Aktuelle Pressemitteilungen

Organtransplantationen als Schwerpunktthema des Würzburger Gesundheitsmagazins UNI.KLINIK

Vor 40 Jahren wurde am Universitätsklinikum Würzburg die erste Niere transplantiert. Das Jubiläum ist der Anlass für das Würzburger Gesundheitsmagazin UNI.KLINIK, im Titelthema seiner Ausgabe 2/2024 über die Geschichte, die aktuellen Herausforderungen und Möglichkeiten sowie die Zukunftsperspektiven der Transplantationsmedizin zu berichten

Titelseite des Magazins

Würzburg. UNI.KLINIK ist ein vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) zwei Mal jährlich herausgegebenes, kostenloses Gesundheitsmagazin. Die kürzlich erschienene Ausgabe 2/2024 hat die Organtransplantation als inhaltlichen Schwerpunkt. Grund für diese Themenwahl ist ein rundes Jubiläum: Im Jahr 1984 – also vor vier Jahrzehnten – wurde am UKW die erste Niere transplantiert. Fast 1400 weitere folgten seitdem, außerdem Leber-, Herz- und Bauchspeicheldrüsen-Transplantationen. Die Publikation schildert die wesentlichen Vorschritte der Transplantationsmedizin, benennt die Probleme durch den derzeitigen Organmangel und richtet den Blick auf zukünftige Optionen.

Darüber hinaus greift das 24-seitige Magazin weitere topaktuelle Themen aus der Welt der Medizin auf, wie zum Beispiel den Hype um die „Abnehmspritze“ oder die Gefahren, die von tropischen Infektionskrankheiten ausgehen, die durch den Klimawandel auch in unsere Breiten vordringen. Außerdem würdigt es Prof. Dr. Jürgen Deckert, den in den Ruhestand getretenen, langjährigen Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des UKW, und porträtiert seinen Nachfolger Prof. Dr. Sebastian Walther. Weitere interessante Beiträge und Meldungen runden das Informationsangebot ab.

Das Magazin UNI.KLINIK ist online als PDF verfügbar und kann als Webreader-Version durchgeblättert werden in der Rubrik Magazine: HIER 

Text: Pressestelle / UKW

 

Titelseite des Magazins

Feuerwehr-Nikoläuse seilen sich an der UKW-Kinderklinik ab

Die Kinderklinik der Universitätsklinik Würzburg (UKW) war am heutigen Nikolaustag wieder einmal Schauplatz einer außergewöhnlichen Aktion: Eine ganze Reihe von Nikoläusen seilten sich am Klinikgebäude ab und brachten Weihnachtsfreude in Form von gesponserten Geschenken direkt zu den jungen Patientinnen und Patienten.

Der Nikolausbesuch sorgte für einige unbeschwerte Momente bei den Kindern, Eltern und Stationsteams. Fotos: UKW / Sammet, Schneider
Der Nikolausbesuch sorgte für einige unbeschwerte Momente bei den Kindern, Eltern und Stationsteams. Fotos: UKW / Sammet / Schneider
Auch die ganz kleinen Patienten und Patientinnen freuen sich über die Überraschung.
Auch die ganz kleinen Patienten und Patientinnen freuen sich über die Überraschung.
Auf der chirurgischen Station O15 warteten die Kinder sehr gespannt an den Fenstern auf den außergewöhnlichen Besuch.
Auf der chirurgischen Station O15 warteten die Kinder sehr gespannt an den Fenstern auf den außergewöhnlichen Besuch.

Würzburg. Neun Höhenretter der Berufsfeuerwehr Würzburg waren in diesem Jahr schon das dritte Jahr in Folge im Sondereinsatz, um eine besondere Weihnachtsfreude zu bereiten. Als Nikoläuse verkleidet und mit Geschenktüten im Gepäck machten sie sich, wie auch 57 weitere Einsatzteams in ganz Deutschland, auf den Weg zu den Kinderkliniken. Die Überraschung und Freude auf den Stationen des UKW war groß. 

„Diese Aktion ist unser Geschenk an die Kinder, aber auch an deren Familien und schließlich auch die Teams auf Station – ein Moment der Freude in einer herausfordernden Zeit“, so Mark Berninger, Brandinspektor und Pressesprecher der Feuerwehr Würzburg. „Die strahlenden Gesichter der Kinder geben uns die Energie, jedes Jahr aufs Neue mit Leidenschaft dabei zu sein“. Zudem sei der besondere Einsatz auch immer eine zusätzliche Übung für den Ernstfall.

Die Nikoläuse machten Halt an den Fenstern und Balkonen der Stationen in den Gebäuden D30, D31, C5 und C6. Bereits zum zweiten Mal erreichte das Team auch die Stationen des Zentrums für Operative Medizin (ZOM). Dabei nutzten die Nikolaus-Profis eine ganze Reihe an spektakulärem Einsatzequipment, wie Kletterausrüstung und die Drehleiter des Feuerwehrfahrzeugs.

Gesponserte Geschenke bringen Freude

Dank großzügiger Unterstützung konnten die mutigen Feuerwehrleute den kleinen Patientinnen und Patienten liebevoll gepackte Geschenke überreichen: Naschtüten vom Rewe Center HöchbergSelgros Würzburg sowie Feuerwehrdrachen „Grisu“ von Metzler Feuerschutz, Mahr Feuerwehrbedarf und 112Store Rottendorf. Außerdem beteiligten sich HZ Reisen Sommerach und das Therapiehaus Ludwigstraße, sowie eine Privatperson.

Mut, Lächeln und Unbeschwertheit als Tradition am Nikolaustag

Prof. Dr. Christoph Härtel, Direktor der Kinderklinik und Poliklinik am UKW, würdigte die Aktion in berührenden Worten: „Diese Nikoläuse bringen weit mehr als nur Geschenke – sie schenken den Kindern Mut, ein Lächeln und ein Stück Unbeschwertheit zurück. Ihr Einsatz ist ein wunderbares Beispiel dafür, was Mitgefühl und Engagement bewirken können. Wir sind beeindruckt von dieser großartigen Geste.“

Die Aktion, die mittlerweile zur Tradition geworden ist, zauberte erneut eine magische Atmosphäre in den Klinikalltag. Für die Kinder und ihre Familien war der Besuch der schwindelfreien Nikoläuse ein Höhepunkt der Weihnachtszeit, der lange in Erinnerung bleiben wird.

Text: Kim Sammet/ UKW

Der Nikolausbesuch sorgte für einige unbeschwerte Momente bei den Kindern, Eltern und Stationsteams. Fotos: UKW / Sammet, Schneider
Der Nikolausbesuch sorgte für einige unbeschwerte Momente bei den Kindern, Eltern und Stationsteams. Fotos: UKW / Sammet / Schneider
Auch die ganz kleinen Patienten und Patientinnen freuen sich über die Überraschung.
Auch die ganz kleinen Patienten und Patientinnen freuen sich über die Überraschung.
Auf der chirurgischen Station O15 warteten die Kinder sehr gespannt an den Fenstern auf den außergewöhnlichen Besuch.
Auf der chirurgischen Station O15 warteten die Kinder sehr gespannt an den Fenstern auf den außergewöhnlichen Besuch.

Roboter mit Waschanlage für Killerzellen gegen Krebs

Am UKW wird ein Prototyp für automatisierte und digitalisierte CAR-T-Zellherstellung aufgebaut

Alle beim Aufbau beteiligten tragen einen weißen Kittel und posieren vor der Anlage.
Gruppenbild vorne v.l.n.r.: Carmen Sanges, Annika Dressler, Michael Hudecek, Marta Lopez und Miquel Costa Ferrando, zweite Reihe Núria Marí und Katrin Mestermann, hinten Frederik Erkens. © Kirstin Linkamp / UKW
Das Würzburger Team posiert in weißen Kitteln vor der Anlage
Team Würzburg v.l.n.r.: Annika Dressler, Katrin Mestermann, Carmen Sanges und Michael Hudecek. © Kirstin Linkamp / UKW
Katrin Mestermann steht im weißen Kittel vor dem Bioreaktor
Dr. Katrin Mestermann kontrolliert die Schläuche im Bioreaktor. © Kirstin Linkamp / UKW
Frederik Erkens steht im weißen Kittel neben der Anlage und schaut auf den Roboterarm, sein Profil spiegelt sich im schmalen Kühschrank.
Ingenieur Frederik Erkens vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT prüft die Funktionsfähigkeit des Roboterarms. © Kirstin Linkamp / UKW

Im EU-Projekt AIDPATH (AI powered, Decentralized Production for Advanced Therapies in the Hospital) entwickeln Partner aus Industrie und Forschung aus ganz Europa eine Plattform zur Herstellung sogenannter CAR-T-Zellen für die Krebstherapie. Der Prototyp, der derzeit am Uniklinikum Würzburg (UKW) aufgebaut wird, integriert mittels künstlicher Intelligenz (KI) Daten und Biomarker in den Herstellungsprozess und in die Therapie. Die CAR-T-Zellen sollen patientennah direkt in der Klinik hergestellt werden.

Würzburg. Am Lehrstuhl für Zelluläre Immuntherapie der Medizinischen Klinik II des Uniklinikums Würzburg (UKW) entsteht derzeit im Rahmen des EU-Projekts AIDPATH eine Plattform, die es in dieser Art kein zweites Mal auf der Welt gibt: eine automatisierte und intelligente Anlage für die Herstellung von CAR-T-Zellen.

CARs sind chimäre Antigenrezeptoren, die bestimmten Immunzellen, unter anderem T-Zellen, dabei helfen, Krebszellen zu erkennen, zu binden und zu zerstören. Für die Herstellung der CAR-T-Zellen müssen zunächst die weißen Blutkörperchen aus dem Blut der Patientin oder des Patienten herausgefiltert werden. Dieser Vorgang wird Leukapherese genannt. Anschließend werden die T-Zellen von den anderen weißen Blutkörperchen getrennt und zur Teilung angeregt. Damit die T-Zellen zu CAR-T-Zellen werden, wird ein künstlich hergestelltes Gen in das Erbgut eingeschleust. Die CAR-T-Zellen werden anschließend vermehrt und danach der Patientin oder dem Patienten über eine Infusion zurückgegeben.

Dieser gesamte Herstellungsprozess soll in wenigen Jahren auf 7,3 Quadratmetern direkt am Behandlungsort möglich sein, damit Krebskranke künftig viel schneller eine speziell auf ihre Bedürfnisse und individuellen Zelleigenschaften zugeschnittene Therapie erhalten. Daran arbeiten Partner aus Industrie und Forschung seit fast vier Jahren im EU-Projekt AIDPATH, das von der Europäischen Kommission im Rahmen von Horizont 2020 für fünf Jahre gefördert wird. Von Anfang an dabei ist Dr. Katrin Mestermann vom UKW.

Die Waschanlage ist das zentrale Gerät im Herstellungsmodul

„Der erste automatisierte Schritt bei der Herstellung der CAR-T-Zellen findet in einer Art Waschanlage für Zellen statt“, erklärt die Biologin. „Im so genannten Cell Washing Device werden die weißen Blutkörperchen gewaschen, in Puffer aufgenommen, die T-Zellen markiert und angereichert. Nachdem die angereicherten T-Zellen zwei bis drei Tage im Bioreaktor aktiviert wurden, kommen sie zurück in die Waschanlage und in einem neuen Puffer in den Elektroporator. Hier wird die Zellmembran durch einen kurzen Elektroschock mit Poren versehen, durch die DNA, die den CAR kodiert in die T-Zellen eingebracht wird. Danach kommen die T-Zellen wieder für einige Tage in den Bioreaktor, um das Erbgut für den CAR aufzunehmen und sich zu teilen, und anschließend ein letztes Mal in die Waschanlage, wo sie in ein spezielles Medium überführt werden, das sich zur Infusion eignet“.

Ein Roboter bildet das Herzstück des Qualitätskontrollmoduls

Nach dem Herstellungsmodul geht es weiter zum Qualitätskontrollmodul, dessen Herzstück ein Roboter ist, der die in kleine Röhrchen abgefüllten CAR-T-Zellen handhabt und sie zum Beispiel vom Durchflusszytometer, wo die Oberflächenmarker analysiert werden, in den Kühlschrank befördert, der von einem langen Roboterarm auf der einen Seite und von Menschenhand auf der anderen Seite geöffnet werden kann.

„Die Plattform ist viel größer und kann mehr, als ich dachte“, sagt Annika Dressler. Sie ist technische Assistentin und unterstützt Katrin Mestermann bei der Protokolloptimierung und Projektvalidierung. „Die Ergebnisse, auf die die großen Geräte trainiert werden, habe ich vorher im Labor im kleinen Maßstab erzeugt“, sagt Annika Dressler und gesteht: „Ich optimiere das Projekt, aber das Projekt optimiert auch mich.“ Im Moment arbeitet sie daran, den Zellverlust in der Waschanlage zu minimieren und das Restvolumen, das im Schlauch von der Waschanlage zum Bioreaktor verbleibt, nicht zu groß werden zu lassen.

Steuerungssoftware ermöglicht zentrale Verwaltung und Prozessüberwachung

Das Würzburger Team kann es kaum erwarten, die Anlage in Betrieb zu nehmen. Bisher wurden die Maschinen am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen aufgebaut, von wo das AIDPATH Projekt koordiniert wird. „Wir haben das Engineering für die Plattform gemacht und sie ohne Zellen getestet“, berichtet Frederik Erkens vom Fraunhofer IPT. Der Ingenieur begleitet den Aufbau in Würzburg seit drei Wochen und überprüft gerade die Steuerungssoftware. Diese ermöglicht die zentrale Verwaltung und Prozessüberwachung. Denn alle Maschinen und Geräte sind über standardisierte Schnittstellen in einem so genannten Integrationsframework miteinander verbunden. Unterstützt wird die Steuerungssoftware durch einen KI-basierten digitalen Zellzwilling, der die initialen Prozessparameter vorgibt, und einen KI-Prozesscontroller, der die Prozessparameter während des Betriebs anpasst.

Gegenüber von Frederik Erkens arbeitet ein Team der spanischen Firma Aglaris Cell am Bioreaktor. Der Bioreaktor übernimmt mehrere Schritte der Zellproduktion und ist Miquel Costa Ferrando zufolge mehr als nur ein Bioreaktor. „Bei uns sind die Zellen das Produkt, nicht das, was die Zellen produzieren. Der Bioreaktor kümmert sich um die Zellen und bietet ihnen optimale Bedingungen in einer angenehmen Umgebung mit ausreichend Sauerstoff, der richtigen Temperatur, genügend Glukose und allem, was sie für ihr Wachstum brauchen“, so der Gründer und Technische Direktor von Aglaris.

Prototyp für ganz Europa – um Produktionsdaten zu harmonisieren

Die Zellen werden während des gesamten Herstellungsprozesses überwacht. „Das heißt, wir müssen sie nicht stören, um Proben zu nehmen und den pH-Wert oder den Sauerstoffgehalt zu bestimmen. Ein KI-Algorithmus sagt uns, wann die gewünschte Zellzahl erreicht ist und der richtige Zeitpunkt für die Ernte gekommen ist“, erklärt Dr. Carmen Sanges. Ebenso wichtig wie die Automatisierung ist für sie die Digitalisierung. Die Plattform kann zum Beispiel in die klinische Datenbank integriert werden, sodass Patientendaten mit Produktionsdaten verknüpft werden. Bei der Einrichtung der Datenbank arbeitet das UKW eng mit dem niederländischen Softwareunternehmen ORTEC und dem europäischen T2EVOLVE-Konsortium zusammen, welches zum Ziel hat, die Entwicklung und den Zugang zur CAR-T-Zelltherapie zu beschleunigen. Als wissenschaftliche Projektleiterin der EU-Projekte des Lehrstuhls ist Carmen Sanges auch für AIDPATH verantwortlich und kümmert sich um die klinische Anwendbarkeit, den Austausch mit Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten, und die regulatorische Strategie. Im Bereich Business Development arbeitet sie eng mit dem niederländischen Partner Panaxea zusammen. Denn die Idee ist, eines Tages mehrere solcher Plattformen in Europa zu haben, damit Produktionsdaten harmonisiert und ausgetauscht werden können, um sowohl die Forschung als auch die Behandlung voranzutreiben und zu stärken.

Auch Prof. Dr. Michael Hudecek, Inhaber des Lehrstuhls für Zelluläre Immunologie, verfolgt den Aufbau der Anlage mit großer Spannung und Vorfreude: „Ich bin unglaublich stolz, dass es uns im Team gelungen ist, diese Anlage zu entwerfen und aufzubauen. Jetzt können wir die Plattform mit Daten füttern und herausfinden, wo uns künstliche Intelligenz (KI) helfen kann. Welche Fragen kann KI beantworten? Welche Daten brauchen wir dafür? Und wenn wir alle Schritte fein aufeinander abgestimmt haben, können wir einen Zwilling dieser Herstellungsplattform im GMP-Bereich, also dem Höchstreinlabor aufbauen und dort CAR-T-Zellprodukte für die Therapie herstellen.“ Denn der Name ist Programm: AIDPATH steht für AI powered, Decentralized Production for Advanced Therapies in the Hospital - KI-gestützte, dezentrale Produktion für moderne Therapien im Krankenhaus.

Partner im AIDPATH-Konsortium 

•    AglarisCell SL, Tres Cantos
•    Foundation for Research and Technology - Hellas, (FORTH), Patras
•    Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Aachen
•    Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, Leipzig
•    Fundacio Clinic per a la recerca Biomedica, Barcelona
•    IRIS Technology Solutions, Sociedad Limitada, Madrid
•    Ortec Optimization Technology B.V., Zoetermeer
•    Panaxea BV, Amsterdam
•    Red Alert Labs, Maisons-Alfort
•    Sartorius CellGenix GmbH, Freiburg
•    SZTAKI Institute for Computer Science and Control, Budapest
•    Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
•    University College London, London

Hier geht es zur Projektseite des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT. Weitere Informationen liefert die Projektwebseite www.aidpath-project.eu 

Text: Kirstin Linkamp / UKW

Alle beim Aufbau beteiligten tragen einen weißen Kittel und posieren vor der Anlage.
Gruppenbild vorne v.l.n.r.: Carmen Sanges, Annika Dressler, Michael Hudecek, Marta Lopez und Miquel Costa Ferrando, zweite Reihe Núria Marí und Katrin Mestermann, hinten Frederik Erkens. © Kirstin Linkamp / UKW
Das Würzburger Team posiert in weißen Kitteln vor der Anlage
Team Würzburg v.l.n.r.: Annika Dressler, Katrin Mestermann, Carmen Sanges und Michael Hudecek. © Kirstin Linkamp / UKW
Katrin Mestermann steht im weißen Kittel vor dem Bioreaktor
Dr. Katrin Mestermann kontrolliert die Schläuche im Bioreaktor. © Kirstin Linkamp / UKW
Frederik Erkens steht im weißen Kittel neben der Anlage und schaut auf den Roboterarm, sein Profil spiegelt sich im schmalen Kühschrank.
Ingenieur Frederik Erkens vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT prüft die Funktionsfähigkeit des Roboterarms. © Kirstin Linkamp / UKW

100.000 Euro für neue Therapieansätze bei Nebennierenkrebs

DR. BARBARA ALTIERI VOM UKW IM BZKF-YOUNG-SCIENTIST-FELLOWSHIP-PROGRAMM 2025

Im Rahmen des Young-Scientist-Fellowship-Programms fördert das Bayerische Zentrum für Krebsforschung (BZKF) sechs herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den sechs Universitätskliniken in Bayern mit insgesamt 600.000 Euro. Dr. Barbara Altieri, Ärztin und Wissenschaftlerin in der Endokrinologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW), erhält 100.000 Euro für ihr Forschungsprojekt „RNA-Splicing und SF3B1-Hemmung zur Modulation des Zellzyklus beim Nebennierenrindenkarzinom“.

 

Barbara Altieri steht im schwarzen Pulli vor einem CCC MF Roll-up, neben ihr Ralf Bargou im weißen Kittel, beide halten die Urkunde in die Kamera.
Professor Dr. Ralf Bargou, Direktor des Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Mitglied im Direktorium des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung, übergibt die Urkunde des BZKF-Young-Scientist-Fellowship-Programms 2025 an Dr. Barbara Altieri. © Annette Popp / UKW

Würzburg. Beim Nebennierenkarzinom, kurz ACC für Adrenocorticales Carzinom, handelt es sich um einen seltenen, hochgradig bösartigen Tumor an einer der paarig angelegten Hormondrüsen an der Niere. Die Behandlung ist eine Herausforderung, da herkömmliche Therapien meist nicht ausreichend wirken. Auch die Diagnose ist schwierig, da der Tumor oft erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt wird, was die Therapie zusätzlich erschwert. Zudem ist die Entstehung des Karzinoms, die so genannte Pathogenese, noch nicht vollständig verstanden. Neben dem Tumor selbst beeinflusst auch die veränderte Hormonausschüttung das Krankheitsbild erheblich, was die Komplexität weiter erhöht und viel Raum für Forschung lässt. In diesem Raum ist Dr. Barbara Altieri seit ihrem Studium in Rom aktiv, um neue Therapieansätze zu finden und die Prognose und Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern. 

Spleißen als Ansatzpunkt für mögliche Therapien beim Nebennierenkarzinom

Rückenwind erhält die Medizinerin und Wissenschaftlerin, die seit 2019 das Team der Endokrinologie am Uniklinikum Würzburg verstärkt, nun vom Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF). Das BZKF fördert einen neuen Forschungsansatz im Rahmen eines Young-Scientist-Fellowship-Programms mit 100.000 Euro. In dem Projekt „RNA-Splicing und SF3B1-Hemmung zur Modulation des Zellzyklus beim Nebennierenrindenkarzinom“ konzentriert sich Barbara Altieri auf den Prozess des Spleißens beim ACC. Als Spleißen (engl. splicing) bezeichnet man einen wichtigen Schritt in der Genexpression, bei dem die Introns, also die nicht codierten Abschnitte der DNA, aus der prä-mRNA (precursor messenger mRNA) entfernt werden, sodass eine translationsfähige mRNA entsteht. Das Spleißen wird vom Spleißosom, einem Ribonukleoprotein-Komplex katalysiert. Bei vielen Krebsarten ist der Spleißvorgang gestört. Dadurch entstehen abnorme Proteine, die das Tumorwachstum fördern oder die Zellen resistent gegen Therapien machen können. 

Pladienolid B blockiert SF3B1 und bringt Tumorzellen zum Stillstand

Eine Schlüsselkomponente im Spleißing-Prozess ist der Splicing Factor 3b Subunit 1 (SF3B1). Das Molekül hilft dem Spleißosom die prä-mRNA zu erkennen und in die reife mRNA umzuwandeln. mRNA steht für Messenger-Ribonukleinsäure. Sie ist der Bauplan für alle möglichen Proteine im Körper und fungiert als Botin, um die genetischen Informationen von der DNA im Zellkern zum Ribosom zu transportieren, das wiederum den Bauplan abliest und das entsprechende Protein herstellt. SF3B1 sorgt dafür, dass die genetische Information korrekt verarbeitet wird. Mutationen in SF3B1 sowie Überexpressionen von SF3B1 können jedoch zu fehlerhaftem Spleißen führen und Krankheiten wie Krebs auslösen.
Substanzen wie Pladienolide B zielen darauf ab, SF3B1 zu hemmen, um den fehlerhaften Spleißvorgang zu unterbrechen, so dass Tumorzellen nicht mehr wachsen oder sich teilen können.

Dieser Ansatz hat sich bereits bei verschiedenen Krebsarten als vielversprechend erwiesen. Die Rolle des Spleißosoms bei Nebennierentumoren ist bisher jedoch kaum erforscht. „Wir wollen die Spleißveränderungen und die Expression von SF3B1 bei ACC untersuchen, um herauszufinden, ob SF3B1 auch bei ACC eine entscheidende Rolle spielt und ein möglicher Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Therapien sein könnte“, sagt Barbara Altieri. Die gebürtige Italienerin wurde für ihre Forschungsarbeiten bereits mehrfach ausgezeichnet (siehe Porträt in der UKW-Serie #WomenInScience) und freut sich sehr über die Unterstützung ihres neuen vielversprechenden Forschungsprojekts durch das BZKF.

BZKF-Young Scientist Fellowships

„Im Young-Scientist-Fellowship-Programm ermutigen wir junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, neue Methoden zur Krebsdiagnostik und -therapie zu entwickeln. Das Würzburger Projekt von Barbara Altieri verfolgt einen innovativen Ansatz, um die Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten mit seltenem Nebennierenkarzinom zu erweitern“, sagt Professor Dr. Ralf Bargou, Direktor des Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Mitglied im Direktorium des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung.

Das BZKF fördert bereits zum dritten Mal sechs herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den sechs Universitätskliniken in Bayern. Im Rahmen der aktuellen Förderrunde wurden insgesamt 600.000 Euro bereitgestellt. Die Auszeichnung der Stipendiatinnen und Stipendiaten fand am 18. November 2024 in einer virtuellen Ehrung statt. Die sechs BZKF-Young Scientist Fellowships 2025 auf einen Blick:

  • Dr. med. Johanna S. Enke, Universitätsklinikum Augsburg: INSIGHT Melanoma: Korrelation der Immunantwort und des Therapieansprechens bei Melanompatienten, die eine Immuntherapie erhalten, mittels PET/CT-Bildgebung, peripherem Immunstatus und zirkulierenden Tumorbestandteilen Link
  • Dr. Dr. med. Christian Matek, Universitätsklinikum Erlangen: Integration histomorphologischer und räumlich aufgelöstermolekularer Daten mit Hilfe von histologischenBasismodellen der künstlichen Intelligenz Link
  • Dr. med. Philipp Keyl, LMU München: Entwicklung erklärbarer KI-Methoden für die Unterstützung von Diagnostik und Therapie in der personalisierten Krebsmedizin Link
  • Dr. med. Dipl. Biochem. univ. Florian Lüke, Universitätsklinikum Regensburg: BasiqCompass Trial MTB: Prospektive Untersuchung der Therapiefitness für Patientinnen und Patienten im Molekularen Tumorboard Link
  • Dr. med. Carmen Mota Reyes, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München: Biomarker-Screening für schwere neurale Invasion beim Pankreaskarzinom zur präzisen Tumorstadienbestimmung und Risikoeinschätzung bei anatomisch resektablen Patienten Link
  • Dr. med. Barbara Altieri, Universitätsklinikum Würzburg: RNA-Splicing und SF3B1-Hemmung zur Modulation des Zellzyklus beim Nebennierenrindenkarzinom Link


Text: Kirstin Linkamp / UKW 

Lutz Nuhn wirbt ERC Consolidator Grant ein

Der Würzburger Chemiker Lutz Nuhn erhält zwei Millionen Euro für ein neues Forschungsprojekt: Er will ein innovatives Transportsystem entwickeln, das RNA-Impfstoffe noch besser machen könnte.

Professor Lutz Nuhn erhält eine Zwei-Millionen-Euro-Forschungsförderung vom Europäischen Forschungsrat.
Professor Lutz Nuhn erhält eine Zwei-Millionen-Euro-Forschungsförderung vom Europäischen Forschungsrat. (Foto: Chris Weiss)

Die Consolidator Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) sind mit zwei Millionen Euro dotiert. Sie werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verliehen, deren bisherige Arbeit so herausragt, dass weitere Spitzenleistungen zu erwarten sind. Zu diesem Kreis gehört nun auch Professor Lutz Nuhn, Leiter des Lehrstuhls für Makromolekulare Chemie am Institut für Funktionsmaterialien und Biofabrikation der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg.

Lutz Nuhn ist Experte für Nanopartikel, die wie Taxis funktionieren. Er designt die Partikel so, dass sie medizinische Wirkstoffe als Fahrgäste aufnehmen und im Körper gezielt an ihren Einsatzort bringen. Nach getaner Arbeit sollen sich die Partikel rückstandsfrei von selbst abbauen.

Mit dem Fördergeld des Europäischen Forschungsrates will der Professor innovative Nanopartikel für eine weitere Verbesserung von RNA-Medikamenten entwickeln. Dazu zählen vor allem RNA-Impfstoffe, die in der Corona-Pandemie erstmals zu einem breiten, weltweiten Einsatz kamen. Sie ermöglichen es, beim Auftreten neuer Erreger die Produktion von Impfstoffen schnell anlaufen zu lassen und die Impfstoffe bei Bedarf rasch an neue Varianten der Erreger anzupassen.

Bisherige Verkapselung der Impfstoffe hat Nachteile

„RNA-Impfstoffe brauchen aber Kapseln, die sie im Körper vor Abbau schützen und die ihre Aufnahme in die Antigen-präsentierenden Zellen des Immunsystems ermöglichen“, sagt Lutz Nuhn.

Als in der Corona-Pandemie schnell Impfstoffe hermussten, seien für die Verkapselung etablierte Nanopartikel auf Lipidbasis verwendet worden. Diese Kapseln sind aber nicht sonderlich stabil und müssen daher konsequent gekühlt werden. Das behindert ihre Verteilung an Orten, an denen es keine ausreichende Kühllagerung gibt. „Bei manchen Geimpften traten außerdem schwer kontrollierbare immunologische Nebenwirkungen auf, die möglicherweise mit Lipidkomponenten der Kapseln in Verbindung stehen könnten“, erklärt der Professor..

Diese Herausforderungen möchte der Würzburger Chemiker in seinem ERC-Projekt überwinden. „Ich möchte mit einem bislang einzigartigen makromolekularen Ansatz lipidfreie Kapseln entwickeln, die nicht mehr auf eine stetige Kühlung angewiesen sind. Außerdem sollen sich die Kapseln nach dem Eintritt in die Immunzellen automatisch auflösen und den Impfstoff freisetzen.“

Doch damit nicht genug: Professor Nuhn plant, die mit RNA beladenen Kapseln zusätzlich mit weiteren Botenstoffen auszustatten. Auf diese Weise könnten effektive Immunantworten passgenau eingeleitet werden. Die neuartige Verkapselung würde damit nicht nur gegen Infektionserreger, sondern vielleicht auch bei zukünftigen Impfstrategien gegen Krebs zum Einsatz kommen.

Über Professor Lutz Nuhn

Professor Lutz Nuhn (39) wechselte im Jahr 2022 vom Max-Planck-Institut für Polymerwissenschaften in Mainz an die Uni Würzburg. Hier ist er gemeinsam mit Professor Jürgen Groll maßgeblich am Aufbau des „Center of Polymers for Life“ beteiligt. Der Neubau für dieses Forschungszentrum soll den beiden Forschern zum Jahresende übergeben und im Frühjahr 2025 eröffnet werden. Er befindet sich auf dem Hubland-Campus beim Chemie-Zentrum und soll Anwendungen der Polymerchemie in den Lebenswissenschaften weiter vorantreiben.

Das neu bewilligte ERC-Projekt von Lutz Nuhn heißt “Controlled Degradable Polymer Carriers for mRNA Vaccination: From Pathogens to Personalized Cancer Immunotherapy (PolymeRNA)”. Es startet voraussichtlich mit der Eröffnung des Centers und hat eine Laufzeit von fünf Jahren.

Kontakt: lutz.nuhn@ uni-wuerzburg.de 

 

Pressemitteilung der Universität Würzburg vom 3. Dezember 2024
 

Professor Lutz Nuhn erhält eine Zwei-Millionen-Euro-Forschungsförderung vom Europäischen Forschungsrat.
Professor Lutz Nuhn erhält eine Zwei-Millionen-Euro-Forschungsförderung vom Europäischen Forschungsrat. (Foto: Chris Weiss)

Von Würzburg in die Welt

Was Gesundheitsministerin und JMU-Alumna Judith Gerlach bei ihrer Arbeit besonders beeindruckt? Das Herzblut, mit dem Beschäftigte im Gesundheitswesen sich um Menschen kümmern, die Hilfe brauchen.

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat an der Uni Würzburg Jura studiert.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat an der Uni Würzburg Jura studiert. (Bild: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention)

Was arbeiten Absolventinnen und Absolventen der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg? Um den Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, befragen Michaela Thiel und ihr Team vom zentralen Alumni-Netzwerk „Uni Wü Community“ regelmäßig ausgewählte Ehemalige.

Heute beantwortet Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach die Fragen. Sie hat in Würzburg Rechtswissenschaften studiert und nach dem Abschluss als Rechtsanwältin gearbeitet. 2013 zog sie als Abgeordnete der CSU in den Bayerischen Landtag ein, 2018 wurde sie Ministerin für Digitales, 2023 dann Ministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention. Sie hat die JMU immer wieder regelmäßig besucht – erst im September 2024 war sie zurück in Würzburg.

Frau Gerlach, wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Als Ministerin bin ich nahezu jeden Tag sehr viel unterwegs und treffe viele äußerst engagierte und inspirierende Menschen, die sehr viel Positives bewirken. Es ist beeindruckend, wie viele Personen sich in Bayern für andere einsetzen, sei es in der Pflege oder in der Medizin. Ich lerne auch sehr persönliche Schicksale und Geschichten kennen, die mich oft berühren und nicht mehr loslassen. Mein Ziel ist es, daran mitzuwirken, dass Menschen in Bayern gesund bleiben, möglichst lange gut leben oder schnell wieder gesund werden. Zu meinem Alltag gehören aber auch harte Debatten mit der Bundespolitik – zum Beispiel bei der Krankenhausreform.

Was lieben Sie besonders an Ihrer Tätigkeit?

Wenn ich Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime besuche, bewundere ich das Herzblut der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die oftmals alles dafür tun, damit es anderen, die ihre Hilfe brauchen, besser geht. Das treibt mich selbst dann auch sehr an und motiviert mich.

Was ist der Unterschied zu Ihrer Arbeit als Digitalministerin?

Wenn ich eine inhaltliche Abgrenzung zum Digitalministerium geben müsste, würde ich vielleicht sagen: Als Digitalministerin ging es mir um die Verbesserung des Lebens für die Menschen. Als Gesundheits-, Pflege- und Präventionsministerin geht es gewissermaßen um das Leben per se – mit allem, was dazugehört. Besonders schön dabei: Digitalisierung spielt auch hierbei eine große Rolle, denn die Chancen der Digitalisierung möchte ich natürlich auch in Gesundheit, Pflege und Prävention nutzen.

Wie schaffen Sie es, sich in kürzester Zeit in neue fachliche Themen einzuarbeiten?

Ich wünschte ich könnte sagen, dass das relativ einfach und automatisch geht. Leider muss ich völlig unromantisch sagen: Das geht nur durch Arbeit und die Investition von Zeit – und das heißt vor allem: lesen, lesen, lesen und Akten bewältigen. Die vielen großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ministeriums standen mir von Anfang an zur Seite und haben mir einen guten Start ermöglicht. Ohne sie wäre meine Arbeit schlicht unmöglich. Aber ich muss mich auch selbst in meinem Gebiet auskennen und die Zusammenhänge verstehen. So kann ich dann auch mal Dinge hinterfragen und bei bestimmten Themen, Strukturen oder Arbeitsprozessen Verbesserungen erreichen.

Viele Ihrer zahlreichen Termine dauern bis abends – wie halten Sie sich fit und frisch?

Wenn ich es schaffe, schnüre ich gerne sehr früh am Morgen meine Laufschuhe. Außerdem liebe ich den heimischen Wald, der – ein echter Segen – quasi direkt vor meiner Haustüre beginnt. Ein Spaziergang oder eine längere Wanderung durch den Spessart, allein oder mit meiner Familie, wirken echte Wunder. Dazu versuche ich, mich einigermaßen gesund zu ernähren und mir zumindest ein paar Minuten zwischen den Terminen zu nehmen, in denen ich bewusst etwas esse und, Achtung wichtig: ausreichend trinke. Bei mir gibt es dann meistens Obst, Gemüse oder Salat. Und ja: Hin und wieder darf es auch mal ein Schokoriegel sein.

Wie schaffen Sie es, Familie und Beruf zu kombinieren?

Eine Frage, die leider immer noch überproportional seltener meinen männlichen Kollegen gestellt wird ;-) Familie und Beruf zu kombinieren, ist immer eine Herausforderung, in vielen Berufen. Ich glaube aber, dass wir durch Entwicklungen wie die Digitalisierung heute deutlich bessere Möglichkeiten haben, beidem gerecht zu werden. Zum Beispiel durch flexiblere Arbeitszeiten und weniger Präsenz an der Arbeitsstelle. Für mich persönlich kann ich sagen: Ich schaffe mir bewusst Räume für meine Familienzeit, schaffe auch, wenn ich unterwegs bin, immer wieder Möglichkeiten, um mich mit meinen Kindern oder meinem Mann auszutauschen. Wenn alle sich darauf einlassen, klappt das ganz gut.

Vielen Dank für das Gespräch!

Sie sind selbst noch nicht Mitglied beim Alumni-Netzwerk „Uni Wü Community“ oder im Alumni & Friends e.V.? Dann sind Sie herzlich eingeladen, sich über www.uni-wuerzburg.de/alumni/ zu registrieren! Auf den Webseiten der Community finden Sie auch die bislang veröffentlichten Interviews mit Alumni und Alumnae der JMU.

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 03.12.2024

 

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat an der Uni Würzburg Jura studiert.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat an der Uni Würzburg Jura studiert. (Bild: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention)

Mit besserem Geschmack durch die Tumortherapie

MAßGESCHNEIDERTE ERNÄHRUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR KREBSPATIENTEN MIT GESCHMACKSSTÖRUNGEN

Bei Krebspatientinnen und Krebspatienten treten während einer Tumortherapie häufig Geschmacksstörungen auf, die den Ernährungszustand beeinträchtigen und im schlimmsten Fall zum Abbruch lebensverlängernder Therapien führen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Hann und Dr. Anna Fleischer vom Uniklinikum Würzburg (UKW) wollen die sechs Universitätsklinika in Bayern mit maßgeschneiderten Ernährungsinterventionen die Geschmackswahrnehmung in der Onkologie optimieren. Das multidisziplinäre Team aus Medizin, Psychoonkologie, Ernährungswissenschaft, Informatik und Social Media entwickelt und evaluiert ein auf künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Portal namens Gustabor, das 500.000 Rezepte sowie zahlreiche Lebensmittelinformationen bündelt und Empfehlungen entsprechend dem Geschmacksprofil des Nutzers ausspricht. Das Projekt wird vom Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) im Rahmen der Ausschreibung zur tertiären Prävention mit 467.480 € über zwei Jahre ab Januar 2025 gefördert.

DAs Bild zeigt das Würzburger Team in Person und auf dem Monitor hinter den Personen die zwei Projektpartnerinnen aus Regensburg und München.
Partnerinnen und Partner im Gustabor-Projekt, hinten links auf dem Monitor Dr. Sophie Scholsser-Hupf (UKR) und rechts Dr. Nicole Erickson (LMU), vorne das Team am UKW v.l.n.r. Constanze Wolz, Dr. Anna Fleischer, Prof. Dr. Alexander Hann, Philipp Sodmann. © UKW
Das mit KI erstellte Titelbild von Gustabor, Aufschrift: Begleiten Sie uns auf einer spannenden Reise durch Geschmack, Ernährung und Medizin
Die Plattform Gustabor gibt passend zum Geschmacksprofil personalisierte Ernährungsempfehlungen, die helfen sollen, spezifische Geschmacksstörungen, die während der Tumortherapie auftreten, zu lindern. Die Bilder für die Webseite hat der Assistenzarzt Philipp Sodmann mit KI von Midjourney erstellt. © Philipp Sodmann / UKW

Würzburg. Erst kürzlich zeigte eine französische Studie, dass 98 Prozent aller Krebspatientinnen und Krebspatienten durch ihre Chemotherapie unter Geschmacksveränderungen leiden. Obwohl Geschmacksveränderungen bei Chemo- und Immuntherapien mit einer Vielzahl negativer Folgen wie Mangelernährung und verminderter Therapietreue verbunden sind, werden sie immer noch unterschätzt. Das muss sich ändern, dachte sich Dr. Anna Fleischer von der Abteilung für Psychosomatische Medizin am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), als ein Patient mit rezidiviertem Multiplem Myelom bekannte: „Hätte ich vorher gewusst, dass ich unter der Antikörpertherapie nichts mehr schmecken kann, hätte ich sie abgelehnt, obwohl sie meine letzte Chance war.“ Für den Patienten war der Geschmack wichtiger als die Lebensverlängerung.

Patientinnen und Patienten haben unterschiedliche Geschmacksstörungen

Weitere Patientinnen und Patienten bestätigten die immense Belastung und Einschränkung der Lebensqualität durch Geschmacksstörungen. Anna Fleischer hat deshalb zunächst gemeinsam mit dem Oberarzt Prof. Dr. Leo Rasche und der Doktorandin Magdalena Roll die Geschmacksstörungen unter der Antikörpertherapie mit Talquetamab systematisch untersucht. Das Ergebnis: Alle Patientinnen und Patienten nehmen den Geschmack unterschiedlich wahr. Bei manchen schmeckt alles bitter oder metallisch, andere können Süßes oder Salziges nicht mehr schmecken. So entstand die Idee für Gustabor - eine Plattform, die Geschmacksprofile erstellt und personalisierte Ernährungsempfehlungen gibt, die helfen sollen, spezifische Geschmacksstörungen, die während der Tumortherapie auftreten, zu lindern. 

Sechs bayerische Uniklinika und Patientenvertretungen beteiligt

Für das Projekt holte Anna Fleischer zunächst den Würzburger Gastroenterologen und KI-Experten Prof. Dr. Alexander Hann mit ins Boot sowie die Ernährungsberaterin Constanze Wolz vom UKW, die Ernährungswissenschaftlerin Dr. Nicole Erickson vom LMU Klinikum und weitere Expertinnen und Experten aus dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Universitätsklinikum Regensburg. Gemeinsam mit Patientenvertretungen wollen die drei Unikliniken im ersten Projektjahr sämtliche bereits bekannte Maßnahmen und Tipps bei Geschmacksstörungen aus rund 200 nicht-pharmakologischen Studien herausfiltern und die Internetplattform Gustabor mit 500.000 Rezepten und lebensmittelspezifischen Informationen sowie entsprechenden Such- und Filterfunktionen aufbauen.

Im zweiten Projektjahr werden die anderen drei bayerischen Uniklinika in Augsburg und Erlangen sowie das TUM Universitätsklinikum rechts der Isar involviert. Schließlich sollen an allen sechs bayerischen Uniklinik-Standorten in einer randomisierten Studie die Maßnahmen bei Patientinnen und Patienten entsprechend ihres zuvor erstellen Geschmacks- und Ernährungsprofils angewendet und evaluiert werden. 

BZKF fördert Gustabor mit 467.480 Euro 

Das Projekt wird ab Januar 2025 zwei Jahre lang vom Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) im Rahmen der Ausschreibung zur sogenannten tertiären Prävention mit 467.480 Euro gefördert. Tertiäre Prävention bezeichnet Maßnahmen, die darauf abzielen, die Folgen einer bereits bestehenden Krankheit zu minimieren, Komplikationen zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. 

Anna Fleischer hat bereits umfassende Literaturrecherchen und Befragungen betrieben sowie einen Patientenratgeber geschrieben. Was wird zum Beispiel Patientinnen und Patienten mit metallischem Geschmack empfohlen? „Ihnen kann es helfen, vorwiegend kalte Speisen und Limonade zu sich zu nehmen sowie Besteck aus Kunststoff statt aus Metall zu verwenden.“ Und wenn jemand nicht mehr süß schmecken kann? „Dann könnte Gustabor der Person Rezepte vorschlagen, die deftig lecker sind und nicht zwingend süß schmecken müssen, oder bei denen die Süße ganz stark hochdosiert werden kann“, schildert die Medizinerin. 

Kombination von Geschmacksprofil, 500.000 Rezepten, Zutatenfakten und Wirkungsweisen sowie fortschrittlichen Algorithmen 

„Unser Ziel ist es, dass Gustabor mittels verschiedener Algorithmen auf Basis des Geschmacksprofils einen Katalog mit maßgeschneiderten Ernährungsvorschlägen generiert, die der Patientin oder dem Patienten wirklich schmecken und helfen“, erklärt Alexander Hann. Die KI dahinter baut der Mediziner gemeinsam mit Informatikerinnen und Informatikern auf. Neben dem objektiv erstellten Geschmacksproblem werden im anonymisierten Profil Punkte wie Alter, Geschlecht, Gewicht, Tumorart, Behandlung, Ernährungsvorlieben, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -abneigungen berücksichtigt. Ergänzend zu den 500.000 Rezepten, die eine KI mit Wort und Bild überarbeitet hat, fließen Tabellen und Skalen ein, die Auskunft darüber geben, welche Stoffe in welchen Lebensmitteln enthalten sind und wie sie in verschiedenen Zuständen schmecken. Eine frische Aprikose schmeckt zum Beispiel anders als gepresst oder gekocht. 

Appetit wird durch Jazz und orange gefördert, durch Rap und Schwarzlicht gehemmt

Manche Maßnahmen seien auch gar nicht rezeptspezifisch, so Anna Fleischer. Der Geschmack hängt oft auch vom Ambiente ab. So hat es sich bei Krebspatientinnen und Krebspatienten bewährt, während des Essens Ablenkung zu suchen und mit der Familie oder mit Freunden zu essen statt alleine. Erhebungen ergaben, dass Menschen bei Jazzmusik tendenziell mehr und bei Rapmusik weniger essen. Schwarze und violette Farbtöne werden beim Essen mit Schimmel assoziiert und lösen Ekel aus, während orange Farbtöne an frisches Obst erinnern und den Appetit anregen.

Fett als Geschmacksverstärker, Fleisch mit Süßem und zwischendurch ein Kaugummi

„Es ist nicht so, dass es noch keine Ernährungsempfehlungen gibt, aber diese erfordern ein Ausprobieren. Mal hilft das eine, mal das andere. Die Wirkung ist ganz individuell. Und genau das wollen wir identifizieren“, sagt Alexander Hann. Inspiriert hat ihn eine aktuelle Studie aus Toronto, die für Gustabor ein guter Vorgeschmack sein könnte. Eine Informationsbroschüre mit potenziell nützlichen Strategien half krebskranken Kindern, mit ihren spezifischen Geschmacksveränderungen umzugehen. Wer es zum Beispiel mild mag, sollte neutrale Speisen wie Reis, Nudeln, Kartoffeln, Huhn, Ei oder Pudding bevorzugen und die Lebensmittel kochen, das reduziert den Eigengeschmack. Wer es pikant mag, sollte viel Salz, Basilikum, Oregano, Zimt oder Ingwer verwenden und die Speisen mit kräftigen Saucen, Zitronensaft oder Essig verfeinern. Auch Fett dient als Geschmacksverstärker. Speisen mit starkem Eigengeruch sollten gemieden werden, und Fleischgerichte werden oft durch süße Beigaben wie Preiselbeeren, Kompott, Gelee oder Honigmarinaden schmackhafter. Zwischendurch können das Lutschen von Pfefferminzbonbons und das Kauen von zuckerfreiem Kaugummi, häufiges Zähneputzen und Mundspülungen unangenehme Gerüche reduzieren.

Beteiligte Partnerinnen und Partner im Projekt Gustabor:

UKW: Alexander Hann (Leitung), Anna Fleischer (Stellvertretende Leitung), Philipp Sodmann, Constanze Wolz, Leo Rasche, Imad Maatouk, Hermann Einsele, Patientenvertretungen
 
LMU: Nicole Erickson, Michael von Bergwelt, Volker Heinemann, Patientenvertretungen
 
UKR: Arne Kandulski, Sophie Schlosser-Hupf, Martina Müller-Schilling, Patientenvertretungen
 
UKER: Norbert Meidenbauer, Andreas Mackensen, Patientenvertretungen
 
UKA: Tim Pfeiffer, Martin Trepel, Patientenvertretungen
 
TUM: Sylvie Lorenzen, Alexander Nieto, Florian Bassermann, Patientenvertretungen

 

Text: Kirstin Linkamp / UKW
 

DAs Bild zeigt das Würzburger Team in Person und auf dem Monitor hinter den Personen die zwei Projektpartnerinnen aus Regensburg und München.
Partnerinnen und Partner im Gustabor-Projekt, hinten links auf dem Monitor Dr. Sophie Scholsser-Hupf (UKR) und rechts Dr. Nicole Erickson (LMU), vorne das Team am UKW v.l.n.r. Constanze Wolz, Dr. Anna Fleischer, Prof. Dr. Alexander Hann, Philipp Sodmann. © UKW
Das mit KI erstellte Titelbild von Gustabor, Aufschrift: Begleiten Sie uns auf einer spannenden Reise durch Geschmack, Ernährung und Medizin
Die Plattform Gustabor gibt passend zum Geschmacksprofil personalisierte Ernährungsempfehlungen, die helfen sollen, spezifische Geschmacksstörungen, die während der Tumortherapie auftreten, zu lindern. Die Bilder für die Webseite hat der Assistenzarzt Philipp Sodmann mit KI von Midjourney erstellt. © Philipp Sodmann / UKW