Für Professor Stefan Störk, Leiter der Klinischen Forschung am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) stellen die Ergebnisse von COMPASS einen wichtigen und Patienten-relevanten Therapiefortschritt dar. „Den größten therapeutischen Nutzen aus der vaskulären Dosierung von Rivaroxaban plus Aspirin hatten KHK-Patienten mit dem höchsten Risiko, wenn also neben einer KHK weitere Risikofaktoren vorlagen wie Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz, pAVK und eingeschränkte Nierenfunktion“, erläutert Störk. „Bemerkenswert ist, dass die Vorteile der Kombination von Rivaroxaban und Aspirin selbst bei sehr gut therapierten Patienten nachweisbar waren, also leitliniengerecht behandelt im Hinblick auf lipid- und blutdrucksenkende Medikation. Ein Abgleich mit dem internationalen REACH-Register lässt vermuten, dass der Nutzen der Prophylaxe bei praxisüblichen Patientenkollektiven noch höher liegt als in der Studie“, so Störk. Er empfiehlt seinen Kollegen daher, ihre KHK- und pAVK-Patienten auf das Vorliegen eines entsprechenden Risikoprofils zu screenen. Bei anderweitig optimierter Therapie - gute Einstellung von LDL-Cholesterin und Hypertonie - und fehlendem Hinweis auf erhöhtes Blutungsrisiko sei Störk zufolge Rivaroxaban plus ASS indiziert.
Zur COMPASS Studie (Cardiovascular OutcoMes for People using Anticoagulation StrategieS): 27.395 Patienten mit vorbekannter KHK oder pAVK in insgesamt 33 Ländern wurden in COMPASS betreut. Die deutsche COMPASS-Gruppe wurde von Professor Georg Ertl und Professor Stefan Störk vom DZHI geleitet und umfasste 18 Zentren mit 766 Patienten. Es wurden zwei Varianten untersucht, um die aktuell empfohlene Standardprophylaxe mit ASS 100 mg pro Tag (Vergleichsgruppe) zu verbessern: zum einen die Kombination von niedrigdosiertem Rivaroxaban (2x2,5 mg/Tag) mit ASS (1x100 mg), zum anderen eine mittlere Dosis von Rivaroxaban (2x5 mg/Tag) als Monotherapie. Nach 23 Monaten zeigte sich, dass die Kombination aus niedrigdosiertem Rivaroxaban und ASS der alleinigen Gabe von ASS so eindeutig überlegen war, dass die Studie vorzeitig beendet wurde. Primärer klinischer Endpunkt war hierbei die Kombination aus Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulärem Tod einerseits sowie das Auftreten von tödlichen oder symptomatischen Blutungen andererseits.
Die Daten zeigen, dass für jeweils 1.000 Patienten, die für durchschnittlich 23 Monate behandelt wurden, Rivaroxaban plus ASS 13 Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Herz-Kreislauf-Todesfälle und sieben Todesfälle verhinderte. Dies wurde erkauft mit zwölf größeren Blutungen, die jedoch in der Regel gut behandelbar waren. Insgesamt traten Blutungen 1,7-mal häufiger in der Rivaroxaban-Gruppe auf als in der Vergleichsgruppe. Das Auftreten von Blutungen war Störk zufolge bei gleichzeitiger Gabe zweier anti-thrombotisch wirksamer Substanzen nicht überraschend, lag insgesamt aber auf einem niedrigen Niveau. Zudem waren die Kriterien für schwere Blutungen in der Studie COMPASS großzügiger gefasst. „Wichtig ist, dass intrazerebrale, kritische oder tödliche Blutungen nicht häufiger waren als im Therapiearm mit ASS alleine. Im klinischen Nettonutzen war Rivaroxaban plus ASS der ASS-Monotherapie überlegen: die Kombination verbesserte auch diesen Endpunkt um 20 Prozent“, so Störk.
Professor Georg Ertl, Ärztlicher Direkter des Universitätsklinikums Würzburg und nationaler Leiter der COMPASS-Studie für Deutschland resümiert: „Die schnelle Zulassung der neuen Blutverdünnungstherapie für Patienten mit hohem Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle zeigt, wie exzellent die Datenqualität war, die alle Zentren geliefert haben. Und sie belegt einmal mehr die internationale Stellung des Standorts Würzburg und des DZHI für die klinische Herz-Kreislaufforschung.“
Fazit zu den potenziellen Vorteilen der Kombinationstherapie: Eingesetzt bei 10 Prozent der rund 300 Millionen Menschen auf der ganzen Welt mit bekannter Herz-Kreislauf-Erkrankung wären bis zu 100.000 Todesfälle und doppelt so viele vorzeitige vaskuläre Ereignisse jedes Jahr vermeidbar.
Die Ergebnisse wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht http://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMoa1709118