Unsere Leistungsschwerpunkte

Zu den Schwerpunkten unseres Zentrums zählt die differenzierte Diagnose und Behandlung entzündeter Arterien im Halsbereich und Brustkorb aufgrund autoimmunologischer Prozesse. Patientinnen und Patienten werden – über den akuten Schub hinaus – von uns begleitet und medizinisch betreut. Bei chronischen Verläufen kontrollieren wir die Dosierung der Medikamente und variieren diese, um Nebenwirkungen möglichst klein zu halten. Gerne stehen wir auch für eine kollegiale Beratung zur Verfügung.

Komplexeres Krankheitsbild

Das Krankheitsbild einer Riesenzellarteriitis (RZA) wurde bereits im Jahr 1890 erstmals beschrieben und durchlief aufgrund stetig neuer Erkenntnisse mehrere Namensänderungen. Wurde die durch autoimmune Prozesse ausgelöste Gefäßentzündung früher ausschließlich auf den Befall der Schläfenarterie mit ihrer Symptomatik reduziert und deshalb als Arteriitis temporalis bezeichnet, so weiß man heute, dass alle großen und mittleren Arterien in Kopf, Nacken und Oberkörper sowie auch die Aorta betroffen sein können.

Riesige Zellen in den Gefäßwänden

Im Zuge eines autoimmunologischen Entzündungsprozesses rotten sich bestimmte Zellen der Immunabwehr zusammen und greifen die körpereigenen Gefäßwände an. Durch die Fusion von Makrophagen entstehen riesige Zellen, die mikroskopisch nachweisbar sind und der Erkrankung den Namen geben. Infolge der Entzündung schwellen die Gefäßwände an, das Gefäß verengt sich und die nachfolgenden Organe wie Auge oder Gehirn werden nicht mehr ausreichend durchblutet. Im schlimmsten Fall drohen Erblindung und Schlaganfall.

Unbekannte Ursache

Die Ursache für das plötzliche Auftreten einer RZA ist im Einzelfall unklar. Meist betrifft es Frauen jenseits des 50. Lebensjahres, bei denen in über der Hälfte der Fälle bereits eine sogenannte Polymyalgia rheumatica (PMR) diagnostiziert worden ist. Die PMR ist eine rheumatische Erkrankung höheren Alters, bei der Entzündungen im Bereich von Schulter- oder Hüftgürtel oft zu starken morgendlich betonten Schmerzen führen. Darüber hinaus wird für die RZA auch eine genetische Disposition in Verbindung mit noch unbekannten Auslösern vermutet. Insgesamt ist die Krankheit jedoch sehr selten und betrifft etwa 25 von 100 000 Menschen in Europa.

Kopfschmerzen, Seheinschränkungen, Schlaganfall

Zu den unspezifische Allgemeinsymptome zählen Nachtschweiß, unklares Fieber, Gewichtsverlust und allgemeine Abgeschlagenheit.

Charakteristische Symptome treten je nach Minderdurchblutung des Versorgungsgebietes auf. Am häufigsten befallen sind die Verzweigungen der Halsschlagader und manifestieren sich dann als: 

  • Starke Kopfschmerzen in der Schläfenregion, die auch durch Schmerzmittel nicht abklingen
  • Sehstörungen und Sehausfälle mit der Gefahr der Erblindung
  • Schmerzen beim Kauen
  • Missempfindungen in der Kopfhaut
  • Schlaganfall

Diagnostik

Die Diagnose basiert auf den Symptomen und den Ergebnissen der körperlichen Untersuchung. Bei plötzlichem und akutem Auftreten steht grundsätzlich die Notfallsituation im Vordergrund, die primär eine schnelle rheumatologische, augenärztliche oder neurologische Abklärung erfordert.

Zur Basisdiagnostik zählen:

  • Bestimmung der Entzündungswerte im Blut, wie Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und C-reaktives Protein (CRP);
     
  • Sonographie der Arterien: Mit der sogenannten Farbduplexsonographie kann die Gefäßwanddicke von Halsschlagader, Schläfenarterien und anderen Schlagadern untersucht werden. Eine verdickte Gefäßwand spricht dabei für eine rheumatische Entzündung des Gefäßes.

  • Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT): Mithilfe einer sehr speziellen MRT-Untersuchung kann nicht nur die Dicke der Arterienwände dargestellt, sondern auch die Kontrastmittelaufnahme in die Gefäßwand untersucht werden. Dadurch gelingt ein noch empfindlicherer Nachweis der Gefäßentzündung.
    Vorteilhaft gegenüber der Sonographie ist auch, dass zusätzliche Gefäße wie die Hinterhauptsarterie und die Aorta untersucht werden können, die bei manchen Patientinnen und Patienten isoliert betroffen sind.

  • Sehschärfe, Gesichtsfeld und OCT: Da die Augenbeteiligung der Riesenzellarteriitis zur Erblindung führen kann, werden die meisten Patientinnen und Patienten auch in der Augenklinik untersucht. Dabei werden Sehschärfe und Gesichtsfeld bestimmt sowie der Augenhintergrund mit einer Spaltlampe betrachtet. Die Gefäßversorgung des Auges kann auch durch eine optische Kohärenztomographie (OCT) dargestellt werden. 

Mit diesen Befunden lässt sich in Verbindung mit der Krankheitsgeschichte bereits in über 90 Prozent der Fälle die Diagnose stellen.

Weiterführende Diagnostik: 

  • Biopsie der Schläfenarterie: Als ultimativ letzter Beweis wird häufig eine kleine Gewebeprobe aus der Schläfenarterie entnommen. Dazu wird unter örtlicher Betäubung ein kleiner Schnitt direkt über dem Gefäß gesetzt und ein etwa zwei Zentimeter großes Stück entfernt. Anschließend werden die Gefäßenden und der Schnitt vernäht.

  • FDG-PET/CT: Bei Verdacht auf Beteiligung des Aortenbogens oder zur Verlaufskontrolle einer diagnostizierten Aortenbeteiligung lassen sich Entzündungsherde auch gut mit einer sogenannten Positronen-Emissions-Tomographie (PET) darstellen. Bei dieser nuklearmedizinischen Untersuchung werden leicht radioaktive Zuckermoleküle gespritzt, die sich vorwiegend in Entzündungsherden anlagern. Das kann mit Spezialkameras erfasst und optisch dargestellt werden.

Weitere Informationen zur PET/CT

Therapie

Ziel der Therapie ist es, die Fehlfunktion des Immunsystems zu stoppen, die zu einer Schädigung der Blutgefäße führt. Zur Standardtherapie zählt dabei eine Kombination aus Glukokortikoiden und Tocilizumab oder Methotrexat über circa zwei Jahre.

  • Glukokortikoide / Kortison: Bei akutem Auftreten werden zunächst hohe Dosen von Glukokortikoiden gegeben. Sie unterbinden breitflächig Entzündungsreaktionen und mindern rasch die Symptomatik. Im Verlauf von einem bis zwei Jahren versucht man das Medikament sukzessiv zu reduzieren, um es im besten Fall ganz abzusetzen.

  • Tocilizumab: Seit 2017 wird das Rheumamedikament sehr erfolgreich auch bei der Behandlung der RZA eingesetzt. Der sogenannte monoklonale Antikörper blockiert selektiv die Interleukin-6 Rezeptoren auf der Zelloberfläche und hemmt damit die immunologischen Prozesse, die bei einer Gefäßentzündung im Zellinneren ablaufen. Das Medikament wird mit einer Fertigspritze oder einem kleinen PEN-Stift von den Betroffenen selbst unter die Haut gespritzt.

  • Methotrexat: Als Alternative zu Tocilizumab kann auch Methotrexat gegeben werden. Es moduliert das Immunsystem. Das Medikament wird seit vielen Jahren bei zahlreichen anderen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen regelmäßig eingesetzt und gilt als gut verträglich.

  • Alternativmedikamente: Andere zugelassene Alternativen existieren nicht. Aktuell werden aber vielversprechende Medikamente in klinischen Studien untersucht. Manche dieser Studien sind an unserem Zentrum aktiv und können Betroffenen angeboten werden.

Kontrolle und Nebenwirkungen

Die Wirksamkeit der Therapie und der Zustand der Arterien wird in regelmäßigen Abständen überprüft. Vor allem bei chronischem Befall der Aorta wird auch mit bildgebenden Verfahren über mehrere Jahre kontrolliert, ob sich durch die Gefäßwandschädigung eine Art Aussackung in der Hauptschlagader bildet. Solch ein Aneurysma droht ab einer bestimmten Größe zu platzen und muss vorher operativ behandelt werden.

Die eigentliche Herausforderung der Therapie ist die Gratwanderung zwischen Wirksamkeit der Medikamente und ihrer Nebenwirkungen. Speziell bei langfristiger Kortisongabe kann es zu unerwünschter Gewichtszunahme, Bluthochdruck, Grauem Star oder Osteoporose kommen. Generell schwächen alle Medikamente, die das Immunsystem ausbremsen, auch die Infektabwehr und begünstigen die Entstehung anderer Krankheiten. Deshalb ist unser Ziel, durch Variationen in der Dosierung und geschickte Kombination die Nebenwirkungen möglichst klein zu halten, aber dabei trotzdem die RZA im inaktiven Zustand zu halten.

Die Medikamentenwirksamkeit wird anfänglich alle sechs Wochen, dann alle drei bis sechs Monate bei uns kontrolliert. Nieren- und Leberwerte müssen regelmäßig in Ihrer Hausarztpraxis untersucht werden.

Aussicht auf Heilung?

Mit der richtigen Behandlung erholen sich die meisten Patientinnen und Patienten mit RZA vollständig, sofern vorher kein Schaden am Auge oder im Gehirn eingetreten ist. Unter Beobachtung der Entzündungsparameter im Blut wird versucht, die Medikation langsam auszuschleichen. Bei etwa der Hälfte der Fälle kommt die Erkrankung nach Absetzen der Medikamente nicht mehr wieder. Die andere Hälfte muss lebenslang Medikamente einnehmen, Allerdings werden in der Forschung stetig neue Wirkstoffe geprüft, die auf weitere Durchbrüche hoffen lassen.

Ansprechpersonen

Portraitfoto von PD Dr. med. Marc Schmalzing

PD Dr. med.
Marc Schmalzing

Sprecher des Zentrums für Riesenzellarteriitis

+49 931 201-40100

Portraitfoto von Prof. Dr. Thorsten Bley

Univ.-Prof. Dr. med.
Thorsten Bley

Direktor der Radiologie

Porträtfoto von Universitätsprofessor Dr. med. Andreas Buck

Prof. Dr. med.
Andreas Buck

Direktor der Nuklearmedizin

+49 931 201-35000

Portraitfoto von Prof. Dr. med. Mirko Pham

Prof. Dr. med.
Mirko Pham

Direktor der Neuroradiologie

+49 931 201-34805

Portraitfoto: Prof. Dr. Karl Georg Häusler

Prof. Dr. med.
Karl Georg Häusler

Direktor der Neurologie

+49 931 201-23755

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Universitätsklinikum Würzburg | Medizinische Klinik und Poliklinik II | Schwerpunkt Rheumatologie / Klinische Immunologie | Zentrum Innere Medizin (ZIM) | Oberdürrbacher Straße 6 | Haus A3 | 97080 Würzburg | Deutschland

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