Aktuelle Pressemitteilungen

Entschlüsselung der Geheimnisse rund um die Blutplättchenproduktion

Dr. Zoltan Nagy wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in das renommierte Emmy Noether-Programm aufgenommen. Der Biologe erhält über einen Zeitraum von sechs Jahren mehr als 1,7 Millionen Euro für den Aufbau einer Forschungsgruppe am Institut für Experimentelle Biomedizin des Universitätsklinikums Würzburg, um den Reifungsprozess von blutbildenden Zellen, so genannten Megakaryozyten, zu untersuchen.

Zoltan Nagy im Labor
Dr. Zoltan Nagy wird Leiter einer neuen Forschungsgruppe am Institut für Experimentelle Biomedizin des Universitätsklinikums Würzburg. Für den Aufbau der Gruppe erhält er eine DFG-Förderung im Rahmen des Emmy Noether-Programms. © Kirstin Linkamp / UKW
Gabriel Araujo und Zoltan Nagy im Labor am Mikroskop und Monitor
Doktorand Gabriel H. M. Araujo (links) zeigt Zoltan Nagy seine mikroskopischen Bilder von Megakaryozyten im Knochenmark. © Kirstin Linkamp / UKW
Maximilian Englert und Zoltan Nagy sitzen im Büro am Computer und besprechen die Analysen.
Doktorand Maximilian Englert (links) spricht mit Zoltan Nagy über seine Einzelzelldatenanalyse. © Kirstin Linkamp / UKW

Wer ein erhöhtes Blutungsrisiko hat, kann in verschiedenen medizinischen Situationen, wie etwa nach einer schweren Verletzung oder vor einer großen Operation, auf eine Blutplättchentransfusion angewiesen sein, um Blutungen oder einen übermäßigen Blutverlust zu verhindern. Vor allem Krebspatientinnen und -patienten sind auf Thrombozytenspenden angewiesen, da die Therapien die Blutzellenbildung häufig stören. Der demografischen Alterung und steigenden Zahl an Krebspatienten steht jedoch eine sinkende Verfügbarkeit von Blut- und Thrombozytenspenden gegenüber, was in Zukunft zu Engpässen bei der Transfusion von Thrombozytenkonzentraten führen dürfte. Dieses Ungleichgewicht stellt auch in Deutschland eine drängende Herausforderung für die Gesundheitssysteme dar.

Wie lässt sich die Blutplättchenproduktion verbessern?

Zoltan Nagy könnte mit seiner neuen Forschungsgruppe, deren Aufbau von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Emmy Noether-Programms mit mehr als 1,7 Millionen Euro gefördert wird, zur Lösung beitragen. Titel seines Forschungsvorhabens: Einzelzell-basierte Kartierung der Megakaryozytenentwicklung. Die Megakaryozyten gehören mit bis zu 0,1 mm zu den größten Zellen des menschlichen Organismus und sind für die Produktion der Blutplättchen verantwortlich. „Die effiziente Herstellung von Blutplättchen im Labor wird durch unser begrenztes Verständnis des Reifungsprozesses behindert, durch den sich Vorläuferzellen im Knochenmark in voll entwickelte Blutplättchen bildende Megakaryozyten verwandeln“, schildert Nagy die Ausgangslage. 

Und genau hier setzt Nagys neue Emmy-Noether-Forschungsgruppe an. Sie will die Schlüsselfaktoren und molekularen Mechanismen untersuchen, welche die Entwicklung der Megakaryozyten steuern. Dazu analysiert Nagy mit seinem Team, das derzeit aus zwei Doktoranden besteht, mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung die genetische Aktivität innerhalb einzelner Zellen in verschiedenen Reifungsstadien.

Darüber hinaus wollen die Nachwuchswissenschaftler durch Genmanipulationsexperimente in bestimmte Gene eingreifen, um deren Rolle bei der Reifung von Megakaryozyten zu beobachten und so potenzielle neue Angriffspunkte für Interventionen zur Verbesserung der Blutplättchenproduktion zu finden.

Megakaryozytenentwicklung im Knochenmark - außergewöhnliches Forschungsumfeld in Würzburg

„Ich bin meinen Kolleginnen und Kollegen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene sehr dankbar für ihre unschätzbare Unterstützung und Zusammenarbeit, die wesentlich zum Erfolg dieses Förderantrags beigetragen hat", betont Zoltan Nagy. Der 38-Jährige fährt fort: „In Würzburg habe ich ein außergewöhnliches Forschungsumfeld mit zahlreichen vielversprechenden Möglichkeiten gefunden, die von großem Nutzen für den Fortschritt meines Forschungsprogramms sind. Dazu gehört das kürzlich gegründete hochmoderne Single-Cell-Center Würzburg des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI), das die Entwicklung unserer Methode mit einem Seed Grant unterstützt hat. Außerdem freue ich mich darauf, gemeinsam mit den Teams der Würzburger Thrombozytengruppe und des Rudolf-Virchow-Zentrums für Integrative und Translationale Bildgebung (RVZ) innovative Ansätze in der Megakaryozytenforschung zu entwickeln.“

Prof. Bernhard Nieswandt, Direktor des Instituts für Experimentelle Biomedizin des Universitätsklinikums Würzburg gratuliert Zoltan Nagy ganz herzlich zu seiner außergewöhnlichen Leistung und sagt: „Die Einwerbung des renommierten Emmy-Noether-Stipendiums zeigt die außergewöhnliche Qualität der Forschung von Dr. Nagy und unterstreicht das günstige Umfeld der Würzburg Platelet Group, in dem sich talentierte junge Wissenschaftler entfalten können.“

Über Zoltan Nagy: Neue Grenzen in der Megakaryozytenforschung erschließen

Nach seinem Biologiestudium im Szeged, Ungarn, begann Zoltan Nagy ein Praktikum bei der Würzburg Platelet Group, wo seine Faszination an Blutplättchen geweckt wurde. Er schloss seinen PhD am University College Dublin, Irland, unter der Leitung von Dr. Albert Smolenski ab. Während seiner Postdoc-Ausbildung im Labor von Prof. Yotis Senis an der Universität Birmingham, Großbritannien, führte Dr. Zoltan Nagy innovative Forschungsarbeiten zur Biologie der Blutplättchen und Megakaryozyten durch, die zu bedeutenden Fortschritten auf diesem Gebiet beigetragen haben. Er konzentrierte sich auf Proteine, die eine zentrale Rolle bei der Produktion und Funktion von Blutplättchen spielen, und führte fortschrittliche Methoden zur Untersuchung dieser Zellen ein.

Im Jahr 2019 wechselte Nagy in die Arbeitsgruppe von Prof. Bernhard Nieswandt an der Universität Würzburg und begann mit Unterstützung der PostDoc-Plus-Förderung der Graduate School of Life Sciences mit dem Aufbau eines eigenständigen Forschungsprogramms zu Megakaryozyten. Seine Forschungsaktivitäten weiteten sich weiter aus, als er 2021 die Rolle des Projektleiters im DFG-geförderten Transregio/Sonderforschungsbereich 240 „Platelets“ übernahm, wo er maßgeblich zur Etablierung von Einzelzell-RNA-Sequenzierungsmethoden zur Untersuchung von Megakaryozyten beitrug. Diese Entwicklungen und Fortschritte bilden die solide Grundlage für sein aktuelles Programm.

PDF der Pressemitteilung in englischer Sprache.

Zoltan Nagy im Labor
Dr. Zoltan Nagy wird Leiter einer neuen Forschungsgruppe am Institut für Experimentelle Biomedizin des Universitätsklinikums Würzburg. Für den Aufbau der Gruppe erhält er eine DFG-Förderung im Rahmen des Emmy Noether-Programms. © Kirstin Linkamp / UKW
Gabriel Araujo und Zoltan Nagy im Labor am Mikroskop und Monitor
Doktorand Gabriel H. M. Araujo (links) zeigt Zoltan Nagy seine mikroskopischen Bilder von Megakaryozyten im Knochenmark. © Kirstin Linkamp / UKW
Maximilian Englert und Zoltan Nagy sitzen im Büro am Computer und besprechen die Analysen.
Doktorand Maximilian Englert (links) spricht mit Zoltan Nagy über seine Einzelzelldatenanalyse. © Kirstin Linkamp / UKW

Meilenstein in Myelom-Behandlung: CAR-T-Zell-Therapie toppt Standardbehandlung

Internationale Studie von Hermann Einsele als Letztautor zeigt zum ersten Mal in randomisierter Form eine Überlegenheit der CAR-T Zelltherapie gegenüber einer konventionellen Therapie beim fortgeschrittenen Multiplen Myelom

Porträtfoto von Hermann Einsele am Schreibtisch
Prof. Dr. Hermann Einsele hat die Phase-3-Studie CARTITUDE-4 mitkonzipiert und fungiert als Letztautor. Die Studie zeigt zum ersten Mal in randomisierter Form eine Überlegenheit der CAR-T Zelltherapie gegenüber einer konventionellen Therapie beim fortgeschrittenen Multiplen Myelom. © UKW
Hermann Einsele bei einer Präsentation
Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am Universitätsklinikum Würzburg und Sprecher des NCT WERA, gilt als Meinungsführer in der CAR-T-Zelltherapie, er hat diese als erster in Europa klinisch eingesetzt. © Arnika Hansen / UKW

Jedes Jahr erhalten allein in Deutschland rund 7.000 Menschen die Diagnose Multiples Myelom. Dauerhaft geheilt werden kann diese Krebserkrankung, die von veränderten Plasmazellen im Knochenmark ausgeht, noch nicht. Denn auch nach vermeintlich erfolgreicher Therapie müssen die Betroffenen immer mit einem Rezidiv rechnen. Als große Hoffnungsträger gelten Immuntherapien mit Antikörpern oder Gen-manipulierten T-Zellen, den so genannten CAR-T-Zellen. Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg und Sprecher des neu gegründeten NCT WERA, hat eine internationale Studie mitkonzipiert und entwickelt, die jetzt erstmals in randomisierter Form eine Überlegenheit der CAR-T-Zelltherapie gegenüber einer konventionellen Behandlung beim fortgeschrittenen Multiplen Myelom (in der 2. und 4. Therapielinie) gezeigt hat. Die Ergebnisse wurden im New England Journal of Medicine (doi: 10.1056/NEJMoa2303379) veröffentlicht und gerade auf dem europäischen Hämatologen-Kongress in Frankfurt (European Hematology Congress EHA 2023) als Meilenstein in der Myelom-Therapie bewertet.

Patienten, die auf Lenalidomid refraktär waren, profitierten von einmaliger Cilta-Cel-Infusion

In der Phase-3-Studie CARTITUDE-4 wurden Patientinnen und Patienten mit einem Lenalidomid-refraktären Multiplen Myelom entweder mit der CAR-T-Zelltherapie Ciltacabtagene Autoleucel, kurz Cilta-Cel, oder mit einer wirksamen Standardtherapie nach Wahl des Behandelnden therapiert. „Der Einsatz von Lenalidomid ist als Frühtherapie und auch als Erhaltungstherapie weit verbreitet“, erläutert Hermann Einsele. „Jedoch entwickeln die Betroffenen häufig eine Resistenz gegen den Immunmodulator, sodass sie auf diese Therapie nicht mehr ansprechen. Bei Patienten mit einer Lenalidomid-refraktären Erkrankung ist die Prognose extrem ungünstig, das mediane erkrankungsfreie Überleben bei bisherigen Therapien liegt bei unter zwölf Monaten. Daher besteht ein dringender Bedarf an neuen, frühzeitig wirksamen Therapien.“

Geringeres Risiko für Fortschreiten des Multiplen Myeloms oder Tod

In früheren Studien wurde bereits gezeigt, dass die chimäre Antigenrezeptor-T-Zell-Therapie Cilta-Cel, die gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) gerichtet ist, bei Personen mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplem Myelom zu einem frühen langanhaltendem tiefen Ansprechen führt. „Im direkten Vergleich mit der Standardbehandlung konnten wir nun zeigen, dass die CAR-T-Zell-Therapie mit einer einzelnen Cilta-Cel-Infusion zu einem deutlich geringeren Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung oder den Tod führt“, freut sich Hermann Einsele, der bei der Studie als Letztautor fungiert. 

Insgesamt wurden für die Phase-3-Studie 419 Patientinnen und Patienten randomisiert, 208 Personen erhielten die Behandlung mit Cilta-Cel und 211 die Standardtherapie. In der Intention-to-treat-Analyse betrug das progressionsfreie Überleben nach zwölf Monaten in der Cilta-Cel-Gruppe 75,9 % und in der Standardbehandlungsgruppe 48,6 %. In der Cilta-Cel-Gruppe wiesen außerdem mehr Personen als in der Standardbehandlungsgruppe ein Gesamtansprechen (84,6 % gegenüber 67,3 %), ein vollständiges Ansprechen oder besser (73,1 % gegenüber 21,8 %) und keine minimale Resterkrankung (60,6 % gegenüber 15,6 %) auf. Noch beeindruckender war die Per-Protokoll-Analyse der Patienten, welche tatsächlich mit einer CAR-T-Zell-Infusion behandelt wurden: Die Ansprechrate betrug 99,4 % - das heißt: nur 1 von 176 behandelten Patienten sprach nicht an. 86 % der Patienten konnten eine komplette Remission erreichen und 90 % waren nach zwölf Monaten noch krankheitsfrei.

Hoffnung auf längere Krankheitsfreiheit und Heilungsoptionen durch frühe Anwendung

„Die bisherigen Ergebnisse mit der CAR-T-Zell-Therapie beim Multiplen Myelom – nach 6 Linien Vorbehandlung ein krankheitsfreies Überleben von 34.9 Monaten – lassen erhoffen und vermuten, dass die hier erfolgte frühere Anwendung nach 1 bis 3 Vortherapien bei dem exzellenten Ansprechen noch deutlich längere Krankheitsfreiheit und sogar Heilungsoptionen eröffnet“, resümiert Hermann Einsele.

Porträtfoto von Hermann Einsele am Schreibtisch
Prof. Dr. Hermann Einsele hat die Phase-3-Studie CARTITUDE-4 mitkonzipiert und fungiert als Letztautor. Die Studie zeigt zum ersten Mal in randomisierter Form eine Überlegenheit der CAR-T Zelltherapie gegenüber einer konventionellen Therapie beim fortgeschrittenen Multiplen Myelom. © UKW
Hermann Einsele bei einer Präsentation
Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am Universitätsklinikum Würzburg und Sprecher des NCT WERA, gilt als Meinungsführer in der CAR-T-Zelltherapie, er hat diese als erster in Europa klinisch eingesetzt. © Arnika Hansen / UKW

Hentschel-Stiftung Würzburg

„Kampf dem Schlaganfall“

Die Hentschel-Stiftung mit Sitz in Würzburg fördert die Schlaganfallforschung, um die Behandlung der Betroffenen zu verbessern. Die Hentschel-Stiftung schreibt hierzu erneut deutschland-weit für eine herausragende Doktorarbeit oder eine hochrangige wissenschaftliche Publikation zum Thema „Schlaganfall“ einer jungen Wissenschaftlerin/eines jungen Wissenschaftlers den

Hentschel-Preis 2023

aus.

Der Preis ist mit 5.000 € dotiert und kann geteilt werden. Der Preis soll an jüngere Wissenschaftler/innen (Altersgrenze 40 Jahre) verliehen werden, die herausragende Leistungen in der Schlaganfallforschung aufzuweisen haben.

Förderungswürdig sind Arbeiten aus der Grundlagenforschung, der klinischen Forschung sowie aus der Versorgungsforschung. Die Arbeit muss in deutscher oder englischer Sprache verfasst sein. Die Preisvergabe erfolgt gemäß einer Entscheidung des Vorstands der Hentschel-Stiftung Würzburg im Rahmen des 8. Würzburger Schlaganfallsymposiums, das am 26.10.2023 stattfinden wird.

Bewerbungen sollten die betreffende Arbeit, einen Lebenslauf mit Lichtbild und ein Schriftenverzeichnis umfassen und in fünffacher Ausfertigung bis zum 01.08.2023 postalisch geschickt werden an:

Prof. Dr. Jens Volkmann

Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik
Universitätsklinikum Würzburg
Josef-Schneider-Str. 11
D - 97080 Würzburg


Informationen zur Stiftung finden sie unter:

www.hentschel-stiftung.de  

Kleine Unterschiede mit großer Wirkung

Wie unsere Gene die Immunantwort auf Krankheitserreger bestimmen, hängt von kleinsten Unterschieden im Erbgut ab. Die Situation ist komplex, wie eine neue Studie zeigt.

Analyse von RNA-Sequenzierungsdaten von Immunzellen (Monozyten) von 215 gesunden Testpersonen.
Analyse von RNA-Sequenzierungsdaten von Immunzellen (Monozyten) von 215 gesunden Testpersonen. Jeder Punkt steht für die transkriptionelle Antwort eines Individuums in unstimulierten Monozyten (Ctrl) und nach Exposition gegenüber verschiedenen Erregern (Pilz: Aspergillus fumigatus (Af); Bakterien: Neisseria meningitidis (Nm) bzw. Staphylococcus aureus (Sa)) für drei und sechs Stunden. Die Farben geben den Stimulus und den Zeitpunkt an. (Bild: Sascha Schäuble / Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI, Jena))

Nicht alle Menschen reagieren gleich auf denselben Infektionserreger: Manche erkranken sehr schwer, andere nur leicht, wieder andere womöglich gar nicht.

Für diese Variabilität gibt es viele verschiedene Ursachen. Ein wichtiger Grund ist, dass sich das Erbgut verschiedener Menschen voneinander unterscheidet. So können zum Beispiel im Genom einzelne Bausteine ausgetauscht sein – Fachleute sprechen in diesem Fall von Einzelnukleotid-Polymorphismen (single nucleotide polymorphisms, SNPs).

Wie beeinflussen solche kleinsten genetischen Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen die Aktivierung des Immunsystems? Das haben Forschende aus Jena, Marburg und Würzburg in einer neuen Studie analysiert, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht ist.

Die Federführung der Studie lag bei den Professoren Oliver Kurzai (Universität Würzburg / Leibniz-HKI) und Johannes Schumacher (Universität Marburg). Erstautor:innen sind Antje Häder und Dr. Sascha Schäuble, beide vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI). Oliver Kurzai leitet am Leibniz-HKI eine Forschungsgruppe sowie das Nationale Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen.

Mindestens 745 reQTLs in Monozyten gefunden

SNPs, die in Abhängigkeit von Bakterien oder Pilzen die Antwort der Zelle beeinflussen, nennt man reQTLs (response expression quantitative trait loci, reQTLs). Alleine in einem bestimmten Typus von Immunzellen, den Monozyten, identifizierte das Forschungsteam bei 215 Testpersonen mindestens 745 reQTLs, die die Aktivierung dieser Zellen beeinflussen, nachdem diese Kontakt mit Bakterien oder Pilzen hatten.

Der Einfluss ist komplex und variiert je nach Erreger. Einige reQTLs beeinflussen eher die Antwort auf bakterielle Erreger, andere eher die Antwort auf den Schimmelpilz Aspergillus fumigatus. Unter den aktivierten Genen, die durch reQTLs reguliert werden, sind insbesondere auch Gene, die zentrale immunlogische Zellfunktionen steuern. Die in der Studie gefundenen reQTLs könnten auch mit anderen Erkrankungen in Zusammenhang stehen, wie Krebs, Autoimmunität, Entzündungs- und Infektionskrankheiten.

Basiswissen für eine personalisierte Infektionsmedizin

„Unsere Studie leistet einen wichtigen Beitrag, um besser zu verstehen, wie der genetische Hintergrund einer Patientin oder eines Patienten die Auseinandersetzung mit Infektionserregern beeinflusst“, sagt Professor Oliver Kurzai. „Darüber müssen wir noch viel mehr lernen, wenn wir bei der Behandlung von Infektionskrankheiten einmal zu einer personalisierten Medizin kommen wollen, wie sie in der Krebstherapie schon länger etabliert ist – also zu einer Behandlung, die individuell auf jeden einzelnen Patienten und jede einzelne Patientin abgestimmt ist.“

Doch die neuen Daten zeigen auch, wie kompliziert eine klinische Umsetzung sein wird: „Für jeden Erreger scheint es andere genetische Marker zu geben, die die Immunantwort des Menschen regulieren – es bleibt also noch viel zu tun!“

Publikation

Häder, A., Schäuble, S., Gehlen, J. et al. Pathogen-specific innate immune response patterns are distinctly affected by genetic diversity. Nature Communications 14, 3239 (2023). Open Access: https://doi.org/10.1038/s41467-023-38994-5 

Kontakt

Prof. Dr. Oliver Kurzai, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg, T +49 931 31-46160, oliver.kurzai@ uni-wuerzburg.de 

Prof. Dr. Johannes Schumacher, Institut für Humangenetik, Universität Marburg, T +49 6421 58-66232, johannes.schumacher@ uni-marburg.de 

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 13.06.2023

Analyse von RNA-Sequenzierungsdaten von Immunzellen (Monozyten) von 215 gesunden Testpersonen.
Analyse von RNA-Sequenzierungsdaten von Immunzellen (Monozyten) von 215 gesunden Testpersonen. Jeder Punkt steht für die transkriptionelle Antwort eines Individuums in unstimulierten Monozyten (Ctrl) und nach Exposition gegenüber verschiedenen Erregern (Pilz: Aspergillus fumigatus (Af); Bakterien: Neisseria meningitidis (Nm) bzw. Staphylococcus aureus (Sa)) für drei und sechs Stunden. Die Farben geben den Stimulus und den Zeitpunkt an. (Bild: Sascha Schäuble / Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI, Jena))

Erfolg für Krebsforscher

Große Anerkennung für den translationalen Krebsforscher Dr. Markus Diefenbacher: Er wurde als Associated Editor des Fachjournals Oncogene nominiert.

Der Würzburger Krebsforscher Dr. Markus Diefenbacher.
Der Würzburger Krebsforscher Dr. Markus Diefenbacher. (Bild: Benedikt Knüttel, BKfotofilm)

Dr. Markus Diefenbacher ist Gruppenleiter am Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum für Krebsforschung (MSNZ) der Universität Würzburg und des Universitätsklinikums Würzburg. Mit Wirkung vom 1. Juni 2023 wurde er als Associated Editor des Fachjournals Oncogene der Nature Publishing Group nominiert.

Als einziger deutscher Wissenschaftler wird Diefenbacher in den kommenden drei Jahren das renommierte Journal vertreten. Die Ernennung kommt einer Auszeichnung für seine Forschungsarbeiten über den Einfluss des Ubiquitin-Systems auf die Tumorentwicklung gleich.

„Oncogene hat sich einen ausgezeichneten Ruf in der Tumorforschung erworben, und ich fühle mich geehrt, als Associated Editor Teil dieses renommierten Journals zu sein“, sagt der Würzburger Wissenschaftler. Die Fachzeitschrift ist eine der weltweit führenden Publikationen für Krebsforschung. Sie fokussiert sich auf die zelluläre und molekulare Biologie von Krebs, die Resistenz gegen Krebstherapien und die Entwicklung von neuen Ansätzen zur Verbesserung der Überlebenschancen.

Die Tätigkeit als Associated Editor

In seiner Funktion als Associated Editor tritt Markus Diefenbacher als Botschafter des Journals auf. Er evaluiert Manuskripte und benennt Gutachterinnen und Gutachter für die Evaluierung nach dem Peer-Review Prinzip. Zudem gestaltet er aktiv die Ausrichtung und Schwerpunktsetzung des Journals mit.

„Die Wahl von Markus Diefenbacher durch Oncogene zeigt, dass er und das Thema seiner Arbeiten international wahrgenommen und als relevant für die onkologische Forschung eingeschätzt werden. Die Ernennung ist ein persönlicher Erfolg für ihn, aber auch für das MSNZ-Programm der Deutschen Krebshilfe, das sich die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Onkologie auf die Fahnen geschrieben hat“, freut sich Dr. Martin Czolbe, wissenschaftlicher Koordinator des MSNZ.

Werdegang des Wissenschaftlers

Markus Diefenbacher, ein gebürtiger Karlsruher, promovierte im Fach Genetik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Auf das Thema Tumorforschung spezialisierte er sich während seiner Arbeiten als Postdoc am Cancer Research UK London Research Institut (CRUK-LRI) und am The Francis Crick Institute London.

Seit seinem Wechsel nach Würzburg 2015 hat seine Arbeitsgruppe internationales Renommee für die Entwicklung von neuen translationalen in-vivo-Modellen sowie von Organoiden erworben, die als präklinische Testplattformen zur Erprobung neuer Therapeutika Verwendung finden.

Quelle: https://www.nature.com/onc/editors 

Kontakt

Dr. Markus Diefenbacher, Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum für Krebsforschung (MSNZ) Würzburg, T +49 931 31-88167, markus.diefenbacher@ uni-wuerzburg.de 

Webseite Dr. Markus Diefenbacher: www.diefenbacher-lab.com 

 

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Der Würzburger Krebsforscher Dr. Markus Diefenbacher.
Der Würzburger Krebsforscher Dr. Markus Diefenbacher. (Bild: Benedikt Knüttel, BKfotofilm)

Corona braucht nur einen Türöffner

Warum kann sich das Coronavirus SARS-CoV-2 so effizient verbreiten? Dazu gibt es in der Wissenschaft viele Hypothesen. Eine Würzburger Forschungsgruppe hat nun einige offene Fragen beantwortet.

Coronaviren (runde Partikel) mit Spike-Proteinen (cyan) infizieren eine Wirtszelle, die vereinzelt ACE-2-Rezeptoren (rosa) trägt.
Coronaviren (runde Partikel) mit Spike-Proteinen (cyan) infizieren eine Wirtszelle, die vereinzelt ACE-2-Rezeptoren (rosa) trägt. Nach der Bindung verschmelzen die Membranen und setzen virale Bestandteile (violett) frei. (Bild: RVZ)

In Europa ist die im Jahr 2020 vom Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Pandemie inzwischen weitgehend unter Kontrolle. Doch warum sich dieses Virus so effizient ausbreiten kann, ist immer noch unklar. Ein Forschungsteam um Simone Backes, Gerti Beliu und Markus Sauer  der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat nun in einer Veröffentlichung in der „Angewandte Chemie“ gezeigt, dass einige bisherige Annahmen neu überdacht werden müssen.

So bindet das Virus nicht mit mehreren Oberflächenproteinen gleichzeitig an mehrere Rezeptoren der zu infizierenden Zelle. Diese Vermutung war bislang ein Erklärungsversuch, wie die Viren ihre Infektiosität erhöhen. Die Bindung an einen einzelnen Rezeptor führt auch nicht dazu, dass in der Folge weitere Rezeptoren an das Virus andocken. Die Würzburger Forschungsgruppe lieferte nun den Beweis, dass ein einziges Virus an einen einzigen Rezeptor bindet und so die Tür für eine hoch effiziente Infektion öffnet.

Worüber bisher nur spekuliert werden konnte

SARS-CoV-2 trägt durchschnittlich 20 - 40 stachelähnliche Spike-Proteine auf seiner Oberfläche. Mit diesen bindet es sich an ACE2-Rezeptoren in der Membran seiner Zielzellen, zum Beispiel in der Nase und im Rachen des Menschen. Werden diese Rezeptoren mit Antikörpern blockiert, kann die Zelle nicht mehr infiziert werden. „Dies legt nahe, dass die Bindung des Virus an den ACE2-Rezeptor der entscheidende Schritt der Infektion ist“, erklärt Sauer.

Die ACE2-Rezeptoren und ihre Interaktion mit den viralen Spike-Proteinen mikroskopisch sichtbar zu machen, war bisher nicht möglich. Daher blieb Vieles der Spekulation überlassen – etwa die Frage, ob die Viren mit mehreren Spikes an mehrere Rezeptoren binden, um den Eintritt in die Zelle zu erleichtern.

Es wurde auch für wahrscheinlich gehalten, dass die Rezeptoren in der Membran nicht einzeln, sondern paarweise oder in Dreiergruppen vorliegen, um somit effizienter an die trimerischen Spike-Proteine zu binden. Oder dass sie erst nach der Bindung an ein Spike-Protein zu solchen Gruppen zusammengeführt werden. Beides hängt stark von der Dichte der ACE2-Rezeptoren in der Membran ab.

Super-Resolution-Mikroskopie brachte Durchblick

Hier wollten die Würzburger Forschenden Klarheit schaffen: Sie markierten Antikörper mit Farbstoffen, um die Rezeptoren sichtbar und zählbar zu machen. Dazu nutzen sie verschiedene Zelllinien, die als Modellsysteme für die SARS-CoV-Infektion verwendet werden, und die in der Arbeitsgruppe von Markus Sauer entwickelte einzelmolekülempfindliche Super-Resolution-Mikroskopie-Methode dSTORM.

Es zeigte sich, dass zum Beispiel Vero-Zellen, die oft als Modell für eine Infektion mit SARS-CoV-2 verwendet werden, nur einen bis zwei ACE2-Rezeptoren pro Quadratmikrometer Zellmembran aufweisen. Das ist sehr wenig: „Bei anderen Membranrezeptoren liegt diese Zahl oftmals zwischen 30 und 80“, so Sauer weiter.

„Der mittlere Abstand zwischen benachbarten ACE2-Rezeptoren beträgt circa 500 Nanometer. Er ist damit wesentlich größer als ein Viruspartikel, das nur 100 Nanometer durchmisst“, sagt Backes. Die Vorstellung, dass ein Viruspartikel mit mehreren Spike-Proteinen gleichzeitig an mehrere Rezeptoren binden kann, sei daher sehr unwahrscheinlich, fügt sie hinzu.

ACE2-Rezeptoren sind immer einzeln

Die nächste offene Frage: Liegen die Rezeptoren auch als Paare oder Dreiergruppen in der Membran vor? „Nein. Sie kommen dort ausschließlich einzeln vor. Und das bleibt auch so, wenn ein virales Spike-Protein an sie gebunden hat“, sagt Beliu, Gruppenleiter am Rudolf-Virchow-Zentrum. Für eine Infektion reiche es aus, wenn ein einziger Spike an einen einzigen Rezeptor bindet.

Mit diesen Ergebnissen konnte das JMU-Team viele ursprünglich aufgestellten Hypothesen zur Interaktion viraler Partikel mit mehreren ACE2-Rezeptoren widerlegen. Es zeigte auch, dass Wirtszellen mit einer höheren ACE2-Expression erwartungsgemäß leichter infiziert werden. Aber auch die Lipidzusammensetzung der Membran und weitere Faktoren beeinflussen die Infektionseffizienz.

Das JMU-Team will möglichst viel Detailwissen über den Zelleintrittsmechanismus von Coronaviren sammeln, um den Infektionsvorgang besser zu verstehen. Dies könnte letztlich zu einer besseren Prävention und zur Entwicklung besserer Medikamente gegen COVID-19 beitragen. Als nächstes wollen die Würzburger Forscher den Eintrittsmechanismus mit hochauflösender Lichtblatt-Mikroskopie analysieren.

Förderung

Die beschriebenen Arbeiten wurden vom Europäischen Forschungsrat, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Publikation

Coronaviruses Use ACE2 Monomers as Entry-Receptors. Patrick Eiring, Teresa Klein, Simone Backes, Marcel Streit, Marvin Jungblut, Sören Doose, Gerti Beliu, Markus Sauer, Angewandte Chemie International Edition, e202300821, 27. März 2023, https://doi.org/10.1002/anie.202300821  

Kontakt

Prof. Dr. Markus Sauer, Rudolf Virchow Center - Center for Integrative and Translational Bioimaging und Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik, Biozentrum, University Würzburg, Germany +49 931 31-88687, m.sauer@ uni-wuerzburg.de

Dr. Gerti Beliu, Rudolf Virchow Center - Center for Integrative and Translational Bioimaging, University Würzburg, Germany, +49 931 31-89733, gerti.beliu@uni-wuerzburg.de Dr. Simone Backes, Institute for Virology and Immunbiology, University Würzburg, simone.backes@ uni-wuerzburg.de

Dr. Daniela Diefenbacher, Pressestelle, Rudolf Virchow Center - Center for Integrative and Translational Bioimaging, University Würzburg, +49 931 31-88631, daniela.diefenbacher@ uni-wuerzburg.de 

 

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 13.06.2023

Coronaviren (runde Partikel) mit Spike-Proteinen (cyan) infizieren eine Wirtszelle, die vereinzelt ACE-2-Rezeptoren (rosa) trägt.
Coronaviren (runde Partikel) mit Spike-Proteinen (cyan) infizieren eine Wirtszelle, die vereinzelt ACE-2-Rezeptoren (rosa) trägt. Nach der Bindung verschmelzen die Membranen und setzen virale Bestandteile (violett) frei. (Bild: RVZ)

Fünf Jahre KIONET: Eine starke Stimme für krebskranke Kinder in Bayern

Jubiläum von KIONET: Erster Bayerischer Kinderkrebstag am 12. Juni 2023 / Pressetermin am 12. Juni ab 13.45 Uhr in München

 

Prof. Dr. Paul-Gerhardt-Schlegel, Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des Uniklinikums Würzburg (UKW).
Prof. Dr. Paul-Gerhardt-Schlegel, Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des Uniklinikums Würzburg (UKW). Foto: UKW

Würzburg/München. KIONET – das Kinderonkologische Netzwerk Bayern – wird am Montag, 12. Juni 2023, fünf Jahre alt. In ihm haben sich die kinderonkologischen Abteilungen und Zentren der Universitätsklinika Augsburg, Erlangen, der LMU München und der TU München sowie Regensburg und Würzburg zusammengeschlossen, um für krebskranke Kinder und Jugendliche in Bayern eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Durch KIONET soll jedes Kind Zugang zu innovativen Krebstherapien im Rahmen klinischer Studien erhalten – und das in der Nähe seines jeweiligen Wohnortes. Das fünfjährige Bestehen des Netzwerks wird am 12. Juni 2023 im Bayerischen Landtag in München gewürdigt – als erster Bayerischer Kinderkrebstag. Markus Blume, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Klaus Holetschek, Bayerischer Staatsminister für Gesundheit und Pflege, sowie Landtagspräsidentin Ilse Aigner sprechen Grußworte.

Prof. Dr. Paul-Gerhardt-Schlegel, Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des Uniklinikums Würzburg (UKW) erläutert: „Wir verfolgen mit KIONET die gemeinsame Mission, jedem Kind in Bayern die bestmögliche innovative Therapie zu ermöglichen. Seit der KIONET Gründung 2018 haben wir erfolgreich gemeinsame Strukturen aufgebaut, die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten mit innovativen Therapien verbessert und zusammen wichtige wissenschaftliche Projekte umgesetzt.“ Unter dem Dach von KIONET versorgen die kinderonkologischen Abteilungen Bayerns krebskranke Patientinnen und Patienten vom Neugeborenen bis zum 18-Jährigen. Beim ersten Bayerischen Kinderkrebstag am kommenden Montag (12. Juni) in München stellen KIONET-Vertreterinnen und -Vertreter Glanzlichter und Erfolgsgeschichten aus den vergangenen fünf Jahren vor und erläutern, welche Ziele der Zusammenschluss mit Unterstützung des Landtages und der Staatsministerien in den kommenden fünf Jahren erreichen will. 

„Damit wir Krebsbehandlungen weiterentwickeln können, ist es ganz entscheidend, auch die Perspektiven von Eltern und von ehemaligen Patientinnen und Patienten einzubeziehen“, betont Prof. Dr. Markus Metzler, Sprecher des Netzwerks und Leiter der Kinderonkologie des Uniklinikums Erlangen. Deshalb sind sie ein integraler Teil des KIONET-Netzwerks. Beim Bayerischen Kinderkrebstag zeigen sie auf, wie sie durch ihr Engagement den Fortschritt in der Kinderonkologie wesentlich fördern. Außerdem berichten bayerische Teilnehmende der „Mutmach-Fahrradtour“ der Deutschen Kinderkrebsstiftung davon, wie sie nach einer überstandenen Krebserkrankung im Kindesalter ihren persönlichen Weg ins Erwachsenenleben fanden.

Chronisch unterfinanzierte Kinderonkologie

Kranke Kinder und Jugendliche – speziell jene, die an Krebs leiden – brauchen besonders viel Zeit und Zuwendung. Sie profitieren von aktuellen Forschungsergebnissen und neuartigen Therapien, aber vor allem auch von einer individuellen Betreuung, die sich ihren Bedürfnissen anpasst. Neben Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachkräften gehört zu dieser Betreuung u. a. die Sporttherapeutin, die ein Kind zu Bewegung animiert; die Musiktherapeutin, die mit einer Auswahl an Instrumenten ans Bett kommt; die Erzieherin, die einen Bastelnachmittag auf Station organisiert; der Psychologe, der das kranke Kind, aber auch seine Eltern und Geschwister mental unterstützt. „Im jetzigen Fallpauschalensystem wird den speziellen Anforderungen, die krebskranke Kinder haben, nicht Rechnung getragen“, bedauert Prof. Metzler. „Denn das System setzt Anreize, wenn es hohe Patientenzahlen und standardisierte Prozeduren gibt. In der Kinderonkologie haben wir aber genau das Gegenteil davon: geringe Fallzahlen und aufwendige Prozesse mit sehr individuellen Bedürfnissen. Das fünfjährige Bestehen von KIONET nehmen wir einmal mehr zum Anlass, gemeinsam mit einer Stimme für krebskranke Kinder und Jugendliche in Bayern zu sprechen und ihnen mehr Gehör zu verschaffen“, so Markus Metzler.

Gesicherte Regelversorgung – zusätzliche Hilfe durch Spenden

Geht es um neue Forschungsprojekte und Angebote außerhalb der krankenkassenfinanzierten Regelversorgung, profitieren die kinderonkologischen Einrichtungen in Bayern von Spenden, die etwa über Elternvereine und Stiftungen dorthin gelangen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Dazu gehört z. B. die Elternküche auf Station oder die neue Terrasse, auf der kleine Patientinnen und Patienten die Sonne genießen können. Spendenfinanziert sind auch Übernachtungsplätze für Eltern, Geschwister- und Mentorenprogramme, aber eben auch die Kunst- oder die Musiktherapie mit entsprechendem Personal. „Es ist nicht und darf nicht die Aufgabe von Stiftungen und anderen Spendern sein, die kinderonkologische Regelversorgung zu stemmen“, insistiert Prof. Metzler. „Hier bedarf es dringend einer Anpassung der Finanzierung. Denn das Defizit in der Kinderonkologie schlägt sich in Stellenkürzungen nieder – zulasten unserer Patientinnen und Patienten.“

Einladung für Medienvertreterinnen und -vertreter

Im Rahmen des ersten Bayerischen Kinderkrebstages am Montag, am 12. Juni 2023, im Bayerischen Landtag (Max-Planck-Straße 1, Senatssaal) in München sind im Anschluss ab ca. 13.45 Uhr Interviews sowie Film- und Fotoaufnahmen mit den KIONET-Vertreterinnen und -Vertretern möglich. Um Anmeldung an info@ kionet-bayern.de wird gebeten.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Markus Metzler
Tel.: 09131 85-33731
info@ kionet-bayern.de 

Prof. Dr. Paul-Gerhardt-Schlegel, Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des Uniklinikums Würzburg (UKW).
Prof. Dr. Paul-Gerhardt-Schlegel, Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des Uniklinikums Würzburg (UKW). Foto: UKW