Erneuter ERC Advanced Grant für Martin Eilers

Schon zum zweiten Mal erhält der Würzburger Krebsforscher Professor Martin Eilers einen der renommierten ERC Advanced Grants. Die Auszeichnung ist mit 2,5 Millionen Euro dotiert.

In diesem Punkt ist sich die Wissenschaft einig: Eine übermäßige Expression eines der drei Gene aus der MYC-Familie hält das Wachstum der meisten menschlichen Tumoren aufrecht. Kein Wunder, dass MYC-Proteine im Fokus der Krebsforschung weltweit stehen: Bis heute wurden dazu mehr als 45.000 Arbeiten veröffentlicht. 

Der durchschlagende Erfolg dieser geballten Forschungsanstrengungen ist jedoch bislang ausgeblieben. „Trotz dieses enormen Aufwands und im Gegensatz zu praktisch allen anderen Krebs auslösenden Genen sind die zentralen Fragen, wie MYC-Proteine ihre onkogenen Funktion ausüben und warum Tumoren von erhöhten MYC-Spiegeln abhängen, bis heute unbeantwortet geblieben“, sagt Professor Martin Eilers.

Eilers hat an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) den Lehrstuhl für Biochemie und Molekularbiologie inne; schon seit vielen Jahren bildet die Entstehung von Krebs einen seiner Forschungsschwerpunkte – der Familie der MYC-Gene gilt dabei sein spezielles Interesse.

Intensiver Blick auf eine spezielle Proteinfamilie

Seine Suche nach Antworten auf die Frage, wie MYC-Proteine die Entstehung von Tumoren unterstützen, kann Eilers in den kommenden fünf Jahren weiter intensivieren. Wie der Europäische Forschungsrat ERC – der European Research Council – jetzt bekannt gegeben hat, erhält Eilers einen ERC Advanced Grant, eine mit 2,5 Millionen Euro dotierten Auszeichnung, für sein Projekt SENATR - Sensing Aberrant Transcription by MYC Multimers.

Eilers ist damit einer der wenigen Wissenschaftler, denen es gelungen ist, zwei Mal erfolgreich einen Antrag auf einen Advanced Grant zu stellen. 2015 erhielt er zum ersten Mal diese Auszeichnung, mit der der ERC vielversprechende Projekte etablierter Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher fördert. Professor Eilers und sein Team hatten damals untersucht, welche Proteine für die Entstehung von Neuroblastomen und anderen Tumoren des Nervensystems verantwortlich sind.

Überraschende Änderungen im Zellkern

Mit den jetzt bewilligten 2,5 Millionen Euro will der Biochemiker ein Phänomen eingehend untersuchen, das er und sein Team vor kurzem in Tumorzellen beobachtet haben. „Wir haben Situationen entdeckt, in denen MYC-Proteine grundlegende Änderungen ihres biochemischen Zustands erfahren. Dabei konnten wir beobachten, wie sich die Proteine als Reaktion auf eine Störung im Prozess der Transkription zu großen, kugelförmigen Multimeren zusammenlagern“, erklärt Eilers. 

„Transkription“ bezeichnet den Prozess, in dessen Verlauf die genetische Information der DNA im Zellkern durch die RNA-Polymerase in Boten-RNA – wissenschaftlich gesprochen: in mRNA – übersetzt wird. Erst der mRNA-Strang ist dazu in der Lage, die Information aus dem Erbgut von der DNA zu den Orten der Proteinbiosynthese außerhalb des Zellkerns zu übertragen.

Hohlkugeln schützen das Erbgut

Wie Eilers und sein Team zeigen konnten, legen sich diese Multimere in Form von Hohlkugeln schützend um empfindliche Stellen des Erbguts. Zerstört man die Kugeln, sterben die Krebszellen. Darüber hat das Team Ende 2022 im Journal „Nature“ berichtet. Im Rahmen des jetzt bewilligten Projekts will Eilers überprüfen, inwieweit diese Prozesse Tumorzellen in die Lage versetzen, mit dem Stress fertig zu werden, der durch eine deregulierte Transkription entsteht, wie sie für Krebszellen typisch ist.

Ziel der Untersuchungen soll es auch sein, aufzuklären, ob diese Hohlkugeln tatsächlich entscheidend für die krebserzeugende Funktion der MYC-Gene sind. „Wir gehen davon aus, dass die Hemmung der MYC-Multimerisierung das normale Wachstum der Zelle aufrechterhält, aber die Fähigkeit der Tumorzellen blockiert, mit der deregulierten Transkription fertig zu werden“, erklärt Eilers. 

Der Forscher vermutet, dass Tumorzellen mit Hilfe der Multimere dazu in der Lage sind, sich der Überwachung durch das körpereigene Immunsystem zu entziehen. Dieses wird normalerweise aktiv, wenn es bemerkt, dass in einer Zelle ungewöhnliche RNA-Strukturen und DNA-Schäden vermehrt auftauchen – ein Phänomen, das auf transkriptionsbedingten Stress zurückzuführen ist – und zerstört die entsprechende Zelle. „Wir verfolgen die Hypothese, dass die Fähigkeit von MYC, schützende Strukturen auszubilden, einen Angriff durch das Immunsystem verhindert“, so Eilers.

Dementsprechend hofft er, dass die Hemmung der MYC-Kugelbildung ein erfolgreicher Ansatz für die Entwicklung neuer Wirkstoffe und damit eine geeignete therapeutische Strategie gegen Krebs ist. 

Führend auf dem Gebiet der Krebsforschung

Dass Martin Eilers Labor an der Universität Würzburg eine der weltweit führenden Adressen auf dem Gebiet der Krebsforschung ist, beweist nicht allein die Tatsache, dass Eilers jetzt bereits der zweite ERC Grant bewilligt wurde. Vergleichbares ist auch einem seiner Mitarbeiter gelungen: Professor Elmar Wolf war 2017 mit seinem Antrag auf einen mit 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant erfolgreich; 2023 erhielt er einen Consolidator Grant und damit verbunden zwei Millionen Euro für seine Forschung. Auch bei ihm dreht sich alles um die Entstehung von Krebs und um die Entwicklung potenzieller neuer Therapeutika.

Über den ERC-Preisträger

Martin Eilers, Jahrgang 1960, leitet seit 2008 den Lehrstuhl für Biochemie und Molekularbiologie am Biozentrum der Universität Würzburg. 

Er hat Chemie und Biochemie in Münster, Tübingen und Edinburgh studiert. Seine Promotion schloss er an der Universität Basel ab, im Anschluss forschte er als Postdoc an der University of California in San Francisco. Es folgten Stationen an den Universitäten Heidelberg, Marburg und schließlich Würzburg.

Für seine erfolgreiche Arbeit wurde Eilers 2004 mit dem Deutschen Krebspreis ausgezeichnet. Seit 2006 ist er Mitglied in der Europäischen Molekularbiologie-Organisation EMBO in Heidelberg. In die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina wurde er 2015 berufen. Seit 2022 ist er Leiter eines Projekts im Exzellenzförderprogramm für etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Deutschen Krebshilfe.

Kontakt

Prof. Dr. Martin Eilers, Lehrstuhl für Biochemie und Molekularbiologie, Universität Würzburg, T +49 931 31-84111, martin.eilers@ biozentrum.uni-wuerzburg.de 

https://www.biozentrum.uni-wuerzburg.de/molbio/startseite/ 

 

Pressemitteilung der Universität Würzburg vom 30. März 2023

Der Würzburger Krebsforscher Martin Eilers.

Der Würzburger Krebsforscher Martin Eilers. (Bild: Robert Emmerich / Universität Würzburg)