Weniger ist mehr: Antibiotika bei Harnwegsinfekten

Würzburger Institut für Allgemeinmedizin für Forschung um Antibiotikaverbrauch bei Harnwegsinfekten ausgezeichnet

Mehr als jede zweite Frau ist ein- oder mehrmals in ihrem Leben von einer Blasenentzündung betroffen. Da es sich bei der Erkrankung üblicherweise um eine Infektion der Harnwege mit Bakterien handelt, kommen bei der Behandlung häufig Antibiotika zum Einsatz. Doch diese Therapie ist umstritten, da sie viel zu oft und manchmal fehlerhaft eingesetzt wird. So werden Resistenzen von Bakterien gefördert. Ein internationales Team unter Leitung des Instituts für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Würzburg hat herausgefunden, wann Alternativen zu Antibiotika sinnvoll sind und Wege aufgezeigt, die Verordnung von Antibiotika in den hausärztlichen Praxen zu verringern.

Für die Forschungsarbeit zu „Strategien zur Verringerung des Antibiotikaverbrauchs bei Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfekten in der Primärversorgung“ erhielt das Forscherteam am 22. März 2023 in Potsdam den David-Sackett-Preis. Überreicht wurde er Dr. Yvonne Kaußner vom Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), gemeinsam mit der wissenschaftlichen Leiterin und Direktorin des Instituts Prof. Dr. Ildikó Gágyor, sowie Dr. Christian Röver von der Universitätsmedizin Göttingen, Mitautor und Vertreter des zweiten wissenschaftlichen Leiters Prof. Dr. Tim Friede vom dortigen Institut für Medizinische Statistik. Im Namen des Teams sagt Prof. Dr. Ildikó Gágyor: „Wir freuen uns außerordentlich über den Preis und damit über die Anerkennung, dass wir mit unserer Arbeit die Evidenz zur Diagnostik und Behandlung des unkomplizierten Harnwegsinfekts verbessern konnten.“

Das Team hatte die Daten von 3500 Patientinnen aus neun bereits durchgeführten Studien für eine sogenannte individuelle Patientendaten-Metaanalyse herangezogen. Damit gelang es den Forschenden aus Würzburg und Göttingen erstmals im Detail zu untersuchen, welche Faktoren eher für oder gegen eine Antibiotika-Gabe sprechen. Wenn bei einer Frau mit Harnwegsinfekt Blutspuren (Erythrozyten) oder Bakterien im Urin nachweisbar sind, scheitert eine Antibiotika-freie Behandlung deutlich häufiger. Sind aber weder Blut noch Bakterien vorhanden, zeigen Antibiotika keinen erkennbaren Vorteil. Mit diesem Wissen ließe sich der Antibiotika-Einsatz um fast zwei Drittel vermindern.

Der David-Sackett-Preis wird seit 2008 jährlich vom Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM) vergeben. Das Netzwerk verfolgt das Ziel einer patientenorientierten medizinischen Behandlung auf der Grundlage von empirisch nachgewiesenen Wirksamkeiten. Um Forschungen in diesem Gebiet zu fördern, vergibt das Netzwerk den mit 2000 Euro dotierten David-Sackett-Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen in Forschung, Lehre oder bei der Verbreitung der Anliegen der EbM. Der kanadische Mediziner war einer der Wegbereiter der evidenzbasierten Medizin.

Seit 2018 widmet sich das Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Würzburg unter der Leitung von Prof. Dr. Ildikó Gágyor und Prof. Dr. Anne Simmenroth der allgemeinmedizinischen Lehre und Forschung, mit dem Schwerpunkt der Versorgungsforschung. Informationen zum Institut für Allgemeinmedizin finden Sie auf der Homepage: www.allgemeinmedizin.uni-wuerzburg.de.

Link zu EbM-Netzwerk

 

Pressemitteilung des Instituts für Allgemeinmedizin. 

Das Bild zeigt die Preisträger Christian Röver, Yvonne Kaußner und Ildikó Gágyor.
„Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM) verlieh den David-Sackett-Preis 2023 an das Forscherteam der Studie „UTI-IPD - Strategien zur Verringerung des Antibiotikaverbrauchs bei Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfekten in der Primärversorgung - eine individuelle Patientendaten-Metaanalyse (IPD-MA). Stellvertretend für das Team nahmen Dr. Christian Röver von der Universitätsmedizin Göttingen sowie Dr. Yvonne Kaußner und Prof. Dr. Ildikó Gágyor vom Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Würzburg (v.l.n.r.) den Preis entgegen.
Das Bild zeigt die Preisträger Christian Röver, Yvonne Kaußner und Ildikó Gágyor.

„Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM) verlieh den David-Sackett-Preis 2023 an das Forscherteam der Studie „UTI-IPD - Strategien zur Verringerung des Antibiotikaverbrauchs bei Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfekten in der Primärversorgung - eine individuelle Patientendaten-Metaanalyse (IPD-MA). Stellvertretend für das Team nahmen Dr. Christian Röver von der Universitätsmedizin Göttingen sowie Dr. Yvonne Kaußner und Prof. Dr. Ildikó Gágyor vom Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Würzburg (v.l.n.r.) den Preis entgegen.