Andere Speiseröhren-Beweglichkeitsstörungen
Abgrenzung von anderen Krankheitsbildern
Bevor die Diagnose einer primären Motilitätsstörung der Speiseröhre gestellt wird, muss ausgeschlossen werden, dass andere Erkrankungen dahinterstecken, zum Beispiel:
- Ösophagus-Divertikel, also Aussackungen der Speiseröhrenwand
- einengende Tumoren
- eosinophile Ösophagitis
- Refluxerkrankung
- Hiatushernie (Zwerchfellbruch)
Welche Speiseröhren-Motilitätsstörungen gibt es?
In den vergangenen Jahren hat die Einführung der hochauflösenden Ösophagus-Manometrie, kurz HRM, sowohl das Krankheitsverständnis als auch die Diagnosestellung deutlich verbessert. Man teilt die Motilitätsstörungen in drei Gruppen ein. Dies erfolgt anhand der Chicago-Klassifikation.
Chicago-Klassifikation
Aktuell werden Ösophagus-Motilitätsstörungen anhand der Chicago-Klassifikation Version 3.0 unterteilt. Man unterscheidet:
I. Erkrankungen mit erhöhtem Druck im unteren Speiseröhren-Schließmuskel: Neben der Achalasie gehört dazu die ösophagogastrale Ausflussobstruktion. Das bedeutet, dass am Speiseröhren-Magen-Übergang ein Abflusshindernis besteht.
II. Die zweite Gruppe bilden die Major-Motilitätsstörungen, die immer einen Krankheitswert haben. Im Einzelnen heißen die Krankheitsbilder vollständiges Peristaltikversagen, distaler Ösophagospasmus, kurz DES, und Jackhammer-Ösophagus.
III. Die dritte Gruppe bilden die Minor-Motilitätsstörungen. Sie haben nicht unbedingt einen Krankheitswert. Die einzelnen Krankheitsbilder heißen fragmentierte Peristaltik, häufiges Peristaltikversagen und überschnelle Kontraktionen.
Was passiert bei Motilitätsstörungen?
Prinzipiell gehen diese Erkrankungen entweder mit einem Zuwenig oder mit einem Zuviel an Bewegung und Kontraktionen der Speiseröhre einher, also entweder einer zu schwachen oder einer zu starken Peristaltik.
Motilitätsstörungen mit zu schwacher Peristaltik
Wenn die Peristaltik sehr schwach ist, beispielsweise durch wiederkehrende Erschlaffung des unteren Speiseröhren-Schließmuskels oder durch Minderbeweglichkeit des schlauchförmigen Anteils, führt das häufig zu einem Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre, einer Refluxerkrankung. Typische Symptome sind Sodbrennen, Aufstoßen von Mageninhalt und Oberbauchschmerzen. Um die Diagnose Refluxerkrankung zu stellen, ist zusätzlich zur HRM eine kombinierte intraluminale Impedanz-pH-Metrie notwendig. Bei dieser Untersuchung wird über 24 Stunden hinweg die Magensäurebelastung in der Speiseröhre gemessen.
Behandlung von Motilitätsstörungen mit zu schwacher Peristaltik
Das klassische Operationsverfahren einer solchen Refluxerkrankung heißt Hemifundoplicatio nach Toupet. An der Universitätsklinik Würzburg führen wir neben diesem Standardverfahren auch ein rein endoskopisches Verfahren durch, das GERD-X genannt wird. Zudem bieten wir auch die Implantation eines Schrittmachers an, der den unteren Speiseröhrenschließmuskel stimuliert. Dieses Verfahren heißt Endostim.
Motilitätsstörungen mit zu starker Peristaltik
Ein Zuviel an Bewegung und Kontraktion sind für die Betroffenen meist mit Schluckproblemen sowie Krämpfen und Schmerzen hinter dem Brustbein verbunden. Hierbei sind gemäß der Chicago-Klassifikation folgende Krankheitsbilder definiert:
- Distaler Ösophagospasmus
Bei einem distalen Ösophagospasmus besteht eine Verkrampfung der unteren Speiseröhre. Leitsymptome sind Dysphagie und Schmerzen im Brustbereich. In der hochauflösenden Manometrie zeigt sich ein verkürzter Schluckakt. Im Gegensatz zur Typ-III-Achalasie kommt es zu einer regelhaften Erschlaffung des unteren Speiseröhren-Schließmuskels. - Jackhammer-Ösophagus
Jackhammer-Ösophagus bedeutet so viel wie Presslufthammer-Speiseröhre. Bei diesem Krankheitsbild besteht ein deutlich erhöhter Druck im Bereich der unteren Speiseröhre, was über eine hochauflösende Manometrie nachgewiesen werden kann. Im Gegensatz zum sogenannten Nussknacker-Ösophagus, der gelegentlich als Zufallsbefund auffällt, hat die Diagnose eines Jackhammer-Ösophagus immer einen Krankheitswert und führt bei jeder Patientin und jedem Patienten zu Beschwerden. Hierzu gehören häufig Brustschmerzen, Krämpfe, Schluckbeschwerden und Schmerzen beim Schlucken.
Behandlung von Motilitätsstörungen mit zu starker Peristaltik
Bei Ösophagus-Motilitätsstörungen mit vermehrter Peristaltik kommen verschiedene Therapieoptionen infrage, darunter muskelrelaxierende Medikamente, die Injektion von Botulinumtoxin oder auch das POEM-Verfahren.
Fachliteratur zum Thema
Andere Speiseröhren-Beweglichkeitsstörungen
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