Dr. rer. nat. Sabrina Prommersberger
PostDoc in der AG von Prof. Michael Hudecek, Medizinische Klinik und Poliklinik II
Das wollte ich mal werden
Als Kind wollte ich immer Tiergartendirektorin werden. Der Weg in die Zoologie hätte auch fast geklappt. Während meines Biologiestudiums an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen hatte ich einen großartigen Zoologie-Professor. Es gab jedoch auch einen Professor aus der Immunologie, der mich für sein Fach extrem begeistert hat. Und so bin ich zur Immunonkologie gekommen. Meinen Zoo habe ich derweil zuhause. Mein Partner und ich leben auf einem Bauernhof mit zwei Eseln und zwei Hunden.
Das hat mich geprägt
Meine Familie und eine durch Werte bestimmte Erziehung haben mich sehr geprägt. Einen Unterschied der sozialen Geschlechter, also der gender, habe ich nie erfahren. Meine Eltern sind beide in Vollzeit als Sozialpädagogen tätig gewesen. Meine Mutter ist bereits früh nach meiner Geburt wieder arbeiten gegangen und ich bin als Kind zusammen mit meiner Cousine sehr viel bei meinen Großeltern gewesen. Mein Opa hat immer zu mir gesagt: Du musst vielseitig interessiert und neugierig sein, gehe den Sachen auf den Grund.
Welchen „Sachen“ ich heute auf den Grund gehe
Als Michael Hudecek eine PostDoc Stelle ausschrieb, war das genau meine. Seine Arbeitsgruppe entwickelt neuartige personalisierte immunbasierte Krebstherapien, bei denen die Immunzellen der Patientinnen und Patienten umprogrammiert werden, um sie dann gezielt zur Zerstörung von Krebszellen einzusetzen. Das heißt, wir statten T-Zellen mit einem Biosensor aus, der den T-Zellen hilft, die Krebszellen zu erkennen und zu eliminieren. T-Zellen sind weiße Blutkörperchen, die der Immunabwehr dienen. Der Biosensor ist ein chimärer Antigenrezeptor, bekannt unter der Abkürzung CAR.
Die CAR-T-Zelltherapie ist inzwischen eine der vielversprechendsten immuntherapeutischen Ansätze für die Behandlung von hämatologischen Malignomen, also Krebserkrankungen die das blutbildende System betreffen. Michael Hudecek genießt in diesem Forschungsgebiet einen internationalen Ruf. Wir testen in unserer Arbeitsgruppe verschiedene CAR-T-Zellen und versuchen die Produktion der Zellen zu verbessern und ihre Wirksamkeit und Ausdauer zu erhöhen. Das Problem ist, dass einige CAR-T-Zellen sich gegenseitig erkennen und eliminieren können. Außerdem sind sie vom Kampf gegen die Krebszellen derart erschöpft, dass sie selbst dabei zu Grunde gehen. Mit meinem eigenen kleinen Team, das zwei Masterstudenten und zwei MTA umfasst, erforsche ich gerade, ob die Zugabe des Kinase-Inhibitors Dasatinib, ein Medikament, das oft in der Behandlung von Leukämieformen eingesetzt wird, die CAR-T-Zellen fitter macht und ihre Anti-Myelom-Wirksamkeit erhöht. Das Projekt wird von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei DKMS drei Jahre lang gefördert.
Was mich motiviert
Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Das Team ist super. Und die Inhalte sind toll. Es ist spannend, etwas zu erforschen, das nicht nur in der Theorie funktioniert, sondern auch in der Praxis. Wenn am Schluss ein Patient von unserer Forschung profitiert, dann hat sich der ganze Aufwand gelohnt. Ich würde sehr gern hierbleiben, translational arbeiten und habilitieren.
Wer mich unterstützt
Mit Michael Hudecek habe ich einen Top-Mentor, von dem ich schon sehr viel gelernt habe. Nennen möchte ich an dieser Stelle auch meine beiden Betreuer der Doktorarbeit Niels Schaft und Jan Dörrie. Neben dem John Hansen Research Grant der DKMS Stiftung Leben Spenden habe ich noch Forschungsgelder der Stiftung „Forschung hilft“ erhalten.
Haben es Frauen schwerer in der Wissenschaft?
Das Missverhältnis ist augenscheinlich. Dreiviertel der Biologiestudierenden sind weiblich, unter den Doktoranden ist das Verhältnis schon 50:50, und Arbeitsgruppenleiter sind gefühlt alle männlich. Frauen sind jedoch auf keinen Fall schlechter in der Wissenschaft, sie können sich nur oft schlechter verkaufen. Auch wenn sie wissenschaftlich gut arbeiten, zweifeln sie häufig an sich selbst. Sie verhalten sich oft defensiv und machen es sich dadurch schwerer. Ich habe den Eindruck, dass Männer erziehungsbedingt selbstbewusster sind und außerdem weniger ein Problem mit Konkurrenzdruck haben. Sie können sich oft besser präsentieren und ziehen somit mehr Gelder an Land, die wiederum wichtig für die Forschung sind. Außerdem sind Männer häufig flexibler, sie zieht es ins Ausland während des Studiums oder später im Job, während viele Frauen gerne oder aus Pflichtbewusstsein in der Nähe ihrer Familien bleiben. Ich befürchte, dass Frauen oft durch ihr Sicherheitsbedürfnis gehemmt sind und sie sich lieber für einen unbefristeten Arbeitsvertrag als für einen spannenden Beruf entscheiden.
Was sich ändern müsste
Das ist nicht so einfach, denn nicht die Frauen, sondern das System müsste sich ändern. Es müsste beispielsweise wesentlich mehr Festanstellungen in der Wissenschaft geben. Denn wie soll man seine Zukunft verlässlich planen, wenn man nur einen befristeten Arbeitsvertrag hat? Außerdem sollte in der Wissenschaft weniger Konkurrenz, sondern mehr gemeinschaftliches Arbeiten und offener Austausch stattfinden. Es wäre beispielsweise wichtig, auch Versuche zu publizieren, die nicht funktioniert haben. Durch weniger Wettbewerb und mehr Kooperation würde meiner Meinung nach nicht nur der Frauenanteil steigen, sondern davon würde auch die Forschung an sich profitieren und Ergebnisse könnten schneller und effizienter erzielt werden. Last but not least: Ja, Frauen sollten weniger Selbstzweifel haben und sich selbstbewusster präsentieren. Andererseits bin ich der Meinung, dass die Forschungsergebnisse zählen und nicht das Verkaufstalent.
Mein Wunsch für die Zukunft
Da ich mit meiner Arbeit und privat sehr zufrieden bin, bleiben mir nur allgemeine Wünsche: Dass die Menschen solidarischer miteinander umgehen. Und dass sie lernen Natur und Tiere zu achten und zu schützen.