Verteilung von Spenderorganen
Die Vermittlung von Spenderorganen in Deutschland, Österreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Slowenien und Kroatien erfolgt über die internationale Stiftung Eurotransplant, die in Leiden, Niederlande ansässig ist.
Nach welchen Kriterien werden die Organe verteilt?
Das deutsche Transplantationsgesetz besagt, dass Spenderorgane unter den Gesichtspunkten der Dringlichkeit und Erfolgsaussicht verteilt werden sollen. Da es sich bei der Leber um ein Organ handelt, dessen Funktion nicht vollständig ersetzt werden kann, gilt für die Zuteilung von Spenderlebern das Dringlichkeitsgebot ganz besonders.
Höchste Priorität bei Notfall-Lebertransplantationen
Bei akutem Leberversagen besteht je nach Ausprägung des Leberschadens unmittelbare Lebensgefahr, falls die Leber nicht durch ein Transplantat ersetzt werden kann. Aus diesem Grund wird Patientinnen und Patienten mit akutem Leberversagen die höchste Priorität auf der Warteliste eingeräumt. Das bezeichnet man auch als „High-urgency-Listung“. Die Zuerkennung des „High-urgency-Status“ muss gesondert bei der Vermittlungsstelle Eurotransplant beantragt werden. Für die Zuerkennung des Status gibt es definierte Kriterien, die an den medizinischen Dienst bei Eurotransplant übermittelt werden müsse. In unklaren Einzelfällen kann ein Komitee aus drei internationalen Transplantationsmedizinerinnen und -medizinern des Eurotransplant-Gebiets im Rahmen einer Telefonkonferenz zusammengerufen werden, die über einen entsprechenden Antrag entscheiden.
Patientinnen und Patienten mit dem Status „high urgency“ erhalten das nächste verfügbare Lebertransplantat im gesamten Eurotransplant-Gebiet und werden damit vor allen anderen Patientinnen und Patienten auf der Warteliste bedacht. Circa 10 bis 15 Prozent aller Transplantationen werden nach diesem Verfahren durchgeführt.
Zuteilung bei chronischer Lebererkrankung nach MELD-Score
Bei einer chronischen Lebererkrankung erhalten die schwersterkrankten Patientinnen und Patienten unabhängig von der Wartezeit zuerst eine Spenderleber. Dieses Zuteilungskonzept nennt sich „sickest first“ und orientiert sich an der Höhe des statistischen Risikos, in den kommenden 90 Tagen zu versterben, falls zwischenzeitlich keine Lebertransplantation erfolgt. Die Einschätzung der Schwere einer Lebererkrankung wurde in den vergangenen Jahren umfassend erforscht und wird gegenwärtig durch drei Laborwerte bestimmt:
- Bilirubin: Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs, das in der Leber gebildet wird, und Parameter für die Einschränkung ihrer Entgiftungsfunktion
- INR: Gerinnungsfähigkeit des Blutes durch die in der Leber produzierten Gerinnungsfaktoren und somit ein Hinweis, wie beeinträchtigt die Syntheseleistung der Leber ist
- Kreatinin: Laborwert zur Einschätzung der Nierenfunktion und ein Hinweis darauf, wie sehr der Verlust der Leberfunktion bereits andere Organsysteme in Mitleidenschaft gezogen hat
Bei Verschlechterung der Leberfunktion ergeben sich erhöhte Laborwerte und somit ein erhöhter MELD-Score. Ein erhöhter MELD-Score geht mit einem höheren statistischen Risiko einher, in den kommenden 90 Tagen ohne Lebertransplantation zu versterben, und zieht somit eine höhere Position auf der Warteliste nach sich.
MELD-Werte beginnen bei 6, was einem 90-Tage-Sterberisiko von etwa 4 Prozent entspricht. Sie werden bis zu einem Wert von 40 zur Organzuteilung herangezogen, was ein 90-Tage-Sterberisiko von etwa 98 Prozent bedeutet. Rechnerische MELD-Werte über 40 gehen jeweils nur mit 40 in die Vergabe ein.
Wie erfolgt die Zuteilung nach MELD-Score?
Die Patientin oder der Patient mit dem höchsten MELD-Score nimmt die Spitzenposition auf der Warteliste ein. Haben mehrere Patientinnen und Patienten einen Wert von 40, ist ausschlaggebend, wer bereits länger einen MELD-Wert von 40 hat. Darüber hinaus sind die Wartelisten nach Blutgruppe geordnet. Wenn eine Spenderleber verfügbar wird, erhält die Patientin oder der Patient mit dem höchsten MELD-Wert in der entsprechenden Blutgruppe das Organangebot. Sollte das Organ nicht akzeptiert werden, etwa bei Größenabweichung oder einer zeitweisen Verschlechterung des Gesundheitszustands, wird die Spenderleber der Patientin oder dem Patienten mit dem nächsthöchsten MELD-Wert zugeteilt, bis eine geeignete empfangende Person gefunden ist.
Ausnahmeregelungen zur MELD-basierten Organzuteilung
Bei manchen Erkrankungen wird das Risiko, die kommenden 90 Tage nicht zu überleben, jedoch nur unzureichend über die MELD-Laborwerte erfasst. Dies kann etwa darin begründet sein, dass zusätzliche Erkrankungen bestehen, welche
- die Prognose bezüglich Lebenserwartung und Lebensqualität verschlechtern,
- sich nicht negativ auf die drei Laborwerte Bilirubin, INR und Kreatinin auswirken, und
- durch eine Transplantation verbessert werden.
Dazu gehören durch Komplikationen erschwerte Lebererkrankungen mit Gallenstau, angeborene Enzym- und Stoffwechselerkrankungen, Verschlechterung der Lungenfunktion durch das sogenannte hepatopulmonale Syndrom oder Lungenhochdruck infolge eines Pfortaderhochdrucks (portopulmonaler Bluthochdruck), sowie andere, seltene Erkrankungen.
Ausnahmeregelung beim hepatozellulären Karzinom (Milan-Kriterien)
Zu den häufigsten Ausnahmeregelungen zählt das hepatozelluläre Karzinom. Bei diesem Lebertumor ergibt sich das Risiko, die kommenden 90 Tage nicht zu überleben, nicht aus der reduzierten Leberfunktion, sondern aus der Tatsache, dass ein Fortschreiten des Tumors über die Lebergrenzen hinweg eine Transplantation und damit Heilung unmöglich macht.
Aus diesem Grunde wird Patientinnen und Patienten mit hepatozellulärem Karzinom innerhalb der sogenannten Milan-Kriterien ein Sonder-MELD-Wert (Exceptional MELD) von 22 Punkten zuerkannt. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein von einem Leberherd zwischen 2 und 5 cm Größe oder drei Herden mit jeweils maximal 3 cm Größe. Alle drei Monate erhöht sich der Sonder-MELD Wert um 10 Prozent, da das Risiko einer Tumorausbreitung mit der Wartezeit zunimmt – vorausgesetzt, die Tumorerkrankung befindet sich weiterhin innerhalb der Milan-Kriterien. Die Zuteilung von Spenderorganen in dieser Patientengruppe orientiert sich also zum großen Teil an der Wartezeit und erfolgt in Abhängigkeit von der Seltenheit der Blutgruppe nach 12 bis 24 Monaten.
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