Würzburg. Etwa 15 Prozent der Mütter und 5 Prozent der Väter sind rund um die Geburt ihres Kindes von Depressionen und Angststörungen betroffen, oft auch in Kombination. Im Gegensatz zum harmlosen Baby-Blues, den 50 bis 80 Prozent aller Mütter nach der Geburt erleben und der vor allem durch starke Stimmungsschwankungen gekennzeichnet ist, handelt es sich bei Wochenbettdepressionen um schwere psychische Erkrankungen, die nicht selten bereits in der Schwangerschaft beginnen. Neben den negativen Auswirkungen auf die gesamte Familie, insbesondere auch auf die Entwicklung der Kinder, sind Suizide eine der häufigsten Ursachen für Müttersterblichkeit in den Industrieländern.
Bei frühzeitiger Diagnosestellung gut und schnell behandelbar
Umso wichtiger ist das neue Versorgungsprojekt UPlusE, das nun im Rahmen einer multizentrischen Studie unter der Leitung des Klinikums Nürnberg untersucht wird. Es ist die größte deutsche Studie zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Schwangeren und jungen Familien. Das Universitätsklinikum Würzburg ist maßgeblich an der Studie beteiligt, die am 12. Februar 2024 startet.
„Obwohl Ärztinnen und Ärzte vor allem in der Gynäkologie und Pädiatrie regelmäßig junge Familien sehen, wird bisher nur ein Bruchteil der psychischen Erkrankungen vor und nach der Geburt tatsächlich frühzeitig erkannt und behandelt. Dabei sind diese Erkrankungen bei frühzeitiger Diagnose in der Regel gut und schnell behandelbar“, berichtet Dr. Andrea Gehrmann, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und am UKW verantwortlich für die Mutter-Kind-Sprechstunde und Spezialambulanz für peripartale psychische Erkrankungen.
Screening in gynäkologischen und pädiatrischen Praxen mittels Praxis-App
Im Rahmen von UPlusE werden Schwangere und junge Eltern bis zur U6-Untersuchung des Kindes von ihrer Gynäkologin bzw. ihrem Gynäkologen oder ihrer Kinder- und Jugendärztin bzw. ihrem Kinder- und Jugendarzt im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen mittels einer Praxis-App regelmäßig zu ihrem psychischen Befinden und möglichen Belastungen befragt. Ergeben sich aus dem Screening Hinweise auf eine mögliche Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit, werden Kontaktdaten für eine Beratung oder Behandlung psychischer Erkrankungen vermittelt. Bei Bedarf unterstützen die Praxisteams die Studienteilnehmenden bei der Kontaktaufnahme. „Mit dem Screening sollen langwierige und schwere Krankheitsverläufe vermieden und die daraus resultierenden psychischen Belastungen für die betroffenen Familien reduziert werden. Das trägt zu einer gesunden Entwicklung des Kindes bei“, sagt die Psychologische Psychotherapeutin Freya Lanczik, die gemeinsam mit Andrea Gehrmann die Studie am UKW koordiniert.
Bundesweit werden 10.000 Mütter und Väter im Rahmen von UPlusE rekrutiert
Insgesamt sollen bis Mitte 2026 bundesweit 10.000 Mütter und Väter rekrutiert werden. Das Projekt wird mit 4,6 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (g-BA) gefördert. Ziel der Studie ist es, das Screening auf peripartale psychische Störungen in gynäkologischen und pädiatrischen Praxen künftig in die gesetzlichen Leistungen der Krankenkassen aufzunehmen.
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Website https://upluse.de/ und beim Würzburger UPlusE-Studienteam M.Sc. Freya Lanczik und Dr. Andrea Gehrmann (Spezialambulanz für Peripartale Psychische Erkrankungen) über die E-Mail-Adresse: Lanczik_F@ ukw.de