
Biomarker zur Vorhersage schwerer Schlaganfallverläufe
Ein UKW-Team aus Neuroradiologie und Neurologie identifizierte das Enzym MMP-9 in Blutgefäßen des betroffenen Hirnareals als Biomarker für schwerste Schlaganfallverläufe nach mechanischer Gerinnselentfernung – noch bevor therapeutische Schritte erfolgen.
Beim ischämischen Schlaganfall wird ein Teil des Gehirns aufgrund einer Unterbrechung der Blutversorgung geschädigt. Die wirkstärkste Therapie ist die mechanische Thrombektomie. Dabei wird das für den Schlaganfall verantwortliche Gerinnsel mittels eines Katheterverfahrens entfernt und die Blutversorgung wiederhergestellt. Im Verlauf können jedoch schwerwiegende Komplikationen auftreten, wie eine Blutung im betroffenen Hirnareal oder neurologische Beeinträchtigungen mit hohem Behinderungsgrad. Bisher ist noch nicht verstanden, welche individuellen Faktoren dazu führen, dass bestimmte Patientinnen und Patienten ein höheres Risiko für schwere Verläufe haben. Deshalb war es auch noch nicht möglich, die klinische Praxis für potenzielle Risikogruppen frühzeitig und maßgeschneidert anzupassen. Matrix-Metalloproteinasen (MMP) werden seit langem mit Blutungskomplikationen und neurologischen Beeinträchtigungen nach einem ischämischen Schlaganfall in Verbindung gebracht. Allerdings existieren noch keine Studien, die die früheste Freisetzung dieser Enzyme direkt in der vom Schlaganfall betroffenen Hirnregion und ihre prognostische Bedeutung in einem therapeutischen Kontext untersucht haben.

An der Studie beteiligte Forscher am Fluoreszenzmikroskop mit aktiven MMP-9 positiven Entzündungszellen aus einem betroffenen Hirngefäß (von links): Alexander Kollikowski, Michael Schuhmann, Guido Stoll und Mirko Pham.
Neutrophile Granulozyten als Quelle von MMP-9 identifiziert Das hat Dr. Alexander Kollikowski vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie am UKW nun gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Schuhmann, Leiter des klinischen Labors der Neurologie, und der interdisziplinären neurovaskulären Arbeitsgruppe geändert. Sie konnten verschiedene Matrixmetalloproteinasen anhand von winzigen Blutproben untersuchen, die direkt aus dem Gehirn von Schlaganfallpatientinnen und -patienten gewonnen wurden – noch bevor das Gerinnsel mechanisch entfernt wurde und das wiedereinströmende Blut die Situation vor Ort massiv verändert hätte. Ihre Analysen zeigten, dass von eindringenden Neutrophilen, einer Art weißer Blutkörperchen, enzymatisch aktive MMP-9 in die Blutgefäße des betroffenen Hirnareals freigesetzt werden. MMP-9 ist ein Prädiktor für schwerste Verläufe „Die lokale Freisetzung von MMP-9 vor Thrombektomie war ein starker unabhängiger Prädiktor für raumfordernde Einblutungen und schwerste Behinderung oder Tod im frühen klinischen Verlauf trotz erfolgreicher Rekanalisation“, schildert Dr. Kollikowski. „Die Daten aus den gewonnen Proben deuten darauf hin, dass lokal stärkste Konzentrationserhöhungen von MMP-9 einen erheblichen Informationswert für die Vorhersage dieser Ereignisse haben.“ Damit ist örtlich freigesetztes MMP-9 ein pathophysiologisch relevanter Biomarker zur Identifizierung der klinisch relevantesten Hochrisikogruppen. Die Grundlagenforschung liefert dafür auch eine plausible Erklärung: Es ist seit langem bekannt, dass MMP-9 die Blut-Hirn-Schranke schwer schädigen kann, was wiederum eine erhöhte Blutungsneigung zur Folge hat. Prof. Schuhmann resümiert: „Unsere Ergebnisse haben damit weitreichende Implikationen für die zukünftige präklinische und klinische Schlaganfallforschung, insbesondere für die Implementierung erweiterter Behandlungskonzepte für die Akutphase zur Verbesserung des Outcome.“ Publiziert wurden die Erkenntnisse im Mai 2024 im Fachjournal eBioMedicine.
Preise auf dem Stiftungsfest
Am 13. Mai 2024 feierte die Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg ihr jährliches Stiftungsfest. In diesem Rahmen wurden wieder zahlreiche Preise an bedeutende Persönlichkeiten verliehen, auch aus dem Bereich der Universitätsmedizin.

Prof. Dr. Anna-Leena Sirén mit Universitätspräsident Paul Pauli.
Röntgenmedaille für Anna-Leena Sirén So wurde Prof. Dr. Anna-Leena Sirén in Anerkennung ihrer herausragenden wissenschaftlichen Leistungen mit der Röntgen-Medaille ausgezeichnet. Die 1955 in Oulu/Finnland geborene Medizinerin war von 2004 bis 2021 Professorin für Experimentelle Neurochirurgie an der JMU und leitete dort die Sektion Experimentelle Neurochirurgie. Seit 2021 ist sie Seniorprofessorin am Physiologischen Institut. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der translationalen Forschung an Mechanismen der Neuroprotektion und -regeneration nach Hirnverletzungen. Mit der Erforschung des Hormons Erythropoetin gelang ihr zusammen mit Kolleginnen und Kollegen vom Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin die weltweit erste erfolgreiche neuroprotektive Behandlung bei Schlaganfall.

Prof. Dr. Esther Asan mit der Julius-Maximilians-Verdienstmedaille.
Verdienstmedaille für Esther Asan Neben ihren geschätzten Beiträgen zu Forschung und Lehre prägte die Medizinerin Prof. Dr. Esther Asan die JMU über viele Jahre auf dem Gebiet der Gleichstellung und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. So war sie unter anderem Frauenbeauftragte der Medizinischen Fakultät, hatte den Vorsitz der Kommission zur Vergabe von Habilitationsstipendien für Ärztinnen inne und engagierte sich in der Steuerungsgruppe des Programms „Mentoring med“. Für diesen vorbildlichen Einsatz für eine entwicklungs- und zukunftsfähige Universität erhielt sie auf dem Stiftungsfest die Julius-Maximilians-Verdienstmedaille.
In 46 Fachbereichen der Focus-Ärzteliste 2024 empfohlen
Die Ende Mai 2024 erschienene Ausgabe der Publikationsreihe „Gesundheit“ des Nachrichtenmagazins Focus enthält die Neuauflage der „Focus-Ärzteliste“. Unterteilt ist das umfangreiche Tabellenwerk in 126 Fachbereiche, wie Brustkrebs, Neonatologie oder Handchirurgie. In 46 dieser Spezialisierungen finden sich die Namen von insgesamt 33 Ärztinnen und Ärzten des UKW, da manche Expertinnen und Experten mehrfach empfohlen werden. Als erfreuliche Besonderheit aus Sicht des UKW zeigt das Titelfoto des Magazins Prof. Dr. Stephan Hackenberg. Der Direktor der Würzburger Universitäts-HNO-Klinik wird von der Ärzteliste 2024 als Experte für Gehörerkrankungen und Nasenkorrekturen geführt. Im Innenteil kommt das Vorstandsmitglied der Europäischen Gesellschaft für Kinder-HNO zudem bei der Einleitung des Heftbereichs „Hals, Nase & Ohren“ zu Wort.

Illustration: Olga Rai - stock.adobe.com | Bilder: Rudi Merkl / Universität Würzburg