Prof. Dr. med. Astrid Schmieder
Leitende Oberärztin in der Hautklinik und W2-Professorin
Was ich als Kind werden wollte
Astronautin. Ich wollte heraus aus dem zwar wunderschönen, aber doch sehr touristischen Bozen – ab auf den Mond. Die Naturwissenschaften faszinierten mich schon immer, weshalb ich mich zu Beginn meines Studiums auch für Biologie einschrieb. Doch mir fehlte die soziale Komponente im Fach.
Wie ich zur Medizin gekommen bin
Die Medizin zur Profession zu machen – daran hatte ich nie gedacht. Meine Mutter war Krankenschwester und hatte mich immer gewarnt: Werde bloß keine Ärztin, da kannst du Work-Life-Balance und Familie vergessen. Andererseits – wenn ich so zurückdenke – hatte meine Mutter an ihrer Arbeit immer Freude empfunden und ihren Job im Krankenhaus mit viel Herzblut gemacht. Genau das wollte und will ich auch: Einen Beruf der mir Spaß macht und bei dem ich das Gefühl habe, ich will nichts anderes machen. Als mich eine befreundete Medizinstudentin schließlich zur Anatomie-Vorlesung mitgenommen hat, wusste ich plötzlich, was ich wollte. Trotz manch trockenerem Vorlesungsstoff (Stichwort: autochthone Rückenmuskulatur) war das Feuer in mir entfacht – selbst das Lernen hat mir nichts ausgemacht. Dies wünsche ich jedem/r, jenen Beruf zu finden, für den er/sie brennt.
Mein Weg in die Immundermatologie
Nach dem Medizinstudium war für mich die Wahl der Fachrichtung zunächst keineswegs eindeutig. Ich fand alles interessant – insbesondere aber die Immunologie. In meiner Doktorarbeit hatte ich mich bereits mit Endothelzellen beschäftigt. Das sind jene Zellen, welche die Blutgefäßinnenseite auskleiden und bei Entzündung, Gefäßreparatur und Atherosklerose eine sehr wichtige Rolle spielen. Nach zahlreichen Bewerbungen traf ich auf Prof. Sergij Goerdt, Direktor der Hautklinik an der Universitätsmedizin Mannheim. Mit ihm vereinbarte ich, neben der Facharztausbildung, fachspezifische immunologische Grundlagenforschung betreiben zu können. Mein damaliger Freund und heutiger Ehemann folgte mir zum Glück nach Mannheim. Und nach Würzburg, wo wir seit dem Sommer 2021 mit unseren beiden Söhnen (sechs und vier Jahre alt) leben.
Meine Forschungsgebiete
Seit Beginn meiner Zeit in Mannheim beschäftigte ich mich mit den Tumor-assoziierten Makrophagen. Diesen immunologischen Schwerpunkt meiner Grundlagenforschung führe ich nun am Universitätsklinikum Würzburg mit meiner neuen Arbeitsgruppe fort. Die Makrophagen – auch als Fresszellen bekannt – können unter geeigneten Umständen das Wachstum von Krebszellen fördern. Aktuell versuchen wir die Makrophagen so zu verändern, dass sie gegen den Prozess der Tochtergeschwulstbildung, der Metastasierung agieren und den Tumor angreifen.
Vor fünf Jahren startete ich zudem ein klinisches Forschungsprojekt namens HybridVITA, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Förderung bekam. Bei dieser digitalen Versorgungsforschung untersuchen wir wie Patientinnen und Patienten mit chronischen Hauterkrankungen, zum Beispiel der Schuppenflechte oder Ekzemen, von einer krankheitsbezogenen Benutzung einer Smartphone Applikation profitieren. Virtuelle Visiten ermöglichen es uns den Hautbefund kontinuierlich zu dokumentieren und frühzeitig notwendige Therapien einzuleiten.
In einem weiteren, thematisch verwandten Projekt untersuchen wir eine besonders vulnerable Gruppe von Patientinnen und Patienten mit Hautdefekten an den Beinen – sogenannten Ulzera. Für diese Forschungsidee erhielten wir im November 2022 den Sonderforschungsförderpreis der Vogel-Stiftung Dr. Eckernkamp. Auch hier geht es um die Verbesserung der Versorgung mittels einer App. Betroffene fotografieren dreimal in der Woche ihre Wunden. Eine künstliche Intelligenz wird darauf trainiert automatisch zu erkennen, wann sich die Wunde verändert. Ärztinnen und Ärzte werden entsprechende Meldungen zu den Veränderungen wie zum Beispiel Wundinfektionenzur Verfügung gestellt. Dies ermöglicht es Hinweise zur Versorgung geben zu können – ohne relevante Zeitverzögerung (Terminvereinbarung beim Hautarzt und Vorstellung). So können beispielsweise Infektionen behandelt werden ohne sich bedrohlich auszuweiten. Unsere Hypothese ist, dass wir mit der frühzeitigen Intervention Krankenhausaufenthalte und die Morbidität der Betroffenen reduzieren können.
Was Forschung für mich bedeutet
Die Faszination, die Welt zu entdecken und vielleicht ein bisschen zu verbessern - beziehungsweise meinen Beitrag hierbei zu leisten. Für mich steht hier die translationale Forschung im Vordergrund: Neue Therapien für Menschen entwickeln, mit möglichst wenigen Nebenwirkungen, die zu einem längeren Leben aber mit mehr Qualität führen.
Was mich motiviert
Die Sinnhaftigkeit meiner Arbeit. Ohne die wäre ich eine nur halb so gute Mitarbeiterin. Im Alltag gibt es natürlich auch Frust in der Forschung – vor allem in der Grundlagenforschung. Aber die meist schnelleren Erfolge in der Klinik geben mir Kraft, um ausdauernd in der Grundlagenforschung zu sein. Und ich versuche stets Optimismus auszustrahlen, mit Leichtigkeit an die Dinge ranzugehen und genau das auch vorzuleben – zum Beispiel bei meinen Doktoranden. Ich habe immer viel mit Doktoranden gearbeitet und früh gelernt sie auf meine Forschungsreise mitzunehmen. Die Förderung von jungen Menschen liegt mir sehr am Herzen.
Spaß bei der Arbeit ist für mich unerlässlich. Ohne diese Positivität könnte ich nicht so leistungsfähig sein. Das gibt mir Kraft.
Wer mich unterstützt
In Mannheim hat mir ein Stipendium im Rahmen des Olympia Morata-Gleichstellungsprogramms der Universität Heidelberg eine wertvolle Freistellung für die Forschung ermöglicht. Zahlreiche Mentoren, darunter sowohl mein früherer als nun auch mein jetziger Chef gaben beziehungsweise geben mir immer wieder wertvolle Ratschläge. Nicht zu vergessen sind auch meine kreativen Kollaborationspartner, mit denen es immer eine große Freude ist zusammenzuarbeiten. Nie hätte ich erahnt, auf welch interessante Persönlichkeiten man im Laufe einer wissenschaftlichen Karriere stoßen wird.
Privat unterstützt mich in erster Linie mein Mann. Um das Wohl unserer Kinder zu gewährleisten, helfen uns Kindersitter und der Großvater, der aus Österreich anreist.
Das hat mich geprägt
Durch den frühen Tod eines nahen Angehörigen habe ich in jungen Jahren gelernt, was es bedeutet, wenn ein Leben plötzlich zu Ende geht. Dies lehrte mich mein Leben nicht zu verschwenden, zufriedener und dankbar zu sein. Wahrscheinlich hat mich auch meine Heimat Südtirol geprägt. Die Südtiroler sind sehr fleißig, sie sind aber auch gesellig und wissen zu genießen.
Mein Wunsch für die Zukunft
Wir, als Gesellschaft in Deutschland und Europa, sollten die Ausbildung reformieren und weiterentwickeln – zukunftsorientiert gestalten und nicht am Bildungswesen sparen. In den Kindergärten und Schulen finden sich schließlich die Wissenschaftler, Ingenieure und Politiker der Zukunft – hoffnungsvoll, mutig, kreativ und empathisch.