Die nächste Corona-Welle baut sich derzeit auf und mit ihr die Diskussionen zu Schutzmaßnahmen. Eine neue Querschnittserhebung der Universitätsmedizin Würzburg zur Immunität bei Kita-Kindern könnte zur Planung zukünftiger präventiver Maßnahmen in Kindertagesstätten beitragen. Denn mit der Ausbreitung der Omikron-Variante des Corona-Virus haben auch die Infektionen bei den 2- bis 6-Jährigen rasch zugenommen.
Bis Juli 2022 hatten 70 Prozent der Kinder Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus erworben
Ein Team aus der Kinderklinik und Poliklinik und dem Institut für Hygiene und Mikrobiologie hat im Juli 2022 bei 277 Kindergartenkindern aus neun Würzburger Kindertagestätten die SARS-CoV-2-Antikörper im Blut bestimmt. Im Vergleich zu Voruntersuchungen im September 2020 und Juli 2021 konnte ein Anstieg der Zahl der Kinder mit neutralisierenden Antikörpern im Blut von 2 Prozent auf knapp 70 Prozent beobachtet werden. Antikörper im Blut weisen meist auf eine frühere Infektion oder Impfung hin. Bei jedem zweiten untersuchten Kind gaben die Eltern eine frühere, durch PCR- und /oder Antigenschnelltest bestätigte SARS-CoV-2-Infektion an. Ein Großteil dieser Infektionen verlief aber mit untypischen, allenfalls leichten Krankheitssymptomen (75,5 %) oder sogar komplett symptomfrei (15,8 %). Die meisten Infektionen (79,1 %) wurden im Zeitraum von Februar bis April 2022 mittels Schnelltest und/oder PCR-Test nachgewiesen. Die Auswertungen wurden jetzt im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht (DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0345).
„Dies ist die erste Studie zur Bestimmung von Antikörpern gegen das neue Coronavirus bei Kleinkindern nach der Omikron-Welle in Deutschland“, berichtet Dr. med. Geraldine Engels, Ärztin an der Universitäts-Kinderklinik und Erstautorin der Studie. „Mit der Ausbreitung der Omikron-Variante Anfang 2022 haben auch die Infektionen bei Kindern rasch zugenommen. Doch die genaue Infektionsrate war bisher unbekannt. In der Würzburger Kindergarten Studie* konnten wir nun zeigen, dass sich während und durch die Omikron-Welle eine hohe Immunität gegen das neue Coronavirus bei Kleinkindern entwickelt hat. Zudem waren die meisten Infektionen nur leicht ausgeprägt oder kaum wahrnehmbar.“
Nachweise von Antikörpern stiegen mit zunehmendem Alter an
Bei 69,6% der Kinder hat das Studienteam Antikörper gegen das Spike-Protein des Coronavirus gefunden. Diese Antikörper können sowohl nach einer SARS-CoV-2 Impfung als auch nach SARS-CoV-2 Infektion nachgewiesen werden. Bei den geimpften Kindern (13,9%) war der Titer der Spike-Antikörper sogar zehnfach höher im Vergleich zu nicht geimpften Kindern, die eine Infektion durchlaufen hatten. Unabhängig vom Impfstatus stieg der Nachweis von Antikörpern mit dem Alter an.
Ergebnisse sind relevant für die Betreuung von Kleinkindern in Kitas und Familien
Prof. Dr. Johannes Liese, Oberarzt an der Kinderklinik und Poliklinik und Leiter des Bereichs Pädiatrische Infektiologie und Immunologie resümiert: „Es ist erfreulich, dass sich nun auch bei Kleinkindern, vor allem durch die meist leicht oder sogar ohne Symptome verlaufenden Infektionen, eine hohe Basis-Immunität gegen das neue Coronavirus etabliert hat. Damit kann bei den meisten Kindern zumindest von einer gewissen Schutzwirkung gegen das neue Coronavirus ausgegangen werden. Aufwändige und belastende Maßnahmen, wie zum Beispiel Reihentestungen asymptomatischer Kinder und/oder Einschränkungen der Kita-Betreuung oder Kita-Schließungen erscheinen in der jetzigen Phase der Corona-Pandemie mit der derzeit zirkulierenden Variante daher nicht mehr gerechtfertigt.“
In einem nächsten Schritt sollen die Daten in eine Publikation des deutschlandweiten Forschungs-Netzwerk Universitätsmedizin zur aktuellen SARS-CoV-2 Antikörperprävalenz in verschiedenen Altersgruppen integriert werden. Zudem soll die Belastung der Eltern und Kinder im Verlauf der Pandemie noch detaillierter ausgewertet werden.
Förderungen
Die Untersuchungen fanden im Rahmen der Wü-KiTa-CoV 2.0 Studie statt, die vom Land Bayern über das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) finanziert wurde, und ist eng verknüpft mit weiteren umfassenden Arbeiten zu Covid-19 in Kitas, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und den Freistaat Bayern gefördert wurden.
Kooperationen
An der Seroprävalenzerhebung waren neben der Kinderklinik und Poliklinik und dem Institut für Hygiene und Mikrobiologie waren das Institut für Klinische Epidemiologie der Universität Würzburg sowie die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Dresdner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus beteiligt. Die Messung der Blutproben erfolgte an den Instituten für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Klinikum Oldenburg AöR und an der Universitätsmedizin Greifswald.
Link: https://www.aerzteblatt.de/archiv/228013
*Website der Würzburger KiTa-Studien: Wue-KiTa-CoV 2.0; www.med.uni-wuerzburg.de/wuekitacov2/startseite/