Neue Genmutation entdeckt, die Herzmuskelerkrankung auslöst

Rund 50 Gene wurden bislang als Auslöser für eine dilatative Kardiomyopathie (DCM) gefunden. Mit der Entdeckung des LEMD2-Gens haben die Kardiogenetikerin Brenda Gerull und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Ruping Chen vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) das Spektrum der genetischen Ursachen für die Herzschwäche erweitert. Die Mutation im Kernmembranprotein LEMD2 verursacht nicht nur Herzrhythmusstörungen, die im plötzlichen Herztod münden können, sowie eine Herzschwäche, sie geht auch mit einem Katarakt im frühen Kindesalter einher. Diese Linsentrübung ist üblicherweise eine Erkrankung des hohen Lebensalters. Über die Entdeckung des veränderten „Alterungsgens“ und dessen molekulare Folgen haben die Forscher einen wertvollen Beitrag zum weiteren Verständnis genetischer Kardiomyopathien geleistet, dem jetzt ein Artikel im „Journal of the American College of Cardiology (JACC): Basic To Translational Science“ gewidmet ist. Zeitgleich wurde Ruping Chen gerade für ihre weiterführenden Untersuchungen zur Rolle des Kernmembranproteins im Modellsystem beim DGK-Kongress in Mannheim mit dem 2. Platz beim Hans Blömer-Young Investigator Award für Klinische Herz-Kreislaufforschung ausgezeichnet.

„Es ist schon etwas länger bekannt, dass LEMD2 eine Linsentrübung im frühen Kindesalter auslöst, die landläufig als grauer Star bekannt ist. Wir haben nun herausgefunden, dass diese Mutation im LEMD2 neben dem Katarakt auch eine schwere Form der Kardiomyopathie verursacht, ähnlich der Mutationen im sogenannten Lamin-Gen. Interessanterweise können beide Proteine im veränderten Zustand auch zu Frühalterungskrankheiten führen, zu denen die Progerie gehört“, berichtet Professorin Dr. Brenda Gerull, Leiterin des Departments Kardiovaskuläre Genetik am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI). „Patienten mit dem Gendefekt bilden Narben im Herzmuskelgewebe aus, die dann zu den gefürchteten Herzrhythmusstörungen schon bei jungen Erwachsenen führen können“, erklärt die Forscherin und zeigt dabei auf die hellen Stellen eines MRT-Bildes vom Herzen. Zur Erläuterung der Veränderungen auf zellulärer Ebene greift sie zu einer elektronenmikroskopischen Aufnahme mit bizarr aussehenden Zellkernen: „Sowohl das Herzmuskelgewebe von Betroffenen als auch deren Hautzellen weisen veränderte Zellkerne auf, wobei das in der Peripherie des Zellkerns liegende Heterochromatin stark kondensiert und verklumpt erscheint.“ Weitere Untersuchungen an den Fibroblasten haben gezeigt, dass die Zellen schneller altern, der Zellzyklus verlangsamt abläuft und die Profileration eingeschränkt ist, sich also die Zellen langsamer teilen.

Die Funktion des humanen LEMD2 Proteins, welches im Zellkern eine wichtige Rolle zu spielen scheint, ist noch nicht gut untersucht, weist aber Homologien zu der seit langem bekannten Gruppe anderer veränderter Kernmembranproteine auf, die zu Laminopathien führen. Obwohl an Laminopathien schon länger geforscht wird, sind die komplexen Mechanismen immer noch nicht vollständig verstanden. Eine Fokussierung auf das neu entdeckte LEMD2 könnte das Puzzle vervollständigen und dabei helfen, die Mechanismen, die zu dieser speziellen Form der arrhythmischen Kardiomyopathie führen, zu verstehen und entsprechende therapeutische Ansätze im Gesamtkomplex dieser Proteine zu finden.

Ruping Chen, seit zwei Jahren Postdoc im Department Kardiovaskuläre Genetik und spezialisiert auf Alterungsforschung, hat bereits einen wichtigen Schritt gemacht, und erste Einblicke in die Mechanismen der neuen Genmutation beim Menschen als auch bei Mäusen bekommen. Mit der CRISPR-Cas9-Technologie wurde die humane Mutation in ein Mausmodell eingebracht und schon nach wenigen Wochen hat die Biomedizinerin Ruping Chen Veränderungen am Herzen, im Sinne einer Kardiomyopathie, entdeckt. Ihre Arbeit wurde beim DGK-Kongress (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz-Kreislaufforschung e. V.) in Mannheim Ende April 2019 mit dem 2. Platz beim Hans-Blömer-Young Investigator Award für Klinische Herz-Kreislaufforschung ausgezeichnet.

Die Wissenschaftlerin und Mutter eines sechs Monate alten Sohnes freut sich sehr über diese Ehrung, konzentriert sich aber schon auf die nächsten Schritte: „Wir wissen jetzt, dass die Mutation verschiedene Phänotypen hervorruft, sowohl beim Menschen als auch bei Mäusen. Nun gilt es, die molekularen Mechanismen der arrhythmischen Kardiomyopathie zu charakterisieren, die eine LEMD2-Mutation verursacht. Ein Hinweis könnte oxidativer Stress sein. Dazu werden wir mit unseren Kollegen im Department Translationale Forschung am DZHI mitochondriale Messungen durchführen.“

*Link zum JACC-Beitrag: http://basictranslational.onlinejacc.org/content/4/2/204

Der Artikel wurde veröffentlicht in "JACC: Basic to Translational Science", Volume 4, Ausgabe 2, April 2019; Nelly Abdelfatah, Ruping Chen, Henry J. Duff, Colette M. Seifer, Ilan Buffo, Cathleen Huculak, Stephanie Clarke, Robin Clegg, Davinder S. Jassal, Paul M.K. Gordon, Carole Ober, Care4Rare Canada Consortium, Patrick Frosk and Brenda Gerull, "Characterization of a Unique Form of Arrhythmic Cardiomyopathy Caused by Recessive Mutation in LEMD2", Seite 204-221, copyright Elsevier.

Ruping Chen (PhD) untersucht am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz die Folgen der LEMD2 Mutation im Mausmodell und hat schon nach wenigen Wochen Veränderungen am Herzen, im Sinne einer Kardiomyopathie, entdeckt. © Daniel Oppelt
Das linke Bild zeigt ein MRT(Magnetresonanztomographie)-Bild des Herzens. Die weißen Pfeile weisen auf Narben in der Wand der linken Herzkammer hin, die durch den Gendefekt im LEMD2 entstehen können. Rechts, elektronenmikroskopische Aufnahmen von veränderten Zellkernen im betroffenen Herzmuskelgewebe. Abbildungen adaptiert aus © „Journal of the American College of Cardiology (JACC): Basic To Translational Science“

Ruping Chen (PhD) untersucht am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz die Folgen der LEMD2 Mutation im Mausmodell und hat schon nach wenigen Wochen Veränderungen am Herzen, im Sinne einer Kardiomyopathie, entdeckt. © Daniel Oppelt

Das linke Bild zeigt ein MRT(Magnetresonanztomographie)-Bild des Herzens. Die weißen Pfeile weisen auf Narben in der Wand der linken Herzkammer hin, die durch den Gendefekt im LEMD2 entstehen können. Rechts, elektronenmikroskopische Aufnahmen von veränderten Zellkernen im betroffenen Herzmuskelgewebe. Abbildungen adaptiert aus © „Journal of the American College of Cardiology (JACC): Basic To Translational Science“

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