Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Die Pathogenese von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, kurz CED, ist nach wie vor unverstanden. Es ist bekannt, dass zur Entstehung dieser Erkrankungen eine genetische Prädisposition, eine inadäquate Immunantwort, Umweltfaktoren und Veränderungen des Mikrobioms beitragen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der erheblich zur klinischen Symptomatik beträgt, ist die Störung der Barrierefunktion des Darmepithels. Dies geschieht vor allem durch einen Verlust von Proteinen, welche die Epithelzellen des Darms verbinden, und durch eine Störung der mukosalen Wundheilung. Da beobachtet wurde, dass die Wiederherstellung der Integrität der Darmbarriere entscheidend zur Remission von Patientinnen und Patienten beiträgt, wurde dies als ein wichtiges Therapieziel formuliert.
Die Mechanismen, die zum Verlust der Darmbarriere führen, sind unzureichend verstanden, sodass auch keine spezifischen Therapien existieren, die eine Wiederherstellung der Darmbarriere bei Entzündungen ermöglichen.
Das Ziel unserer Arbeitsgruppe ist es daher, die dem Zusammenbruch der Darmbarriere bei Entzündungen zugrundeliegenden Mechanismen zu erforschen. Unter anderem unsere Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass Desmosomen bei der Aufrechterhaltung der Zell-Zell-Adhäsion im Darmepithel wichtig sind. Daher steht die Regulation desmosomaler Proteine bei CED im Fokus unserer Forschungen. Wir haben beobachtet, dass Desmosomen bei CED reduziert und eng mit der Integrität von Tight junctions vergesellschaftet sind. Diese Zusammenhänge werden genauer untersucht.
Ebenso ist das enterische Nervensystem an der Regulation des Darmepithels bei CED entscheidend beteiligt. Wir haben herausgefunden, dass in diesem Zusammenhang der neurotrophe Faktor GDNF über die Regulation von Intermediärfilamenten und Desmosomen die Darmbarriere reguliert. Auch dies trägt zum entzündungsinduzierten Zusammenbruch der Darmbarriere bei.
Im aktuellen Projekt untersuchen wir die Bedeutung der desmosomalen Adhäsion und Signalwege bei CED im Detail. Darüber hinaus wird die spezifische Rolle von GDNF in diesem Zusammenhang auch bei der mukosalen Wundheilung untersucht.
Die Grafik zeigt schematisch den Aufbau der Darmbarriere. Links wird die einschichtige Auskleidung des Darmlumens von der Krypte bis zu den Villi durch Enterozyten gezeigt. Zell-Zell-Kontakte zwischen den Enterozyten (rechts) sind für die Aufrechterhaltung der Darmbarriere wichtig. Sie bestehen aus den Tight junctions, den Adherenskontakten und den Desmosomen. Durch ihre Verbindung über Adapterproteine an das Aktin-Zytoskelett beziehungsweise an die Intermediärfilamente löst die Integrität dieses Junktionskomplexes verschiedene intrazelluläre Signalwege aus, die an der Aufrechterhaltung der Darmbarriere beteiligt sind. Diese Prozesse sind unter anderem bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gestört.
Wichtigste Publikationen
Meir M, Flemming S, Burkard N, Wagner J, Germer CT, Schlegel N (2016)
The glial cell-line derived neurotrophic factor: a novel regulator of intestinal barrier function in health and disease;
Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol. Jun 1;310 (11):G1118-23.
Meir M, Flemming S, Bergauer L, Metzger M, Germer CT, Schlegel N (2015)
Glial cell line-derived neurotrophic factor (GDNF) promotes barrier maturation and wound healing in intestinal epithelial cells in vitro;
AJP Gastrointestinal and Liver Physiol; Oct 15; 309(8): G613-24.
Spindler V, Meir M, Vigh B, Flemming S, Hütz K, Germer CT, Waschke J, Schlegel N (2015) Loss of desmoglein 2 contributes to the pathogenesis of Crohn’s disease;
Inflammatory Bowel Diseases, Oct;21 (10): 2349-59.
Ungewiß H, Rötzer V, Meir M, Fey C, Diefenbacher M, Schlegel N, Waschke J (2018)
Dsg2 via Src-mediated transactivation shapes EGFR signaling towards cell adhesion.
Cell Mol Life Sci. Nov; 75(22): 4251-4268.