Prof. Dr. Rhonda Leah McFleder

Neurologische Klinik und Poliklinik

Ich wurde 1990 in North Carolina (USA) geboren, wuchs in Red Springs auf, habe Biologie und Medizin studiert, bin mit einem Humboldt-Postdoc-Stipendium im Jahr 2020 ans UKW gekommen und lebe seither mit meinem Mann und meinen beiden Töchtern (4 und 6 Jahre alt) in Estenfeld bei Würzburg.

Warum Würzburg?

Während meines Praktischen Jahres im Medizinstudium nutzte ich die Gelegenheit, in Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen zu hospitieren. Das Universitätsklinikum Würzburg stand auf der Liste, weil die Familie meines Mannes im Landkreis Würzburg lebt und familiäre Unterstützung nach dem Studium für uns ein sehr wichtiger Punkt war. Nachdem ich einen Monat in der Klinik für Neurologie verbracht hatte, wusste ich, dass es perfekt zu mir passen würde. Ich war nicht nur von der Vielfalt an Krankheitsbildern der Menschen beeindruckt, welche die Klinik täglich konsultieren, sondern auch von der eindeutigen Forschungsleidenschaft von Prof. Dr. Jens Volkmann und Prof. Dr. Chi Wang Ip für. Neben der Behandlung konzentriert sich die Klinik auch auf die Erforschung von Möglichkeiten zur Verbesserung von Therapien und der Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten. Als promovierte Medizinerin schien mir die Neurologie am UKW der perfekte Ort zu sein, um meinen medizinischen und wissenschaftlichen Hintergrund zu kombinieren und Kranken zu helfen.

Woran ich forsche

Im Jahre 2020 wurde ich mit einem Humboldt-Postdoc-Stipendium ausgezeichnet, das meine Arbeit im Labor von Prof. Dr. Chi Wang Ip finanzierte. In dieser Arbeitsgruppe durfte ich die letzten drei Jahre die Rolle des Immunsystems bei der Parkinson-Erkrankung erforschen, um neue therapeutische Optionen für diese derzeit unheilbare Krankheit zu entwickeln. Unsere Arbeit hat gezeigt, dass Immunzellen der Neurodegeneration in Morbus Parkinson zugrunde liegen und daher der Schlüssel zum Verständnis der Entstehung dieser Krankheit sein könnten. Obwohl Morbus Parkinson traditionell als eine Hirnerkrankung angesehen wird, wirkt sie sich auch auf den Darm aus. Ähnlich wie das Gehirn weist auch der Darm Immunveränderungen auf, die zu gastrointestinalen Funktionsstörungen führen.

Meine jüngsten Arbeiten deuten darauf hin, dass es eine spezielle Immunverbindung zwischen dem Gehirn und dem Darm gib, welche es den beiden Organen ermöglicht miteinander zu kommunizieren. Diese Kommunikation scheint dem Fortschreiten der Krankheit bei Morbus Parkinson zugrunde zu liegen. In Zukunft möchte ich die an dieser Kommunikation beteiligten Zellen identifizieren und sie als Behandlungsoption für Morbus Parkinson sowie für andere neurologische Erkrankungen nutzen.

 

Was mich motiviert

Ich wache jeden Morgen auf und liebe meinen Job. Weil ich das tun kann, was ich mein ganzes Leben lang getan habe: Fragen stellen. Wenn man meine Mutter fragt, was mein Lieblingswort war, dann würde sie sagen "warum". Es hat sie - und jetzt meinen Mann - verrückt gemacht. Aber so mache ich meinen Job: stelle immer wieder Fragen und überlege mir, wie ich sie beantworten kann. Mich motiviert, dass diese Antworten zu besseren Behandlungsmöglichkeiten führen könnten.

Was mich geprägt hat

Das Aufwachsen in einer kleinen Stadt im Süden der USA hat meine Denkweise und mein tägliches Leben stark geprägt. Dort habe ich gelernt wie man erfolgreich wird und bodenständig bleibt. Meine Heimat hat mir eine einzigartige Perspektive auf das Leben gegeben, die ich sehr schätze.

Was ich als Kind werden wollte

Dank der Ermutigung durch meine Familie und meiner Liebe zur Wissenschaft war ich schon immer auf dem medizinischen Weg. Da ich aus dem ländlichen North Carolina stamme, wusste ich noch nicht von der Option, eine Wissenschaftlerin werden zu können - bis ich mit der Universität begann.

Wie ich zur Neuroimmunologie kam

Mein Weg verlief eher zufällig. Nach dem College-Abschluss (Bachelor of Science in Biology with Biomedical Emphasis) beschloss ich, zwei Jahre Pause zu machen, um zu entscheiden, ob ich einen MD-Abschluss (Doctor of Medicine) oder einen PhD-Abschluss (Doktor der Philosophie) anstreben wollte. Während dieser zwei Jahre arbeitete ich am National Institutes of Health (NIH) unter Prof. Patricia Gearhart in einem immunologischen Labor. Ich lernte viel über Immunologie und beschloss schließlich, einen MD/PhD-Abschluss in Immunologie zu machen.

In den ersten Jahren des Studiums begannen wir, etwas über das Gehirn und alle seine komplizierten Zusammenhänge zu lernen, und ich verliebte mich darin. Ich belegte mehrere Wahlfächer in der Neurologie und lernte die neurologische Untersuchung. Ich fand es erstaunlich, wie ich durch eine gründliche neurologische Untersuchung der Patientinnen und Patienten die betroffenen Nerven bestimmen konnte. Also entschloss ich mich, meinen MD/PhD in Neurobiologie zu machen. Nach meinem Abschluss war es reines Glück, dass ich eine Arbeitsgruppe fand, in der ich meine beiden Interessen kombinieren und mich auf Neuroimmunologie konzentrieren konnte.

Unterstützung durch Mentoren und Förderprogramme

Ich hatte sehr viel Unterstützung auf meinem Weg. Mein erster Kontakt zur Wissenschaft kam durch Prof. Robert Poage an der University of North Carolina in Pembroke zustande, der mich für das Programm "Research Initiative for Scientific Enhancement" (RISE) rekrutierte. Dieses Programm finanzierte mir Forschungsarbeiten unter der Leitung von Prof. Meredith Storms, bereitete mich auf die Graduiertenschule vor und half dabei, mich mit Personalverantwortlichen des National Institute of Health (NIH) in Verbindung zu setzen. Am NIH arbeitete ich unter der Leitung von Prof. Patricia Gearhart und Dr. Robert Maul und konnte meine Fähigkeiten im Labor verfeinern und mich als Wissenschaftlerin weiterentwickeln. Nach dem NIH wurde ich in ein angesehenes MD/PhD-Programm an der University of Massachusetts Medical School aufgenommen.

Zusätzlich zu den vier Jahren medizinischer Ausbildung verbrachte ich vier Jahre im Labor von Prof. Joel Richter und erwarb einen Doktortitel in Neurobiologie. Prof. Richter hat mir wirklich geholfen, als Wissenschaftlerin zu wachsen und das richtige Rückgrat zu bekommen, welches für Frauen in der Wissenschaft notwendig ist. Meine Arbeit mit Prof. Richter wurde durch ein Ruth-Kirschstein-Predoktorandenstipendium finanziert. Nach meinem Umzug nach Deutschland erhielt ich schließlich ein Humboldt-Postdoktoranden-Stipendium im Labor von Prof. Dr. Chi Wang Ip. Ohne dieses Stipendium und die Unterstützung von Prof. Dr. Chi Wang Ip und Prof. Dr. Jens Volkmann hätte ich es wohl nicht bis zu meiner jetzigen Position als W1-Juniorprofessorin im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Tenure-Track-Programms geschafft.

 

Über Stolpersteine auf meinem Weg

Es gab eine Vielzahl von Stolpersteinen auf meinem Weg. Ich habe nicht jedes Stipendium oder jede Förderung bekommen, für die ich mich beworben habe. Ich wurde nicht an jeder Universität angenommen, und meine Arbeiten werden nicht beim ersten Versuch akzeptiert. Aber wenn ich abgelehnt werde, tue ich das, was ich immer tue, und frage "warum". Ich versuche, aus der Antwort zu lernen, meine Bewerbung zu überarbeiten und mich woanders zu bewerben. Die Wissenschaft ist voller Ablehnungen, aber wir müssen aus diesen Misserfolgen lernen und weitermachen.

Über Frauen in der Wissenschaft und in Führungspositionen

Wenn Sie sich in einem typischen Labor oder einer medizinischen Hochschule umsehen, sehen Sie heute überwiegend Frauen. Ich glaube nicht, dass wir es in der Medizin und Wissenschaft wirklich schwerer haben. Wir Frauen haben genug Interesse und Antrieb, um die Hürden für unsere Ausbildung zu überwinden. Allerdings wird es für uns im Berufsleben schwerer in Führungspositionen zu gelangen. Das Problem ist leider nicht spezifisch für Medizin und Wissenschaft.

Mein Tipp an Frauen, die forschen (möchten)

Folgen Sie Ihrer Leidenschaft. Ich bin gut in dem, was ich tue, weil ich mit Leidenschaft dabei bin. Wenn Sie Ihre Leidenschaft gefunden haben, umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen dabei helfen, sie auszuleben. Es ist wichtig, nicht nur ein unterstützendes berufliches Umfeld zu haben, sondern auch ein privates. Ich habe das große Glück, einen Ehemann und eine Familie zu haben, die mich unterstützen und mir helfen, meiner Leidenschaft nachzugehen.

Wie mehr Frauen und Mütter in Führungspositionen gelangen

Ich habe in den letzten sechs Jahren Familie und Beruf unter einen Hut gebracht, und ich kann sagen, dass das sehr schwierig ist. Es gibt eine Menge Druck von innen und außen, dass Frauen sich mehr um die Kinder kümmern sollten. Ich habe glücklicherweise ein großartiges Unterstützungssystem, das mir hilft, diesen Druck zu bekämpfen und meine Träume zu verfolgen. Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, müssen wir diesen Druck, zu Hause zu bleiben, beseitigen und Frauen zu gleichberechtigten Mitgliedern sowohl am Arbeitsplatz als auch im Haushalt machen.

Ich wünsche mir...

…dass die Gesundheitsfürsorge für alle Menschen gleich ist, unabhängig von ihrem finanziellen Status.

…dass meine Töchter sich unterstützt fühlen, ihre Leidenschaften zu verfolgen. 

…dass die Wissenschaft mehr zusammenarbeitet und wir gemeinsam bessere Behandlungsmöglichkeiten für die Patientinnen und Patienten entwickeln können.