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Rekordfinanzierung: 150 Millionen US-Dollar für CatalYm

Das aus der Uni Würzburg entstandene Startup CatalYm hat sich eine Finanzierung von 150 Millionen US-Dollar gesichert. Das Unternehmen entwickelt eine innovative Krebstherapie.

Professor Jörg Wischhusen, Hauptgründer der CatalYm GmbH. (Bild: Michael Hoetzel / DGPh)
Professor Jörg Wischhusen, Hauptgründer der CatalYm GmbH. (Bild: Michael Hoetzel / DGPh)

Seit 2012 arbeitet ein Team um Professor Jörg Wischhusen von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg an einer innovativen Immuntherapie gegen Krebs. Die Arbeiten bildeten 2016 die Basis für die Gründung der CatalYm GmbH, die das Konzept in die klinische Anwendung überführt hat.

Im Juli 2024 hat CatalYm nun bekanntgegeben, dass es sich eine Rekordfinanzierung von 150 Millionen US-Dollar gesichert hat: Sie gehört bislang zu den zehn größten Finanzierungen in Deutschland im Jahr 2024.

Das frische Geld dient der Ausweitung der Phase-2b-Studie mit Visugromab, einem vielversprechenden Krebsmedikament. Visugromab ist ein von der JMU lizenzierter Antikörper, der den von vielen Tumoren produzierten Wachstumsdifferenzierungsfaktor GDF-15 neutralisiert – ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die bei Krebstherapien auftretende Immunresistenz.

Die Investoren

Die überzeichnete Finanzierungsrunde wurde von den neuen Investoren Canaan Partners und Bioqube Ventures angeführt und von Forbions Growth Opportunities Fund, Omega Funds und Gilde Healthcare unterstützt. Die bestehenden Investoren Jeito Capital, Brandon Capital Partners, Novartis Venture Fund und Vesalius nahmen ebenfalls an der Runde teil.

CatalYm hatte es bereits 2020 und 2022 geschafft, jeweils die stolze Summe von 50 Millionen Euro bei Investoren einzusammeln.

Unterstützt durch das SFT der Uni Würzburg

Das JMU-Servicezentrum Forschung und Technologietransfer (SFT) und das Innovations- und Gründerzentrum Würzburg (IGZ) haben das Team um Professor Jörg Wischhusen auf dem Weg zur Gründung der CatalYm unterstützt. Die Einrichtungen berieten die Forschenden bei der Ausgründung und unterstützten sie bei Förderanträgen.

„Die patentrechtliche Sicherung des Antikörpers durch die JMU war ein entscheidender Schritt für die erfolgreiche Firmengründung“, erinnert sich SFT-Leiterin Iris-Zwirner-Baier. Ende 2018 hat das Unternehmen seinen Schwerpunkt ans Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie in Martinsried verlegt.

Von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Uni Würzburg

Professor Jörg Wischhusen, Hauptgründer der CatalYm GmbH. (Bild: Michael Hoetzel / DGPh)
Professor Jörg Wischhusen, Hauptgründer der CatalYm GmbH. (Bild: Michael Hoetzel / DGPh)

Lymphome: Forschung an einem Test für eine bessere Therapie

Die Deutsche Krebshilfe fördert ein Verbundprojekt zur Prognose der B-Zell-Lymphom-Therapie mit rund 3,4 Millionen Euro. Federführend daran beteiligt ist der Würzburger Pathologe Andreas Rosenwald.

Krebszellen eines diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms unter dem Mikroskop.
Krebszellen eines diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms unter dem Mikroskop. (Bild: Pathologisches Institut JMU)

Mit etwa 6.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist das diffus großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) die häufigste Lymphom-Art in Deutschland. Etwa zwei Drittel der Betroffenen können mit einer Chemotherapie vollständig geheilt werden; die restlichen dreißig Prozent sprechen jedoch schlecht auf die Standardtherapie an und haben hohe Rückfallquoten. Diese Patientengruppe benötigt daher speziellere Therapieverfahren wie Immun- oder Stammzellbehandlungen. Forschende aus ganz Deutschland wollen nun eine Methode entwickeln, mit der Ärzte vorhersagen können, ob Erkrankte auf die vorgesehene Therapie ansprechen.

Bei Null anfangen müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Glück nicht: Der 2003 gegründete Forschungsverbund „Molecular Mechanisms in Malignant Lymphoma (MMML)“ konnte die Diagnose und die Behandlung von DLCBL-Patienten durch seine Arbeiten bereits maßgeblich verbessern. Doch die Frage, warum viele Patienten auf die Standardtherapie ansprechen, einige aber nicht, blieb bisher unbeantwortet.

Aus diesem Grund hat der Verbund nun das Projekt „MMML-Predict“ initiiert, bei dem Wissenschaftler an neun universitären Standorten in Deutschland das Therapieansprechen untersuchen. Das Forschungsvorhaben wird von der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) koordiniert.

Würzburger Pathologie ist Teil des Verbunds

Auf Würzburger Seite ist Professor Andreas Rosenwald an dem Projekt beteiligt. Der Vorstand des Instituts für Pathologie der Universität Würzburg ist einer der drei Hauptantragsteller von „MMML-Predict“. Gemeinsam mit seinem Team aus Pathologinnen und Pathologen sowie Molekularbiologinnen wird Rosenwald die Diagnostik der Lymphomproben bundesweit koordinieren und einen Teil der genetischen Untersuchungen hier in Würzburg durchführen.

„Wir hoffen, dass die tiefe genetische und molekulare Charakterisierung der Tumorzellen die Entwicklung eines Tests für die Routinediagnostik erlaubt, um in Zukunft das Ansprechen der Patientinnen und Patienten auf die Standardtherapie besser vorhersagen zu können“, so Rosenwald.

Zuverlässige Vorhersage des Therapieerfolgs

Im Rahmen von „MMML-Predict“ will das Forschungsteam ein Register aufbauen, in das die klinischen Daten von 300 Patientinnen und Patienten einfließen sollen. Anhand umfassender diagnostischer Tests charakterisieren die Wissenschaftler die Lymphome der Erkrankten vor und während der Behandlung. Begleitend halten sie fest, wie gut die Erkrankten auf die Standardtherapie ansprechen und ob sie einen Rückfall erleiden. Anhand dieser Daten wollen die Forschenden mithilfe von künstlicher Intelligenz herausfinden, welche diagnostischen Tests den Erfolg der Standardtherapie bereits im Vorfeld zuverlässig vorhersagen können.

Das Ziel des Konsortiums ist es, ein evidenzbasiertes und kostengünstiges Testverfahren in die Regelversorgung zu bringen. Es soll insbesondere kleinere Kliniken und niedergelassene Ärzte dabei unterstützen, diejenigen Patienten zu identifizieren, bei denen eine Standardtherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausreicht.

Eine große Entlastung für die Betroffenen

„Wir wissen, dass spezielle Immuntherapien wie CAR-T-Zell-Therapien in der Rezidivbehandlung sehr erfolgreich sein können“, erläutert Professor Dr. Lorenz Trümper, Vorstand des Ressorts Krankenversorgung der Universitätsmedizin Göttingen und Leiter des Konsortiums. „Wenn wir in Zukunft sagen könnten: ‚Sie bekommen diese Immuntherapie schon von Anfang an und nicht erst nach erfolgloser Chemotherapie‘, dann würde das eine große Entlastung für den Patienten bedeuten.“

„Mit den von ihr geförderten Forschungsprojekten verfolgt die Deutsche Krebshilfe vorrangig das Ziel, dass die dabei gewonnenen Erkenntnisse rasch den Patientinnen und Patienten zugutekommen. Darauf ist auch das Projekt MMML-Predict ausgerichtet“, so Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Das Vorhaben macht aber auch deutlich, wie relevant für einzelne Patientengruppen die Weiterentwicklung der personalisierten Medizin ist.“

Die Deutsche Krebshilfe fördert „MMML-Predict“ mit insgesamt 3,4 Millionen Euro über eine Laufzeit von fünf Jahren. Neben der Universitätsmedizin Göttingen sind wissenschaftliche Arbeitsgruppen der universitären Standorte Essen, Freiburg, Kiel, Leipzig, Regensburg, Ulm und Würzburg sowie das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart an dem Projekt beteiligt.

Kontakt

Prof. Dr. Andreas Rosenwald, Lehrstuhl für Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie,
T: +49 931 31-81199, andreas.rosenwald@ uni-wuerzburg.de

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 23.07.2024

Krebszellen eines diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms unter dem Mikroskop.
Krebszellen eines diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms unter dem Mikroskop. (Bild: Pathologisches Institut JMU)

Förderung für klinische Neurobiologie am UKW

Die Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp unterstützt das Forschungsvorhaben „Grundlagenforschung Angst – Erforschen der Schaltkreise, die bei Angst und Furcht im Gehirn ablaufen“ an der Uniklinik Würzburg mit 10.000 Euro.

(V.l.): Erhard Frank, Catharina Kipping, Gunther Schunk (alle Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp), Sigrid Kübert (Vogel Communications Group), César Redondo Alañón und Philip Tovote (Universitätsklinikum Würzburg) bei der Spendenübergabe.
(V.l.): Erhard Frank, Catharina Kipping, Gunther Schunk (alle Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp), Sigrid Kübert (Vogel Communications Group), César Redondo Alañón und Philip Tovote (Universitätsklinikum Würzburg) bei der Spendenübergabe. (Bild: Katrin Walter)

Das „Defense Circuits Lab“ am Institut für Klinische Neurobiologie widmet sich der Erforschung der neuronalen Grundlagen von Angstzuständen. Angst ist eine wichtige Emotion, die als Reaktion auf Bedrohungen entsteht und komplexe Prozesse im Gehirn auslöst. Wenn Angst jedoch unverhältnismäßig starke Reaktionen hervorruft, chronisch andauert oder auf eigentlich harmlose Reize hin entsteht, kann es beim Menschen zu Angststörungen kommen, welche die Lebensqualität stark beeinträchtigen.

Angststörungen sind die am weitesten verbreiteten neuropsychiatrischen Erkrankungen und können nicht immer effektiv mit medikamentösen oder psychotherapeutischen Maßnahmen gelindert werden. Durch das bessere Verständnis der Hirn-Schaltkreise, die für Angstzustände verantwortlich sind, können neue Behandlungsansätze für Angststörungen entwickelt werden.

Die Entstehung von Angst verstehen

Das Projekt zielt darauf ab, die Aktivität von Nervenzellen im präfrontalen Kortex während Angstzuständen zu analysieren und spezialisierte Zellgruppen zu identifizieren, die an Verhaltensänderungen und Herzaktivitätsanpassungen beteiligt sind. Diese Erkenntnisse könnten zu innovativen Behandlungsmethoden führen, die die Lebensqualität von Menschen mit Angststörungen verbessern. „Durch Kombination optischer und genetischer Methoden können wir heute die Hirn-Netzwerke, die Angst entstehen lassen, sehr genau untersuchen. Die daraus resultierenden Erkenntnisse bilden die Grundlage, auf der gezielte Netzwerktherapien zur Behandlung von Angststörungen entwickelt werden können“, erläutert Prof. Dr. Philip Tovote die Forschungsmotivation für das Projekt.

„Seit über zwei Jahren ist einer unserer Förderschwerpunkte das Thema mentale Gesundheit, da wir aus vielen Studien wissen, wie stark der psychische Druck gestiegen ist. Auch diese Grundlagenforschung unter Leitung von Prof. Tovote soll helfen, besser zu verstehen wie wir in unserer Gesellschaft damit umgehen und Angst besser entschärfen können“, erläutert Dr. Gunther Schunk, Vorstandsvorsitzender der Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp das Engagement: „Außerdem fördern wir mit dem Doktoranten César Redondo Alañón den Forschungsnachwuchs.

Über die Vogel Stiftung

Die Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp engagiert sich seit 2000 in den vier Förderfeldern Wissenschaft/Forschung, Medizin/Gesundheitswesen, Bildung und Kultur – ausschließlich zu gemeinnützigen Zwecken in der Region Würzburg. Ihre Ziele sind die Förderung exzellenter Forschung, das Stärken von kulturellen Angeboten und Engagements sowie die Unterstützung von wissenschaftlicher Aus- und Weiterbildung. Die Teilhabe am Leben durch Forschung steht im Mittelpunkt des Handelns der Stiftung.

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 09.07.2024

(V.l.): Erhard Frank, Catharina Kipping, Gunther Schunk (alle Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp), Sigrid Kübert (Vogel Communications Group), César Redondo Alañón und Philip Tovote (Universitätsklinikum Würzburg) bei der Spendenübergabe.
(V.l.): Erhard Frank, Catharina Kipping, Gunther Schunk (alle Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp), Sigrid Kübert (Vogel Communications Group), César Redondo Alañón und Philip Tovote (Universitätsklinikum Würzburg) bei der Spendenübergabe. (Bild: Katrin Walter)

Medizinstudierende erforschen NS-Vergangenheit

Im Seminar "Reflective Practicioner" erforschten Medizinstudierende der Uni Würzburg NS-Medizinverbrechen sowie die Schicksale jüdischer Ärztinnen und Ärzte. Historische Biografien und aktuelle ethische Fragen standen im Fokus.

Gemeinsam mit Ricardo Altieri (re.), Leiter des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, führte die Studierenden auf den Spuren der jüdischen Ärztin Klara Oppenheimer durch Würzburg.
Gemeinsam mit Ricardo Altieri (re.), Leiter des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, führte die Studierenden auf den Spuren der jüdischen Ärztin Klara Oppenheimer durch Würzburg. (Bild: Dr. Sandra Blumenthal)
Anne Simmenroth (li.), Dr. Alexander Pyrges (Institut für Geschichte der Medizin, Zweiter v.li.) und Sabine Schlegelmilch (Vierte v.li.) gemeinsam mit Studierenden des Seminars vor dem Würzburger Dom.
Anne Simmenroth (li.), Dr. Alexander Pyrges (Institut für Geschichte der Medizin, Zweiter v.li.) und Sabine Schlegelmilch (Vierte v.li.) gemeinsam mit Studierenden des Seminars vor dem Würzburger Dom. (Bild: Dr. Sandra Blumenthal)

Im Nationalsozialismus wurden auch in der Medizin grauenvolle Verbrechen begangen – dabei bildet die Universitätsmedizin in Würzburg keine Ausnahme. Werner Heyde etwa, Lehrstuhlinhaber der Universitätspsychiatrie, war als medizinischer Leiter der zuständigen Behörde maßgeblich mitverantwortlich an der sogenannten „Aktion T4“ für das gesamte Reichsgebiet beteiligt. Carl Josef Gauß, Direktor der Universitätsfrauenklinik, betrieb Forschung zur Zwangssterilisation und -abtreibung durch Bestrahlung und Eduard Wirths war als Standortarzt im KZ Auschwitz. Sie alle wirkten in oder kamen aus Würzburg.

Im vergangenen Sommersemester hatten Medizinstudierende der Julius-Maximilians-Universität (JMU) in einem besonderen Wahlfach die Möglichkeit, sich intensiv mit Opfern und Tätern dieser Zeit auseinanderzusetzen.

Das Seminar „Reflective Practitioner“ wurde als Teil der Reihe „Das leere Sprechzimmer“ konzipiert. Mit dieser hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) 2020 einen virtuellen Erinnerungsort geschaffen, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken, die als jüdische Ärztinnen und Ärzte verdrängt, verfolgt und ermordet wurden.

Kongress in Würzburg

Vom 26. bis 28. September 2024 findet der jährliche Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin statt, diesmal in Würzburg.

Im Rahmen dieses Kongress beleuchtet „das leere Sprechzimmer“ seine Thematik jedes Jahr mit Workshops und einem eigenen Ausstellungsraum. „Für den diesjährigen Kongress hatten wir die Idee, die Thematik in die Lehre einzubeziehen und direkt an die Studierenden zu vermitteln“, erklärt Professorin Anne Simmenroth. Sie leitet gemeinsam mit Professorin Ildikó Gágyor an der Medizinischen Fakultät das Institut für Allgemeinmedizin und organisiert mit ihrem Team den DEGAM-Kongress 2024.

Aus der Kooperation zwischen dem Institut für Allgemeinmedizin, dem Institut für Geschichte der Medizin sowie der DEGAM entstand so das Seminar. Die Veranstaltung wurde filmisch begleitet, das Ergebnis wird am Kongress gezeigt.

Von Opfern und Tätern

Im Seminar setzten sich die Studierenden anhand von Biografien mit der Situation jüdischer Ärztinnen und Ärzte ab 1933 auseinander, bekamen aber auch Einblicke in die medizinische Ideologien des Dritten Reichs. „Wichtig war uns dabei vor allem der regionale Bezug. Neben Opfern, wie etwa Klara Oppenheimer oder Theresia Winterstein, lag der Fokus auch auf der Vergangenheit der Würzburger Medizin, wo etwa in der Gynäkologie schwere Verbrechen begangen wurden“, berichtet Anne Simmenroth.

Neben der Historie befasste sich das Seminar mit Grundsatzfragen, die die angehenden Ärztinnen und Ärzte im Beruf auch heute noch beschäftigen. „Es ging auch darum, wie man heutzutage etwa eugenisches Gedankengut erkennen kann, welches teils auch in aktuellen Wortmeldungen der Politik und Medien zu finden ist“, so Simmenroth.

Ein besonderer Teil des Seminars war eine Stadtführung mit Dr. Riccardo Altieri. Mit dem Leiter des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken wandelten die Studierenden auf den Spuren von Klara Oppenheimer. Die Jüdin war die erste Ärztin mit eigener Praxis in Würzburg. Ab 1933 litt sie unter dem Terror des Naziregimes, 1943 starb sie im KZ Theresienstadt.

Großes Interesse der Studierenden

Mit dem Seminar rannten die Koordinatorinnen bei den Studierenden offen Türen ein: „Das Feedback war toll, viele Studierende würden sich wünschen, diese Inhalte zu Pflichtteilen im Studium zu machen.“ Das sei so zwar nicht möglich, zumindest das Wahlfach soll aber zukünftig einmal im Jahr angeboten werden.

Auf großen Zuspruch stieß auch die Abschlussveranstaltung, eine Aufführung des NS-Propagandafilms „Ich klage an.“ 1941 erschienen gilt dieser inzwischen als sogenannter Vorbehaltsfilm, darf als solcher nur in Verbindung mit einer historischen Einführung und Diskussion unter fachlicher Leitung gezeigt werden. Diese übernahm Professorin Sabine Schlegelmilch vom Institut für Geschichte der Medizin. Die im Film von damals populären Kinostars dargestellte, für ein breites Publikum melodramatisch aufbereitete, Geschichte sollte auf subtile Weise die Haltung der Bevölkerung pro Euthanasie beeinflussen. Heute wird sie als Werbung für den vom nationalsozialistischen Deutschland begangenen Massenmord an kranken Menschen eingestuft.

Links

DEGAM-Kongress 2024 in Würzburg

Das leere Sprechzimmer

Kontakt

Prof. Dr. Anne Simmenroth, Direktorin Institut für Allgemeinmedizin, Tel: 0931-201-47802, E-Mail: simmenroth_a@ ukw.de 

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 09.07.2024

Gemeinsam mit Ricardo Altieri (re.), Leiter des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, führte die Studierenden auf den Spuren der jüdischen Ärztin Klara Oppenheimer durch Würzburg.
Gemeinsam mit Ricardo Altieri (re.), Leiter des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, führte die Studierenden auf den Spuren der jüdischen Ärztin Klara Oppenheimer durch Würzburg. (Bild: Dr. Sandra Blumenthal)
Anne Simmenroth (li.), Dr. Alexander Pyrges (Institut für Geschichte der Medizin, Zweiter v.li.) und Sabine Schlegelmilch (Vierte v.li.) gemeinsam mit Studierenden des Seminars vor dem Würzburger Dom.
Anne Simmenroth (li.), Dr. Alexander Pyrges (Institut für Geschichte der Medizin, Zweiter v.li.) und Sabine Schlegelmilch (Vierte v.li.) gemeinsam mit Studierenden des Seminars vor dem Würzburger Dom. (Bild: Dr. Sandra Blumenthal)

1,4 Millionen Euro von der Michael-J.-Fox-Stiftung für Parkinson-Forschung

Behandlung des AAV1/2-hA53T-Alpha-Synuclein-Mausmodells für Parkinson mit KLS-13019

Chi Wang Ip vom Universitätsklinikum Würzburg untersucht mit zwei Partnern aus den USA und Kanada, an einem speziellen Mausmodell, ob KLS-13019 ein wirksames Medikament gegen Parkinson sein könnte. Im Mittelpunkt stehen die Fragen, wie das Medikament, das strukturell mit Cannabinoiden verwandt ist, auf wichtige Hirnfunktionen wirkt, ob es auch in fortgeschrittenen Krankheitsstadien hilft und wie zuverlässig die Ergebnisse sind.

 

Porträtfoto von Chi Wang Ip
Prof. Dr. Chi Wang Ip, stellvertretender Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg, erhält eine Förderung der Michael-J.-Fox-Stiftung für Parkinson-Forschung. Gemeinsam mit zwei Partnern aus den USA und Kanada untersucht er an einem speziellen Mausmodell, ob KLS-13019 ein wirksames Medikament gegen Parkinson sein könnte. © Chi Wang Ip / UKW

Würzburg. Michael J. Fox ist nicht nur für seine Rolle als Marty McFly in der Filmtrilogie „Zurück in die Zukunft“ bekannt, sondern auch für sein Engagement in der Parkinson-Forschung. Der kanadisch-amerikanische Schauspieler und Filmproduzent erkrankte um die Jahrtausendwende an der neurodegenerativen Störung und gründete die Michael J. Fox Foundation for Parkinson’s Research (MJFF). Die Stiftung sammelt Forschungsgelder, mit dem Ziel, Therapien für die bislang unheilbare Krankheit zu finden, von der allein in Deutschland 400.000 Menschen betroffen sind. 1.493.409 US-Dollar, rund 1,4 Millionen Euro, gingen jetzt an ein dreiköpfiges internationales Forscherteam mit Würzburger Beteiligung für die „Behandlung des AAV1/2-hA53T-Alpha-Synuclein-Mausmodells für Parkinson mit KLS-13019“. Prof. Dr. Chi Wang Ip, stellvertretender Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW), wird gemeinsam mit Dr. Douglas Brenneman, Chef-Pharmakologe des biopharmazeutischen Unternehmens Kannalife Sciences (USA) und Tom Johnston von Atuka Inc, einem auf Parkinson spezialisierten Auftragsforschungsunternehmen im kanadischen Toronto, die Studien durchführen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Universitäten und Unternehmen will die MJFF neue Forschungsergebnisse schneller in praktische Behandlungen für Menschen umsetzen.

Schlüsselfaktoren der Parkinson-Krankheit: Neuroinflammation und mitochondriale Dysfunktion

„Wir fühlen uns sehr geehrt, dass die Michael J. Fox Foundation for Parkinson’s Research unser Forschungsvorhaben unterstützt. Die Förderung unterstreicht das Engagement der Stiftung, die therapeutische Erforschung der Parkinson-Krankheit durch die Bekämpfung von Neuroinflammation und mitochondrialer Dysfunktion voranzutreiben. Denn sowohl die Entzündungsreaktion im zentralen Nervensystem als auch die Fehlfunktion der Mitochondrien, die für die Energieproduktion in den Zellen verantwortlich sind, stellen zwei Schlüsselfaktoren der Krankheit dar“, kommentiert Chi Wang Ip. 
Der Arzt und Wissenschaftler konzentriert sich am UKW auf Bewegungsstörungen, insbesondere auf Parkinson und Dystonie und deren Pathophysiologie. Sein Labor erforscht unter anderem die Rolle des Immunsystems und die Veränderungen des Gehirnnetzwerks anhand von Nagetiermodellen für diese Krankheiten. 

AAV1/2-hA53T-Alpha-Synuclein-Mausmodell

In dem vom MJFF geförderten Forschungsprojekt prüft Chi Wang Ip mit seinem Team am so genannten AAV1/2-hA53T-Alpha-Synuclein-Mausmodell, ob der Wirkstoff KLS-13019 eine wirksame Therapie gegen Parkinson sein kann, die den Verlauf der Krankheit verändert. Chi Wang Ip hat dieses Mausmodell zusammen mit Kollegen aus Kanada entwickelt, an dem sich die pathologischen Veränderungen der Parkinson-Krankheit und der Krankheitsverlauf innerhalb von acht Wochen beobachten lassen. Die Mäuse überexprimieren das mutierte menschliche Alpha-Synuclein, was zu Symptomen und Pathologien führt, die denen der Parkinson-Krankheit beim Menschen ähneln, wie zum Beispiel der Verlust von dopaminergen Neuronen, also Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin synthetisieren und freisetzen. Ein Mangel kann die für Parkinson typischen motorischen Störungen auslösen. 

KLS-13019 ist strukturell mit Cannabinoiden verwandt

KLS-13019 ist eine von Kannalife Sciences entwickelte chemisch modifizierte Form von Cannabidiol, einem der Hauptbestandteile von Cannabis. Das synthetische Molekül zielt auf die positiven Wirkungen von Cannabinoiden wie entzündungshemmende und neuroprotektive Eigenschaften ab, ohne die psychoaktiven Effekte, die typischerweise mit Cannabis assoziiert werden. Die präklinischen Ergebnisse von KLS-13019 in Modellen von Neuroinflammation und oxidativen Stress waren sehr vielversprechend. 

Während der 24-monatigen Förderperiode untersuchen die Forscherinnen und Forscher zunächst, wie KLS-13019 auf bestimmte biologische Marker wirkt, die für die Funktion von Dopamin wichtig sind. Außerdem wird untersucht, wie gut KLS-13019 vom Körper aufgenommen wird und an welche Ziele im Gehirn es bindet. Bei positiven Effekten geht das Projekt in die nächste Studienphase über. Das heißt, die Untersuchungen werden in einem anderen Labor wiederholt, um die Zuverlässigkeit zu testen. Und um herauszufinden, ob KLS-13019 auch dann noch wirkt, wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist, wird die Behandlung mit KLS-13019 zwei Wochen später begonnen. Möglicherweise profitieren auch Menschen von dem Medikament, die schon länger an Parkinson erkrankt sind.

Text: Kirstin Linkamp / UKW 

 

Porträtfoto von Chi Wang Ip
Prof. Dr. Chi Wang Ip, stellvertretender Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg, erhält eine Förderung der Michael-J.-Fox-Stiftung für Parkinson-Forschung. Gemeinsam mit zwei Partnern aus den USA und Kanada untersucht er an einem speziellen Mausmodell, ob KLS-13019 ein wirksames Medikament gegen Parkinson sein könnte. © Chi Wang Ip / UKW

Würzburg richtete zweiten Kardioimmunologie-Kongress aus

II. Cardioimmunology Würzburg 2024: Vom 26. bis 28. Juni trafen sich Forschende der aufstrebenden Disziplin Kardioimmunologie aus der ganzen Welt im Kloster Banz.

Die Teilnehmenden stehen auf der Freitreppe vor dem Kloster Banz
Die Veranstaltung in Banz war in hohem Maß international besetzt, was sowohl die Teilnehmenden als auch die Referierenden anging. Bei den Vorsitzenden, Sprechenden und mehr als 50 Poster-Vortragenden gab es ein ausgewogenes Verhältnis hinsichtlich des Geschlechts, des Karrierestands und des Herkunftslandes. © Iris Hoffmann / UKW
Teilnehmer hält Programm des Kongresses hoch, im Hintergrund ist das Kloster Banz zu sehen.
Der Kongress Cardioimmunology Würzburg 2024 stellte fortschrittliche Forschung an der Schnittstelle von Immunologie und Kardiologie in den Mittelpunkt und bot einen Einblick in die neuesten Fortschritte bei der Steuerung therapeutischer Interventionen bei Herzentzündungen. Das Verständnis der Dynamik und die Beeinflussung der Interaktionen zwischen angeborenen und adaptiven Immunzellen, Kardiomyozyten und kardialen Stromazellen sind vielversprechend für die Entwicklung zukünftiger Therapien für Patientinnen und Patienten mit Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz. © Dr. Giulia Germena (Göttingen)
Cover des Journals Circulation Research
Das vom Cardioimmunology Congress inspirierte Review-Kompendium von Circulation Research erhielten alle Teilnehmenden in gedruckter Form. Mehrere Mitglieder des Editorial Boards der Zeitschrift nahmen am Kongress in Kloster Banz https://www.ahajournals.org/toc/res/134/12

Würzburg. Historisch gesehen sind Kardiologie und Immunologie getrennte Disziplinen mit minimalen Überschneidungen. Herzerkrankungen wurden traditionell vor allem in den Fachgebieten Kardiologie und Physiologie untersucht. Dabei werden die physiologische Funktion des Herzens und die meisten pathologischen Prozesse entscheidend durch das Immunsystem beeinflusst. Die wissenschaftliche Expertise zur Erforschung immunologischer Mechanismen ist jedoch in beiden Fachgebieten nur schwach ausgeprägt, und in den immunologischen Disziplinen wiederum stehen Herzerkrankungen mit Ausnahme der Myokarditis bisher kaum im Fokus. 

Deshalb hat sich in den letzten Jahren das neue Forschungsfeld der Kardioimmunologie entwickelt. Würzburg nimmt hier mit dem Sonderforschungsbereich SFB 1525 "Cardioimmune Interfaces" eine Vorreiterrolle ein: Als weltweit erstes Forschungskonsortium untersucht der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte SFB seit 2022 an einem Ort und mit einem ausgeprägten interdisziplinären Ansatz die immunologischen Prozesse, die bei verschiedenen Herzmuskelerkrankungen ausgelöst werden.

Jetzt organisierte das Würzburger SFB-Team, abermals mit finanzieller Unterstützung der DFG, den zweiten Kardioimmunologie-Kongress im Kloster Banz im oberfränkischen Bad Staffelstein. 135 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt kamen Ende Juni ins oberfränkische Bad Staffelstein, um sich drei Tage lang über die neueste Forschung an der Schnittstelle von Immunologie und Kardiologie auszutauschen, einen Überblick über die jüngsten Fortschritte bei der Steuerung therapeutischer Interventionen bei kardialen Entzündungen zu erhalten und nicht zuletzt, um sich zu vernetzen.

Hoher Stellenwert für internationale Vernetzung und Nachwuchsförderung

„Es ist uns gelungen, zahlreiche internationale Referentinnen und Referenten zu gewinnen, die das Gebiet in den letzten Jahren mit herausragenden Publikationen wissenschaftlich vorangebracht haben. Gerade für die zahlreich anwesenden Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ergab sich so ein einzigartiges Interaktionsfeld“, berichtet Prof. Dr. Stefan Frantz, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und Sprecher des SFB 1525. Von den 67 ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen 40 aus Nicht-EU-Ländern. Dass sowohl das Konzept als auch das wissenschaftliche Programm für alle Karrierestufen interessant sind, zeigte die hohe Beteiligung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Ein Drittel der Teilnehmenden war noch nicht promoviert.

Die Förderung und Vernetzung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein wichtiges Anliegen des Würzburger SFB. So findet jährlich eine internationale „Summer School Cardio-Immune Interfaces“ statt – organisiert von und für Doktorandinnen und Doktoranden. Während der Tagung in Banz fand unter der Leitung von Prof. Dr. Gustavo Ramos aus Würzburg auch ein Koordinationstreffen der internationalen ImHeart-Initiative statt, die sich um die Förderung eines European Innovative Training Networks (ITN) für Kardioimmunologie im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen der EU bewirbt.

Wissenschaftliches Kompendium inspiriert vom Kongress

Basierend auf den neuesten Entwicklungen in der kardioimmunologischen Forschung wurde begleitend zur Veranstaltung ein Review-Kompendium in der Zeitschrift Circulation Research veröffentlicht, das den Stand der Wissenschaft an der Schnittstelle zwischen Kardioimmunologie, Herzgesundheit und Herzerkrankungen zusammenfasst. Noch gibt es keine eigene Fachgesellschaft, kein Publikationsorgan und keine regelmäßig stattfindenden internationalen Tagungen, die sich ausschließlich der Kardioimmunologie widmen. Den Anfang machte das Universitätsspital Zürich, das vor zwei Jahren den ersten Kardioimmunologie-Kongress im Kloster Ittingen in der Schweiz ausrichtete. Ein Jahr später folgte ein Symposium im amerikanischen Bar Harbor und nun, 2024, in Franken. „Die Notwendigkeit, den interdisziplinären Austausch zu fördern, und die Begeisterung, mit der diese wegweisenden Veranstaltungen von einer wachsenden Kardioimmunologie-Community aufgenommen wurden, haben uns dazu inspiriert, dieses Kompendium zu organisieren, dessen Struktur die Atmosphäre dieser Veranstaltungen widerspiegeln soll“, sagt Gustavo Ramos, der zusammen mit Prof. Dr. Ulrich Hofmann den SFB 1525 wissenschaftlich koordiniert.

Um einen regelmäßigen persönlichen wissenschaftlichen Austausch und die Berücksichtigung vielfältiger Forschungsperspektiven in diesem sich rasant entwickelnden Forschungsfeld zu gewährleisten, soll der Kongress Cardioimmunology künftig alle zwei Jahre an unterschiedlichen Orten von wechselnden akademischen Institutionen und Programmkommissionen ausgerichtet werden.

Text: Kirstin Linkamp / UKW 
 

Die Teilnehmenden stehen auf der Freitreppe vor dem Kloster Banz
Die Veranstaltung in Banz war in hohem Maß international besetzt, was sowohl die Teilnehmenden als auch die Referierenden anging. Bei den Vorsitzenden, Sprechenden und mehr als 50 Poster-Vortragenden gab es ein ausgewogenes Verhältnis hinsichtlich des Geschlechts, des Karrierestands und des Herkunftslandes. © Iris Hoffmann / UKW
Teilnehmer hält Programm des Kongresses hoch, im Hintergrund ist das Kloster Banz zu sehen.
Der Kongress Cardioimmunology Würzburg 2024 stellte fortschrittliche Forschung an der Schnittstelle von Immunologie und Kardiologie in den Mittelpunkt und bot einen Einblick in die neuesten Fortschritte bei der Steuerung therapeutischer Interventionen bei Herzentzündungen. Das Verständnis der Dynamik und die Beeinflussung der Interaktionen zwischen angeborenen und adaptiven Immunzellen, Kardiomyozyten und kardialen Stromazellen sind vielversprechend für die Entwicklung zukünftiger Therapien für Patientinnen und Patienten mit Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz. © Dr. Giulia Germena (Göttingen)
Cover des Journals Circulation Research
Das vom Cardioimmunology Congress inspirierte Review-Kompendium von Circulation Research erhielten alle Teilnehmenden in gedruckter Form. Mehrere Mitglieder des Editorial Boards der Zeitschrift nahmen am Kongress in Kloster Banz https://www.ahajournals.org/toc/res/134/12

Auszeichnung für die Erforschung von Babylauten

Prof. Dr. Kathleen Wermke erhält Fellowship der Carl Friedrich von Siemens Stiftung

Kathleen Wermke sitzt am Besprechungstisch vor dem Bücherregal in ihrem Büro im Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen
Prof. Dr. Kathleen Wermke, Fellow der Carl Friedrich von Siemens Stiftung, baute mit ihrem Team in der Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) das weltweit erste Zentrum zur Diagnostik vorsprachlicher Entwicklungsstörungen bei Kindern mit einem erhöhten Risiko für den Spracherwerb auf. Bild: Kathrin Königl

Würzburg. Erst vor wenigen Monaten, im März 2024, hat Prof. Dr. Kathleen Wermke ihr erstes Sachbuch über Babygesänge herausgegeben. Auf über 200 Seiten beschreibt sie unterhaltsam und fundiert, wie aus Weinen Sprache wird. Jetzt soll ein Fachbuch zur frühen Sprachentwicklung folgen. Die Leiterin des Zentrums für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) an der Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) ist von der Carl Friedrich von Siemens Stiftung eingeladen worden, ab Herbst ein Jahr lang am Stiftungssitz in München ungestört und konzentriert an ihrem wissenschaftlichen Werk zu arbeiten. In dieser Zeit ist Kathleen Wermke von ihren universitären Verpflichtungen freigestellt. Die Carl Friedrich von Siemens Stiftung vergibt das Fellowship-Stipendium jährlich an zwei herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen und Nationalitäten. Einige Ergebnisse dieser Fellowships wurden in der 'Edition der Carl Friedrich von Siemens Stiftung' veröffentlicht, die im C.H. Beck Verlag erscheint.

„Ich freue mich außerordentlich über diese Auszeichnung, weil sie meine bisherige Forschung würdigt und mir die Möglichkeit gibt, meine wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammenzufassen und weiterzugeben. Dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Kathleen Wermke. Die Verhaltensbiologin erforscht seit Jahrzehnten auf fast allen Kontinenten das Weinen, Quieken und Brabbeln von Säuglingen und Kleinkindern. Dabei analysiert sie die unterschiedlichen Melodien, Intervalle und rhythmischen Betonungen der Laute, also Elemente der späteren Prosodie der Umgebungssprachen. Mit ihrem Team hat sie dabei entdeckt, dass sich bereits in den ersten Lebenstagen die Melodiekontur im natürlichen Weinen von Neugeborenen rund um den Globus unterscheidet. Damit könne der Babygesang im ersten Lebensjahr als das entscheidende fehlende Puzzlestück betrachtet werden, um die Evolution vom Tiergesang zur menschlichen Lautsprache besser zu verstehen.

Weltweit erste Vorsprachliche Diagnostik anhand von Säuglingslauten

Bevor Kathleen Wermke 2003 nach Würzburg kam, forschte und lehrte sie viele Jahre am Institut für Medizinische Anthropologie der Charité in Berlin. An die Poliklinik für Kieferorthopädie des UKW kam sie, um gemeinsam mit einem interdisziplinären Ärzteteam das weltweit erste Zentrum zur Diagnostik vorsprachlicher Entwicklungsstörungen bei Kindern mit einem erhöhten Risiko für den Spracherwerb aufzubauen. Eine frühzeitige Diagnostik potenzieller Störungen in der Sprech- und Sprachentwicklung ist nicht nur bei Lippen-Kiefer-Gaumenspaltbildungen wichtig, sondern auch bei anderen Erkrankungen wie etwa angeborenen Hörstörungen oder Atemwegsproblemen. 

Das Team in der Kieferorthopädie betrat vor 20 Jahren absolutes Neuland. „Um überhaupt einen frühen Hinweis auf eine mögliche Entwicklungsstörung erkennen zu können, mussten wir zunächst erforschen, wie sich aus dem Weinen der Säuglinge über Gurr- und Brabbellaute einfache Silben und erste Wörter bilden und welche Einflussfaktoren dabei eine Rolle spielen. Das war damals auch für Kinder ohne Risikofaktoren für die frühe Sprachentwicklung nicht bekannt. Wir brauchten Kontrollgruppen“, sagt die 63-Jährige rückblickend. So entstand im Laufe der Jahre ein besonderes Archiv mit Babylauten und die einzigartige, international gefragte Kompetenz, diese frühen Laute geeignet auszuwerten.

Im geplanten Fachbuch wird Kathleen Wermke ihre Theorien zur vorsprachlichen Entwicklung sowohl mit modernen Konzepten zur Sprachevolution als auch mit ihren klinischen Erfahrungen verbinden.

Text: Kirstin Linkamp / UKW 
 

Kathleen Wermke sitzt am Besprechungstisch vor dem Bücherregal in ihrem Büro im Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen
Prof. Dr. Kathleen Wermke, Fellow der Carl Friedrich von Siemens Stiftung, baute mit ihrem Team in der Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) das weltweit erste Zentrum zur Diagnostik vorsprachlicher Entwicklungsstörungen bei Kindern mit einem erhöhten Risiko für den Spracherwerb auf. Bild: Kathrin Königl