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Hermann Einsele hielt renommierte Emil-von-Behring-Vorlesung

Für seine hervorragenden wissenschaftlichen Arbeiten wurde Prof. Hermann Einsele auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) mit der Emil-von-Behring-Vorlesung 2023 ausgezeichnet.

v.l.n.r. Axel Seltsam, Hermann Einsele und Rainer Blasczyk
Prof. Hermann Einsele vom Uniklinikum Würzburg (Mitte) wurde beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) mit der Emil-von-Behring-Vorlesung ausgezeichnet. Es gratulierten DGTI-Vorstand Prof. Axel Seltsam vom Blutspendedienst Bayer. Rotes Kreuz (links) und Kongresspräsident Prof. Rainer Blasczyk vom Institut für Transfusionsmedizin und Transplant Engineering (rechts). © Conventus GmbH

Im Jahr 1901 erhielt der Immunologe und Serologe Emil von Behring für seine Entdeckung der körpereigenen Immunabwehr durch Antikörper und die daraus entwickelte Blutserumtherapie gegen Diphterie und Tetanus den ersten Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Dem Andenken Emil von Behrings stiftet die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) alle zwei Jahre die Emil-von-Behring-Vorlesung. Die mit 10.000 Euro dotierte Vorlesung ist eine der höchsten Auszeichnungen der DGTI. In diesem Jahr wurde Prof. Dr. Hermann Einsele die hohe Ehre zuteil, die Emil-von-Behring-Vorlesung auf der Eröffnungsveranstaltung des DGTI Jahreskongresses am 20. September in Berlin zu halten. 

Pionierarbeit auf dem Gebiet der Immuntherapien bei Krebserkrankungen

Prof. Dr. Herrmann Einsele ist Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am Uniklinikum Würzburg (UKW) und Sprecher des neu gegründeten Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT WERA. Gemeinsam mit seinem Team leistet der Hämatologe und Onkologe Pionierarbeit auf dem Gebiet der Immuntherapien bei Krebserkrankungen. Ein großer Schwerpunkt ist hier das Multiple Myelom, nach Leukämie die zweithäufigste Blutkrebserkrankung. So wird in Würzburg das größte Myelom-Programm in Europa mit vielem klinischen Studien und Begleitforschung zu den neuesten Therapieformen wie CAR T Zellen und verschiedenen T Zell aktivierenden (bispezifischen) Antikörpern angeboten.

Offenes Rennen zwischen CAR-T-Zellen und Stammzellen beim Multiplen Myelom 

In seiner Emil-von-Behring-Vorlesung zeigte er die Entwicklungen auf „Von der Stammzell-Transplantation zur CAR-T-Zelltherapie am Beispiel des Multiplen Myeloms“. Er demonstrierte Vor- und Nachteile der beiden Therapieformen und ging der Frage nach, ob die CAR-T-Zelltherapie eines Tages die Stammzelltransplantation, die immer noch die erste potentiell kurative Immuntherapie ist, ersetzen kann. Das Rennen zwischen CAR-T-Zellen und eigenen (autologen) oder fremden (allogenen) Blutstammzellen sei bei der Behandlung des Multiplen Myeloms noch offen, De facto können die CAR-T-Zelltherapie noch viel von der allogenen Stammzelltransplantation lernen. Wichtig sei eine enge Kooperation zwischen Hämatologie und Transfusionsmedizin.

Hintergrund - Emil-von-Behring Vorlesung

Dem Andenken Emil von Behrings vergibt die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie alle zwei Jahre die Emil-von-Behring-Vorlesung an hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des In- und Auslandes, die auf den an die Transfusionsmedizin angrenzenden Gebieten Immunologie, Biochemie, Pathophysiologie, Virologie, Molekularbiologie und Mikrobiologie tätig sind. Die Firma CSL Behring stellt für die Auszeichnung gemäß Statuten jeweils 10.000 Euro zur Verfügung. Jedes Mitglied der Gesellschaft konnte bis zum 30.04.2023 Vorschläge zur Verleihung der Emil-von-Behring Vorlesung in schriftlicher und begründeter Form bei der Geschäftsstelle einreichen. Die Vergabe der Emil-von-Behring-Vorlesung wird von einer Kommission vorgenommen, die sich aus dem 1. Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie als Vorsitzendem, einem für jede Vergabe vom Vorstand der DGTI neu zu bestellenden Mitglied der Gesellschaft und einem Wissenschaftler der Firma CSL Behring zusammensetzt.

Weitere Informationen zu Immuntherapien beim Multiplen Myelo

Jedes Jahr erhalten allein in Deutschland rund 7.000 Menschen die Diagnose Multiples Myelom. Dauerhaft geheilt werden kann diese Krebserkrankung, die von veränderten Plasmazellen im Knochenmark ausgeht, noch nicht. Denn auch nach vermeintlich erfolgreicher Therapie müssen die Betroffenen immer mit einem Rezidiv rechnen. Mit einem besseren Verständnis der Evolution dieser entarteten Knochenmarkzellen könnten aber die Diagnose und Behandlung optimiert werden.

Als große Hoffnungsträger gelten Immuntherapien mit Antikörpern oder Gen-manipulierten T-Zellen, den so genannten CAR-T-Zellen. Die Wahl der Immuntherapie und ihr Erfolg hängt im entscheidenden Maße davon ab, ob, wie viele und welche Antigene sich auf der Krebszelle befinden.

Eine der vielversprechendsten Behandlungsmethoden gegen den Knochenmarkkrebs sind CAR-modifizierte Immunzellen. Bei der zellulären Immuntherapie wird den weißen Blutkörperchen unseres Immunsystems, den T-Zellen, auf die Sprünge geholfen. Dazu werden die T-Zellen gentechnologisch verändert und im Labor mit einem künstlichen auf die entsprechende Krebsart zugeschnittenen Rezeptor ausgestattet, dem Chimären Antigen Rezeptor, kurz CAR. Anschließend werden die „scharf gestellten“ T-Zellen als lebendes Medikament dem Patienten zurückgegeben. Mithilfe des spezifischen Oberflächenmarkers können die CAR-T-Zellen die Tumorzellen im Körper aufspüren und zerstören.

Bei einer Antikörpertherapie werden den Betroffenen künstliche Proteine infundiert, die mit den körpereigenen Immunzellen reagieren, indem sie an ihr entsprechendes Antigen binden, und so letztlich zu einem besseren Anti-Tumor-Effekt führen. Bispezifische Antikörper können zeitgleich an zwei verschiedene Oberflächenmerkmale binden, mit dem einen Arm an das der Immunzelle, mit dem andern an das der Tumorzelle. Dadurch werden die Immunzellen sozusagen zur Tumorzelle geführt, die es zu vernichten gilt. 

v.l.n.r. Axel Seltsam, Hermann Einsele und Rainer Blasczyk
Prof. Hermann Einsele vom Uniklinikum Würzburg (Mitte) wurde beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) mit der Emil-von-Behring-Vorlesung ausgezeichnet. Es gratulierten DGTI-Vorstand Prof. Axel Seltsam vom Blutspendedienst Bayer. Rotes Kreuz (links) und Kongresspräsident Prof. Rainer Blasczyk vom Institut für Transfusionsmedizin und Transplant Engineering (rechts). © Conventus GmbH

Zum Wohle von Mutter und Kind

Prof. Dr. Ulrich Pecks besetzt ab Oktober die Professur „Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft“ und leitet die Geburtshilfe am Uniklinikum Würzburg. Mit der Akademisierung der Hebammenausbildung soll Klinik, Lehre und Wissenschaft noch besser verzahnt und harmonisiert werden.

Porträtfoto von Ulrich Pecks, Leiter des Lehrstuhls Hebammenwissenschaft und der Geburtshilfe
Prof. Dr. Ulrich Pecks leitet ab Oktober 2023 den Studiengang Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft sowie die Geburtshilfe am Uniklinikum Würzburg. © Thomas Eisenkrätzer, UKSH

Die Begeisterung für die Geburtshilfe wurde bei Ulrich Pecks während seiner Ausbildung zum Krankenpfleger geweckt. Dort faszinierte und prägte ihn die enge Zusammenarbeit von Hebammen, Pflegekräften und Ärztinnen und Ärzten, die ein gemeinsames Ziel haben: Frauen in ihrer Schwangerschaft und rund um die Geburt zu stärken und zu begleiten. Die Gesundheit der Frauen vor, während und nach der Geburt wurde daher zu seinem großen Thema im späteren Medizinstudium, der Promotion und der Habilitation. Seine Ziele, sich für eine Familiengesundheit einzusetzen, haben sich weiter gefestigt. Für die Umsetzung böte die Universitätsmedizin Würzburg einen fruchtbaren Boden und mit seiner interdisziplinären Struktur und exzellenten Kolleginnen und Kollegen allerbeste Voraussetzungen. Er folgte dem Ruf der Universität Würzburg: Ab Oktober besetzt er den Lehrstuhl „Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft“ und leitet die Geburtshilfe in der Frauenklinik des Universitätsklinikums Würzburg.

Lehre und Klinik auf wissenschaftlichem Boden harmonisieren 

„Vom ersten Kontakt an habe ich in Würzburg eine große Willkommenskultur erfahren und gespürt, dass die Mutter-Kind-Gesundheit nicht nur eine Formalie ist, sondern sowohl am Uniklinikum als auch in der Medizinischen Fakultät der Universität ein großes Bedürfnis besteht, hier etwas aufzubauen“, freut sich Prof. Dr. Ulrich Pecks, der zuvor die Geburtshilfliche Abteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) am Campus Kiel geleitet hat und im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) ist. Der große Reiz seines künftigen Wirkungsfeldes in Unterfranken bestehe in der Verbindung zwischen dem Ausbau des Studiengangs Hebammenwissenschaft und der klinischen Leitung der Geburtshilfe. „Ich muss mich weder auf das eine noch auf das andere beschränken, sondern darf mit meiner Expertise alle drei Aspekte - die klinische Arbeit, die Lehre und die Wissenschaft – bestmöglich verzahnen.“ 

Die Strukturen in der Praxis seien vor allem in der deutschen Geburtshilfe oft noch fernab von dem was in der Schule gelehrt wird, und umgekehrt. Gerade mit der Akademisierung der Hebammenausbildung könne man diese Kluft sehr gut überwinden. In Mira Pflanz habe er vor Ort eine exzellente Studiengangleitung und Hebamme, mit der er diesen Gedanken gemeinsam angehen könne. Es sei bereits großartige Aufbauarbeit geleistet worden und es gebe viele weitere Ideen und Pläne. Unter anderem ist in Kooperation mit der Lehrklinik der Universität und der Studiendekanin Prof. Dr. Sarah König die Erstellung eines virtuellen Kreißsaals geplant, in dem Prozesse trainiert werden können, die später in der realen Betreuung bei der Geburt umgesetzt werden. „Auf die Überführung solcher Ausbildungs- und Trainingskonzepte in Zusammenarbeit mit den Hebammen im Kreißsaal, unserer leitenden Hebamme Marlene Winkler und kooperierenden Praxiseinrichtungen sowie Freiberuflerinnen freue ich mich ganz besonders,“ betont Ulrich Pecks.

Evidenzbasiertes Handeln 

In Würzburg wird der duale Bachelorstudiengang Hebammenwissenschaft seit dem Wintersemester 2022 angeboten. 23 Studierende pro Jahr absolvieren in insgesamt sieben Semestern die vom Hebammenreformgesetzt (HebRefG) vorgegebenen 2.200 Stunden in der Praxis und ebenso viele Stunden in der Theorie. Neben den auf die Hebammentätigkeit fokussierten Modulen, die in jedem Semester des Studiums stattfinden, studieren die werdenden Hebammen naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagen wie Physiologie, Anatomie und Pharmakologie, werden in rechtlichen Grundlagen zum Gesundheitssystem und sozialwissenschaftlichen Aspekten wie Kommunikation und Ethik geschult und erwerben eine wissenschaftliche Kompetenz. Das heißt, sie lernen, sich kritisch und selbstständig mit der sich fortentwickelnden Studienlage auseinanderzusetzen und ihre Arbeit nach immer neustem Kenntnisstand Evidenz-basiert auszurichten. Zudem lernen sie, Kommunikation und Beziehungsgestaltung professionell und partnerschaftlich umzusetzen und ihr Handeln und ihre Rolle in der Versorgung und im interdisziplinären Feld kritisch zu reflektieren. Damit sei Ulrich Pecks zufolge ein wichtiger Schritt erreicht, den Hebammenberuf in Analogie zu vielen anderen wissenschaftlichen Berufen qualitativ weiter aufzuwerten. 

Interprofessionelles Team und intersektorales Denken

Die moderne Geburtshilfe erfordere einen interprofessionellen Ansatz und ein intersektorales Denken. So möchte Ulrich Pecks Strukturen einer bedarfsorientierten Betreuung von Schwangeren und Gebärenden in Würzburg weiter ausbauen: „Die meisten Schwangerschaften verlaufen unkompliziert, und die Geburt kann hervorragend von einer Hebamme begleitet werden. Einen ärztlichen Dienst braucht es dabei nicht, er kann jedoch unmittelbar hinzugezogen werden, falls es zu unvorhersehbaren Ereignissen im Geburtsprozess kommt. Hingegen verlaufen manche Schwangerschaften mit Risiken oder Komplikationen für Mutter oder Kind, bei denen dann ein größeres Team für eine angemessene Betreuung aufgestellt wird.“. Eine frühzeitige Erkennung von Risiken hilft, die Schwangere der für sie optimalen Versorgungsstruktur zuzuführen, immer nach dem Grundsatz, so wenig wie möglich, so viel wie nötig und entsprechend der Vorstellungen und individuellen Bedürfnisse der Frau. Die Kooperation mit niedergelassenen beziehungsweise freiberuflich arbeitenden Kolleginnen und Kollegen ist hierbei besonders wichtig und sorgt für Sicherheit vor, während und nach der Geburt. 

Geburtshilfliches Wissenschaftsnetz: Daten für eine gesunde Zukunft!

„Die Geburtshilfe in Deutschland wurde im internationalen Vergleich auch wissenschaftlich in den vergangenen 40 Jahren leider vernachlässigt,“ bemerkt Pecks. Zum Beispiel gebe es keine genauen Zahlen zur Müttersterblichkeit in Deutschland. Es scheitert an Strukturen zur Datenerfassung und flächendeckenden Möglichkeiten, den Gesundheitszustand der Mütter im Zeitraum nach der Geburt zu beobachten. Die Mütter fallen aus dem Zahlenraster. Auch diesem Thema fühlt sich Ulrich Pecks, der Mitglied im Expertengremium auf Bundesebene für das Qualitätssicherungsverfahren Perinatalmedizin des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen ist, verpflichtet.

Mit einem flächendeckenden, geburtshilflichen Register will Ulrich Pecks diese Lücken zukünftig schließen. Er hatte sich das Deutsche neonatologische Netzwerk (GNN), welches durch Prof. Christoph Härtel, Direktor der Würzburger Kinderklinik, mitaufgebaut wurde, zum Vorbild genommen. Während im GNN vorwiegend Daten zu versorgungsbedürftigen Neugeborenen erfasst werden, war es das Ziel von Ulrich Pecks, Daten der Mütter, ihrer Schwangerschaft und Geburt mit Daten des Kindes zu verknüpfen. „Wir standen schon in den Startlöchern“, sagt er. „Doch dann kam Corona.“ Aus dem geplanten Wissenschaftsnetz wurde kurzerhand CRONOS (das Akronym steht für Covid-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study in Germany). In dem von der DGPM und dem Land Schleswig-Holstein geförderten Register hat das Studienteam Daten von mehr als 8.000 Frauen erhoben, die sich während ihrer Schwangerschaft mit SARS-CoV-2 infiziert hatten und konnte damit eine Grundlage zur Behandlung und Beratung betroffener Patientinnen geben. Die besonders schweren Verläufe wurden von einer Task Force aus Würzburg ausgewertet. „Im CRONOS-Projekt habe ich bereits sehr eng und ausgesprochen gut mit der Würzburger Anästhesie, allen voran dem Direktor Patrick Meybohm und Peter Kranke, dem Bereichsleiter der geburtshilflichen Anästhesie, mit Achim Wöckel, dem Direktor der Frauenklinik, und Christoph Härtel sowie vielen engagierten jungen Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet“, kommentiert Ulrich Pecks. Sein Ziel ist es nun, das Netzwerk unabhängig von Covid-19 von Würzburg aus fortzuführen. 

Mit einer Sprache sprechen und das Gleiche wollen

Ob geburtshilfliches Register, Diskussionsveranstaltungen, App-basierte Angebote für die wissenschaftliche Begleitung schwangerer Frauen oder innovative Lehrkonzepte für Studierende – Ulrich Pecks steckt voller Ideen. Die Arbeit in der Geburtshilfe und im Studiengang der Hebammen möchte er an einem Leitgedanken ausrichten, der einer Wertevorstellung und entsprechenden Werteakzeptanz folgt: „Wenn wir die Patientinnen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Vorstellungen unterstützen, dabei unsere eigenen Erfahrungen und Ideologien reflektieren und zum Wohle der Frau und des Kindes auf dem Boden gesicherter Erkenntnisse behandeln, dann sprechen wir alle mit einer Sprache und wollen das Gleiche.“ 

Zur Person: 
Ulrich Pecks wurde 1975 in Bremerhaven geboren und wuchs im rheinländischen Heinsberg auf. Nach dem Zivildienst absolvierte er eine Ausbildung zum Krankenpfleger und studierte direkt im Anschluss Humanmedizin - bis zum Physikum an der Universität zu Halle an der Saale, anschließend an der RWTH Aachen. Nach Famulaturen in der Unfallchirurgie im südafrikanischen Johannesburg und in der Kardiologie in Manchester (UK) festigte sich sein Wunsch, in die Frauenheilkunde zu gehen. Er promovierte in Aachen bei Professor Werner Rath zu Zellzyklusstörungen in der Plazenta bei Präeklampsie und HELLP-Syndrom, machte seinen Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Jahr 2011 und setzte die Forschung später für ein Jahr in Bern (Schweiz) auf dem Gebiet der Langzeitgesundheit bei Mutter und Kind fort. Im Jahr 2013 kehrte Ulrich Pecks nach Aachen zurück, wurde Oberarzt und habilitierte 2014 zum Lipidstoffwechsel bei physiologischer und pathologischer Schwangerschaft. Ein Jahr später, 2015, ging er mit Professor Nicolai Maass ans Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. In Kiel befasste er sich zunächst mit dem Aufbau des Beckenbodenzentrums und übernahm im Jahr 2020 die Leitung der Geburtshilfe. Im Jahr 2023 folgte Ulrich Pecks dem Ruf der Universitätsmedizin Würzburg, wo er ab Oktober den Studiengang Hebammenwissenschaft mitverantwortet und von ärztlicher Seite weiterentwickelt. Darüber hinaus leitet er die Geburtshilfe in der Frauenklinik. 

Porträtfoto von Ulrich Pecks, Leiter des Lehrstuhls Hebammenwissenschaft und der Geburtshilfe
Prof. Dr. Ulrich Pecks leitet ab Oktober 2023 den Studiengang Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft sowie die Geburtshilfe am Uniklinikum Würzburg. © Thomas Eisenkrätzer, UKSH

klinikum & wir erschienen: Geschlechtergerechte Mentoring-Programme als Top-Thema

Die Würzburger Universitätsmedizin setzt seit 15 Jahren Mentoring-Programme dazu ein, um insbesondere Medizinerinnen und in der Medizin tätige Vertreterinnen anderer Disziplinen als Forscherinnen zu gewinnen und zu halten.

Die Details dazu liefert das soeben erschienene Magazin klinikum & wir in seinem Top-Thema.

Würzburg. Die Würzburger Universitätsmedizin fördert aktuell mit zwei geschlechtergerechten Mentoring-Angeboten den wissenschaftlichen Nachwuchs. Der Ursprung der Mentoring med-Programme geht zurück auf das Jahr 2008. Das 15-jährige Jubiläum ist für klinikum & wir Anlass, im Top-Thema die Inhalte und die Hintergründe dieser Angebote zu erläutern. Die Herbstausgabe des 40-seitigen Magazins der Würzburger Universitätsmedizin berichtet darüber hinaus über den Abschied von Prof. Dr. Jens Maschmann als Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Würzburg (UKW) und stellt neue Professorinnen vor. Ferner gibt die Publikation einen Überblick über kürzlich publizierte Forschungsergebnisse und blickt auf erfolgreiche Veranstaltungen, wie das 10-jährige Jubiläum der Interdisziplinären Biomaterial- und Datenbank Würzburg oder das Sommerfest des UKW zurück. Weitere Beiträge – zum Beispiel zu Politikerbesuchen am Klinikum, zu preiswürdigen Leistungen, neuen Angeboten in der Patientenversorgung oder Wissenswertem aus der Klinikumsverwaltung – runden das breite inhaltliche Spektrum ab.

Neben den gedruckten Exemplaren, die an vielen öffentlich zugänglichen Stellen im Klinikum zum Mitnehmen ausliegen, gibt es klinikum & wir neben dem Gesundheitsmagazin UNI.KLINIK auch als Webmagazin unter www.ukw.de/medien-kontakt/presse/magazine

 

Ministerpräsident Söder ehrt Dr. Gerhard Schwarzmann

Das UKW gratuliert herzlich zur Verleihung des Christophorus-Medaille!

Ministerpräsident Söder und Dr. Schwarzmann mit Urkunde und Christophorus-Medaille
Ministerpräsident Söder zeichnet Dr. Gerhard Schwarzmann aus (Bildquelle Bayerische Staatskanzlei)

 

In der vergangenen Woche hat Ministerpräsident Dr. Markus Söder im Rahmen einer Feierstunde im Antiquarium der Münchner Residenz die Bayerische Rettungsmedaille an 19 Personen sowie die Christophorus-Medaille an 48 Personen verliehen.

Eine Christophorus-Medaille erhielt dabei Dr. Gerhard Schwarzmann für seinen selbstlosen Einsatz als Ersthelfer bei der Amok-Tat am 25. Juni 2021 in der Würzburger Innenstadt.

Mit der Bayerischen Rettungsmedaille wird ausgezeichnet, wer bei der Rettung eines Menschen aus Lebensgefahr sein eigenes Leben eingesetzt hat. Seit 1952 haben 4.413 Personen diese Auszeichnung erhalten. Wer jemanden unter besonders schwierigen Umständen aus Lebensgefahr rettet, erhält vom Freistaat Bayern eine öffentliche Belobigung und die Christophorus-Medaille. Mit ihr wurden seit 1983 bislang 1.896 Personen geehrt.

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Dr. Gerhard Schwarzmann ist Leiter der Stabsstelle Medizinisches Struktur-, Prozess- und Qualitätsmanagement (SPQ) an der Uniklinik Würzburg und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte und Notärztinnen 

Ministerpräsident Dr. Markus Söder bei der Verleihung der Bayerischen Rettungsmedaille und Christophorus-Medaille 2023: „Sie alle waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort und haben ohne Zögern geholfen und Leben gerettet. Dabei haben sie nicht an die Gefahr für sich sondern nur an ihre Mitmenschen gedacht. Mit ihrem Einsatz sind sie große Vorbilder und Mutmacher für unsere Gesellschaft. Im Namen des gesamten Freistaats dafür ein herzliches Dankeschön und Vergelt‘s Gott!“

 

Pressemeldung AGBN/Björn Hossfeld und Bayerische Staatskanzlei

Ministerpräsident Söder und Dr. Schwarzmann mit Urkunde und Christophorus-Medaille
Ministerpräsident Söder zeichnet Dr. Gerhard Schwarzmann aus (Bildquelle Bayerische Staatskanzlei)

Personalia vom 26. September 2023 - Wir gratulieren!

Hier lesen Sie Neuigkeiten aus dem Bereich Personal: Neueinstellungen, Dienstjubiläen, Forschungsfreisemester und mehr.

Dr. Dr. Andreas Fuchs, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit ärztlichen Aufgaben, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, wurde mit Wirkung vom 11.09.2023 die Lehrbefugnis für das Fachgebiet „Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, insbesondere Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie“ erteilt.

Dr. Moriz Herzberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit ärztlichen Aufgaben, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, wurde mit Wirkung vom 07.09.2023 die Lehrbefugnis für das Fachgebiet „Radiologie“ erteilt.

Dr. Andreas Kunz, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit ärztlichen Aufgaben, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, wurde mit Wirkung vom 07.09.2023 die Lehrbefugnis für das Fachgebiet „Radiologie“ erteilt.
 

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 26.09.2023

Eine virtuelle Patientin

Gaming, Lehre oder Medienkonsum: Virtual Reality (VR) ist in vielen Bereichen unseres Lebens auf dem Vormarsch. An der Uni Würzburg kommt die Technik nun in einem weiteren Feld zum Einsatz: Prüfungen im Medizinstudium.

Links: Virtuelle Patientin im VR-Szenario. Rechts: Schauspielperson im klassischen Prüfungsaufbau.
Links: Virtuelle Patientin im VR-Szenario. Rechts: Schauspielperson im klassischen Prüfungsaufbau.

Eine Patientin kommt mit Bauchschmerzen in die Notaufnahme. Nach Verabreichung eines Schmerzmittels verbessert sich ihr Zustand nicht – im Gegenteil: Es kommen neue Symptome dazu. Ausschlag, Atembeschwerden, Kreislaufprobleme. Mit Diagnose und passender Behandlung dieses Falles waren insgesamt 136 Studierende bei der OSCE an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) im vergangenen Sommersemester konfrontiert.

OSCE steht für Objective Structured Clinical Examination, eine standardisierte klinisch-praktische Prüfung im Parcoursformat, bei der Medizinstudierende des zehnten Semesters insgesamt neun unterschiedliche Stationen absolvieren. Ziel ist eine möglichst realitätsnahe Überprüfung der Kompetenzen, die den Prüflingen als Herausforderungen im späteren klinischen Berufsalltag begegnen.

Aus den verschiedenen Prüfungsszenarien sticht eines besonders hervor. Die eingangs erwähnte junge Patientin gibt es nämlich in zwei unterschiedlichen Varianten: Während eine Hälfte der Prüflinge auf eine Schauspielpatientin trifft, stellt sich die andere der Aufgabe in der virtuellen Realität.

Das Potenzial der virtuellen Prüfung

Die Studierenden im virtuellen Szenario bekommen eine VR-Brille auf, zwei Controller in die Hand und schon betreten sie ein computergeneriertes Krankenzimmer. Hier können sie etwa mit dem Stethoskop Atemgeräusche abhören, Blut abnehmen, Laboruntersuchungen und weitere Diagnostik anfordern, Infusionen legen, Medikamente aus dem Schrank holen und verabreichen. Die Prüfungsszenarien sind Teil des VR-basierten Notfalltrainings STEP-VR, das zusammen mit einem Startup für 3D-Visualisierung (ThreeDee GmbH) entwickelt wurde. Um das Programm für Prüfungen fit zu machen, gab es zudem Fördermittel von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre.

Für Dr. Tobias Mühling, Leiter der Arbeitsgruppe  „Virtual Reality-Simulation im Medizinstudium“ sowie Lehrkliniksleitung und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für Studiengangsmanagement und -entwicklung, liegen die Vorteile des Formats auf der Hand: „Uns eröffnet sich so eine völlig neue Palette an komplexen Szenarien, die man mit Schauspielpersonen und Puppen nicht simulieren kann. Einen Schauspieler kann ich nicht beatmen, kann ihm keine Medikamente geben. Auch bestimmte Symptome kann ein eigentlich gesunder Mensch ja nicht einfach vortäuschen.“

Einen weiteren wichtigen Punkt machen gerade im Prüfungskontext die Standardisierung und Vergleichbarkeit von Aufgaben und deren Umsetzung aus. Während schauspielerische Darbietungen jedes Mal variieren, ist die virtuelle Patientin für jeden Prüfungsteilnehmer absolut identisch.

Nicht zu vernachlässigen sind außerdem die Vorteile, die das Format für die Prüfenden zukünftig mit sich bringen könnte. Bei der herkömmlichen OSCE müssen Prüfende an jeder Station ausführliche Checklisten abarbeiten, um die Leistung der Studierenden zu bewerten: „Wir arbeiten an einer automatischen Auswertung, bei der das Programm die einzelnen Punkte selbst erkennt und abhakt. Die Prüfenden müssten die korrekte Erfassung nur abschließend kontrollieren und können sich ansonsten voll auf die Beobachtung und faire Leistungsbeurteilung der Studierenden konzentrieren“, so Mühling weiter.

Nur wenige Nachteile

Auch wenn das VR-Format zukünftig durchaus auf weitere Stationen anwendbar sei, stoße es an manchen Stellen an seine Grenzen: „Bei Aufgaben, die sich auf Anamnese und Kommunikation konzentrieren, ist das Format aufgrund der bisher fehlenden Möglichkeit zur Kommunikation mit Patient oder Patientin sicher weniger geeignet. Unser Fokus liegt deshalb bewusst auf Themen wie klinischer Entscheidungsfindung bei Diagnostik und Stabilisierungsmaßnahmen“, erklärt Tobias Mühling.

In seltenen Fällen komme es auch vor, dass Studierende die VR nicht gut vertragen oder dies zumindest befürchten. Die sogenannte Simulation Sickness (Simulationsschwindel) sei aber eher bei älteren Programmen ein Thema gewesen und in der Pilotstudie bei dem hier entwickelten Programm nicht aufgetreten. Bei den wenigen, die dennoch Bedenken haben, hilft Verena Schreiner als Stellvertreterin aus. Sie agiert als studentische Assistenzperson und lässt sich von den Prüflingen anleiten, die das Szenario auf 2D am Bildschirm sehen.

Schreiner arbeitet als Mitarbeiterin im Projekt wissenschaftliche Ergebnisse auf, die wichtige Erkenntnisse zur erfolgreichen Implementierung von VR-Stationen in Prüfungen liefern: „Über das letzte Jahr habe ich mich mit der Planung der Stationen, der Erstellung der Checklisten und der Auswahl der Fälle befasst“, erzählt sie. Außerdem unterstützt sie die Auswertung der Prüfungsdaten.

Würzburger Pionierarbeit

Zu diesem Thema gibt es in der Medizin aktuell noch kaum Veröffentlichungen: „Ein so systematischer Einsatz von VR in Prüfungssituationen der Medizin ist bisher nicht berichtet – gerade in Deutschland sind wir da sicherlich ganz vorne mit dabei“, berichtet Professorin Sarah König als Leiterin des Instituts für Medizinische Lehre und Ausbildungsforschung und Studiendekanin der Medizinischen Fakultät.

Auch bei den Studierenden findet das moderne Format Anklang. In der anschließenden systematischen Prüfungsevalution bewerteten sie das Szenario als realistisch und lobten inhaltliche Relevanz, Benutzung und Funktionalität.

„Die Behandlung von virtuellen Patientinnen und Patienten ist ein verpflichtender Teil des Lehrplans im sogenannten Blockpraktikum. Zusätzlich bieten wir freiwillige Trainings an, wo die Studierenden unter Anleitung verschieden Fälle bearbeiten können“, erklärt Verena Schreiner.

Die Übungsmöglichkeiten trugen dazu bei, dass sich die Studierenden mit ihren erbrachten Leistungen im virtuellen Krankenzimmer durchaus zufrieden zeigten. Für die Forschungsgruppe bleibt es derweil spannend: In der Auswertung der gewonnenen Daten muss sich jetzt zeigen, ob mit der virtuellen Station faire und reproduzierbare Prüfungsergebnisse erzielt werden können. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist zum Jahresende zu erwarten.

Kontakt

Dr. Tobias Mühling, Institut für Medizinische Lehre und Ausbildungsforschung, E-Mail: Muehling_T@ukw.de 

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 26.09.2023

Links: Virtuelle Patientin im VR-Szenario. Rechts: Schauspielperson im klassischen Prüfungsaufbau.
Links: Virtuelle Patientin im VR-Szenario. Rechts: Schauspielperson im klassischen Prüfungsaufbau.

Ein Maß für die Knochenregeneration beim Multiplen Myelom

Studie vom Uniklinikum Würzburg liefert erstmals ein Maß, um die Knochenregeneration beim Multiplen Myelom zu beurteilen. Die Vermessung der Läsionsgröße ist ein verlässlicher Parameter für die Definition des Endpunktes in geplanter Folgestudie zur Bewegungstherapie.

Computertomografische Aufnahmen einer Läsion vor und nach Therapie.
Darstellung des Therapieansprechens bei einer 62-jährigen Patientin mit multiplem Myelom (IgG kappa, R-ISS I). Die Baseline-CT zeigt einen Knochendefekt im ersten Lendenwirbel (A/D) mit trabekulärer Remineralisierung nach sechs Zyklen E-KRd (B/E). Eine farbkodierte Subtraktionskarte zeigt das Ausmaß der Remineralisierung in verschiedenen Teilen der Läsion (C/F). Obere Reihe: Standardansicht. Untere Reihe: Vergrößerung. ©Jan-Peter Grunz / MDPI (doi.org/10.3390/cancers15154008)

Das Multiple Myelom zählt zu den häufigsten Tumoren im Knochen und Knochenmark. Dauerhaft geheilt werden kann die Krebserkrankung noch nicht. Und selbst wenn die Tumorzellen mit modernen Therapien abgeräumt wurden, bleiben in der Regel Löcher im Knochen, die zu Schmerzen, Frakturen und im schlimmsten Fall zu einer Querschnittslähmung führen können. Am Uniklinikum Würzburg (UKW) wurde nun erstmals wissenschaftlich analysiert, ob und in welchem Maß sich die Knochen während einer standardisierten Induktionstherapie, also in der ersten intensiven Behandlungsphase, regenerieren

Nach Induktionstherapie: Läsionen verkleinern sich um 22 Prozent, Trabekel remineralisiert

Nach sechs Zyklen mit dem Anti-SLAM7-Antikörper Elotuzumab in Kombination mit dem Proteasom-Inhibitor Carfilzomib, dem Immunmodulator Lenalidomid und Kortison Dexmethason (kurz E-KRd) hat sich die Größe der Löcher im Schnitt um 22 Prozent verringert. Ferner war auf den Röntgenbildern eine deutliche Remineralisierung des Trabekels, also des Knocheninneren, zu erkennen. 

„Das ist die gute Botschaft: Eine Knochenregeneration findet statt. Es ist möglich, das Innere des Knochens wiederaufzubauen“, freut sich Prof. Dr. Franziska Jundt. Die Oberärztin der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am UKW hat selbst nicht mit so einem positiven Ergebnis gerechnet, dass man mit modernen Therapien 22 Prozent Regeneration erreichen kann. Aber die Lücke zu 100 Prozent sei noch zu groß. „Deshalb benötigen wir unbedingt neue Therapieideen, um den Knochenaufbau anzustoßen.“ 

Impact-Training: Springen und stampfen für stärkere Knochen

Einen Ansatzpunkt verfolgt Franziska Jundt derzeit mit einem Impact-Training. Durch gezieltes und regelmäßiges Springen und Stampfen soll das muskuloskelettale System stimuliert werden, sodass sich die Knochendichte erhöhen, die Mobilität verbessern und Frakturen vorgebeugt werden könnte. „Wir streben mindestens das doppelte an Knochenmineralisation an“, so die Hämatoonkologin. In einer Machbarkeitsstudie (MIMM) hat Franziska Jundt gerade geprüft, ob die Bewegungstherapie, die in Zusammenarbeit mit Freerk Baumann, Professor für onkologische Bewegungswissenschaften an der Uniklinik Köln, entwickelt wurde, den Myelom-Patientinnen und Patienten zugemutet werden kann. „Die Daten werden gerade noch ausgewertet, aber wir haben tolle Effekte hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität bei unseren Probandinnen und Probanden beobachtet, und das Training unter medizinischer Anleitung kann unter Umständen sogar während einer Chemotherapie laufen“, berichtet Franziska Jundt.

Die Wirksamkeit des Impact-Trainings soll nun in einer größer angelegten Studie in Würzburg, aber auch in Essen und Köln getestet werden. Für die Zielgröße galt es einen primären Endpunkt zu formulieren. Mit welchem Parameter kann die Knochenregeneration quantitativ und qualitativ beurteilt werden? 

Vermessung der Läsionsgröße ist verlässlicher Parameter 

Am Uniklinikum Würzburg haben die Radiologen Dr. Jan Peter Grunz und Privatdozent Dr. Andreas Kunz unabhängig voneinander Röntgenbilder beurteilt, die von insgesamt 20 Patientinnen und Patienten mit einem neu diagnostizierten Multiplen Myelom vor und nach der standardisierten E-KRd-Therapie mittels Computertomografie erstellt wurden. „Die erste Herausforderung war das Finden und Messen der Läsionen zu beiden Zeitpunkten“, kommentiert Jan-Peter Grunz, der die Ergebnisse als Erstautor im Fachjournal Cancers publiziert hat. Insgesamt sind den Radiologen 108 Läsionen aufgefallen, wovon 94 von beiden entdeckt wurden, 14 nur von jeweils einem.

„Unterm Strich haben wir in der Studie gezeigt, dass wir die Läsionen mit einer Standardabweichung von 1,2 Millimetern verlässlich erfassen und messen können“, resümiert Jan-Peter Grunz. Gemeinsam mit dem Bioinformatiker Dr. Dirk Hasenclever aus Leipzig haben die Radiologen aber nicht nur ein quantifizierbares Maß geliefert, welches man auf andere Studien übertragen kann, sondern auch den Remineralisierungsprozess qualitativ dargestellt. „Mit einer speziellen Farbkodierung konnten wir die Regeneration im inneren und äußeren Bereich der Knochen sichtbar machen“, erläutert Jan-Peter Grunz. 

Knochenzellen aus der Lethargie holen

Welche Faktoren zusammenkommen müssen, um den knochenzersetzende Prozess umzukehren und einen vollständigen stabilen Knochenaufbau zu erreichen, sei noch unklar. „Die Tumorzellen haben die Knochenzellen so verändert, dass sie in einem lethargischen Zustand sind und keinen Knochenaufbau betreiben können. Diesen Zustand gilt es zu überwinden“, erörtert Franziska Jundt. Vielleicht löst die mechanische Stimulation durch das Sprung- und Stampftraining diese Bremse, vielleicht können neue Immuntherapien weitere Anstöße liefern, vielleicht muss zusätzlich ein Signalweg in den Knochenzellen beeinflusst werden. 

Notch-Signalweg verantwortet Expression der extrazellulären Matrix 

Ihre neuesten Erkenntnisse zum Notch-Signalweg hat Franziska Jundt gerade im Blood Cancer Journal publiziert. Der Notch-Signalweg sorgt nicht nur dafür, dass die Myelomzellen besser wachsen und weniger über den programmierten Zelltod zu Grunde gehen können, er ist auch dafür zuständig, dass die Tumorzellen die sie umgebende Matrix produzieren. „Das bedeutet, dass sich die Tumorzellen ihr Bett selber formen“, erklärt Franziska Jundt. „Und diese vom Tumor gebildeten Matrix-Faktoren sind relevant für das Überleben der Myelom-Patientinnen und Patienten. Die Expression bestimmter Matrix-Faktoren steht unmittelbar mit einem besseren oder schlechteren Überleben in Verbindung.“ Die Schwierigkeit besteht nun darin, den Notch-Signalweg in den Tumorzellen spezifisch zu blockieren, ohne zu viele negative Nebeneffekte auf gesunde Zellen. 

Über das Multiple Myelom und Immuntherapien: 
Das Multiple Myelom ist nach der Leukämie die zweithäufigste Blutkrebserkrankung, bei der es zu verschiedenen bösartigen Tumorherden im Knochenmark kommt. Der Begriff leitet sich vom Lateinischen „multiple“ für vielfach und dem Griechischen „myelos“ für Mark ab. Jedes Jahr erhalten allein in Deutschland rund 7.000 Menschen die Diagnose. Das Erkrankungsrisiko steigt in höherem Alter deutlich an. Bei den Betroffenen vermehren sich entartete Plasmazellen unkontrolliert und verdrängen die gesunden weißen Blutkörperchen, die für die Produktion von Antikörpern zuständig sind. Aufgrund des veränderten Immunität kommt es vermehrt zu Infektionen, die Knochenstruktur wird zerstört, Nerven und Organe werden geschädigt, die Betroffenen leiden unter Müdigkeit und Appetitlosigkeit. Dauerhaft geheilt werden kann diese Krebserkrankung noch nicht. Denn auch nach vermeintlich erfolgreicher Therapie müssen die Betroffenen immer mit einem Rezidiv rechnen. Mit einem besseren Verständnis der Evolution dieser entarteten Knochenmarkzellen könnten aber die Diagnose und Behandlung optimiert werden.
Als große Hoffnungsträger gelten Immuntherapien mit Antikörpern oder Gen-manipulierten T-Zellen, den so genannten CAR-T-Zellen. Das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) spielt bei der Erforschung, Anwendung und Ausweitung dieses neuen Arzneimittelprinzips eine international bedeutende Rolle. So wird in Würzburg das größte Myelom-Programm in Europa mit vielem klinischen Studien und Begleitforschung zu den neuesten Therapieformen wie CAR-T-Zellen und verschiedenen T-Zell-aktivierenden (bispezifischen) Antikörpern angeboten. 

Computertomografische Aufnahmen einer Läsion vor und nach Therapie.
Darstellung des Therapieansprechens bei einer 62-jährigen Patientin mit multiplem Myelom (IgG kappa, R-ISS I). Die Baseline-CT zeigt einen Knochendefekt im ersten Lendenwirbel (A/D) mit trabekulärer Remineralisierung nach sechs Zyklen E-KRd (B/E). Eine farbkodierte Subtraktionskarte zeigt das Ausmaß der Remineralisierung in verschiedenen Teilen der Läsion (C/F). Obere Reihe: Standardansicht. Untere Reihe: Vergrößerung. ©Jan-Peter Grunz / MDPI (doi.org/10.3390/cancers15154008)