Forschung

Ein Forschungsschwerpunkt der Abteilung für Forensische Psychiatrie liegt auf den verschiedenen Erscheinungen der Aggression und deren Bewältigungsmöglichkeiten. Bei der nach außen gerichteten Aggression in Form von Straftaten zielen die Forschungsbemühungen in Kooperation mit den Einrichtungen des Maßregelvollzuges und der Bewährungshilfe insbesondere auf Verbesserungsmöglichkeiten der stationären und ambulanten Behandlung von psychisch kranken Straftätern mit dem Ziel des Schutzes potentieller Opfer durch eine Reduzierung der Rückfallgefährdung ab.

Bei der nach innen gegen die eigene Person gerichteten Aggression stehen die klinischen Extremformen im Sinne von Selbstverletzungshandlungen und Suiziden im Vordergrund des Interesses.Die Erkennung und Vermeidung von Kindesmisshandlungen, insbesondere in der seltenen Form eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms sowie Verbesserungsmöglichkeiten im Umgang mit schwer traumatisierten Opfern stellen einen weiteren Forschungsbereich dar.Da forensisch-psychiatrische Begutachtungen auf verschiedenen Rechtsgebieten in bedeutsamer Weise das Schicksal und den Lebensweg von Menschen beeinflussen können, gibt es ferner kontinuierliche Forschungsbemühungen um Qualitätssicherung und Qualitätsförderung bei der Begutachtung.

Forensische Nachsorge

„Justizambulanzen“ braucht das Land!

von Martin Krupinski

Rückblick aus dem Jahr 2031

Mein Beitrag im Jahr 2031 beginnt im Falle einer positiven Entwicklung wie folgt:Vieles hat sich in den letzten 20 Jahren im Strafvollzug positiv verändert. Weitsichtige und mutige Politiker haben sich der medialen Hysterisierung mit ihrem kurzsichtigen Geplärr nach immer härteren Strafen entgegengestellt, ein Überschwappen der unsinnigen Entwicklung aus Amerika mit steigenden Gefangenenzahlen und zunehmender Privatisierung des Strafvollzuges verhindert und auch die ausufernde Ausweitung des Maßregelvollzuges in den Griff bekommen. Sie haben stattdessen Gesetzesänderungen in die Wege geleitet, welche ohne gravierende Kostensteigerungen für den Strafvollzug ein relativ stabiles, hohes Sicherheitsniveau für die Bevölkerung gewährleisten. Ein wesentlicher Beitrag hierzu war, dass alle Bundesländer gesetzlich verpflichtet wurden, neben einem Ausbau des Therapieangebotes im Strafvollzug eine verbindliche ambulante Nachsorge für die Gefangenen über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren nach ihrer Entlassung mit der zusätzlichen Option einer langfristigen Betreuung zu schaffen. Fast alle der über 180 Justizvollzugs- bzw. Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten in Deutschland haben mittlerweile eigene Ambulanzen, teils angegliedert an die Bewährungshilfestellen, eingerichtet oder sind Kooperationen mit freien Trägern von Vollzugsambulanzen eingegangen, wobei sämtliche der hinsichtlich ihrer Effizienz konkurrierenden Modelle im Gegensatz zu früher verbindlich und langfristig finanziell abgesichert sind. Durch die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, einen Teil der Haftinsassen bei vertretbarer Prognose bereits nach der Hälfte der verbüßten Strafe mit langfristiger ambulanter Nachsorge in Freiheit zu entlassen, ist es gelungen mit überschaubaren Kosten ein modernes Resozialisierungskonzept mit größerer kriminalpräventiver Wirksamkeit zu implementieren. Psychiatrie und Psychologie haben ihren Beitrag dazu geleistet, indem die veraltete kategoriale Dichotomisierung in psychisch krank bzw. kriminell weitgehend überwunden und ein an kriminalprognostischen Überlegungen und tatsächlichen behandlungstechnischen Möglichkeiten orientierter, pragmatisch unterstützender Umgang mit allen Straftätern entwickelt wurde. Die eher gutachtenlastigen Spezialisierungen in „Forensischer Psychiatrie“ und „Rechtspsychologie“ wurden ergänzt um eine qualifizierte Ausbildung zum „Forensischen Psychotherapeuten“ und die erheblichen Summen, die früher für z. T. überflüssige, weil entweder nichtssagende oder pauschal das Gleiche sagende und vor allem aus Absicherungsgründen in Auftrag gegebene Prognosegutachten ausgegeben wurden, werden mittlerweile sinnvoller kanalisiert in echte therapeutische Kontakte mit den betroffenen Menschen … etc. ... etc.

(Auszug aus: Krupinski, M. (2011). "Justizambulanzen" braucht das Land. In Nedopil, N. (Hrsg.), Die Psychiatrie und das Recht – Abgrenzung und Brückenschlag. Jubiläumsschrift zum vierzigjährigen Bestehen der Abteilung für Forensische Psychiatrie der Psychiatrischen Klinik der Universität München. (S. 283-297). Lengerich: Pabst Science Publishers.)

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Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom (Münchhausen-by-proxy-Syndrome)

Interview mit Herrn Prof. Dr. Krupinski zum Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom

erschienen in der Zeitschrift Gehirn und Geist, Ausgabe Juli/August 2010 

Bizarre Form der Misshandlung

Wenn Menschen Beschwerden vortäuschen, etwa um einen vorzeitigen Ruhestand zu erwirken, so ist dies zwar ungesetzlich, aber nachvollziehbar. Anders bei Patienten, die ohne ersichtlichen Vorteil von vermeintlicher Krankheit berichten und aufwändige Untersuchungen oder gar riskante medizinische Eingriffe in Kauf nehmen. In Anlehnung an den berühmten Lügenbaron bezeichnen Psychiater dieses Phänomen, das zur Gruppe der »artifiziellen Störungen« zählt, als Münchhausen-Syndrom. Besonders heikel wird es für Ärzte, wenn die Betroffenen eine Krankheit bei ihren Kindern vortäuschen – dieses so genannte Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom gilt als Sonderform der Kindesmisshandlung.

Martin Krupinski, Professor für Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Würzburg, erforscht das seltene Störungsbild...

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