Höhenangst verlernen

Virtuelle Aufzugsfahrt kann bei Akrophobie helfen / Teilnahme an Studie in Würzburg weiterhin möglich

 

Würzburg. Die allererste virtuelle Fahrt mit dem gläsernen Aufzug endet bei vielen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern schon im ersten oder zweiten Stock. Zwei Therapiesitzungen und ein halbes Jahr später schaffen es die meisten von ihnen schon ein paar Stockwerke höher. Einige fahren sogar hoch bis in den 49. Stock und genießen den Ausblick von der Dachterrasse, manche von ihnen ganz nah an der Brüstung. „Eine ehemalige Angst-Patientin ist sogar nach erfolgreicher Therapie mit einem Gleitschirm durch die Lüfte geflogen“, freut sich Lisa Cybinski vom Studienteam. „Die ersten Zwischenergebnisse unserer Höhenangst-Studie sind wirklich beachtlich“, bemerkt Prof. Dr. Martin J. Herrmann, der die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Studie PAN_VR am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Universitätsklinikums Würzburg leitet. PAN steht für Psychotherapie bei Angsterkrankungen, VR für Virtual Reality.

Üben mit der Angst umzugehen

Mittels Virtual Reality will das Würzburger Studienteam Menschen zwischen 18 und 65 Jahren, die unter Höhenangst leiden, die Chance geben, zu üben, mit ihrer Angst umzugehen. „Die Angst verlernen“, nennt es der Psychologe Martin J. Herrmann. „Unsere Probandinnen und Probanden sollen verlernen, in der Höhe Angst zu haben. Dazu stellen wir ihnen ein therapeutisches Konzept zur Verfügung.“

Das Aufnahmegespräch und die Diagnostiksitzungen mitsamt Fahrt im Fahrstuhl, welche vor und nach der Therapie stattfinden, führt unter anderem die Psychologin Lisa Cybinski aus der Arbeitsgruppe Funktionelle Bildgebung und nicht-invasive Hirnstimulation im Zentrum für Psychische Gesundheit durch. „Wir machen zudem von jedem ein Kopf-MRT, um ein Bild von der Hirnregion zu bekommen, welche beim Verlernen der Angst involviert ist und später kurz vor der Expositionsübung mittels Gehirnstimulation zusätzlich aktiviert werden soll. Eine Studiengruppe erhält eine aktive transkranielle Magnetstimulation (TMS), die andere eine scheinbare Hirnstimulation, ein Placebo. So überprüfen wir den Zusatzeffekt der TMS auf die Therapie.“

Alle Studienteilnehmer nehmen daher am gleichen virtuellen Training teil, welches in zwei Sitzungen im 3D Multisensoriklabor, dem so genannten CAVE, des Lehrstuhls für Psychologie an der Universität Würzburg stattfindet. „Danach haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwa sechs Monate Zeit das Gelernte in ihren Alltag zu integrieren. Am Ende dürfen sie zeigen, was sie gelernt haben. Im ZEP fahren sie noch einmal mit dem virtuellen gläsernen Aufzug, und wir gehen gemeinsam in der Stadt Würzburg eine reale, außen am Gebäude liegende Treppe hinauf“, erzählt Lisa Cybinski. „Bislang konnten wir mit Freude feststellen, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer deutlich verbessert haben. Durch den Einsatz einer computersimulierten Welt kann die Angst überwunden werden.“ Inwiefern die Hirnstimulation Aufwind gibt, kann das Studienteam noch nicht sagen, da die Studie doppelblind ist, sie also erst am Ende wissen, wer tatsächlich eine Hirnstimulation erhalten hat.

Aus Erfahrung Angst

Angststörungen und Phobien sind nicht zu unterschätzen. Allein hierzulande sind ein bis zwei von zehn Personen betroffen. Sie geraten ins Schwitzen, zittern, Magen und Darm spielen verrückt, das Herz stolpert und das Sehvermögen kann mitunter beeinträchtig sein. Drei bis fünf Prozent der Bevölkerung haben Höhenangst, in der Fachsprache Akrophobie genannt. Einige Ängste resultieren aus eigener Erfahrung. Man besteigt einen Berg, kommt erschöpft, müde und hungrig oben an und erfährt statt Begeisterung Schwindel und Übelkeit, wenn man plötzlich hinunterschaut und nicht mit der Höhe umgehen kann. Anderen wird die Angst durch ein role model wie etwa einem Familienmitglied vorgelebt. Der Leidensdruck ist bei vielen Betroffenen extrem hoch. „Eine Probandin nahm sogar einen vierstündigen Anfahrtsweg auf, um an unserer Studie teilzunehmen“, berichtet Lisa Cybinski.

Studieninformationen

Jeder Erwachsene mit Höhenangst, der die Einschlusskriterien erfüllt, ist herzlich willkommen in der PAN-VR-Studie. Der Zeitaufwand beträgt insgesamt rund 7,5 Stunden. Die Teilnahme ist kostenlos. Für die diagnostischen Sitzungen erhält jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer eine Aufwandsentschädigung von 45 EUR. 

Interessenten melden sich bitte unverbindlich beim Studienteam „PAN_VR“ unter der Telefonnummer +49 931 201-77430 oder per E-Mail an pan_vr@ ukw.de

Das Bild zeigt ein Training mit Virtueller Realität im CAVE, dem 3D Multisensoriklabor des Lehrstuhls für Psychologie.
Im so genannten CAVE, dem 3D Multisensoriklabor des Lehrstuhls für Psychologie an der Universität Würzburg, lernen die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer mittels Virtual Reality, mit ihrer Höhenangst umzugehen. © Martin J. Herrmann
Das Bild zeigt eine virtuelle Aufzugsfahrt im ZEP.
In der Studie PAN_VR am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Universitätsklinikums Würzburg können Erwachsene, die unter Höhenangst leiden, mittels Virtual Reality lernen, mit ihrer Angst umzugehen. © Lisa Cybinski
Das Bild zeigt ein Training mit Virtueller Realität im CAVE, dem 3D Multisensoriklabor des Lehrstuhls für Psychologie.

Im so genannten CAVE, dem 3D Multisensoriklabor des Lehrstuhls für Psychologie an der Universität Würzburg, lernen die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer mittels Virtual Reality, mit ihrer Höhenangst umzugehen. © Martin J. Herrmann

Das Bild zeigt eine virtuelle Aufzugsfahrt im ZEP.

In der Studie PAN_VR am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Universitätsklinikums Würzburg können Erwachsene, die unter Höhenangst leiden, mittels Virtual Reality lernen, mit ihrer Angst umzugehen. © Lisa Cybinski

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