungen harmlos. Manche Polypen wachsen jedoch und können sich mit der Zeit zu Krebs entwickeln, wenn sie nicht rechtzeitig entfernt werden. Deshalb wird ab dem 50. Lebensjahr eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung empfohlen. Bei einer Darmspiegelung, der so genannten Koloskopie, können Polypen zuverlässig erkannt, klassifiziert und entfernt werden. Anders sieht es bei Patientinnen und Patienten mit der Diagnose „familiäre adenomatöse Polyposis“, kurz FAP, aus. Bei dieser Erbkrankheit bilden sich schon in jungen Jahren hunderte bis tausende von Polypen im Darm. Bei ihnen ist ohne eine entsprechende Behandlung Darmkrebs zu 100 Prozent vorprogrammiert. Häufig wird deswegen eine prophylaktische Entfernung des Dickdarms durchgeführt. Die Operation ist jedoch nicht ungefährlich und kann zu Problemen wie Unfruchtbarkeit, Inkontinenz und häufigem Stuhlgang führen. Deshalb versucht man, den Zeitpunkt der Operation so weit wie möglich hinauszuschieben, was allerdings eine engmaschige Überwachung erfordert. Doch wie zählt man Hunderte von Polypen im Dickdarm, misst ihre Größe und registriert Veränderungen?

Wilhelm Sander-Stiftung fördert das Projekt mit über 200.000 Euro

„Mit KI!“, sagt Prof. Dr. Alexander Hann, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie am Uniklinikum Würzburg (UKW) und Professor für Digitale Transformation in der Gastroenterologie. Seine interprofessionelle Arbeitsgruppe Interventionelle und Experimentelle Endoskopie (InExEn) hat gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Dr.Hüneburg / Professor Nattermann aus dem Nationalen Zentrum für erbliche Tumorerkrankungen (NZeT) des Universitätsklinikum Bonn ein Forschungsprojekt zur objektiven Bestimmung der Ausdehnung von Dickdarmpolypen bei Patientinnen und Patienten mit FAP entwickelt. Das Projekt mit dem Titel „Darmkrebsvorsorge bei Patientinnen und Patienten mit bekannter familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) mittels Eye-Tracking und künstlicher Intelligenz“ wird von der Wilhelm Sander-Stiftung über zwei Jahre mit 204.480 Euro gefördert. Die Stiftung ist eine der bedeutendsten unabhängigen Wissenschaftsförderer der medizinischen Forschung, insbesondere im Bereich der innovativen Krebsforschung.

Eye-Tracking und KI: Polypen mit Blick annotieren und Größe diktieren 

Es sei ein gewagtes Projekt, sagt Hann, aber es baue auf früheren Studien, Erfindungen und Erfahrungen auf, die man alle miteinander „verheiraten“ könne. So hat seine Arbeitsgruppe InExEn mit Endomind eine KI zur Polypenerkennung entwickelt (publiziert in Endoscopy). Mit dem Echtzeit-Polypenerkennungssystem können selbst kleine, kaum sichtbare Polypen mit einem blauen Rahmen für den Untersuchenden hervorgehoben werden. Ein gleichzeitig als Referenz eingeführtes Instrument dient zur Größenabschätzung der Polypen. 
Hinzu kommen nun eine Eye-Tracking-Technologie und eine Spracherkennungssoftware. „Betrachte ich als Untersuchender einen Polypen, weiß die Eye-Tracking-Software genau, wohin mein Blick geht. Diktiere ich dann noch die zuvor anhand des Instruments geschätzte Größe des Polypen, werden diese Informationen verknüpft, und wir wissen, dass Polyp Nummer 4 zum Beispiel 4 oder 10 Millimeter groß ist“, erklärt Alexander Hann. 

KI-Polypenerkennungssystem eröffnet neue Möglichkeiten für die Überwachung von Patienten mit FAP

Als erster Meilenstein wird diese Polypenbewertung mit dem aktuellen Goldstandard verglichen. In einem zweiten Schritt soll das KI-basierte Erkennungssystem mit den gesammelten Daten der annotierten Polypen trainiert werden, um die Polypen erneut zu identifizieren und die Polypengröße zu schätzen. Im Projekt konzentrieren sich die Forscher zunächst auf zwei Dickdarmabschnitte von jeweils 30 Zentimetern. Nach einem Jahr soll die Leistungsfähigkeit der KI evaluiert werden. „Eine positive Bewertung der Leistungsfähigkeit unseres KI-Polypenerkennungssystems wird ganz neue Möglichkeiten für die Überwachung von Patientinnen und Patienten mit FAP eröffnen“, ist sich Alexander Hann sicher. 

„Unser Ziel ist es das Ausmaß der Polypenbelastung zu objektivieren und somit zu standardisieren. Dann kann die Notwendigkeit einer risikomindernden Operation bestimmt werden, was bisher immer vom behandelnden Gastroenterologen und Chirurgen abhängig war. Wir hoffen, dass dies zu weniger Über- oder Unterbehandlung dieser seltenen Erkrankung führen kann“, sagt Dr. Robert Hüneburg. Das Bonner Zentrum ist eines der größten Zentren für die FAP weltweit. 

Text: Kirstin Linkamp / UKW 
 

Das Bild zeigt eine Aufnahme Darm, der übersät ist mit Polypen.
Bei Patientinnen und Patienten mit der Diagnose „familiäre adenomatöse Polyposis“, kurz FAP, bilden sich bis zu tausende von Polypen im Darm, ohne eine entsprechende Behandlung ist bei ihnen Darmkrebs zu 100 Prozent vorprogrammiert. Ein Projekt der Universitätskliniken Würzburg und Bonn, gefördert von der Wilhelm Sander-Stiftung, erforscht nun die Entwicklung und den Einsatz eines KI-Polypenerkennungssystems, um die Darmkrebsvorsorge bei Betroffenen mit FAP zu verbessern. © Universitätsklinikum Bonn (UKB) / Robert Hüneburg
Porträtbild von Alexander Hann in weißem Kittel
Alexander Hann ist Professor für Digitale Transformation in der Gastroenterologie am Uniklinikum Würzburg (UKW). Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe und dem Nationalen Zentrum für erbliche Tumorerkrankungen am Universitätsklinikum Bonn will er die Darmkrebsvorsorge bei Patientinnen und Patienten mit bekannter familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) mit Hilfe von Eye-Tracking und künstlicher Intelligenz verbessern. © Daniel Peter / UKW

Neubau für die Klinikapotheke des UKW feierlich eröffnet / Arzneimittelsicherheit wird weiter ausgebaut

Aseptische Herstellungsbereiche an einem Standort vereint / Unit Dose-Versorgung bereits gestartet / 20 Millionen Euro investiert

Im August 2022 starteten die Bauarbeiten in Modulbauweise. Bereits im Sommer 2024 konnte dann schrittweise der Betrieb in dem Neubau UKW-Klinikapotheke aufgenommen werden.
Im August 2022 starteten die Bauarbeiten in Modulbauweise. Bereits im Sommer 2024 konnte dann schrittweise der Betrieb in dem Neubau UKW-Klinikapotheke aufgenommen werden. Foto: UKW / Stefan Dreising
Im Neubau ist auch der klinikeigene Produktionsbereich für Zytostatika, also spezielle Medikamente für eine Krebsbehandlung, integriert.
Im Neubau ist auch der klinikeigene Produktionsbereich für Zytostatika, also spezielle Medikamente für eine Krebsbehandlung, integriert. Über 62.000 dieser Infusionslösungen werden hier jährlich zubereitet. Foto: UKW / Daniel Peter
Mit dem neuen „Unit-Dose“-System erhalten Patientinnen und Patienten des UKW individuell ihre Arzneimittel in kleinen abgepackten Tütchen.
Mit dem neuen „Unit-Dose“-System erhalten Patientinnen und Patienten des UKW individuell ihre Arzneimittel in kleinen abgepackten Tütchen. Erst nach der pharmazeutischen Prüfung und Freigabe startet die Abgabe. Foto: UKW / Daniel Peter
Gruppenfoto feierliche Inbetriebnahme des Apotheken-Neubaus.
Prof. Dr. Stefan Frantz, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Würzburger Uniklinik, Dr. Mareike Kunkel, Leiterin der Apotheke am UKW, und UKW-Pflegedirektor Marcus Huppertz (v. l.) bei der feierlichen Inbetriebnahme des Apotheken-Neubaus. Foto: UKW / Kim Sammet

Würzburg. Das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) hat heute (12. Dezember) den Neubau für die Klinikapotheke feierlich in Betrieb genommen. Mit dem Neubau sind jetzt verschiedene aseptische Herstellungsbereiche der Apotheke an einem Standort zusammengeführt. Gemeinsam investierten das UKW und der Freistaat Bayern rund 20 Millionen in Euro in den Neubau und die nötige Ausstattung der Klinikapotheke. Der Neubau auf dem „Luitpold-Campus“ des UKW umfasst zwei Geschosse, eine Techniketage und hat eine Bruttogrundfläche von etwa 1.900 Quadratmetern. Das UKW errichtete den Neubau in Eigenregie.

Bauarbeiten starteten im August 2022

In dem Gebäude werden u.a. patientenindividuelle Ernährungslösungen und Zytostatika, also Arzneimittel die etwa bei einer Krebstherapie eingesetzt werden, hergestellt. „Damit verfügen wir nun über optimale räumliche Voraussetzungen auf dem neuesten Stand der Technik. Davon profitieren unsere Patientinnen und Patienten unmittelbar“, sagte Prof. Dr. Stefan Frantz, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Würzburger Uniklinik bei der Eröffnung.

Das Projekt wurde durch den Geschäftsbereich „Technik und Bau“ des UKW entwickelt und umgesetzt. Im August 2022 starteten die Bauarbeiten in Modulbauweise. Insgesamt waren für den Neubau 44 vorgefertigte Baumodule nötig. Das Besondere: Die grundlegende Ausstattung für die hochspezialisierten Arbeitsbereiche war bereits montiert, das ermöglichte die schnelle Bauphase. Ende 2023 konnten die Bauarbeiten abgeschlossen werden. Darauf folgten vor dem Start der Produktion zunächst ein intensiver Probebetrieb und entsprechende Qualitätsprüfungen und behördliche Freigaben des Neubaus. Bereits im Sommer 2024 konnte dann schrittweise der Betrieb in dem Neubau gemäß Terminplan aufgenommen werden.
Zweite Klinik in Bayern: Unit Dose-Versorgung erfolgreich gestartet

Mit der Inbetriebnahme konnte das UKW auch als zweite Klinik in Bayern überhaupt ein vollautomatisches Verpackungs- und Ausgabesystem für die Medikamentenversorgung auf den Stationen einführen. Mit dem neuen „Unit-Dose“-System erhalten Patientinnen und Patienten individuell ihre Arzneimittel in kleinen abgepackten Tütchen. Aktuell sind bereits zwölf Stationen angeschlossen, weitere Stationen folgen nun etappenweise in den kommenden Monaten. Derzeit werden wöchentlich über 20.000 Medikationstütchen produziert.

Dr. Mareike Kunkel, die Leiterin der Apotheke am UKW, erklärt den Ablauf: „Bei der Unit Dose-Versorgung werden Tabletten, Kapseln oder Dragees mithilfe eines Automaten individuell für jede Patientin und jeden Patienten hygienisch und sicher in kleine Tütchen verpackt, beschriftet und anschließend elektronisch durch einen Datenbankabgleich kontrolliert. Diese Tütchen werden dann durch die Pflegefachkräfte auf den Stationen verteilt“, so die Apothekerin. Das bisherige Zusammenstellen der Medikation für die Patienten durch den Pflegedienst auf den Stationen entfällt daher zukünftig zu einem Großteil durch die Lieferung der einzelverpackten Medikamente. 
Auf den Unit-Dose-Tütchen ist ersichtlich, für welchen Tag und welche Tageszeit bzw. welchen Einnahmezeitpunkt das Arzneimittel gedacht ist. Zusätzlich finden sich weitere Informationen auf den Tütchen, wie etwa der Name und das Geburtsdatum des Patienten, die Anzahl der enthaltenen Tabletten oder ggf. weitere Hinweise zur Einnahme des Medikamentes. Aktuell können bis zu 750 feste orale Arzneimittel in die Unit-Dose-Versorgung am UKW integriert werden. Erst nach der pharmazeutischen Prüfung und Freigabe startet die automatische Abgabe in die Tütchen.

Parenterale Krebsmedikamente werden zentral zubereitet

Im Neubau ist auch der klinikeigene Produktionsbereich für Zytostatika, also spezielle Medikamente für eine Krebsbehandlung, integriert. Über 62.000 dieser Infusionslösungen werden hier jährlich zubereitet. „Damit leistet die Klinikapotheke einen enorm wichtigen Beitrag für die hochmoderne Krebstherapie am UKW. Mit dem Neubau sind wir zudem auch sehr gut aufgestellt für die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet, etwa in der Zubereitung von speziellen Arzneimitteln für neuartige Therapien. Die UKW-Apotheke ist daher von großer Bedeutung für die künftige Innovationskraft bei der Medikamentenversorgung am UKW“, so Philip Rieger, Kaufmännischer Direktor der unterfränkischen Uniklinik. Ein Beispiel hier seien z.B. Zelltherapeutika, so Dr. Kunkel. Diese Arzneimittel für neuartige Therapien werden unter der Abkürzung („ATMP“) zusammengefasst („Advanced Therapy Medicinal Products“).

Rund 90 Personen arbeiten in der UKW-Apotheke

In der UKW-Klinikapotheke arbeiten fast 90 Menschen an zwei Standorten. 25 davon sind Apothekerinnen oder Apotheker, ein Großteil des übrigen Personals sind pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA). Die Klinikapotheke am UKW gibt es seit 1950, seinerzeit startete der Betrieb mit fünf Personen. Bis zum Jahr 1950 versorgten öffentliche Apotheken die Uniklinik.

Im August 2022 starteten die Bauarbeiten in Modulbauweise. Bereits im Sommer 2024 konnte dann schrittweise der Betrieb in dem Neubau UKW-Klinikapotheke aufgenommen werden.
Im August 2022 starteten die Bauarbeiten in Modulbauweise. Bereits im Sommer 2024 konnte dann schrittweise der Betrieb in dem Neubau UKW-Klinikapotheke aufgenommen werden. Foto: UKW / Stefan Dreising
Im Neubau ist auch der klinikeigene Produktionsbereich für Zytostatika, also spezielle Medikamente für eine Krebsbehandlung, integriert.
Im Neubau ist auch der klinikeigene Produktionsbereich für Zytostatika, also spezielle Medikamente für eine Krebsbehandlung, integriert. Über 62.000 dieser Infusionslösungen werden hier jährlich zubereitet. Foto: UKW / Daniel Peter
Mit dem neuen „Unit-Dose“-System erhalten Patientinnen und Patienten des UKW individuell ihre Arzneimittel in kleinen abgepackten Tütchen.
Mit dem neuen „Unit-Dose“-System erhalten Patientinnen und Patienten des UKW individuell ihre Arzneimittel in kleinen abgepackten Tütchen. Erst nach der pharmazeutischen Prüfung und Freigabe startet die Abgabe. Foto: UKW / Daniel Peter
Gruppenfoto feierliche Inbetriebnahme des Apotheken-Neubaus.
Prof. Dr. Stefan Frantz, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Würzburger Uniklinik, Dr. Mareike Kunkel, Leiterin der Apotheke am UKW, und UKW-Pflegedirektor Marcus Huppertz (v. l.) bei der feierlichen Inbetriebnahme des Apotheken-Neubaus. Foto: UKW / Kim Sammet

KI soll OP von sinunasalen Tumoren optimieren

DFG FÖRDERT ENTWICKLUNG DER OPTISCHEN BIOPSIE VON SINUNASALEN TUMOREN MIT 675.216 EURO

Miguel Goncalves von der Würzburger HNO-Klinik und Marc Aubreville von der Hochschule Flensburg wollen in einem gemeinsamen Projekt die Diagnostik und Therapie von seltenen und oft schwer behandelbaren Tumoren im anatomisch komplexen Bereich der Nasennebenhöhlen verbessern. Dazu kombinieren die Forscher und ihre Teams modernste bildgebende Verfahren wie die konfokale Laserendomikroskopie mit KI-gestützter Analyse und chirurgischer Navigation. Das Forschungsprojekt wurde von der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Kopf-Hals-Tumoren (IAG-KHT) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) ausgezeichnet und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 675.216 Euro gefördert.

 

Das Bild zeigt eine Gegenüberstellung von gesundem und tumorösen Gewebe, je mit CLE-Bild und konfokaler Laserendomikroskopie.
Die konfokale Laserendomikroskopie (CLE) macht die Zellorganisation sichtbar und kann Aufschluss darüber geben, welche Gewebebereiche tumorös und welche gesund sind. Die gesunde Schleimhaut zeigt beispielsweise ein regelmäßiges Zellmuster. Während die histopathologischen Bilder von Christof Bertram von Schnittpräparaten stammen, werden die Bilder der konfokalen Laserendomikroskopie parallel zur Hautoberfläche aufgenommen. © Marc Aubreville

Würzburg. Sinunasale Tumore sind eine besondere Herausforderung für die Kopf- und Halschirurgie. Um sicherzustellen, dass das bösartige Gewebe in den Nasenhöhlen und Nasennebenhöhlen vollständig entfernt wurde, werden bei herkömmlichen Operationsmethoden oft Gefrierschnitte eingesetzt. Das Gewebe wird sofort eingefroren, damit die Zellstrukturen erhalten bleiben und man sie in dünne Schichten schneiden kann. Die Schichten werden dann unmittelbar in der Pathologie unter dem Mikroskop untersucht. Ein Gefrierschnitt kann also schnell zeigen, ob der Rand des entnommenen Gewebes tumorfrei ist oder ob weitere Entfernungen nötig sind. „Doch oft bleibt eine Unsicherheit, denn sensible Strukturen wie der Sehnerv, die innere Halsschlagader oder das Gehirn lassen sich nicht so einfach untersuchen. Eine Biopsie in diesen Bereichen wäre entweder technisch nicht möglich, zu gefährlich oder würde während der Operation zu lange dauern“, erläutert Privatdozent Dr. med. Miguel Goncalves, Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO), Kopf- und Hals-Chirurgie am Universitätsklinikum Würzburg.

Gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Marc Aubreville vom Forschungsinstitut FLAIR (Flensburg Artificial Intelligence Research) der Hochschule Flensburg, arbeitet Miguel Goncalves an einer neuen Methode, mit der die Schleimhaut der Nasen- und Nasennebenhöhlen direkt während der Operation mikroskopisch untersucht werden kann, ohne dass Gewebe entnommen werden muss. KI-gestützte Analysen sollen den Chirurgen navigieren. Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Optische Biopsie von sinunasalen Tumoren mittels konfokaler Laserendomikroskopie: Eine klinische und KI-gestützte Auswertung und Visualisierung“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 675.216 Euro gefördert. Auch die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Kopf-Hals-Tumoren (IAG-KHT) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) sah in dem Projekt Potenzial: Sie zeichnete es mit dem diesjährigen AG-Preis aus.

Modernste Bildgebungstechnologien, KI-gestützte Analysen und chirurgische Navigation

Die Forscher aus den Bereichen Medizin und Informatik setzen in dem Projekt eine konfokale Laserendomikroskopie ein, mit der die Operierenden in Echtzeit detaillierte und hochauflösende Bilder erhalten, die genau zeigen, wie weit sich der Tumor in der Nasenhöhle und in den Nasennebenhöhlen ausgebreitet hat. Der Laser liefert präzises Licht, die konfokale Technik sorgt für scharfe, schichtweise Bilder, und das Endoskop ermöglicht es, diese Bilder direkt vor Ort, also in der Nase zu machen, ohne dass Gewebe entnommen werden muss. „Diese Technologie könnte helfen, schwer zugängliche Bereiche besser zu beurteilen und die Entfernung von Tumoren sicherer und präziser zu machen“, erklärt Miguel Goncalves.

Im Rahmen des Forschungsprojekts werden auch Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) entwickelt, die die Bilder analysieren und die Operationsplanung verbessern können. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Verknüpfung dieser endoskopischen Echtzeit-Bildgebung mit dreidimensionalen Daten aus CT- und MRT-Aufnahmen. So entsteht ein umfassendes virtuelles Modell, das die Chirurginnen und Chirurgen während der Operation präzise führen kann. Durch die Kombination modernster Bildgebungstechnologien, KI-gestützter Analysen und chirurgischer Navigation hat das Projekt das Potenzial, die Diagnostik und Therapie von seltenen und oft schwer behandelbaren Tumoren im komplexen anatomischen Gebiet der Nasennebenhöhlen deutlich zu verbessern.

Langfristige Verbesserung der Überlebensraten und Lebensqualität 

„Bösartiges Gewebe kann leichter von gesundem Gewebe unterschieden werden, die chirurgische Präzision wird optimiert und durch die vollständige und gleichzeitige minimalinvasive Tumorentfernung werden die Überlebensraten und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten langfristig verbessert“, fasst Miguel Goncalves die Vorteile der neuen Methode zusammen. Durch die schonende Operationsmethode sinkt zudem das Risiko für Komplikationen und Funktionsverluste von gesunden Strukturen. Und: Eine breitere Anwendung dieser Technologien könnte in Zukunft in vielen klinischen Bereichen zur Standarddiagnostik führen und damit allgemein zugänglicher und kostengünstiger werden.
Umfangreiche Vorarbeiten

Das Projekt baut auf umfangreichen Vorarbeiten der Forschungsgruppe zur konfokalen Laserendomikroskopie im Kopf-Hals-Bereich auf, die bereits ein ähnliches DFG-Projekt im Bereich von Mundhöhle, Rachen (Pharynx) und Kehlkopf (Larynx) erfolgreich abgeschlossen hat (DFG). Die Ergebnisse zeigten bereits eine hohe Genauigkeit bei der Klassifizierung von malignem Geweben.

Text: Kirstin Linkamp / UKW

Das Bild zeigt eine Gegenüberstellung von gesundem und tumorösen Gewebe, je mit CLE-Bild und konfokaler Laserendomikroskopie.
Die konfokale Laserendomikroskopie (CLE) macht die Zellorganisation sichtbar und kann Aufschluss darüber geben, welche Gewebebereiche tumorös und welche gesund sind. Die gesunde Schleimhaut zeigt beispielsweise ein regelmäßiges Zellmuster. Während die histopathologischen Bilder von Christof Bertram von Schnittpräparaten stammen, werden die Bilder der konfokalen Laserendomikroskopie parallel zur Hautoberfläche aufgenommen. © Marc Aubreville

GDF-15-Blockade: Ein Türöffner für die Immuntherapie

VALIDIERUNG VON GDF-15 ALS THERAPEUTISCHES ZIELMOLEKÜL ZUR VERBESSERUNG DER IMMUNANTWORT GEGEN TUMORE

Erste klinische in Nature publizierte Studie mit dem anti-GDF-15-Antikörper Visugromab in Kombination mit dem Immun-Checkpoint-Inhibitor Nivolumab bei fortgeschrittenem Krebs bestätigt den Erfolg der Forschung „from bench to bedside“. Wichtige Vorarbeiten leistete die Arbeitsgruppe von Prof. Jörg Wischhusen am Uniklinikum Würzburg (UKW) mit der Erkenntnis, dass der Wachstums- und Differenzierungsfaktor 15 (GDF-15) die Wirkung von Immuntherapien wie anti-PD-1 hemmt, mit dem Konzept zur Verbesserung der Immuninfiltration in Tumore durch GDF-15-Blockade sowie mit der Entwicklung und Patentierung von anti-GDF-15-Antikörpern.

 

Das Bild zeigt wie der pink eingefärbten Antikörper den in vielen soliden Tumoren stark überexprimierte Wachstums- und Differenzierungsfaktor GDF-15 blockiert.
Der Antikörper Visugromab (dargestellt in pink) blockiert gezielt den Wachstums- und Differenzierungsfaktor 15 (GDF-15, dargestellt in orange). Durch die Neutralisierung von GDF-15 kann Visugromab das Immunsystem dabei unterstützen, Tumore effektiver anzugreifen und Resistenzen gegen Immuntherapien zu überwinden. © CatalYm

Würzburg. Eigentlich sollen Immun-Checkpoint-Moleküle die Aktivität des Immunsystems regulieren. Die speziellen Proteine auf der Oberfläche von Immunzellen wirken dabei oft als Bremse, damit das Immunsystem nicht versehentlich gesunde Zellen angreift. Bestimmte Tumorzellen können diese Immun-Checkpoints jedoch ausnutzen, um eine Immunantwort gegen sich selbst zu verhindern. Ein bekanntes Immun-Checkpoint-Molekül ist PD-1, kurz für Programmed Cell Death 1. Bindet der von vielen Tumoren exprimierte Ligand PD-L1 an diesen Rezeptor, wird die Immunzelle regelrecht entwaffnet. Krebsimmuntherapien, die diese Immun-Checkpoint-Moleküle mit Antikörpern blockieren, haben die Behandlung vieler Krebsarten verbessert. Allerdings spricht nur eine Minderheit der Patientinnen und Patienten auf diese Immuntherapie an. Ein Grund dafür sind bestimmte von Tumorzellen produzierte, lösliche und zellgebundene immunsuppressive Faktoren. Ein Beispiel hierfür ist GDF-15.

GDF-15-Blockade verstärkt anti-PD-1- Immuntherapie 

Dass und wie der in vielen soliden Tumoren stark überexprimierte Wachstums- und Differenzierungsfaktor GDF-15 (Growth/Differentiation Factor 15) effektive Immunantworten gegen Tumore verhindert, zeigten die Universitätsmedizin Würzburg und ihr Spin-Off CatalYm im vergangenen Jahr erstmals im Wissenschaftsjournal Nature Communications. Die tumorimmunologische Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jörg Wischhusen an der Frauenklinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) konnte in präklinischen Modellen demonstrieren, dass eine Blockade von GDF-15 die etablierte Anti-PD-1-vermittelte Immuntherapie verstärkt. Auch die zur GDF-15-Blockade eingesetzten Antikörper wurden in Würzburg entwickelt. Die entsprechenden Patente wurden von der Julius-Maximilians-Universität an die Ausgründung CatalYm GmbH 2016 auslizenziert, die inzwischen ihren Sitz in München hat und seitdem rund 250 Millionen Euro an Venture-Kapital einwerben konnte.

Validierung der präklinischen Untersuchung in klinischer Studie 

Die Erkenntnis, dass GDF-15 die Einwanderung von Immunzellen in das Tumormikromilieu und damit den Erfolg von Immuntherapien verhindert, und das daraus abgeleitete Konzept der GDF-15-Blockade wurden nun in einer klinischen Phase-1/2a-Studie validiert und die Daten in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Die Translation erfolgte durch CatalYm, unterstützt von einem Konsortium klinischer Studienzentren, darunter das von Dr. Maria-Elisabeth Göbeler und Professor Ralf Bargou geleitete Interdisziplinäre Studienzentrum am Comprehensive Cancer Center Mainfranken (CCC MF) mit der Early Clinical Trial Unit (ECTU). 

In der sogenannten GDFATHER-1/2a-Studie (NCT04725474) wurden Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen, die auf etablierte Therapien inklusive anti-PD1 Therapien nicht mehr ansprachen, mit dem neutralisierenden Anti-GDF-15-Antikörper Visugromab in Kombination mit dem Anti-PD-1-Antikörper Nivolumab behandelt. Zwei Krebsarten, bei denen GDF-15 besonders häufig zu einer schwächeren Immunantwort führt, sind nicht-kleinzelliger Lungenkrebs und Blasenkrebs. Das Studienteam beobachtete bei einigen der eigentlich austherapierten Patientinnen und Patienten eine außergewöhnliche Dauer und Tiefe des Ansprechens. In einigen Fällen kam es sogar zu einem vollständigen Tumorrückgang - „komplette Remission“. Zudem erwies sich die Therapie als sehr gut verträglich. 

Hoffnungsvolles Konzept zur Behandlung solider Tumore

In Übereinstimmung mit den präklinischen Daten wurden vermehrt aktivierte, tumorinfiltrierende Immunzellen nachgewiesen. „Die Blockade von GDF-15 ist damit ein vielversprechender neuer Ansatz, um die Resistenz gegen Immun-Checkpoint-Inhibition bei Krebs zu überwinden“, freut sich Jörg Wischhusen. „Da die Studienergebnisse unsere wissenschaftlichen Vorarbeiten voll bestätigen, ist dies ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche Translation ‚from bench to bedside‘.“

Entscheidend für den Erfolg der Studie waren laut Wischhusen das exzellente klinische Entwicklungs-Team der CatalYm GmbH um Chief Medical Officer Prof. Dr. Eugen Leo, die Biomarkerspezialistin Dr. Kathrin Klar und die Leiterin Clinical Operations Dr. Petra Fettes sowie die mitwirkenden Studienzentren, die mit großem Engagement die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer rekrutierten. Als Lead Investigator konnte mit Ignacio Melero von der Universidad de Navarra einer der international renommiertesten Spezialisten für Tumorimmuntherapie gewonnen werden, der die klinische Umsetzung „mit höchster Kompetenz und ansteckendem Enthusiasmus begleitet hat“, so Wischhusen. Insgesamt waren 76 Autorinnen und Autoren an der Studie beteiligt, für Würzburg neben Jörg Wischhusen u.a. Maria-Elisabeth Goebeler und Cyrus Sayehli als Principal Investigators der Studie und Ralf Bargou als Mitglied des Advisory Boards.

Wirkmechanismen noch besser verstehen und in früheren Tumorstadien testen

Wie geht es weiter? „Wissenschaftlich wäre es wünschenswert, den Wirkmechanismus noch besser zu verstehen. Bisher wissen wir noch nicht, warum manche Patientinnen und Patienten auf die Kombinationstherapie ansprechen und andere nicht“, so Wischhusen. Klinisch soll die neue Therapie nun in kontrollierten randomisierten Studien bei Patientinnen und Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom in früheren Tumorstadien in Kombination mit einer Immunchemotherapie getestet werden. Dazu die Leiterin der interdisziplinären ECTU Maria-Elisabeth Goebeler: „Der Start für diese Phase II Studie ist für das erste Quartal 2025 zu erwarten. Wir freuen uns, dass die ECTU des UKW diese attraktive Studie für unsere Patientinnen und Patienten anbieten wird.“ Bargou, Direktor des CCC Mainfranken, spricht Visugromab viel Potential für zukünftige Behandlungsansätze zu und meint: „Grundsätzlich könnte Visugromab auch die Wirksamkeit anderer Immuntherapien verbessern, etwa mit CAR-T-Zellen oder bispezifischen Antikörpern, verbessern. Zudem ist davon auszugehen, dass der Antikörper auch bei anderen Tumorentitäten wirksam ist.“

Publikation: Melero, I., de Miguel Luken, M., de Velasco, G. et al. Neutralizing GDF-15 can overcome anti-PD-1 and anti-PD-L1 resistance in solid tumours. Nature (2024). https://doi.org/10.1038/s41586-024-08305-z

Pressemeldung von CatalYm: CatalYm Highlights Visugromab’s Potential to Treat Cachexia in Cancer Patients at International SCWD Conference

Pressemeldung vom 20. Juli 2023 anlässlich der Publikation in Nature Communications zur Wirkung des Zytokins GDF-15 auf die LFA-1/Zelladhäsionsachse bei Tumor-assoziierten T Zellen.

Text: Kirstin Linkamp / UKW
 

Das Bild zeigt wie der pink eingefärbten Antikörper den in vielen soliden Tumoren stark überexprimierte Wachstums- und Differenzierungsfaktor GDF-15 blockiert.
Der Antikörper Visugromab (dargestellt in pink) blockiert gezielt den Wachstums- und Differenzierungsfaktor 15 (GDF-15, dargestellt in orange). Durch die Neutralisierung von GDF-15 kann Visugromab das Immunsystem dabei unterstützen, Tumore effektiver anzugreifen und Resistenzen gegen Immuntherapien zu überwinden. © CatalYm

Geriatrie: UKW startet neues Versorgungsangebot am 8. Januar

Das UKW hatte im September das Klinikgebäude der Geriatrischen Rehabilitationsklinik und das dazugehörige Gelände von der AWO erworben.

Würzburg. Am 8. Januar 2025 wird das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) den Betrieb des „Zentrums für Altersmedizin, Kantstraße“ im Gebäude der bisherigen Geriatrischen Rehabilitationsklinik der AWO Unterfranken e.V. in Würzburg schrittweise starten. Der neue Standort ist damit ab Januar eine „Fachabteilung für Akutgeriatrie und geriatrische Frührehabilitation“ des UKW.

Mit dem Betriebsübergang wechseln rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AWO an die Würzburger Uniklinik. Das UKW hatte im September das Klinikgebäude der Geriatrischen Rehabilitationsklinik und das dazugehörige Gelände von der AWO erworben.

Die derzeitige Versorgung in der Rehaklinik der AWO wird aktuell in Etappen reduziert. Zum 27. Dezember 2024 endet die stationäre Versorgung als Rehaklinik durch die AWO in dem Gebäude. Seit Mitte November werden schrittweise Stationsbereiche geschlossen. Bis zum Start des neuen Versorgungsangebotes durch das UKW werden u.a. weitere Schulungen und technische Umrüstungen vorgenommen. Zudem müssen manche Bereiche innerhalb des Gebäudes vorübergehend umziehen aufgrund anstehender Sanierungsmaßnahmen durch das UKW.

Stationen und Klinikbereiche werden in Etappen durch das UKW saniert

Das UKW wird u.a. die drei Stationen in dem fast 30 Jahre alten Gebäude ab 2025 schrittweise modernisieren. Zum Start wird daher eine Station am 8. Januar in Betrieb gehen und akutgeriatrische Patientinnen und Patienten des UKW aufnehmen. „So können wir nahtlos unser Versorgungsangebot hier in der Region starten und zeitnah die nötigen baulichen Maßnahmen für eine bestmögliche Patientenversorgung beginnen“, erklärt PD Dr. Tim J. von Oertzen, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKW. Anders als zuvor die AWO betreibt das UKW den Klinikstandort an der Würzburger Kantstraße ab 2025 als „Fachabteilung für Akutgeriatrie und geriatrische Frührehabilitation“ unter den Bedingungen einer akutstationären Krankenhausbehandlung. Ein vergleichbares Versorgungsangebot fehlt in Unterfranken bislang in den Kreisen Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart.

Dr. von Oertzen: „Das UKW stärkt damit dauerhaft die Altersmedizin in der Region und baut damit sein Behandlungsspektrum zukunftsorientiert aus.“ Das sei gerade angesichts der demographischen Entwicklung von enormer strategischen Bedeutung. „Viele ältere und mehrfach erkrankte Patienten sind nach einer akuten Erkrankung stark beeinträchtigt und bedroht, dauerhaft pflegebedürftig werden. Ziel der frühzeitig einsetzenden geriatrischen Komplexbehandlung soll für viele dieser Patienten sein, wieder aktiv am Alltagsleben teilhaben zu können. Genau hier setzt das zukünftige Versorgungsangebot des UKW an“, so der UKW-Vorstandsvorsitzende.

Kapazitäten werden schrittweise ausgebaut

Zum Start ab dem 8. Januar wird eine Station mit bis zu schrittweise maximal 30 Plätzen in Betrieb genommen. Insgesamt kann die neue Fachabteilung perspektivisch auf bis zu 90 stationäre Plätze ausgeweitet werden. Die dafür nötigen baulichen Modernisierungsmaßnahmen und die Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden sich nach jetzigem Stand über das Jahr 2025 hinaus erstrecken. Etappenweise wird es dann auch im Jahresverlauf auch anderen Kliniken möglich sein, Patienten an die neue UKW-Fachabteilung zu verlegen. Weitere Angebote am bisherigen Standort, die bisher über die AWO betrieben wurden, werden zum 8. Januar 2025 ebenfalls durch das UKW übernommen. Dazu zählt ein tagesklinisches Versorgungsangebot mit 20 Plätzen und eine Therapie-Praxis. Die Rahmenbedingungen zum Weiterbetrieb der mobilen geriatrischen Rehabilitation durch das UKW werden aktuell geprüft. Auch hier strebt das UKW eine nahtlose Fortführung ab Anfang 2025 an.

Neben der Modernisierung verschiedener Klinikbereiche werden auch Maßnahmen an der Fassade des Gebäudes sowie hinsichtlich der IT-Ausstattung nötig. „Im vergangenen September haben wir den Vertrag unterzeichnet. In den vergangenen Wochen haben viele Bereiche der AWO und des UKW intensiv daran gearbeitet, dass wir nun im Januar den neuen Standort in Betrieb nehmen können. Hierfür bedanke ich mich bei allen Beteiligten ausdrücklich. Ein solches Projekt hat es in der Geschichte des UKW noch nicht gegeben“, betont Philip Rieger, Kaufmännischer Direktor des UKW. Die nötigen Investitionen in den Standort werde das UKW aus eigenen Mitteln aufbringen.

Organisatorisch ist der neue Klinikstandort eine Fachabteilung der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des UKW (Direktor: Prof. Dr. Stefan Frantz). Die Leitung des Standortes wird wie bisher Dr. Kathrin Tatschner inne haben. Zudem ist er ein Standort des Zentrums für Altersmedizin am UKW, in dem mehrere Fachdisziplinen eng zusammenarbeiten.

Die AWO Unterfranken hatte die Reha-Klinik 1996 eröffnet. „Ich möchte nochmals allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Rehaklinik für Ihren Einsatz in den vergangenen Jahren danken. Mit dem Übergang an das UKW kann die Klinik fortbestehen und die Mitarbeitenden erhalten eine sichere und zukunftsfähige berufliche Perspektive hier am Standort. Ein Weiterbetrieb der Geriatrischen Rehaklinik war für die AWO aufgrund der Finanzierungslage in der bisherigen Form trotz aller Anstrengungen nicht mehr möglich. Darunter haben auch andere Rehakliniken zu leiden“, so Martin Ulses, Bezirksgeschäftsführer der AWO Unterfranken.

Vorbereitung auf den demografischen Wandel

Ab dem Jahr 2030 wird die Zahl der älteren und der hochbetagten Einwohner über 80 Jahre stark ansteigen; gegen 2045 wird der vorläufige Höhepunkt erreicht. Gleichzeitig nimmt die Zahl der beruflich tätigen Menschen ab. Um die sich öffnende Schere zwischen Behandlungsbedarf und Behandlungsmöglichkeiten in Zukunft zu kompensieren, wird u.a. auch in der ärztlichen Tätigkeit zunehmend eine altersmedizinische Kompetenz erforderlich. Durch die Einbindung der Akutgeriatrie in die Strukturen von Forschung und Lehre der Universitätsmedizin Würzburg leistet das UKW damit auch einen wichtigen Beitrag zur Vorbereitung auf den demografischen Wandel in den nächsten Jahrzehnten.