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Wie Musizierende die Angst vor Auftritten bewältigen können

Für eine interdisziplinär angelegte und im Rahmen des DFG-Clinician Scientist-Programms UNION CVD geförderte Studie sucht das Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Uniklinikums Würzburg (UKW) Musikerinnen und Musiker zwischen 18 und 60 Jahren, die unter Auftrittsangst leiden und etwas dagegen unternehmen möchten.

 

Das Bild zeigt die Violine des Studienleiters, Daniel Bellinger, der selbst Hobbymusiker ist.
Bis zu 60 Prozent aller Musikerinnen und Musikern leiden unter Auftrittsangst, die mit starken Symptomen einhergeht und sich negativ auf die künstlerische Leistung auswirkt. In einer Studie werden zur Reduktion der Auftrittsangst am Uniklinikum Würzburg zwei Methoden der Verhaltenstherapie untersucht: Angstkonfrontationstraining in virtueller Realität und ein Entspannungstraining durch progressive Muskelrelaxation. © Daniel Bellinger / Uniklinikum Würzburg

Daniel Bellinger ist Facharzt für Neurologie und Assistenzarzt in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg – und er ist Hobbymusiker, spielt Klavier, Geige und Querflöte. Gelegentlich hat er Lampenfieber, was zwar unangenehm ist, aber durchaus nützlich sein kann. „Denn es weckt uns auf, schärft die Sinne und verschafft uns zusätzliche Energie. Auftrittsangst hingegen verursacht so starke Symptome, dass sich diese oft negativ auf die künstlerische Leistung auswirken“, berichtet der Mediziner. Bis zu 60 Prozent aller Musikerinnen und Musiker leiden unter Auftrittsangst, die oft mit beschleunigtem Herzschlag und erhöhtem Blutdruck sowie Zittern, Übelkeit und der Furcht vor einem Kontrollverlust und Blackout einhergehen. Viele Betroffene versuchen sich mit Betablockern zu beruhigen, nur die wenigstens nehmen professionelle Hilfe in Anspruch.

Angstkonfrontation in virtueller Realität oder Entspannungstraining

Das möchte Daniel Bellinger ändern. Zur Reduktion von Auftrittsangst untersucht er zwei Methoden der Verhaltenstherapie: Ein Angstkonfrontationstraining in virtueller Realität und ein Entspannungstraining durch progressive Muskelrelaxation. Unterstützt wird er bei der Durchführung und Auswertung der Expositionstrainings von der Psychologin Kristin Wehrmann, die ebenfalls Hobbymusikerin ist.

Die Zuordnung zu einer der beiden therapeutischen Interventionen, die im Rahmen der Studie kostenlos angeboten werden, erfolgt randomisiert, das heißt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden einer der beiden Therapien zugeteilt. Gemessen wird die Angst vor und nach der Therapie im Rahmen eines so genannten Behavioural Assessment Tests (BAT). Darunter ist ebenfalls eine Auftrittssituation in Virtueller Realität zu verstehen. Vor, während und nach dem BAT werden zusätzlich Parameter zur Bestimmung von möglichen Biomarkern für den Therapieeffekt erhoben, wie Herzrate und Blutdruck werden dokumentiert und Speichel und Blut gewonnen.

Teilnahme an der Studie ist weiterhin möglich

Der Zeitaufwand zur Studienteilnahme beträgt rund zehn Stunden, verteilt auf sechs Sitzungen über einen Zeitraum von vier Wochen. Hinzu kommt eine weitere Sitzung nach einem Jahr, um die Nachhaltigkeit der Behandlung zu beurteilen. Die genauen Termine am Campus in Würzburg werden individuell abgesprochen.

Weitere Informationen zur Studie, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Clinician Scientist-Programms UNION CVD (Understanding InterOrgan Networks in Cardiac and Vascular Diseases) gefördert wird sowie Hinweise zu den Teilnahmevoraussetzungen finden Interessierte unter www.ukw.de/forschung/forschung-psychiatrie/klinische-studien

Bei Fragen kann unverbindlich das Studienteam vom Zentrum für Psychische Gesundheit des UKW kontaktiert werden unter Tel. 0931/201-76344 oder E-Mail: Auftrittsangst_VR@ukw.de.

Hinweis: In unserem digitalen Adventskalender „Forschende öffnen ihre Türchen“ laden am 21.12. Daniel Bellinger und Kristin Wehrmann ins Zentrum für Psychische Gesundheit ein und stellen die Therapiestudie zur Auftrittsangst vor. Der Film und viele weitere aus der bunten Palette an Forschungsprojekten im UKW können auf www.ukw.de/advent geöffnet werden. 

Das Bild zeigt die Violine des Studienleiters, Daniel Bellinger, der selbst Hobbymusiker ist.
Bis zu 60 Prozent aller Musikerinnen und Musikern leiden unter Auftrittsangst, die mit starken Symptomen einhergeht und sich negativ auf die künstlerische Leistung auswirkt. In einer Studie werden zur Reduktion der Auftrittsangst am Uniklinikum Würzburg zwei Methoden der Verhaltenstherapie untersucht: Angstkonfrontationstraining in virtueller Realität und ein Entspannungstraining durch progressive Muskelrelaxation. © Daniel Bellinger / Uniklinikum Würzburg

COMPASS für hochsensitive Schnelltests

Nur wenige Sekunden braucht ein neu entwickelter Schnelltest, um Krankheitserreger wie SARS-CoV-2 zuverlässig nachzuweisen. Seine Grundlage sind speziell designte magnetische Nanopartikel.

Grafik mit Funktionsweise des neuartigen COMPASS-Tests
Mit dem neuartigen COMPASS-Test lassen sich in wenigen Sekunden Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisen. (Grafik: Dr. Patrick Vogel / Universität Würzburg)

Die gängigen Schnelltests zur Diagnostik von Infektionskrankheiten sind flott, aber nicht wirklich schnell. Zum Beispiel dauert es bei Antigen-Selbsttests, bei PCR-Tests oder bei ELISA-Tests auf das Coronavirus 15 Minuten bis mehrere Stunden, ehe ein belastbares Ergebnis vorliegt.

Wesentlich weniger Zeit braucht dagegen ein neuer und sehr empfindlicher Schnelltest, den ein Team von den Universitäten Würzburg und Erlangen entwickelt hat. Er basiert auf speziell designten magnetischen Nanopartikeln und einer neu entwickelten Messmethodik. Mit einem mobilen Messgerät von der Größe eines Laptops dauert es nur wenige Sekunden, um beispielsweise aus einer Speichelprobe Antikörper gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 verlässlich nachzuweisen.

Über diesen Fortschritt berichtet das Team im Fachjournal Nature Communications. „Unser Test würde inklusive Probennahme und mit allem Drumherum tatsächlich weniger als eine Minute dauern. Das eröffnet ganz neue Einsatzgebiete, etwa bei Kontrollen am Eingang zu Stadien“, sagt der Würzburger Physiker Dr. Patrick Vogel, Erstautor der Publikation.

Kleinste Veränderungen hoch empfindlich detektiert

Magnetische Nanopartikel, kurz MNPs, finden heutzutage Anwendung in verschiedensten Bereichen. Es handelt sich dabei um Kügelchen aus Eisenoxid, die nur wenige hundert Nanometer groß sind.

Durch die gezielte Modifikation ihrer Oberflächen sind nicht nur ihre magnetischen Eigenschaften einstellbar, sondern auch die Funktionalität ihrer Oberfläche. Das lässt sich zum Beispiel nutzen, um spezifische Antikörper oder Antigene an die Kügelchen zu binden.

Kommt es zu solchen Bindungen, vergrößern sich die Partikel ganz minimal. Um diese nur wenige Nanometer umfassende Änderung messen zu können, hat das Team um Professor Volker Behr und Dr. Patrick Vogel vom Physikalischen Institut der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) ein neuartiges Messverfahren entwickelt: die Critical Offset Magnetic PArticle SpectroScopy, kurz COMPASS. Das Verfahren benötigt einen nur geringen messtechnischen Aufwand; es ist schnell und ähnlich sensitiv wie die aufwändigen ELISA-Tests.

Einen realen Anwendungstest haben die Physiker mit der Arbeitsgruppe um Professor Lars Dölken vom JMU-Institut für Virologie und Immunbiologie durchgeführt. Mit einem tragbaren COMPASS-Messgerät konnten sie zeigen, dass der neue Schnelltest Antikörper gegen SARS-CoV-2 in nur wenigen Sekunden mit einem robusten Ergebnis nachweist.

Magnetische Partikel nach Maß gefertigt

Entscheidend für diesen Erfolg ist die spezielle Oberfläche des Partikelsystems. Für dessen Design zeichnet die Arbeitsgruppe um Professor Christoph Alexiou von der Sektion für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin an der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Erlangen verantwortlich. Die Gruppe ist führend in der Herstellung und Funktionalisierung von Magnetpartikeln.

Das Team aus Erlangen hat die Oberfläche der Partikel so geschickt manipuliert, dass sich dort gezielt verschiedenste Bindungspartner anbringen lassen. Diese können dann wiederum krankheitserregerspezifische Antigene oder Antikörper an sich binden.

Wenn Schnelligkeit und Zuverlässigkeit gefragt sind

„Das neue Messverfahren eröffnet viele Anwendungsmöglichkeiten, bei denen Schnelligkeit und Zuverlässigkeit gefragt sind“, sagt Professor Behr. Dazu gehörten beispielsweise die Erfassung neuartiger viraler Erkrankungen oder das Screening von Nutztieren auf meldepflichtige Erkrankungen.

Eine Anpassung auf neu auftretende Erreger sei tatsächlich recht schnell umsetzbar: „Die Gruppe aus Erlangen hat die Möglichkeit, die Magnetnanopartikel in größerem Maßstab zu produzieren. Soweit die entsprechenden Liganden zur Verfügung stehen, können die Testseren hergestellt werden“, erklärt Professor Behr. Für eine weltweite und große Produktion bedürfe es jedoch eines großen Industriepartners.

Nächste Schritte in der Forschung

Aktuell arbeitet das Team aus der Würzburger Physik daran, den der Messung zugrundeliegenden COMPASS-Effekt physikalisch noch tiefer zu durchdringen, um sein Potential voll ausreizen zu können. Außerdem wird die neuartige Messmethodik jetzt an verschiedenen Anwendungen erprobt.

Publikation

P. Vogel et al., „Critical Offset Magnetic PArticle SpectroScopy for rapid and highly sensitive medical point-of-care diagnostics“, Nature Communications, 13(1), 7320, 2022, Open Access.

https://doi.org/10.1038/s41467-022-34941-y

Grafik mit Funktionsweise des neuartigen COMPASS-Tests
Mit dem neuartigen COMPASS-Test lassen sich in wenigen Sekunden Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisen. (Grafik: Dr. Patrick Vogel / Universität Würzburg)

Ein Vlies, das Chemotherapeutika direkt im Hirn freisetzt

Ein Team der Neurochirurgie am Uniklinikum Würzburg entwickelt gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) ein neuartiges innovatives Verfahren zur lokalen Chemotherapie von Glioblastomen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1,6 Millionen Euro gefördert.

Die Grafik zeigt das Konzept vom GlioGel
Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Silicatforschung (ISC) entwickelt die Neurochirurgie am Uniklinikum Würzburg ein neuartiges Verfahren zur lokalen Chemotherapie von Glioblastomen - ein Vlies, das Chemotherapeutika direkt im Hirn freisetzt. Das Projekt wird vom BMBF mit insgesamt 1,6 Millionen Euro gefördert.
Petrischale mit Gewebe
Das Team der Neurochirurgie am Uniklinikum Würzburg valididert das Drug Delivery System GlioGel an in vitro und ex vivo-Modellen auf Effektivität. © Clara Keller / UKW

Das Glioblastom ist der häufigste und zugleich aggressivste Hirntumor im Erwachsenenalter. Etwa 3.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr daran. Ihnen verbleiben im Schnitt 14 bis 15 Monate Lebenszeit. Charakteristisch für diesen Tumor ist, dass er unkontrolliert in das gesunde Hirngewebe infiltriert. „An den Rändern des ehemaligen Resektionsbereiches entstehen regelhaft Tumorrezidive, die von der Infiltrationszone des Tumors ausgehen. Das heißt, wenn wir den Tumor nach derzeitigem Therapiestandard behandeln, also operativ entfernen, den Bereich anschließend bestrahlen und über mehrere Wochen eine systemische Chemotherapie verabreichen, schaffen wir es aktuell nicht, alle Tumorzellen abzutöten“, erklärt Prof. Dr. Mario Löhr, Leitender Oberarzt der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik am Uniklinikum Würzburg. 

Kieselgel-basierendes Faservlies zersetzt sich und gibt Therapeutika ab

Aufgrund der ungünstigen Prognose und zudem starken Nebenwirkungen der systemischen Chemotherapie haben Prof. Löhr und Prof. Dr. Carsten Hagemann, Leiter der Sektion Experimentelle Neurochirurgie in der Klinik, gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg ein Konzept für ein neuartiges innovatives Behandlungsverfahren entwickelt.

„Da viele Therapeutika die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden und daher ineffektiv sind, haben wir überlegt, wie wir die Wirkstoffe lokal applizieren können, um so die Therapieeffizienz zu steigern“, schildert Carsten Hagemann. So entstand gemeinsam mit dem Fraunhofer ISC die Idee eines auf Kieselgel basierenden Faservlies.

Basis dieses neuartigen Drug Delivery Systems ist ein am Fraunhofer ISC entwickeltes Vlies, das bereits medizinisch zugelassen ist. Das Material löst sich im Verlauf der Wundheilung nach sechs bis acht Wochen vollständig auf. „Wir freuen uns sehr, wenn unser Material auch bei der Therapie von Glioblastomen helfen kann“ erklärt Dr. Sofia Dembski, die Leiterin des Teams Biomaterialien am Fraunhofer ISC. Dieses Vlies wird von Fraunhofer-Forschern mit Chemotherapeutika modifiziert und kann danach in die Resektionshöhle eingesetzt werden, also an den ursprünglichen Ort des Tumors. „Die resorbierbaren Kieselgel-Fasern lassen sich einfach an den Resektionsbereich anpassen, zersetzen sich im Laufe der Zeit und geben so konstant die Wirkstoffe lokal ab. Auf diese Weise könne die Konzentration von Chemotherapeutika direkt ihre maximale Wirksamkeit entfalten und ein erneutes Tumorwachstum hemmen, so Hagemann.

Das Team der Würzburger Neurochirurgie, das sich auf die Erforschung von Hirntumoren spezialisiert hat, im speziellen ausgerichtet auf Tumorimmunologie, molekulare Grundlagen gutartiger und bösartiger Hirntumoren bis hin zu innovativen Therapiemethoden, wird dieses Drug Delivery System zunächst an in vitro- und ex vivo-Modellen auf Effektivität validieren. Anschließend ist geplant, in einer tierexperimentellen Studie das lokale zytostatische Wirkstofffreisetzungssystem im Organismus zu untersuchen und so zu prüfen, ob das sog. GlioGel das Überleben verlängern kann.

Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung Die Idee hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung überzeugt. Es fördert seit November 2022 das Projekt mit insgesamt 1,6 Millionen Euro. Offizieller Titel: Lokale Chemotherapie von Glioblastomen durch den Einsatz neuartiger flexibler Wirkstoffträger - GlioGel. 

Die Grafik zeigt das Konzept vom GlioGel
Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Silicatforschung (ISC) entwickelt die Neurochirurgie am Uniklinikum Würzburg ein neuartiges Verfahren zur lokalen Chemotherapie von Glioblastomen - ein Vlies, das Chemotherapeutika direkt im Hirn freisetzt. Das Projekt wird vom BMBF mit insgesamt 1,6 Millionen Euro gefördert.
Petrischale mit Gewebe
Das Team der Neurochirurgie am Uniklinikum Würzburg valididert das Drug Delivery System GlioGel an in vitro und ex vivo-Modellen auf Effektivität. © Clara Keller / UKW

Gesundheitsmagazin UNI.KLINIK mit Verdauungsproblemen als Schwerpunkt

Die kürzlich erschienene Ausgabe 4/2022 von UNI.KLINIK, dem Gesundheitsmagazin des Universitätsklinikums Würzburg, widmet sich in seinem Titelthema der Behandlung von Erkrankungen des oberen Verdauungstraktes.

Woran erkennt man Gesundheitsprobleme in Speiseröhre und Magen? Wann ist bei Schluckbeschwerden auch an Achalasie, eine Funktionsstörung der Speiseröhre, zu denken? Und wie viel Sodbrennen ist an den oft üppigen Weihnachtsfeiertagen eigentlich „normal“? Diesen und ähnlichen Fragen widmet sich die vierte Ausgabe des Jahres von UNI.KLINIK.

Das kostenlose Gesundheitsmagazin wird vom Uniklinikum Würzburg (UKW) vierteljährlich herausgegeben.

 

Darüber hinaus thematisiert die aktuelle, 24-seitige Publikation die Hand-Fuß-Mund-Krankheit bei Kindern und erläutert, wie Verbrühungen im Vorschulalter am UKW behandelt werden. Ein anderer Beitrag zeigt auf, wie sich eine starke psychische Widerstandskraft trainieren lässt.

Diese und viele weitere Artikel finden sich in der Webreader-Version: HIER 

Auf www.ukw.de in der Rubrik Magazine https://www.ukw.de/medien-kontakt/presse/magazine/ finden Sie alle Ausgaben unserer beiden Magazine UNI.KLINIK und klinikum&wir.

 

 

Uni Würzburg: Lehrpreis geht in die Orthopädie

Der mit 10.000 Euro dotierte Albert-Kölliker-Lehrpreis der Medizinischen Fakultät geht an ein Team aus dem Lehrstuhl für Orthopädie.

Um die Lehre zu fördern und weiter zu verbessern, vergibt die Medizinische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zwei Mal im Jahr den Albert Kölliker-Lehrpreis. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert; das Preisgeld muss zur weiteren Verbesserung der Lehre verwendet werden.

Bei der Examensfeier der Fakultät am 17. Dezember 2022 wurde das Lehrteam Orthopädie mit dem Preis ausgezeichnet. Das Team besteht aus Lehrstuhlleiter Professor Maximilian Rudert sowie Dr. Kilian List, Dr. Thomas Schäfer, Dr. Dominik Rak und Markus Koch. Sie alle haben Medizin an der JMU studiert. Gerade darum liegt es ihnen besonders am Herzen, die Lehre in ihrem Fachgebiet hier weiterzuentwickeln.

Ausgezeichnet wurden die Orthopäden unter anderem für ihr innovatives Vorlesungskonzept mit Videos. Dabei werden die Lehrenden zunächst vor einem Greenscreen gefilmt, dann freigestellt und in eine Lehrpräsentation hineinversetzt. Im fertigen Video stehen sie somit „wie im echten Hörsaal“ vor ihren Folien – und werden nicht in einem separaten Kasten neben der Präsentation dargestellt.

„Wir freuen uns sehr, dass dieses Konzept Eins-zu-eins von der Fakultät übernommen wurde“, so das preisgekrönte Team. Nach dessen Empfehlung für die technischen Bestandteile und die Software entstand 2021 in der Lehrklinik sogar ein eigenes Greenscreen-Studio für die gesamte Fakultät. (https://www.med.uni-wuerzburg.de/lehrklinik/greenscreen-studio/)

Rund 130 kommentierte Videos produziert

Um die klinischen Untersuchungstechniken am Bewegungsapparat zu vermitteln, brachte das Team sehr viel Mühe, Zeit und Liebe zum Detail auf und produzierte gut 130 kommentierte klinische Untersuchungsvideos. „Damit konnten wir erreichen, dass sich die Studierenden nun besser auf die Untersuchungskurse im Klinischen Praktikum Orthopädie im 7. Semester vorbereiten können und dann deutlich mehr von den Hands-on-Kursen profitieren“, so das Team.

Aktuell arbeiten die Preisträger daran, diese Inhalte der klinischen Untersuchung mit einer „Kitteltaschen-App“ für Smartphones noch besser und schneller im Klinikalltag zur Verfügung zu stellen. Die App soll nicht nur im Studium, sondern auch im weiteren Verlauf des Medizinerinnen- und Mediziner-Lebens hilfreich sein – egal ob orthopädisch oder in der Allgemeinmedizin.

Ruderts Team will das Preisgeld in die Weiterentwicklung der digitalen Lehre in der Orthopädie stecken – in bessere Hardware, aber auch in die weitere Integration von Krankheitsbildern und in den Ausbau der App zum Untersuchungskurs.

Über Albert Kölliker

Der Namenspatron des Lehrpreises, Albert Kölliker (1817-1905), lehrte und forschte ab 1849 für mehr als 50 Jahre an der Universität Würzburg. Der Professor für Anatomie und Physiologie führte Mikroskopierkurse und andere damals neuartige Lehrformen ein. Dadurch wirkte er als „Studentenmagnet“ – und sorgte mit dafür, dass die Würzburger Universitätsmedizin in dieser Zeit einen enormen Aufschwung erlebte.

Pressemeldung der Universität Würzburg

Würzburger Nuklearmedizin entwickelt Alternative zur Chemotherapie

Neuer Ansatz in der Diagnose und Therapie von Lymphom-Erkrankungen, bei der Chemokinrezeptoren (CXCR4), die während entzündlichen Prozessen und der Metastasierung von Tumoren hochreguliert werden, gezielt angesteuert werden. Die einmalige Behandlung mit dem Radionuklid 90Y-CXCR4 konnte bei mehreren Patienten eine Komplettremission erzielen.

Die Collage zeigt links die Chemokinrezeptor-Bildgebung bei der die T-Zell-Lymphome leuchten. Rechts ist das Ergebnis nach einer einmaligen Therapie mit Yttrium-90-CXCR4-Liganden zu sehen: Das Lymphom konnte komplett beseitigt werden.
In der im Journal of Nuclear Medicine erschienenen Arbeit zeigt das Team der Nuklearmedizin am Uniklinikum Würzburg den vielversprechenden Einsatz von Radioliganden in der Bildgebung und Tumortherapie, die an Chemokinrezeptoren binden und dabei Komplettremissionen erzielen können. © by the Society of Nuclear Medicine (Buck AK, Grigoleit GU, Kraus SK, Schirbel A, Heinsch M, Dreher N, Higuchi T, Lapa C, Hänscheid H, Samnick S, Einsele H, Serfling SE, Werner RA. C-X-C Motif Chemokine Receptor 4-Targeted Radioligand Therapy in Patients with Advanced T-Cell Lymphoma. J Nucl Med. Online ahead of print)

Die Nuklearmedizin in Würzburg stellte bereits in der Novemberausgabe 2022 des hochrangigen Fachmagazins „Journal of Nuclear Medicine“ (JNM) das Titelbild. Jetzt wird sie in der ersten Ausgabe im neuen Jahr des JNM erneut die Titelgeschichte liefern. Im Mittelpunkt stehen CXCR4-Liganden, beziehungsweise Proteine, die an die Chemokinrezeptoren namens CXCR4 binden und Tumoren nicht nur darstellen, sondern auch gezielt zerstören können. „Diese neue Art der Therapie, die durch die `Featured Articles of the Month´ nun noch mehr Sichtbarkeit erhält, gibt es tatsächlich auf der ganzen Welt nur in Würzburg“, verkündet Prof. Dr. Andreas Buck.

Chemokinrezeptor CXCR4 ist attraktives Ziel für Tumorbildgebung und Therapie 

Der Klinikdirektor der Nuklearmedizin am Uniklinikum Würzburg erklärt die Mechanismen: „Zellen benötigen die Chemokinrezeptoren CXCR4, um sich im Körper zu bewegen. Tumoren nutzen denselben Mechanismus. Wenn ein Tumor diesen Rezeptor hat, kann er aus dem Blutstrom heraustreten und sich in Organen wie Lunge oder Leber und in Knochen an Liganden binden, wodurch Metastasen entstehen. Wir finden bis zu einer Million solcher Rezeptoren auf einer einzigen Tumorzelle. Deswegen ist CXCR4 für uns ein attraktives Ziel, sowohl für die Tumorbildgebung als auch für die Therapie.“

Tumorzellen zum Aufleuchten bringen 

Mit seinem Team arbeitet Andreas Buck an Spürstoffen, so genannten Tracern. In der Radiochemie werden Moleküle künstlich mit radioaktiven Strahlern, die eine sehr kurzlebige Halbwertzeit haben, beladen, damit sie bestimmte Stoffe im Körper binden und über radioaktiven Zerfall sichtbar machen. „Die Moleküle, die an den Chemokinrezeptor binden, sie gewissermaßen zum Aufleuchten bringen, haben wir miterfunden“, sagt Buck nicht ohne Stolz.

Weiche Strahler für Diagnostik, harte Strahler für Behandlung

„Wenn wir sehen, dass der Tracer nur im Tumor anreichert und nicht in den gesunden Geweben, kann ich den Strahler austauschen und als Medikament für die Therapie einsetzen“, erklärt Andreas Buck. Für die Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (CXCR4-PET/CT) werden weiche Radionuklide wie Fluor-18 verwendet. Für die Therapie kommen sehr harte Strahler wie Lutetium-177 und Yttrium-90 zum Einsatz, die den Tumor dann auch tatsächlich zerstören können.

Der Nuklearmediziner zeigt die Collage, die im Januar den Titel vom Journal of Nuclear Medicine zieren wird – PET/CT-Bilder einer Patientin, die schwer kontrollierbare T-Zell-Lymphome aufwies, welche auf die Standardtherapie nicht angesprochen haben. „Links in der Chemokinrezeptor-Bildgebung sehen wir neben den Ausscheidungen der radioaktiv markierten Substanz über die Nieren in die Blase fast ausschließlich die Erkrankung. Die kugeligen Strukturen der T-Zell-Lymphome leuchten in zahlreichen Lymphknoten, in den Knochen, der Milz und der Lunge. Das rechte Bild zeigt das Ergebnis nach einer einmaligen Therapie mit Yttrium-90-CXCR4-Liganden. Das Lymphom konnte komplett beseitigt werden. Die Patientin hat noch eine milde Chemotherapie sowie eine Stammzelltherapie erhalten. Wir können zwar noch nicht von Heilung sprechen, aber von einer kompletten Remission.“

Dem Team aus Würzburg ist es inzwischen bei fünf Patientinnen und Patienten gelungen, die T-Zell-Lymphome mit CXCR4-Liganden zu beseitigen. Nicht nur Andreas Buck ist davon überzeugt, dass dies ein Weg sein könnte, in Zukunft weniger Chemotherapien einzusetzen.

Seit 2020 hat die PentixaPharm GmbH, ein in Würzburg ansässiges Tochterunternehmen der Eckert & Ziegler AG, das erfolgreiche Konzept aufgenommen, um in einem von der Industrie gesponserten klinischen Entwicklungs- und Zulassungsverfahren CXCR4 Diagnostik und Therapie einer Vielzahl von Patientinnen und Patienten zukommen lassen zu können.

Über die Nuklearmedizin am UKW 

Andreas Buck ist seit dem Jahr 2011 am Uniklinikum Würzburg. Zu der Zeit war die Nuklearmedizin noch traditionell mit der Behandlung von Schilddrüsenkrebs befasst. Inzwischen nutzt das mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassende Team die Kenntnisse der molekularen Medizin und überträgt die strahlungsbasierte Therapie auf andere Erkrankungen. In der Radiochemie werden die Substanzen für die Diagnostik und Behandlung entwickelt und unter GMP-Bedingungen (Good Manufacturing Practice) hergestellt. Die Medizinphysik achtet darauf, die Strahlung im niedrigen Bereich zu halten, die Ärztinnen und Ärzte untersuchen die Erkrankten, klären auf und behandeln, die technische Assistenz führt die Untersuchungen am Gerät durch und die Pflegekräfte betreuen die Patientinnen und Patienten auf der Station.

Hinweis: Andreas Buck erläutert die Methode im digitalen Adventskalender hinter dem 19. Türchen

Die Collage zeigt links die Chemokinrezeptor-Bildgebung bei der die T-Zell-Lymphome leuchten. Rechts ist das Ergebnis nach einer einmaligen Therapie mit Yttrium-90-CXCR4-Liganden zu sehen: Das Lymphom konnte komplett beseitigt werden.
In der im Journal of Nuclear Medicine erschienenen Arbeit zeigt das Team der Nuklearmedizin am Uniklinikum Würzburg den vielversprechenden Einsatz von Radioliganden in der Bildgebung und Tumortherapie, die an Chemokinrezeptoren binden und dabei Komplettremissionen erzielen können. © by the Society of Nuclear Medicine (Buck AK, Grigoleit GU, Kraus SK, Schirbel A, Heinsch M, Dreher N, Higuchi T, Lapa C, Hänscheid H, Samnick S, Einsele H, Serfling SE, Werner RA. C-X-C Motif Chemokine Receptor 4-Targeted Radioligand Therapy in Patients with Advanced T-Cell Lymphoma. J Nucl Med. Online ahead of print)

Präzisionssprung in der Diagnostik von Multiplem Myelom am Uniklinikum Würzburg

Der Verein „Hilfe im Kampf gegen Krebs“ finanziert eine Personalstelle, die erforderlich ist, die schon heute am Uniklinikum Würzburg gebotene, hochempfindliche Tumordiagnostik bei Multiplem Myelom noch weiter zu verfeinern. Dahinter steht der Wunsch nach präzisen Informationen für möglichst maßgeschneiderte Therapieentscheidungen.

Würzburg. Seit etwa zwei Jahren führt ein von Prof. Dr. Andreas Beilhack geleitetes Forschungslabor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II (Med II) des Uniklinikums Würzburg (UKW) bei Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom routinemäßig Bluttests per Multiparameter-Durchflusszytometrie durch. „Mit diesem deutschlandweit einzigartigen Hochtechnologie-Angebot sind wir in der Lage, unter einer Million gesunden Blutzellen eine einzelne Tumorzelle zu erkennen“, schildert Prof. Beilhack. Doch diese an sich schon beeindruckende Präzision lässt sich nach seinen Worten noch steigern. „Wir gehen davon aus, dass es durch eine Modifikation der Methode möglich sein wird, unter 100 Millionen Zellen eine Myelom-Zelle zu entdecken“, verdeutlicht der Mediziner. Allerdings seien die Probenaufbereitung und die Durchführung der Probenmessung sehr personalintensiv: Für das systematische Etablieren und Validieren des neuen Verfahrens werde eine weitere Medizinisch-technische Assistenzkraft (MTA) benötigt. Die ersten sechs Monate dieser Stelle finanziert der Würzburger Verein „Hilfe im Kampf gegen Krebs“. Dessen Vorsitzende Gabriele Nelkenstock überreichte dazu kürzlich einen Spendenscheck in Höhe von 29.000 Euro. 

Wertvolle Informationen für das Therapieansprechen

Warum ist die hochempfindliche Detektion von einzelnen Zellen aus der bösartigen Untergruppe des Lymphknotenkrebses so wichtig? „Mit dieser Technik sind wir in der Lage, quasi in Echtzeit die Krankheitsbelastung der Patientin oder des Patienten zu messen“, erläutert der Direktor der Med II, Prof. Dr. Hermann Einsele. Der international renommierte Myelom-Experte fährt fort: „Das wiederum gibt uns wertvolle Informationen über das Ansprechen der gewählten Therapie. Es hilft uns, rechtzeitig weitere oder andere Behandlungen einzuleiten. Auch Übertherapien können so leichter vermieden werden.“ Für die Erkrankten zahle sich dies letztlich in einem Gewinn an Lebensqualität aus. 

Anschubfinanzierungen durch „Hilfe im Kampf gegen Krebs“

„Hilfe im Kampf gegen Krebs e.V.“ hat die Einführung der Multiparameter-Durchflusszytometrie für die Myelom-Diagnostik am UKW in zurückliegenden Schlüsselmomenten schon mehrfach durch entsprechende Fördermittel vorangebracht. „Wir freuen uns sehr, dass wir durch unsere Anschubfinanzierungen dazu beitragen konnten und können, die Perspektiven der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Gleichzeitig sind wir stolz auf die Vorreiterrolle, die sich das Würzburger Uniklinikum in diesem Feld erarbeiten konnte“, kommentiert Gabriele Nelkenstock. Eine Vorreiterrolle von weit überregionaler Dimension: Von den in den vergangenen zwei Jahren durchgeführten rund 1.000 Messungen mit dem „alten“ Nachweisverfahren profitierten Myelom-Patientinnen und -Patienten aus ganz Deutschland sowie aus Österreich und der Schweiz. 

Um die Arbeit des Vereins „Hilfe im Kampf gegen Krebs“ auch in Zukunft voranzutreiben, sind Spenden immer willkommen unter:

Hilfe im Kampf gegen Krebs e.V.
Castell Bank Würzburg
IBAN: DE 74 7903 0001 0000 0092 45
BIC: FUCEDE77XXX

Kastentext:

Minimale Resterkrankung bei Multiplem Myelom

Das Multiple Myelom ist eine seltene, unheilbare Krebserkrankung der Plasmazellen, die üblicherweise im Knochenmark entsteht. Nach einer Behandlung bleibt im Körper der Patientin oder des Patienten vielfach eine minimale Resterkrankung (Minimal Residual Disease – MRD) bestehen. Diese wenigen Krebszellen verursachen häufig zunächst keine Anzeichen oder Symptome, können jedoch letztlich zum Wiederauftreten der Krankheit führen. Selbst kleine Mengen von MRD nach der Behandlung können tiefgreifende Auswirkungen auf den Behandlungserfolg und die Ergebnisse für die Patientinnen und Patienten haben. Aufgrund ihrer oft sehr geringen Anzahl lassen sich die im Blutkreislauf zirkulierenden Tumorzellen nur mit hochempfindlichen Tests, wie der Multiparameter-Durchflusszytometrie, erkennen.