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Würzburg richtete zweiten Kardioimmunologie-Kongress aus

II. Cardioimmunology Würzburg 2024: Vom 26. bis 28. Juni trafen sich Forschende der aufstrebenden Disziplin Kardioimmunologie aus der ganzen Welt im Kloster Banz.

Die Teilnehmenden stehen auf der Freitreppe vor dem Kloster Banz
Die Veranstaltung in Banz war in hohem Maß international besetzt, was sowohl die Teilnehmenden als auch die Referierenden anging. Bei den Vorsitzenden, Sprechenden und mehr als 50 Poster-Vortragenden gab es ein ausgewogenes Verhältnis hinsichtlich des Geschlechts, des Karrierestands und des Herkunftslandes. © Iris Hoffmann / UKW
Teilnehmer hält Programm des Kongresses hoch, im Hintergrund ist das Kloster Banz zu sehen.
Der Kongress Cardioimmunology Würzburg 2024 stellte fortschrittliche Forschung an der Schnittstelle von Immunologie und Kardiologie in den Mittelpunkt und bot einen Einblick in die neuesten Fortschritte bei der Steuerung therapeutischer Interventionen bei Herzentzündungen. Das Verständnis der Dynamik und die Beeinflussung der Interaktionen zwischen angeborenen und adaptiven Immunzellen, Kardiomyozyten und kardialen Stromazellen sind vielversprechend für die Entwicklung zukünftiger Therapien für Patientinnen und Patienten mit Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz. © Dr. Giulia Germena (Göttingen)
Cover des Journals Circulation Research
Das vom Cardioimmunology Congress inspirierte Review-Kompendium von Circulation Research erhielten alle Teilnehmenden in gedruckter Form. Mehrere Mitglieder des Editorial Boards der Zeitschrift nahmen am Kongress in Kloster Banz https://www.ahajournals.org/toc/res/134/12

Würzburg. Historisch gesehen sind Kardiologie und Immunologie getrennte Disziplinen mit minimalen Überschneidungen. Herzerkrankungen wurden traditionell vor allem in den Fachgebieten Kardiologie und Physiologie untersucht. Dabei werden die physiologische Funktion des Herzens und die meisten pathologischen Prozesse entscheidend durch das Immunsystem beeinflusst. Die wissenschaftliche Expertise zur Erforschung immunologischer Mechanismen ist jedoch in beiden Fachgebieten nur schwach ausgeprägt, und in den immunologischen Disziplinen wiederum stehen Herzerkrankungen mit Ausnahme der Myokarditis bisher kaum im Fokus. 

Deshalb hat sich in den letzten Jahren das neue Forschungsfeld der Kardioimmunologie entwickelt. Würzburg nimmt hier mit dem Sonderforschungsbereich SFB 1525 "Cardioimmune Interfaces" eine Vorreiterrolle ein: Als weltweit erstes Forschungskonsortium untersucht der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte SFB seit 2022 an einem Ort und mit einem ausgeprägten interdisziplinären Ansatz die immunologischen Prozesse, die bei verschiedenen Herzmuskelerkrankungen ausgelöst werden.

Jetzt organisierte das Würzburger SFB-Team, abermals mit finanzieller Unterstützung der DFG, den zweiten Kardioimmunologie-Kongress im Kloster Banz im oberfränkischen Bad Staffelstein. 135 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt kamen Ende Juni ins oberfränkische Bad Staffelstein, um sich drei Tage lang über die neueste Forschung an der Schnittstelle von Immunologie und Kardiologie auszutauschen, einen Überblick über die jüngsten Fortschritte bei der Steuerung therapeutischer Interventionen bei kardialen Entzündungen zu erhalten und nicht zuletzt, um sich zu vernetzen.

Hoher Stellenwert für internationale Vernetzung und Nachwuchsförderung

„Es ist uns gelungen, zahlreiche internationale Referentinnen und Referenten zu gewinnen, die das Gebiet in den letzten Jahren mit herausragenden Publikationen wissenschaftlich vorangebracht haben. Gerade für die zahlreich anwesenden Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ergab sich so ein einzigartiges Interaktionsfeld“, berichtet Prof. Dr. Stefan Frantz, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und Sprecher des SFB 1525. Von den 67 ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen 40 aus Nicht-EU-Ländern. Dass sowohl das Konzept als auch das wissenschaftliche Programm für alle Karrierestufen interessant sind, zeigte die hohe Beteiligung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Ein Drittel der Teilnehmenden war noch nicht promoviert.

Die Förderung und Vernetzung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein wichtiges Anliegen des Würzburger SFB. So findet jährlich eine internationale „Summer School Cardio-Immune Interfaces“ statt – organisiert von und für Doktorandinnen und Doktoranden. Während der Tagung in Banz fand unter der Leitung von Prof. Dr. Gustavo Ramos aus Würzburg auch ein Koordinationstreffen der internationalen ImHeart-Initiative statt, die sich um die Förderung eines European Innovative Training Networks (ITN) für Kardioimmunologie im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen der EU bewirbt.

Wissenschaftliches Kompendium inspiriert vom Kongress

Basierend auf den neuesten Entwicklungen in der kardioimmunologischen Forschung wurde begleitend zur Veranstaltung ein Review-Kompendium in der Zeitschrift Circulation Research veröffentlicht, das den Stand der Wissenschaft an der Schnittstelle zwischen Kardioimmunologie, Herzgesundheit und Herzerkrankungen zusammenfasst. Noch gibt es keine eigene Fachgesellschaft, kein Publikationsorgan und keine regelmäßig stattfindenden internationalen Tagungen, die sich ausschließlich der Kardioimmunologie widmen. Den Anfang machte das Universitätsspital Zürich, das vor zwei Jahren den ersten Kardioimmunologie-Kongress im Kloster Ittingen in der Schweiz ausrichtete. Ein Jahr später folgte ein Symposium im amerikanischen Bar Harbor und nun, 2024, in Franken. „Die Notwendigkeit, den interdisziplinären Austausch zu fördern, und die Begeisterung, mit der diese wegweisenden Veranstaltungen von einer wachsenden Kardioimmunologie-Community aufgenommen wurden, haben uns dazu inspiriert, dieses Kompendium zu organisieren, dessen Struktur die Atmosphäre dieser Veranstaltungen widerspiegeln soll“, sagt Gustavo Ramos, der zusammen mit Prof. Dr. Ulrich Hofmann den SFB 1525 wissenschaftlich koordiniert.

Um einen regelmäßigen persönlichen wissenschaftlichen Austausch und die Berücksichtigung vielfältiger Forschungsperspektiven in diesem sich rasant entwickelnden Forschungsfeld zu gewährleisten, soll der Kongress Cardioimmunology künftig alle zwei Jahre an unterschiedlichen Orten von wechselnden akademischen Institutionen und Programmkommissionen ausgerichtet werden.

Text: Kirstin Linkamp / UKW 
 

Die Teilnehmenden stehen auf der Freitreppe vor dem Kloster Banz
Die Veranstaltung in Banz war in hohem Maß international besetzt, was sowohl die Teilnehmenden als auch die Referierenden anging. Bei den Vorsitzenden, Sprechenden und mehr als 50 Poster-Vortragenden gab es ein ausgewogenes Verhältnis hinsichtlich des Geschlechts, des Karrierestands und des Herkunftslandes. © Iris Hoffmann / UKW
Teilnehmer hält Programm des Kongresses hoch, im Hintergrund ist das Kloster Banz zu sehen.
Der Kongress Cardioimmunology Würzburg 2024 stellte fortschrittliche Forschung an der Schnittstelle von Immunologie und Kardiologie in den Mittelpunkt und bot einen Einblick in die neuesten Fortschritte bei der Steuerung therapeutischer Interventionen bei Herzentzündungen. Das Verständnis der Dynamik und die Beeinflussung der Interaktionen zwischen angeborenen und adaptiven Immunzellen, Kardiomyozyten und kardialen Stromazellen sind vielversprechend für die Entwicklung zukünftiger Therapien für Patientinnen und Patienten mit Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz. © Dr. Giulia Germena (Göttingen)
Cover des Journals Circulation Research
Das vom Cardioimmunology Congress inspirierte Review-Kompendium von Circulation Research erhielten alle Teilnehmenden in gedruckter Form. Mehrere Mitglieder des Editorial Boards der Zeitschrift nahmen am Kongress in Kloster Banz https://www.ahajournals.org/toc/res/134/12

III. Kardioimmunologisches Retreat in Rothenburg o.d.T.

Interessante Forschungsergebnisse und beste Laune dominierten das dritte Retreat des kardioimmunologischen Sonderforschungsbereichs (SFB) 1525 vom 29.02. bis 01.03 2024 inmitten des mittelalterlichen Städtchens Rothenburg.

Durchwegs gutgelaunt und zufrieden zeigten sich die Teilnehmenden des dritten SFB 1525-Retreats beim Abschlussfoto in barocker Kulisse.

An zwei Tagen tauschten sich die rund 80 Mitglieder des SFB 1525 in der Tagesstätte Wildbad über Zwischenstände, weitere Vorhaben und vorliegende Ergebnisse aus, die sich alle um Zusammenhänge und Abläufe von Entzündungsreaktionen und immunologische Prozesse ranken, die bei unterschiedlichen Herzerkrankungen ausgelöst werden.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die wissenschaftlichen Vorträge zum Thema „Interaktionen zwischen Herz und Immunsystem“ aus den einzelnen Projektgruppen. Darüber hinaus stellten auch die drei   Nachwuchswissenschaftlerinnen Diyaa Ashour, Marie Piollet und Sarah Schäfer die Forschungsergebnisse ihrer eigenen Projekte vor, die inhaltlich im Zusammenhang mit dem SFB 1525 stehen und interessante Aspekte lieferten.

Gastbeiträge aus verschiedenen Fachbereichen der Universität Würzburg rundeten das Programm ab: Sowohl Prof. Dr. rer. nat. Dominic Grün, Physiker am Institut für Systembiologie, als auch Prof. Dr. rer. nat.  Katrin Streckfuß-Bömecke, Biologin am Institut für Pharmakologie und Toxikologie, als auch Monika Litvinukova, Juniorgruppenleiterin am Institut für Systemimmunologie und neue Juniorwissenschaftlerin des SFB 1525 erforschen Herzzellen aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlichen Fragestellungen. Durch ihre Ausführungen und der Präsentation der Ergebnisse aus ihren Arbeitsgruppen beflügelten sie den interdisziplinären Austausch.

In heimeliger Atmosphäre und bei leckerem Essen konnten abends die neuen Eindrücke in lockeren Gesprächen verarbeitet und weiter vertieft werden. Alle freuen sich auf das vierte Retreat im Jahr 2025, das dann im Juni stattfinden wird.

Durchwegs gutgelaunt und zufrieden zeigten sich die Teilnehmenden des dritten SFB 1525-Retreats beim Abschlussfoto in barocker Kulisse.

Würzburg ist Zentrum der Immunkardiologie – „the place to be“

Gustavo Ramos hat seit 1. Dezember 2023 eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Heisenberg-Professur für Immunkardiologie

Porträt von Gustavo Ramos im Labor
Der Biologe Gustavo Ramos ist seit Dezember 2023 Professor für Immunkardiologie am Uniklinikum Würzburg. © Kirstin Linkamp / UKW
Aufnahme eines infarzierten Herzens mit markierten Immunzellen
Bild aus dem diesjährigen wissenschaftlichen Adventskalender (www.ukw.de/advent) – Kläppchen Nummer 2: Massive Infiltration von Immunzellen in das Herz nach einem Infarkt. In Grün ist die Morphologie des Herzens zu sehen, in Gelb leuchten die Antikörper (Anti-CD45), die an das CD45-Antigen der Leukozyten gebunden haben. Die Probe wurde von Murilo Delgobo aus der AG Ramos im DZHI hergestellt und von Lisa Popiolkowski und Anne Auer mit einem Lichtblatt-Fluoreszenz-Mikroskop in der Core Unit Fluorescence Imaging am RVZ aufgenommen. © Anne Auer / DZHI

Die Laufbahn von Gustavo Ramos ist geprägt von Idolen. So war der Biologe aus Brasilien bei der Wahl seines Dissertationsthemas zwischen zwei Professoren - einem kardiologischen Wissenschaftler und einem Immunologen - hin und hergerissen. Er bewunderte beide. Also vereinte er im Jahr 2007 die Themen und forschte zum damals noch unbekannten und namenlosen Fach „Immunkardiologie“. Als er 2012 an der Federal University of Santa Catarina in Florianópolis die Promotion abschloss, veröffentlichten zeitgleich auf der anderen Seite des Ozeans die Professoren Stefan Frantz und Ulrich Hofmann vom Uniklinikum Würzburg (UKW) ihre bahnbrechenden Erkenntnisse zur Rolle von T-Zellen bei der Wundheilung nach einem Herzinfarkt. Gustavo Ramos war klar, er musste nach Würzburg. Er bewarb sich bei Stefan Frantz und arbeitete als Postdoc in dessen Arbeitsgruppe. 2014 folgte er dem Kardiologen nach Halle/Sachsen-Anhalt, etablierte ein eigenes Forschungsteam und sog nebenbei das historische Flair der Umgebung auf. „Als Teenager habe ich in Brasilien die Biografie von Johann Sebastian Bach gelesen. Ich hätte mir nie erträumt, dort zu arbeiten, wo er einst gewirkt hat.“ Ebenso gut erinnert er sich an die Mischung aus Schock und Bewunderung, die er für Werner Karl Heisenberg empfand, als er dessen Unschärferelation studierte. „Und nun habe ich die unbeschreibliche Ehre aber auch große Verantwortung, eine Professur mit seinem Namen inne zu haben“, sagt Ramos, der seit 2018 eine Juniorforschungsgruppe am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) leitet. 

Respekt vor Heisenberg hemmte bei der Bewerbung

Er habe einige Anläufe gebraucht, um sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für das prestigeträchtige Heisenberg-Programm bewerben. Zu groß sei der Respekt vor dem Werk des Physikers gewesen, der mit 31 Jahren für seinen Beitrag zur Quantenmechanik den Nobelpreis erhielt. Schließlich hat er sich Heisenberg über dessen Biografie genähert. Und, ob Zufall oder Wink des Schicksals: Heisenberg wurde in Würzburg geboren. Gustavo Ramos bewarb sich und hatte Erfolg. Seit dem 1. Dezember finanziert ihm die DFG eine Heisenberg-Professur für Immunkardiologie, die, sofern die Evaluation nach fünf Jahren erfolgreich ist, von der Universität in eine permanente Professur überführt wird. 

SFB 1525 – Interaktionen zwischen Herz und Immunsystem

Würzburg ist für Ramos „the place in the world to be“. Inzwischen konzentrieren sich in der Würzburger Universitätsmedizin Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen auf die „Interaktionen zwischen Herz und Immunsystem“. In dem gleichnamigen Sonderforschungsbereich 1525 bündeln insgesamt 14 Einrichtungen in 17 Teilprojekten und zwei Serviceprojekten ihre Expertise. Als wissenschaftlicher Sekretär war Gustavo Ramos gemeinsam mit Ulrich Hofmann maßgeblich beteiligt an dem fast 500 Seiten umfassenden SFB-Antrag bei der DFG. „Ich blättere fast jeden Tag in dem Buch und entdecke Neues“, gesteht Gustavo Ramos. Stefan Frantz, Sprecher des SFB 1525 erklärt: „Durch die Zusammenführung von Expertinnen und Experten aus den Fachbereichen Kardiologie, Immunologie, RNA-Biologie, Bioinformatik und Bildgebung ein einzigartiges Team entstanden. Die intensive und vielschichtige Informationsgewinnung im neuen Verbund verspricht Dynamik im aufstrebenden Forschungsfeld.“

Worauf antworten die Immunzellen? Die Suche nach kardialen Antigenen

Was hat sich in den vergangenen zehn Jahren, in denen er nun in Deutschland forscht, getan? „Sehr viel“, sagt Ramos, der inzwischen mit seiner Frau und Tochter eingebürgert wurde. „Der Forschungsbereich wächst weltweit, und wir haben Material und Werkzeug etabliert, mit dem wir exakt untersuchen, wie das Immunsystem nach einem Infarkt arbeitet.“ Anders als bei bakteriellen oder viralen Infektionen wie etwa Covid-19, wo schnell klar war, dass man einen Impfstoff gegen das Spike-Protein benötigt, waren die Immunantworten nach einem Herzinfarkt oder einer Herzinsuffizienz noch unklar. 

Tatsächlich hat Gustavo Ramos im Jahr 2019 die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen gefunden (Journal of Clinical Investigation). Unter 20.000 Proteinen, die sich im Herzen nachweisen lassen, hat er mit seinem Team den Teil des Proteins identifiziert, der für die Bildung der T-Zellen verantwortlich ist, welche als Helferzellen des Immunsystems eine frühe Heilung nach einem Herzinfarkt unterstützen. Es handelt sich um das Strukturprotein Myosin Heavy Chain Alpha (MYHCA). Gleichzeitig konnte Ramos mit seinem Team zeigen, wo sich die Zellen bilden: in den mediastinalen Lymphknoten, also in den Lymphknoten, die in der Mitte des Brustkorbs zwischen beiden Lungenflügeln liegen. Anschließend wandern diese Zellen ins Herz. Die Erkenntnisse aus den Untersuchungen am Mausmodell konnten in Zusammenarbeit mit der Nuklearmedizin des Uniklinikums Würzburg an Herzinfarktpatienten bestätigt werden. Sie fanden zudem folgende Korrelationen heraus: Je schwerer der Infarkt, desto mehr herzreaktive T-Zellen bildet der Körper. Und je größer die Lymphknoten, desto besser die Heilung. Aufbauend auf dieser bahnbrechenden Studie hat seine Arbeitsgruppe im Februar 2023 im Journal Circulation Research veröffentlicht, was genau die Myosin-spezifischen T-Zellen im infarzierten Herz machen. „Sie infiltrieren, nehmen einen regulatorischen Phänotyp an und schwächen die lokale Entzündung ab“, erklärt Ramos. 

T-Zellen: Die guten von den schlechten „Heilern“ unterscheiden

Entscheidend sei, die Entzündung nach dem Infarkt zunächst nicht zu blockieren, da erst durch diese entzündlichen Prozesse das Immunsystem und somit die T-Zellen aktiviert werden und damit der Heilungsprozess angeregt wird. Bei einigen Patienten ist die Wundheilung jedoch beeinträchtigt. Sie bilden nicht so viele und möglicherweise auch schlechte T-Zellen. Denn nicht alle Zellen haben eine positive Wirkung auf die Wundheilung. Daher liegt ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Juniorgruppe Ramos auf der Identifizierung spezifischer T-Zell-Profile, um die guten von den schlechten „Heilern“ zu unterscheiden und zu prüfen, ob und wann sich gute T-Zellen in schlechte entwickeln und mehr schaden als helfen. 

Zwischenzeitlich hat die AG Ramos im Journal of Molecular and Cellular Cardiology ein weiteres kardiales Antigen beschrieben, welches bei einigen Patientinnen und Patienten nach einem Myokardinfarkt T-Zellen aktiviert. 

Biomarker für die Charakterisierung von Risikofaktoren

„Wir untersuchen aber nicht nur die Wundheilung, wir versuchen auch das Immunsystem zu charakterisieren, bevor sich eine Herzkrankheit manifestiert“, fügt Ramos hinzu. Dafür haben wir das Glück und können auf die Proben aus der Kohortenstudie STAAB zurückgreifen. In STAAB werden am DZHI 5000 Männer und Frauen im Alter von 30 bis 79 Jahren ohne bekannte Herzinsuffizienz über einen längeren Zeitraum mehrfach untersucht. Ziel ist es herauszufinden, wie häufig eine noch unentdeckte Herzschwäche in der Bevölkerung auftritt und welche Faktoren zur Entstehung einer Herzinsuffizienz beitragen. „Anhand der Basis-Charakterisierung des Immunsystems von supergesunden Menschen und Menschen mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Übergewicht haben wir immunologische Veränderungen gefunden, die in Verbindung mit den Risikofaktoren zu stehen scheinen. Für den Longitudinal-Aspekt müssen wir diese Studienteilnehmenden jedoch weiterverfolgen, um zu prüfen, ob diese immunologischen Veränderungen auch mit einem höheren Risiko für eine Herzinsuffizienz einhergehen“, bemerkt Ramos. Ein weiterer Aspekt liegt auf den Alterungsprozessen, wie verändert sich das Immunsystem im Alter und wie wirkt es sich auf das alternde Herz aus. Ihre im Cardiovascular Research veröffentlichen Erkenntnisse aus Studien an Mausmodellen will die AG Ramos nun an der STAAB-Kohorte untersuchen. 

„Ich bin 100 Prozent für kollaborative Wissenschaft!“

Ob im Team mit seinen zehn Mitarbeitenden, auf dem Campus, Europa oder der Welt, Gustavo Ramos liebt die Zusammenarbeit. „Ich bin 100 Prozent für kollaborative Wissenschaft. Die Zusammenarbeit ist der beste Teil meiner Arbeit.“ Vor wenigen Tagen hat er erst eine Bewerbung für eine der Marie-Sklodowska-Curie-Maßnahmen, kurz MSCA, eingereicht. Die hochkompetitiven MSCA sind Teil des europäischen Programms „Horizont Europe“. Ramos hat sich federführend mit einem internationalen Training-Netzwerk beworben, an dem zehn Länder beteiligt sind. Ferner steht im Juni 2024 ein europäischer Kongress für Cardio-Immunology im Kloster Banz an, den er koordiniert. Es gibt noch viel zu tun. Und wer weiß, vielleicht wird Gustavo Ramos selbst eines Tages ein Idol, oder er ist es schon längst. 
 

Porträt von Gustavo Ramos im Labor
Der Biologe Gustavo Ramos ist seit Dezember 2023 Professor für Immunkardiologie am Uniklinikum Würzburg. © Kirstin Linkamp / UKW
Aufnahme eines infarzierten Herzens mit markierten Immunzellen
Bild aus dem diesjährigen wissenschaftlichen Adventskalender (www.ukw.de/advent) – Kläppchen Nummer 2: Massive Infiltration von Immunzellen in das Herz nach einem Infarkt. In Grün ist die Morphologie des Herzens zu sehen, in Gelb leuchten die Antikörper (Anti-CD45), die an das CD45-Antigen der Leukozyten gebunden haben. Die Probe wurde von Murilo Delgobo aus der AG Ramos im DZHI hergestellt und von Lisa Popiolkowski und Anne Auer mit einem Lichtblatt-Fluoreszenz-Mikroskop in der Core Unit Fluorescence Imaging am RVZ aufgenommen. © Anne Auer / DZHI

EUREKA!-Posterpreis für Boshra Afshar
Boshra Afshar vor ihrem Poster, für das sie auf dem EUREKA!-Symposium den ersten Preis erhielt.
Boshra Afshar vor ihrem Poster, für das sie auf dem EUREKA!-Symposium den ersten Preis erhielt.

Für den Nachweis spezieller Autoantikörper bei Patientinnen und Patienten mit akuter Herzinsuffizienz wurde Boshra Afshar, Doktorandin im Projekt C5, ausgezeichnet. Das SFB-Projekt C5 unter Leitung von PD Dr. med. Caroline Morbach und PD Dr. med. Niklas Beyersdorf widmet sich der Analyse der Immunantwort bei dekompensierter Herzinsuffizienz. Speziell die Frage nach Autoantiköpern gegen den Herzmuskel stehen dabei im Fokus.

In ihrer Doktorarbeit beobachtet die junge Wissenschaftlerin in einer prospektiven Studie deshalb über einen Zeitraum von 18 Monaten bei 286 hospitalisierten Patientinnen und Patienten den Verlauf der Immunreaktion. Tatsächlich konnte sie nicht nur generell eine Veränderung feststellen, sondern auch nachweisen, dass sich körpereigene Antikörper gegen fünf verschiedene Strukturen richten können, die entweder nur oder auch in Herzmuskelzellen zu finden sind. Die Arbeitsgruppe hat bereits zeigen können, dass das Auftreten von Autoantikörpern gegen den Herzmuskel eine schlechte Prognose für die Betroffenen mit sich bringt.

Auf dem internationalen Jahreskongress EUREKA! der Biowissenschaften, der am 5. und 6. Oktober in Würzburg stattfand, wurde ihr Poster mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

EUREKA! wird von den Doktoranden der Graduate School of Life Sciences (GSLS) organisiert und bietet eine Plattform, wo neueste Erkenntnisse und Ergebnisse aus unterschiedlichen Bereichen der Biowissenschaft präsentiert werden. Sowohl bereits namhafte als auch aufstrebende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können auf diesem Symposium ihre Forschungsarbeiten vorstellen. 

Boshra Afshar vor ihrem Poster, für das sie auf dem EUREKA!-Symposium den ersten Preis erhielt.
Boshra Afshar vor ihrem Poster, für das sie auf dem EUREKA!-Symposium den ersten Preis erhielt.

II. Kardioimmunologisches Retreat in Rothenburg o.d.T.

Strahlender Sonnenschein, tolle Zwischenergebnisse und beste Laune dominierten das zweite Retreat des kardioimmunologischen Sonderforschungsbereichs (SFB) 1525 am 15. und 16. Juni 2023 inmitten der mittelalterlichen Kulisse des Städtchens Rothenburg.

Gruppenfoto SFB Retreat 2023
Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmenden, die unser Retreat unvergesslich gemacht haben und freuen uns bereits jetzt auf die zahlreichen Anmeldungen für unsere nächstjährige Veranstaltung!

An zwei Tagen tauschten sich die rund 80 Mitglieder des SFB 1525 über Zwischenstände, weitere Vorhaben und vorliegende Ergebnisse aus, die sich alle um Zusammenhänge und Abläufe von Entzündungsreaktionen und immunologische Prozesse ranken, die bei unterschiedlichen Herzerkrankungen ausgelöst werden.

Aber nicht nur die wissenschaftlichen Vorträge zum Thema: „Interaktionen zwischen Herz und Immunsystem“ aus den einzelnen Projektgruppen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung, sondern das Retreat wurde auch durch einen Workshop unter Leitung von Prof. Dr. phil. Heather Hofmeister bereichert. Unter dem Thema “How to create an effective work environment for the next generation” gab die Soziologin und Cochin für wissenschaftliche Arbeitsgruppen aus Bad Vilbel wertvolle Hinweise und Anregungen, wie der forschende Nachwuchs möglichst kollegial, nahtlos und effizient in wissenschaftliche Arbeitsprozesse eingebunden werden kann. 

Bei einer spannenden Nachwächterführung durch die verschlungenen Gassen der Stadt als Highlight des Abendprogramms kamen alle Teilnehmenden schnell auch auf andere Gedanken und konnten den Abend in angenehmer Gesellschaft ausklingen lassen.

Für alle, die das nächste Treffe kaum erwarten können, die Vorankündigung: Im Jahr 2024 findet das Retreat des SFB 1525 bereits im Februar statt.

Gruppenfoto SFB Retreat 2023
Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmenden, die unser Retreat unvergesslich gemacht haben und freuen uns bereits jetzt auf die zahlreichen Anmeldungen für unsere nächstjährige Veranstaltung!

Anschrift

Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Würzburg, Zentrum für Innere Medizin (ZIM), Oberdürrbacher Straße 6, Haus A3, 97080 Würzburg, Deutschland 

Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg | Comprehensive Heart Failure Center | Am Schwarzenberg 15 | Haus A15 | 97078 Würzburg