Das Philosophicum Herbipolense bietet einen ausgezeichneten Rahmen, medizinisch relevante Aspekte aus philosophischer und ethischer Sicht zu reflektieren.
Konzept des Philosophicums
Das Philosophicum für Mediziner geht davon aus, dass das Fach Medizin als Fach eigene philosophische Fragestellungen generiert. Diese Fragestellungen können wohl auch "medizinethischer" Natur sein, aber eben auch wissenschaftstheoretischer, methodologischer oder wissenssoziologischer Natur sein. Das Philosophicum für Mediziner will grundsätzliche Fragen aufwerfen (beispielsweise bei der hochgradigen Ausdifferenzierung des Fachs Medizin die Frage nach ihrer Einheit und damit die Frage nach dem Verhältnis von Spezialisierung und "integrativer Medizin"). So steht auch die Frage nach der Funktion und dem systematischen Ort des "konsiliatorischen Gesprächs" zum Thema (die "Einbettung" der "Diagnose" in den konkreten Lebensverlauf des Patienten).
Thematisiert werden soll auch das Verhältnis von "Information" und "Bedeutung" (für die Patientinnen und Patienten: die gleiche Information kann ganz verschiedene Bedeutung haben). Damit sind hermeneutische, methodische und praktische Probleme in der medizinischen Praxis angesprochen. Ganz allgemein dient das Philosophicum für Mediziner auch dazu, allgemeine Fragen der Einordnung der Medizin im Fächerkanon zu bestimmen, die Funktion von (Lehr-)Kanon und (Forschungs-)Innovation insgesamt und die Abläufe im Medizinstudium. So stehen auch wissenschaftspolitische, ökonomische und institutionelle Rahmenbedingungen zum Thema, die erst durch Thematisierung und Bewusstmachung kritisierfähig werden (zum Beispiel: welche Bedeutung hat die seit Mitte des 19. Jahrhunderts vorherrschende naturwissenschaftliche Ausrichtung für den eigentlich "therapeutischen" Vorgang, den Begriff von Gesundheit, Krankheit, Heilkunst und so weiter).
Ein weiterer zentraler Bestandteil des Nachdenkens ist das "Humanum" allgemein und dessen "Existenz", eine heute fast vergessene Grundlage der Medizin und ein originäres zentrales Thema der klassischen Philosophie. Es geht hierbei auch um das "Humanum" des Arztes selbst und sein Selbstverständnis.
Eine Diskussionsplattform für diese Themen und wichtige Begriffe gibt es im Studium der Humanmedizin bisher nicht. Das "Philosophicum für Mediziner" setzt sich damit zur Aufgabe, ein Forum für die Diskussion mit Studenten und Fachvertretern – sei es der Universität oder praktizierenden Medizinern und Pflegepersonal – zu sein.
Zu diesem Zweck werden jeweils Gäste zu einem Thema eingeladen mit jeweils anschließender Diskussion. So entsteht ein Ort freier Diskussion und Orientierung in einem hochausdifferenzierten Fach, so dass die "Ausbildung" als Erlernen eines Fächerkanons durch reflektierte Fragestellungen der hierbei geltenden Rahmenbedingungen ergänzt wird. Hippokrates sagt: "Man soll Philosophie in das Ärztliche und Ärztliches in die Philosophie hineintragen." Das bedeutet, dass in Würzburg mit dem Philosophicum ein für die Lehre historisch begründetes Modellprojekt gestartet wurde. Denn auch die Philosophie kann von diesem Projekt profitieren und das kommt wieder Medizinern und damit nicht zuletzt den Adressaten des ärztlichen Tuns, den Patientinnen und Patienten, zu Gute.
Eine Sammlung kleiner Vorträge zur Systematik des Philosophicums von Prof. Dr. phil. Johann-Heinrich Königshausen, Institut der Philosophie II der Universität Würzburg, steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.
Weiterführende Literatur und Textbeiträge finden Sie unter Publikationen und im Blog "Medizin, Philosophie und Ethik" einer unserer Organisatoren Prof. Dr. med. Michael Schmidt.
cand. med. Ricarda Schwarz