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Duale Lotsenstruktur zeigt Erfolg bei unklarer Diagnose

Eine vom Uniklinikum Würzburg (UKW) geleitete multizentrische Studie zeigt, dass die Einbeziehung einer Fachärztin beziehungsweise eines Facharztes aus dem Bereich Psychiatrie oder Psychosomatik in den Beurteilungsprozess von Personen mit Verdacht auf eine Seltene Erkrankung die Diagnosefindung verbessert und beschleunigt, mehr Patientinnen und Patienten in die Regelversorgung überführt werden können, und die Zufriedenheit bei einer dualen Betreuung steigt.

Ärztinnen und Ärzte aus dem ZESE und dem Zentrum für Psychische Gesundheit an einem Tisch.
Interdisziplinäre Diagnostik im ZESE: Prof. Dr. Helge Hebestreit (zweiter von links) hat in einer multizentrischen Studie gezeigt, dass es bei der Beurteilung einer Seltenen Erkrankung förderlich ist, eine Expertin oder Experten für psychische Gesundheit in sämtliche Aspekte der Diagnostik einzubeziehen – von der Bewertung der Krankenakten über Klinikbesuche, telemedizinische Versorgung bis hin zu Fallkonferenzen. © Kirstin Linkamp / UKW

Weltweit sind schätzungsweise 300 Millionen Menschen von einer der rund 7.000 bis 10.000 Seltenen Erkrankungen betroffen. Aufgrund der unspezifischen Symptome und Auswirkungen auf mehrere Organsysteme gleicht der Weg bis zur Diagnose oft einer strapaziösen und frustrierenden Odyssee. Die Psyche leidet zusätzlich, bisweilen sind psychische Erkrankungen auch (mit-)ursächlich für die komplexe Symptomatik, was wiederum eine schlüssige Diagnose und angemessene Behandlung verzögert. Prof. Dr. Helge Hebestreit, Direktor des Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZESE) am Uniklinikum Würzburg (UKW), hat nun zusammen mit einem interdisziplinären Expertenteam in der multizentrischen Kohortenstudie „ZSE-Duo“ gezeigt, dass die Einbeziehung einer Expertin oder eines Experten für psychische Gesundheit den gesamten diagnostischen Prozess verbessern kann. Das Projekt wurde durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Deutschland gefördert.

Tandem aus somatischer und psychischer Gesundheit 

Für die im EClinicalMedical publizierte Studie wurden an elf deutschen Zentren für Seltene Erkrankungen jeweils knapp 700 überwiegend erwachsene* Patientinnen und Patienten, die sich mit einer unklaren Diagnose an die Einrichtung gewandt hatten, der Standardversorgung oder einer innovativen Versorgung zugeteilt. Die innovative Versorgung umfasste die kombinierte Betreuung durch eine Fachärztin beziehungsweise einen Facharzt aus dem Bereich Psychiatrie oder Psychosomatik. Das heißt, die Expertin oder der Experte für Psychische Gesundheit wurde in sämtliche Aspekte der Diagnostik – von der Bewertung der Krankenakten über Klinikbesuche, telemedizinische Versorgung bis hin zu Fallkonferenzen – einbezogen. 

Anteil der Diagnosen mehr als doppelt so hoch bei dualer Versorgung

Ergebnis: Der Anteil der Jugendlichen und Erwachsenen, bei denen innerhalb von zwölf Monaten nach dem ersten Besuch eine schlüssige Diagnose gestellt wurde, oder eine Kombination von Diagnosen, die das gesamte vorgestellte Symptomspektrum erklären, war beim innovativen dualen Ansatz mit 42 Prozent (N = 286 von 686) mehr als doppelt so hoch im Vergleich zur Standardversorgung (19 Prozent, N = 131 von 672). Im Schnitt wurde in der innovativen Versorgung die Zeit bis zur Diagnose um einen Monat verkürzt, und die Zahl der erfolgreich an die reguläre Versorgung überwiesenen Personen verdoppelte sich, von 12,3 Prozent in der Standard-Kohorte auf 27,5 Prozent in der innovativen Versorgung. Die duale Betreuung hatte zwar keinen Einfluss auf die Lebensqualität, doch die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten war hier deutlich höher als in der bislang üblichen Versorgung. „Das hat uns überrascht. Denn unsere große Sorge war, dass wir die Patientinnen und Patienten mit der zusätzlichen psychiatrisch-psychosomatischen Betreuung, die ja für die Betroffenen durch zusätzliche Termine einen Mehraufwand bedeutet, belasten. Doch die Patientinnen und Patienten in der dualen Betreuung waren zufriedener als diejenigen, die standardmäßig betreut wurden.“ Und es gab noch eine Sorge vor Studienbeginn, die nicht bestätigt wurde: Dass nun manche Seltene Erkrankungen übersehen und auf die psychische Schiene geschoben werden. 

Tatsächlich wurde bei je 30 Prozent der untersuchten Personen im dualen Ansatz eine psychische Erkrankung diagnostiziert und eine Seltene Erkrankung mit hoher Sicherheit ausgeschlossen. Doch Helge Hebestreit betont, dass mit dem dualen Ansatz mindestens genauso viele Seltene Erkrankungen gefunden wurden wie in der Standard-Betreuung. 

Psychische (Ko-)Morbidität bei Menschen mit komplexer Symptomatik und unklarer Diagnose

„Unsere Patientinnen und Patienten haben in der Regel nicht die EINE Erkrankung, sondern ihr Leiden setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen, für die wir verschiedene Behandlungsansätze benötigen“, erklärt Helge Hebestreit. Prof. Dr. Jürgen Deckert, Sprecher des Zentrums für Psychische Gesundheit am UKW fügt hinzu: „Die komplexe Symptomatik von Personen, die sich zur diagnostischen Abklärung in ein Zentrum für Seltene Erkrankungen begeben, umfasst häufig psychische Symptome bis hin zu psychischen Erkrankungen. Manchmal entwickeln sich die Symptome erst im Laufe der langwierigen Diagnostik, manchmal treten sie unabhängig von der Seltenen Erkrankung auf oder ahmen diese sogar nach. Schließlich kann eine Seltene Erkrankung als psychische Erkrankung fehldiagnostiziert werden. Umso wichtiger ist es, eine Expertin oder Experten für psychische Gesundheit frühzeitig in den interdisziplinären diagnostischen Prozess mit einzubeziehen.“ 

Gemeinsamer Einsatz für die Aufnahme der dualen Betreuung in die Regelversorgung 

Die Ergebnisse der Studie seien den Autoren zufolge eindeutig und legen nahe, dass die Einbeziehung einer Spezialistin oder eines Spezialisten für psychische Gesundheit ein integraler Bestandteil der Beurteilung von Personen mit einer vermuteten Seltenen Krankheit sein sollte.

Gemeinsam mit dem Dachverband ACHSE Allianz für Chronische Seltene Erkrankungen e.V., der mehr als 130 einzelne Patientenorganisationen vertritt und maßgeblich an der Planung und Durchführung der Studie beteiligt war, setzt sich das Konsortium unter der Leitung von Helge Hebestreit nun für die Aufnahme der dualen Lotsenstruktur in die Regelversorgung ein. Für den Übergang können Krankenkassen sogenannte Selektivverträge abschließen. 

*Von den 1.379 Patientinnen und Patienten waren 67 noch nicht volljährig.

Publikation: 

Helge Hebestreit et al, Effect of the addition of a mental health specialist for evaluation of undiagnosed patients in centres for rare diseases (ZSE-DUO): a prospective, controlled trial with a two-phase cohort design, eClinicalMedicine, Volume 65, 2023, https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2023.102260.

Beteiligte Einrichtungen: 

Für die Studie wurden Patientinnen und Patienten in den Zentren für Seltene Erkrankungen an den (Universitäts-)Klinika in Aachen, Bochum, Frankfurt/Main, Hannover, Magdeburg/Halle, Mainz, Münster, Regensburg, Tübingen, Ulm und Würzburg rekrutiert. An der Datenanalyse waren Einrichtungen des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Medizinische Hochschule Hannover und der Universität Würzburg beteiligt. 

Weitere Konsortialpartner waren ACHSE e.V., sowie die Techniker Krankenkasse und IKK gesund plus. Die AOK Hessen war als Kooperationspartner dabei. 

Die Studie wurde durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses in Deutschland finanziert, Förderkennzeichen 01NVF17031.

Hier geht es zur Studienwebseite.


Kontakt: Prof. Dr. Helge Hebestreit: zese@ukw.de, Telefon: +49 931 201-29029 
 

Ärztinnen und Ärzte aus dem ZESE und dem Zentrum für Psychische Gesundheit an einem Tisch.
Interdisziplinäre Diagnostik im ZESE: Prof. Dr. Helge Hebestreit (zweiter von links) hat in einer multizentrischen Studie gezeigt, dass es bei der Beurteilung einer Seltenen Erkrankung förderlich ist, eine Expertin oder Experten für psychische Gesundheit in sämtliche Aspekte der Diagnostik einzubeziehen – von der Bewertung der Krankenakten über Klinikbesuche, telemedizinische Versorgung bis hin zu Fallkonferenzen. © Kirstin Linkamp / UKW

Deutschlandweites Telemedizin Netzwerk gestartet

Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) legt Grundlagen für ein standardisiertes Universitäres Telemedizinnetzwerk (UTN) als Forschungsinfrastruktur an allen deutschen Universitätskliniken. Bisher fehlt ein einheitlicher Telemedizin-Standard an Universitätskliniken.

Während der COVID-19 Pandemie war Telemedizin oft die einzige Methode mit Patienten in Kontakt zu bleiben. So konnten viele Patienten, die den Weg zum Arzt wegen der Ansteckungsgefahr vermeiden wollten, weiterhin versorgt werden. Auch hoch versorgungsrelevante Forschung konnte wegen der Kontaktbeschränkungen nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden und wurde - wo es möglich war - telemedizinisch fortgeführt. Allerdings war schnell klar, dass die Voraussetzungen für eine flächendeckende und standardisierte telemedizinische Studien-Versorgung noch nicht ideal waren.

Das Universitäre Telemedizin Netzwerk schafft Standards in der Telemedizin

Das NUM-Projekt Universitäres Telemedizin Netzwerk (UTN) unter Beteiligung des Universitätsklinikums Würzburg ist offiziell gestartet. Das Hauptziel des UTN-Projekts ist es, Grundlagen für eine nationale standardisierte elektronische Datenerfassung mittels Telemedizin für die universitäre Forschung zu legen und infrastrukturell dauerhaft zu unterstützen. Dabei sollen Standards für bestehende telemedizinische Strukturen der deutschen Universitätskliniken formuliert werden. Ziel der Projektbeteiligen ist es, die bereits bestehenden heterogenen telemedizinischen Strukturen an deutschen Universitätskliniken zu vereinheitlichen und eine einfache und kostengünstige Nutzung an allen Universitätskliniken zu ermöglichen. Durch einen gemeinsamen Standard und regelmäßige Updates will UTN einen breiten telemedizinischen Studien-Support für Kliniker und Wissenschaftler erreichen.

Erste Erprobung anhand eines konkreten Anwendungsbeispiels

Im Use Case des Projekts soll die Erfassung von Langzeitfolgen von COVID-19 und deren Risikofaktoren erfolgen, insbesondere bei Patientinnen und Patienten nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Hierbei wird UTN zudem die Anwendung von Telemedizin durch die Beobachtung von Patientengruppen analysieren und zielt darauf ab, eine langfristige telemedizinische Infrastruktur aufzubauen.

UTN ist Teil des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM)

Das Universitäre Telemedizinnetzwerk (UTN) wird nahtlos in das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) und die Medizininformatik-Initiative (MII) eingebettet, um die Basis für eine gemeinsame, interoperable, standardisierte und sichere telemedizinische Infrastruktur zu schaffen. Dabei werden die NUM-Standorte als zentrale Anlaufstellen dienen. 

Das Netzwerk Universitätsmedizin hat das Ziel, die Maßnahmenpläne, Diagnose- und Behandlungsstrategien aller deutschen Universitätskliniken für (Long) COVID-19-Patienten zu bündeln und zu analysieren. Das Programm konzentriert sich auf schnelle Unterstützung und betont die Bedeutung der kliniknahen Forschung, die unmittelbar in die Versorgung einfließt. Es strebt auch nachhaltige Strukturen an, die über das Projekt hinaus bestehen bleiben und die Reaktionsfähigkeit auf zukünftige Krisen verbessern sollen.

Konsortialpartner mit großer Expertise in Telemedizin 

Die Gesamtleitung des Projekts liegt in den Händen des Sprecherduos Prof. Dr. Anja Schneider und Prof. Dr. Gernot Marx. Am Standort Aachen werden sie dabei durch Frau Prof. Dr. Carina Benstöm unterstützt. Sie wird die Projektsteuerung und Koordination übernehmen, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Am Universitätsklinikum Würzburg sind die Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie (Prof. Dr. Patrick Meybohm, Prof. Dr. Peter Kranke, Priv.-Doz. Dr. Stephanie Weibel, Tamara Pscheidl, Prof. Dr. Heike Rittner), das Zentrum für Seltene Erkrankungen (Prof. Dr. Helge Hebestreit, Paula Wessels) sowie die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (Prof. Dr. Jürgen Deckert) in mehreren Arbeitspaketen dieses NUM-Projektes zum Teil in Leitungsfunktionen vertreten. Im UTN haben sich international renommierte Top-Experten aus Wissenschaftlern und Klinikern zusammengefunden. Gerade dieser interdisziplinäre Ansatz, der sich bereits in anderen Projekten des NUMs als sehr erfolgreich herausgestellt hat, wird zum Gelingen des Projekts beitragen, betonen Anja Schneider und Gernot Marx.


Das Verbundprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 3.8 Mio. Euro gefördert.

 
 

Ausgezeichneter Vortrag über Resistenzmechanismen bei Immuntherapien

Nach der Einladung zum Nobelpreisträgertagung erhielt Dr. Umair Munawar beim Hämatologie-Kongress in Seoul den Best Oral Presentation Award. In seinem ausgezeichneten Vortrag präsentierte der Molekularbiologe aus Würzburg seine Forschungsergebnisse, die zu einem tieferen Verständnis der komplexen Resistenzmechanismen gegenüber Immuntherapien beim Multiplen Myelom beitragen und letztlich zu wirksameren Behandlungen führen könnten.

Umair Munawar hält bei der Konferenz der KSH seinen Vortrag
Dr. Umair Munawar erhielt auf der Internationalen Konferenz der Koreanischen Gesellschaft für Hämatologie (KSH) in Seoul den Best Oral Presentation Award. Der Molekularbiologe referierte über einen Resistenzmechanismus gegenüber Immuntherapien beim Multiplen Myelom. © Johanna Lehmann / UKW
Grafik zeigt einen Resistenzmechanismus bei Immuntherapien
Die Zellen des Multiplen Myeloms sterben ab, wenn sie durch eine Immuntherapie (CAR-T-Zellen, monoklonale Antikörper mAbs, bispezifische Antikörper BsABs) angegriffen werden; mit Ausnahme der Zellen, deren apoptotische Maschinerie beeinträchtigt ist, was letztlich zu einem Rückfall führen kann. © Umair Munawar (mit Biorender.com)
Porträt von Umair Munawar
Der Molekularbiologe Dr. Umair Munawar arbeitet seit drei Jahren als Post Doc in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Kortüm, dem Inhaber des Lehrstuhls für Translationale Myelomforschung. © Salih Usta / UKW

Immuntherapien haben die Behandlung verschiedener Krebsarten revolutioniert. Vor allem beim Multiplen Myelom, das nach der Leukämie die zweithäufigste Blutkrebsart ist, zeigen sie eine beispiellose Behandlungseffizienz. Dennoch kommt es bei Patientinnen und Patienten immer wieder zu Rückfällen oder gar zu einer Resistenz gegen die gentechnisch veränderten Abwehrzellen. Warum diese so genannten CAR-T-Zellen einigen Tumorzellen nichts anhaben können, das hat Dr. Umair Munawar mit einem Team der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg untersucht und die Ergebnisse Ende März auf der Internationalen Konferenz der Koreanischen Gesellschaft für Hämatologie (Korean Society of Hematology KSH) in Seoul vorgestellt. Seine Präsentation wurde als der beste mündliche Vortrag ausgezeichnet.

Wenn der programmierte Zelltod, die Apoptose, beeinträchtigt ist

„Der Best Oral Presentation Award ist eine große Ehre für mich“, freut sich Umair Munawar. „Der Preis zeichnet nicht nur meine Art der Präsentation aus, sondern vor allem unsere zukunftsweisende Forschungsarbeit zu Resistenzmechanismen gegenüber Immuntherapien beim Multiplen Myelom.“ Der 31-jährige Molekularbiologe hat mit einem Team aus dem Institut für Translationale Myelomforschung den Beweis geliefert, dass die Auslösung der Apoptose die primäre Wirkungsweise einiger Immuntherapien beim Multiplen Myelom ist. Die Apoptose ist ein programmierter Zelltod. Wenn eine Zelle ihre Funktion verloren hat oder plötzlich für den Organismus schädlich wird, kann sie sich selbst vernichten. Ist dieser Zellselbstmord jedoch beeinträchtigt, können die Tumorzellen selbst dem gezielten Angriff der gentechnisch veränderten Abwehrzellen standhalten.

Zellen ohne Proteine FADD und BID sprachen nicht auf Immuntherapie an

„Um den Resistenzmechanismus zu verstehen, haben wir die Rolle von zwei Proteinen des apoptotischen Weges untersucht, indem wir diese Proteine – FADD und BID – mit Hilfe von genetischen Werkzeugen aus den Krebszellen entfernten und feststellten, dass Zellen ohne diese Proteine nicht auf die Immuntherapie ansprachen. Wir fanden auch heraus, dass Patienten, die nicht auf die Immuntherapie ansprachen, niedrige Werte dieser Proteine aufwiesen, was die Bedeutung dieser Gene für den Erfolg moderner therapeutischer Interventionen hervorhebt“, erklärt Umair Munawar. Generell zeige diese Studie, die im Fachjournal Blood* publiziert wurde, wie bedeutsam personalisierte medizinische Ansätze sind, die die genetische Beschaffenheit der Krebszellen der einzelnen Betroffenen berücksichtigen, um schlussendlich die wirksamsten Behandlungsoptionen zu ermitteln.

Entwicklung wirksamerer und individuell angepasster Behandlungen

Prof. Dr. Martin Kortüm, Leiter des Instituts für Translationale Myelomforschung, ergänzt: „Letztlich können unsere Forschungsergebnisse zur Entwicklung wirksamerer und individuell angepasster Behandlungen für Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom und möglicherweise anderen Krebsarten beitragen, was die Überlebensraten und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern könnte.“

Daher sollen in nachfolgenden Studien die Signalproteine FADD und BID und ihre Beeinflussung der Immuntherapieresistenz weiter untersucht werden. Auch die mögliche Verwendung der Expressionsniveaus von FADD und BID als prädiktive Biomarker für das Ansprechen auf eine Immuntherapie beim Multiplen Myelom soll geprüft werden.

Zur Person:

Dr. Umair Munawar wechselte im Jahr 2017 von der Lahore University of Management Sciences (LUMS) in Pakistan an die Universität Würzburg und promovierte an der Graduate School of Life Sciences. Seit drei Jahren arbeitet er als Post Doc in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Kortüm, dem Inhaber des Lehrstuhls für Translationale Myelomforschung. Kurz vor der Verleihung des „Best Oral Presentation Award“ erhielt der Nachwuchswissenschaftler eine weitere Auszeichnung, und zwar die einmalige Gelegenheit, an der diesjährigen Lindauer Nobelpreisträgertagung teilzunehmen. 

*Studie: Umair Munawar, Xiang Zhou, Sabrina Prommersberger, Max Johannes Steinhardt, Julia Mersi, Max Bittrich, Silvia Nerreter, Cornelia Vogt, Eva Teufel, Seungbin Han, Larissa Haertle, Patrick Eiring, Nicole Banholzer, Sophia Danhof, Adrián Fernández-Martín, Marietta Truger, Santiago Barrio, Miguel Gallardo, Antonio Valeri, Eva Castellano, Peter Raab, Claudia Haferlach, Markus Sauer, Michael Hudecek, Joaquin Martinez-Lopez, Hermann Einsele, Leo Rasche, Martin Kortuem; Impaired Death Receptor Signaling Mediates Cross-Resistance to Immunotherapy in MM. Blood 2022; 140 (Supplement 1): 4226–4227. doi: doi.org/10.1182/blood-2022-168702

Umair Munawar hält bei der Konferenz der KSH seinen Vortrag
Dr. Umair Munawar erhielt auf der Internationalen Konferenz der Koreanischen Gesellschaft für Hämatologie (KSH) in Seoul den Best Oral Presentation Award. Der Molekularbiologe referierte über einen Resistenzmechanismus gegenüber Immuntherapien beim Multiplen Myelom. © Johanna Lehmann / UKW
Grafik zeigt einen Resistenzmechanismus bei Immuntherapien
Die Zellen des Multiplen Myeloms sterben ab, wenn sie durch eine Immuntherapie (CAR-T-Zellen, monoklonale Antikörper mAbs, bispezifische Antikörper BsABs) angegriffen werden; mit Ausnahme der Zellen, deren apoptotische Maschinerie beeinträchtigt ist, was letztlich zu einem Rückfall führen kann. © Umair Munawar (mit Biorender.com)
Porträt von Umair Munawar
Der Molekularbiologe Dr. Umair Munawar arbeitet seit drei Jahren als Post Doc in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Kortüm, dem Inhaber des Lehrstuhls für Translationale Myelomforschung. © Salih Usta / UKW

Chirurgische Spezialisierung nach europäischem Vorbild: Alles um Magen und Speiseröhre aus einer Hand

Florian Seyfried erhält an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Professur für die Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts und bariatrische Chirurgie

Das Porträt zeigt den Chirurgen Florian Seyfried.
Prof. Dr. Florian Seyfried hat die neue Professur für die Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts und bariatrische Chirurgie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erhalten. Das Konzept für die neue Professur hat er selbst nach Vorgaben des Europäischen Fachärzteverbandes der EU (UEMS) entwickelt. © Hans Pastyrik / UKW
Das Bild zeigt Florian Seyfried und Team bei einer Operation.
Florian Seyfried erforscht, lehrt, behandelt und operiert starkes Übergewicht sowie Funktionsstörungen der Speiseröhre und des Magens und bösartige Tumoren im oberen Verdauungstrakt. © Daniel Peter / UKW

Er ist ein akademischer Chirurg mit translationaler Ausrichtung. Sein Schwerpunkt sei unheimlich schön, weil inhaltlich hochspannend und innovativ, interdisziplinär, operationstaktisch extrem herausfordernd und sehr nah am Patienten, sagt er. Der Universitäts-Professor Dr. Florian Seyfried leitet die Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts und bariatrische Chirurgie am Universitätsklinikum Würzburg und hat vor kurzem die neu eingerichtete gleichnamige Professur an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erhalten. Das heißt: Florian Seyfried erforscht, lehrt, behandelt und operiert starkes Übergewicht sowie Funktionsstörungen der Speiseröhre und des Magens und bösartige Tumoren im oberen Verdauungstrakt. Gaster heißt auf griechisch Magen, intestinum auf lateinisch Darm. Der Gastrointestinaltrakt umfasst also die vom Mund bis zum Darmausgang reichende Röhre. Seyfried konzentriert sich auf den oberen Bereich: Speiseröhre, Magen und Dünndarm.

Speiseröhre und Magen gehören in vielerlei Hinsicht zusammen

Der gebürtigen Wormser war schon früh im Studium in Würzburg fasziniert von der Atmosphäre im Operationsaal, der chirurgischen Herangehensweise an Probleme, den Herausforderungen, Krankheitsbilder zu verstehen und Verantwortung zu übernehmen. Vor allem Menschen mit starkem Übergewicht oder Schluckbeschwerden hätten einen hohen Leidensdruck, da sei es sehr bewegend, wenn man ihnen helfen könne. Die metabolische bariatrische Chirurgie wurde früh sein Forschungsschwerpunkt – metabolisch, weil die gewichtsreduzierende Operation (bariatrisch = medizinisch Behandlung des Übergewichts) zu einer maßgeblichen Verbesserung des Stoffwechsels (Metabolismus) führen kann. Seyfried habilitierte auf diesem Gebiet, führte preisgekrönte grundlagenwissenschaftliche und translationale Untersuchungen durch und erstellte ein Konzept für eine Professur, in der er die bariatrische Chirurgie mit der kompletten Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakt kombiniert. Damit entspricht dieses Tätigkeitsprofil der durch den Fachärzteverband der Europäischen Union UEMS (European Union of Medical Specialists) geforderten Subspezialisierung dieses Fachgebietes. „Die beiden Gebiete sind sowohl thematisch als auch operationstaktisch extrem verwandet und wir haben hier viele Überschneidungen“, erklärt der zweifache Vater.

„Die rekonstruktiven Schritte in der Krebschirurgie ähneln denen in der bariatrischen Chirurgie.“ Wobei es hier herausfordernde Forschungsansätze gebe: „Während auf der einen Seite ein Gewichtsverlust das Ziel ist, möchte ich das auf der anderen Seite, bei den Krebskranken, verhindern.“ Und eben das sei das Hochspannende an seiner Arbeit: „Ich kann ein anatomisches Gebiet sowohl funktionell als auch onkologisch und metabolisch betrachten. Ich muss alles von unterschiedlichen Seiten angehen, um Probleme zu erkennen und zu lösen und für jede Situation gerüstet sein.“ Die zu beherrschenden operativen Plattformen schließen zudem alle gängigen und hochmodernen Technologien ein. Seyfried und sein Team operieren konventionell chirurgisch offen sowie minimal-invasiv, also endoskopisch mit Sonde und laperoskopisch mit Schlüssellochtechnologie, auch unter Anwendung von komplexen OP-Systemen wie den Operationsroboter.

Multimodale Therapieansätze bei Adipositas analog zur Krebsbehandlung

In der Adipositas-Therapie gibt es inzwischen infolge der zahlreichen neuen Erkenntnisse zur Wirkweise von bariatrischen Operationen auch Analogien zur multimodalen Krebstherapie. So könnten stark Übergewichtige von Medikamenten profitieren, die sich verstärkt auf den Metabolismus auswirken und diesen dazu bringen, relevant Gewicht zu verlieren. Diese imitieren nunmehr die komplexen Wirkungsweisen der Adipositas-Operation. So ändern sich über eine chirurgische Veränderung der Anatomie komplexe Regelkreise, deren Wirkung sehr wesentlich über Strukturen im Gehirn vermittelt wird. Dies hat Seyfried gerade erst gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Würzburger Endokrinologie, der Psychiatrie und der Molekularen Infektionsbiologie publiziert. Ist der Hypothalamus, ein zentraler Teil des Gehirns, der als wichtige Schaltzentrale unseres Körpers vegetative und endokrine Vorgänge reguliert und unter anderem die Nahrungsaufnahme steuert, krankheitsbedingt zerstört, ist der Effekt der Operation deutlich abgeschwächt. Denn sattmachende Hormone, die nach dem chirurgischen Eingriff verstärkt aus dem Magen-Darm-Trakt ausgeschüttet werden, können ihre nahrungsregulierende Wirkung über den geschädigten Hypothalamus nicht entfalten.

Seyfried hofft sehr, dass er mit solchen Erkenntnissen dazu beitragen kann, sowohl seine Patientinnen und Patienten als auch die Adipositas-Chirurgie vom Stigma zu befreien. Diätetische Maßnahmen funktionieren bei den meisten Patienten nicht. Der Körper habe beim Gewichtsverlust klare Verteidigungsstrategien, um den Hungertod abzuwenden. Dabei könne er nicht unterscheiden, ob ich 5 Kilogramm zu viel habe und diese eine sinnvolle Reserve sind, oder ob ich 50 Kilogramm zu viel habe und dieses Übergewicht mich todkrank macht. Adipositas ist eine Krankheit, die interdisziplinär mit individuell abgestimmten multimodalen Therapieansätzen behandelt werden kann.

Ausbau des klinischen Sektors in der metabolisch bariatrischen Chirurgie

Florian Seyfried hat sich für seine Professur viel vorgenommen. Die metabolisch bariatrische Chirurgie, mit der die Universitätsmedizin Würzburg deutschlandweit schon sehr präsent sei, möchte er weiter ausbauen und sowohl die Betroffenen als auch die bariatrische Chirurgie vom Stigma befreien. „Wir sind translational bereits sehr stark aufgestellt, nun gilt es, mit diesen Ansätzen den Weg in die klinische Forschung zu finden und unsere geplanten multizentrischen, prospektiv, randomisierten Studien umzusetzen,“ erklärt er.

Aufbau eines Registers für seltene Schluckbeschwerden im Achalasie-Zentrum

Ein weiterer Forschungsfokus liegt auf der Achalasie. Würzburg hat sich zu einem von drei großen Zentren in Deutschland entwickelt, die diese seltene aber schwerwiegende Funktionsstörung der Speiseröhre (lateinisch Ösophagus) behandelt. Die Betroffenen haben Probleme beim Schlucken und stoßen Unverdautes wieder auf. Im „Zentrum für Achalasie und andere Ösophagusmotilitätsstörungen“, das er unter dem Dach des Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZESE) leitet, werden etwa 100 Patientinnen und Patienten pro Jahr behandelt. Oft reicht schon eine Schwächung des Schließmuskels zwischen Speiseröhre und Magen, um die Speiseröhre zu entleeren. Die Betroffenen haben einen langen Leidensweg hinter sich, bevor ihre Erkrankung überhaupt diagnostiziert wird. Die Symptome sind unspezifisch, die Ursachen unklar und daher ist die Erkrankung noch weitestgehend unverstanden. Doch das will Florian Seyfried mit seinem Team ändern. „Aus den Daten, die wir bereits von 800 Patientinnen und Patienten gesammelt haben, möchten wir ein Register erstellen und retrospektiv auswerten, aber auch fortsetzen, um mehr Erkenntnisse zur Entstehung und Behandlung zu erhalten.“ Des Weiteren möchte er den Stellenwert vielversprechender moderner minimaler Operationstechniken, wie der robotischen Chirurgie, zur operativen Behandlung onkologischer Erkrankungen von Magen und Speiseröhre systematisch untersuchen. Florian Seyfried steckt voller Tatendrang und seine Faszination vom „Upper GI“, wie sein Fachgebiet in europäischen Kollegenkreisen kurz und prägnant beschreiben, kommt selbst dann zum Ausdruck, wenn er sich nach einer nächtlichen Notoperation eines komplizierten Speiseröhrenrisses und klinischem Alltag am späten Nachmittag mit einem Espresso für die nächste Besprechung rüstet. 

Das Porträt zeigt den Chirurgen Florian Seyfried.
Prof. Dr. Florian Seyfried hat die neue Professur für die Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts und bariatrische Chirurgie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erhalten. Das Konzept für die neue Professur hat er selbst nach Vorgaben des Europäischen Fachärzteverbandes der EU (UEMS) entwickelt. © Hans Pastyrik / UKW
Das Bild zeigt Florian Seyfried und Team bei einer Operation.
Florian Seyfried erforscht, lehrt, behandelt und operiert starkes Übergewicht sowie Funktionsstörungen der Speiseröhre und des Magens und bösartige Tumoren im oberen Verdauungstrakt. © Daniel Peter / UKW

Förderung ermöglicht weiteren Präzisionssprung in der Diagnostik von Multiplem Myelom am Uniklinikum Würzburg

Der Verein „Hilfe im Kampf gegen Krebs“ finanziert eine Personalstelle, die erforderlich ist, die schon heute am Uniklinikum Würzburg gebotene, hochempfindliche Tumordiagnostik bei Multiplem Myelom noch weiter zu verfeinern. Dahinter steht der Wunsch nach präzisen Informationen für möglichst maßgeschneiderte Therapieentscheidungen.

Bild: UKW / Margot Rössler
Bei der Spendenübergabe bedankten sich Prof. Dr. Hermann Einsele (links) und Prof. Dr. Andreas Beilhack von der Medizinischen Klinik II des Uniklinikums Würzburg herzlich bei Gabriele Nelkenstock vom Verein „Hilfe im Kampf gegen Krebs“ für die fortgesetzte Förderung. (Bild: UKW / Margot Rössler)

Würzburg. Seit etwa zwei Jahren führt ein von Prof. Dr. Andreas Beilhack geleitetes Forschungslabor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II (Med II) des Uniklinikums Würzburg (UKW) bei Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom routinemäßig Bluttests per Multiparameter-Durchflusszytometrie durch. „Mit diesem deutschlandweit einzigartigen Hochtechnologie-Angebot sind wir in der Lage, unter einer Million gesunden Blutzellen eine einzelne Tumorzelle zu erkennen“, schildert Prof. Beilhack. Doch diese an sich schon beeindruckende Präzision lässt sich nach seinen Worten noch steigern. „Wir gehen davon aus, dass es durch eine Modifikation der Methode möglich sein wird, unter 100 Millionen Zellen eine Myelom-Zelle zu entdecken“, verdeutlicht der Mediziner. Allerdings seien die Probenaufbereitung und die Durchführung der Probenmessung sehr personalintensiv: Für das systematische Etablieren und Validieren des neuen Verfahrens werde eine weitere Medizinisch-technische Assistenzkraft (MTA) benötigt. Die ersten sechs Monate dieser Stelle finanziert der Würzburger Verein „Hilfe im Kampf gegen Krebs“. Dessen Vorsitzende Gabriele Nelkenstock überreichte dazu kürzlich einen Spendenscheck in Höhe von 29.000 Euro. 

Wertvolle Informationen für das Therapieansprechen

Warum ist die hochempfindliche Detektion von einzelnen Zellen aus der bösartigen Untergruppe des Lymphknotenkrebses so wichtig? „Mit dieser Technik sind wir in der Lage, quasi in Echtzeit die Krankheitsbelastung der Patientin oder des Patienten zu messen“, erläutert der Direktor der Med II, Prof. Dr. Hermann Einsele. Der international renommierte Myelom-Experte fährt fort: „Das wiederum gibt uns wertvolle Informationen über das Ansprechen der gewählten Therapie. Es hilft uns, rechtzeitig weitere oder andere Behandlungen einzuleiten. Auch Übertherapien können so leichter vermieden werden.“ Für die Erkrankten zahle sich dies letztlich in einem Gewinn an Lebensqualität aus. 

Anschubfinanzierungen durch „Hilfe im Kampf gegen Krebs“

„Hilfe im Kampf gegen Krebs e.V.“ hat die Einführung der Multiparameter-Durchflusszytometrie für die Myelom-Diagnostik am UKW in zurückliegenden Schlüsselmomenten schon mehrfach durch entsprechende Fördermittel vorangebracht. „Wir freuen uns sehr, dass wir durch unsere Anschubfinanzierungen dazu beitragen konnten und können, die Perspektiven der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Gleichzeitig sind wir stolz auf die Vorreiterrolle, die sich das Würzburger Uniklinikum in diesem Feld erarbeiten konnte“, kommentiert Gabriele Nelkenstock. Eine Vorreiterrolle von weit überregionaler Dimension: Von den in den vergangenen zwei Jahren durchgeführten rund 1.000 Messungen mit dem „alten“ Nachweisverfahren profitierten Myelom-Patientinnen und -Patienten aus ganz Deutschland sowie aus Österreich und der Schweiz. 

Um die Arbeit des Vereins „Hilfe im Kampf gegen Krebs“ auch in Zukunft voranzutreiben, sind Spenden immer willkommen unter:

Hilfe im Kampf gegen Krebs e.V.
Castell Bank Würzburg
IBAN: DE 74 7903 0001 0000 0092 45
BIC: FUCEDE77XXX

Bild: UKW / Margot Rössler
Bei der Spendenübergabe bedankten sich Prof. Dr. Hermann Einsele (links) und Prof. Dr. Andreas Beilhack von der Medizinischen Klinik II des Uniklinikums Würzburg herzlich bei Gabriele Nelkenstock vom Verein „Hilfe im Kampf gegen Krebs“ für die fortgesetzte Förderung. (Bild: UKW / Margot Rössler)

Jahresbericht 2021

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Morbus Fabry – eine Erkrankung mit vielen Fragen

7th Update on Fabry Disease in Würzburg - vom 29. bis zum 31. Mai 2022 findet in Würzburg ein internationaler Kongress über die seltene Fabry-Erkrankung statt.

Im Würzburger Fabry-Zentrum erforschen der Nephrologe Christoph Wanner, die Neurologin Nurcan Üçeyler und der Kardiologe Peter Nordbeck (v.l.n.r.) gemeinsam mit ihren Teams die seltene Erkrankung, die Herz, Nieren und Gehirn beeinträchtigt. (© Daniel Peter / UKW)
Grafik von verschiedenen UKW-Abteilungen im Fabry-Zentrum
Die Multisystemerkrankung Morbus Fabry erfordert einen interdisziplinären und interprofessionellen Ansatz, der am Uniklinikum Würzburg intensiv gelebt wird. (© Luftbild Dziamski / Collage UKW)

Würzburg. Nach Bergamo, Vancouver, Hong Kong, Manchester, Mexiko City und Prag ist nun Würzburg der Austragungsort des internationalen Fabry Kongresses. Beim 7th Update on Fabry Disease vom 29. bis 31. Mai 2022 werden sich namhafte Fachleute sowie Behandelnde der Fabry-Krankheit aus der ganzen Welt über jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse austauschen. Der Schwerpunkt liegt auf neuen Behandlungsansätzen, Ausgangsmerkmalen, die das patientenindividuelle Ansprechen auf die Behandlung von Morbus Fabry bestimmen und Antikörper-Interaktionen mit der sogenannten infundierten Enzymersatztherapie (ERT = Enzyme Replacement Therapy). 

Die lysosomale Speichererkrankung Morbus Fabry wird über ein fehlerhaftes Gen, das GLA-Gen, hervorgerufen. Die Mutationen haben zur Folge, dass dem Körper das lebenswichtige Enzym alpha-Galaktosidase A teilweise oder gänzlich fehlt. Dadurch können wiederum die sogenannten Glykosphingolipide nicht genügend abgebaut werden, die Fettsubstanzen reichern sich in verschiedenen Zellen im gesamten Körper an und schädigen das Gewebe und wichtige Organe, vor allem die Nieren und das Herz, aber auch das Gehirn

Interdisziplinäre Forschung und Behandlung

Für diese Trias Niere, Herz und Nervensystem – steht im Würzburger Fabry-Zentrum für interdisziplinäre Therapie (FAZiT) ein exzellentes Forschungs- und Behandlungsteam zur Verfügung. Prof. Dr. med. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I, hatte das Zentrum bereits im Jahr 2001 gegründet, wenig später kam die Kardiologie mit Privatdozent Dr. Peter Nordbeck hinzu. Und inzwischen ist auch die Neurologie mit Prof. Dr. Claudia Sommer und Prof. Dr. Nurcan Üçeyler stark eingebunden. Weitere Expertise kommt aus zahlreichen Fachabteilungen der Uniklinik wie der Kinderklinik, Radiologie, kardiovaskulären Genetik, HNO sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aber auch aus den Instituten für Humangenetik und Pathologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

„Diese X-chromosomal vererbte Multisystemerkrankung erfordert einen interdisziplinären und interprofessionellen Ansatz, den wir hier in Würzburg intensiv leben“, betont Christoph Wanner. „Wir können in kurzer Zeit ein umfassendes Diagnostikprogramm durchführen und zeitnah individualisierte Therapien anbieten.“

Akademisches Flair

Das Würzburger Fabry-Zentrum ist das größte in Deutschland. In seiner Spezialambulanz werden aktuell 200 Erwachsene und Kinder betreut. Viele der Patientinnen und Patienten nehmen an Studien teil. So wurden in der Beobachtungsstudie seit Zentrumsgründung im Jahr 2001 die Krankheitsverläufe von 400 Betroffenen analysiert. Die krankheitsbezogenen Daten fließen sowohl in die interne Datenbank als auch in internationale Register wie etwa das weltweite Fabry Registry, welches von Würzburg aus mitgeleitet wird. So werden bei dieser sehr seltenen Erkrankungen Informationen zusammengetragen, die verlässliche Aussagen über den Krankheitsverlauf der Krankheit und den Erfolg der Behandlungen ermöglichen.

Morbus Fabry bietet mit seinem breit gefächerten Krankheitsbild zahlreiche wissenschaftliche Fragestellungen. „Ideal für den Nachwuchs! Dieses akademische Flair, den das Fabry-Zentrum umgibt, hat mich immer fasziniert“, schwärmt Christoph Wanner: „Allein aus dem Beobachtungsregister sind in Würzburg 150 Publikationen entstanden.“

Portfolio der Würzburger Neurologie hat Alleinstellungscharakter

Vor allem für die Neurologie ist Morbus Fabry eine besonders wichtige Erkrankung, da sie das periphere und zentrale Nervensystem betreffen kann. Die neurologischen Hauptsymptome sind wiederkehrende Schlaganfälle und Schmerzen. Insbesondere die mit Morbus Fabry assoziierten Schmerzen, die bereits in der Kindheit eintreten, sowie die mit der Erkrankung einhergehende Kleinfaserneuropathie werden seit mehr als zehn Jahren in der Neurologischen Klinik am Uniklinikum Würzburg umfangreich untersucht. Nurcan Üçeyler, Heisenberg-Professorin und Prodekanin der Medizinischen Fakultät nennt Beispiele: „So wird die Pathophysiologie von Schmerz und Neuropathie im Mausmodell beforscht, und durch die Etablierung patienteneigener Zellkultursysteme basierend auf induzierten pluripotenten Stammzellen können wir genuine translationale Forschung betreiben. Dieses umfangreiche Portfolio über anspruchsvolle klinische Forschung, Forschung im Tiermodell und an patienteneigenen Körperzellen zum Thema Neurologie und Morbus Fabry hat Alleinstellungscharakter.“

Der Morbus Fabry als kardiale Modell-Erkrankung

Aus Sicht der Kardiologie liegt ein aktueller Hauptfokus der Forschung vor allem auf der genaueren Charakterisierung der Pathophysiologie, also der Krankheitsentstehung, und der dadurch bedingten klinischen Ausprägung der Erkrankung. Interessanterweise teilt der Morbus Fabry viele Gemeinsamkeiten mit anderen Erkrankungen welche zu einer Verdickung des Herzmuskels führen, so dass die Erkrankung sowohl hinsichtlich der Diagnostik als auch in Bezug auf die Weiterentwicklung neuer Therapiekonzepte Modellcharakter hat. So konnten unter anderem zuletzt neue Bildgebungstechniken entwickelt werden, die nicht nur für die Diagnostik der Fabry-Erkrankung vielversprechend sind. Gleiches gilt für die Therapie: „Die erfolgreiche Einführung neuer Therapieansätze wie der sogenannten Chaperon-Therapie bedeuten für eine große Zahl herzkranker Patientinnen und Patienten in Deutschland und weltweit eine enorme Chance, da gerade im Bereich von Herzmuskelschwäche, die aus einer Verdickung des Herzmuskels resultiert, bisher kaum wirksame Behandlungsmöglichkeiten verfügbar waren“, erklärt Privatdozent Dr. Peter Nordbeck.

Suche nach geeignete Gentherapien

Neben der noch relativ neuen Chaperon-Therapie ist die infundierte Enzymersatztherapie augenblicklich die einzige Therapie, die den Betroffenen zur Verfügung steht. Dabei wird den Patientinnen und Patienten alle 14 Tage ein bestimmtes Enzym über eine Infusion in die Vene verabreicht. „Das ist zeitaufwändig und kann das natürliche Enzym immer noch nicht zu hundert Prozent ersetzen“, bemerkt Christoph Wanner. „Wir arbeiten mit Hochdruck mit an klinischen Studien zu geeigneten Gentherapien. Erste Ergebnisse werden beim 7th Update on Fabry Disease in Würzburg diskutiert. Es wird spannend.“

Sämtliche Abstracts des 7th International Update on Fabry Disease sind ab dem 26. Mai 2022 im Journal Nephron online: DOI: 10.1159/000524933

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