Gefördert werden soll vor allem der Brückenschlag zwischen ärztlicher Tätigkeit am Patienten und patientenorientierter Forschung im Labor oder in klinischen Studien. Das Forschungskonzept ist auch bekannt als „from bench to bedside and back“. Erkenntnisse aus der Laborforschung fließen direkt in die praktische Anwendung am Patienten, die Erfahrungen aus der Behandlung am Krankenbett werden wiederum bei der Forschung berücksichtigt. Dieses „Ping-Pong“, wie Professor Stefanie Hahner das wechselseitige Feedback nennt, ist entscheidend für die Entwicklung neuer Diagnosemethoden und Behandlungskonzepte: „Die direkte ärztliche Tätigkeit am Patienten lässt uns Probleme und Verbesserungsbedarf erkennen und in wissenschaftliche Projekte transferieren, die idealerweise zu neuen Erkenntnissen und Behandlungsprinzipien führen. Deshalb sind für den medizinischen Fortschritt die aufmerksamen und wissenschaftlich denkenden Ärztinnen und Ärzte unerlässlich.“
Antwort auf das Warum der Generation Y
Medizinischer Fortschritt in Form von zahlreichen weiteren noch unentdeckten Diagnostiken und Therapien im Kampf gegen Krankheiten ist die Antwort auf die Frage der „Generation Y“ - die Generation, die nach dem Warum fragt. Warum soll ich nach zehn oder zwölf Stunden klinischer Arbeit noch ins Labor? Wie viel Zeit bleibt mir für Familie und Freizeit? Ist die Forschung meine Freizeit? Sind die Kolleginnen und Kollegen meine Familie? „Aufgrund der immer größeren Patientenzahl und der kürzeren Liegezeiten bleibt dem heutigen medizinischen Nachwuchs tatsächlich neben, nach oder vor der klinischen Arbeit kaum noch Raum für Forschung“, erklärt Stefanie Hahner. „Deshalb benötigen wir hier nachhaltige Strukturen, in denen sich enthusiastische Assistenzärzte weiterentwickeln können und Freiräume finden für Forschung und kreative Muße.“
Summe aus Kompetenz und Exzellenz
Seit einem Jahr gibt es am Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) in Würzburg bereits das Clinician Scientist-Programm. Ziel des dreijährigen strukturierten Programms mit 18-monatiger Forschungszeit, Mentoring, interaktiver Vernetzung und zahlreichen Zusatzqualifikationen ist es, einen Karriereweg für den forschungsbegeisterten Nachwuchs anzubieten, der sowohl hohe Kompetenz in der Patientenversorgung als auch Exzellenz in der translationalen medizinischen Forschung anstrebt, also seine wissenschaftlichen Erkenntnisse schnell und gezielt in die klinische Anwendung überführt.
Interdisziplinärer Ansatz rund um Herz und Gefäße
Zusätzlich zu diesen derzeit fünf Clinician Scientists, die jedes Jahr im IZKF-Programm aufgenommen werden, können jetzt dank der DFG-Förderung weitere sechs Stellen pro Jahr ausgeschrieben werden. Diese Förderung kommt nahezu der gesamten medizinischen Fakultät zugute. Denn das neue Clinician Scientist-Programm namens UNION CVD ist interdisziplinär aufgestellt. UNION CVD steht für Understanding InterOrgan Networks in Cardiac and Vascular Diseases.
„Herz- und Gefäßkrankheiten, vor allem chronische ischämische Herzkrankheiten, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz sind nicht nur die häufigsten Todesursachen in Deutschland, sie sind auch durch zahlreiche Begleit- und Folgeerkrankungen charakterisiert“, erläutert Professor Dr. Stefan Frantz, Leiter der Medizinischen Klinik und Poliklinik I der Uniklinik Würzburg die Hintergründe des Programms. „Jeder zweite Herzschwäche-Patient hat zum Beispiel sieben oder mehr Komorbiditäten. Diese können sich wiederum negativ auf das Krankheitsbild der Herzschwäche auswirken und weitere Erkrankungen mit sich ziehen. Die kardiovaskuläre Forschung erfordert daher einen hochgradig interdisziplinären Ansatz.“ Stefan Frantz ist neben Stefanie Hahner, Jürgen Deckert (Psychiatrie), Matthias Goebeler (Hautklinik), Peter Heuschmann (Lehrstuhl für Klinische Epidemiologie und Biometrie) und Andrea Thelen-Frölich (Interdisziplinäres Zentrum für Klinische Forschung) Mitantragsteller des Clinician Scientist Programms.
Hervorragende Infrastruktur für kardiovaskuläre Forschung
Ein weiterer Punkt für den Fokus auf Herz- und Gefäßkrankheiten sind die langjährigen Erfahrungen und bahnbrechenden Erfolge der Medizinischen Fakultät Würzburg in der Herz- und Gefäßforschung. Sonderforschungsbereiche und Zentren wie das Rudolf-Virchow-Zentrum (RVZ) und das Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) bieten den jungen Ärztinnen und Ärzten ein hervorragendes Umfeld für die kardiovaskuläre Forschung. „Mit der Infrastruktur und einem hochqualifiziert besetzten Mentoren-Team aus verschiedenen Disziplinen wie Psychiatrie, Physiologie, Dermatologie, Experimentelle Biomedizin und Bildgebung stehen den Clinician Scientists beste Bedingungen zur Verfügung, um nachhaltige und international angesehene Projekte zu bearbeiten“, ist sich Professor Stefanie Hahner sicher.
Förderung in vollem Umfang
Das Qualifizierungskonzept hat die internationale Begutachtungsgruppe der DFG überzeugt: „Aufgrund der sehr überzeugenden wissenschaftlichen Ausrichtung des geplanten Clinician Scientist-Programms an einem international sichtbaren Forschungsschwer-punkt des Universitätsklinikums Würzburg, der sehr gelungenen Einbettung in die in Würzburg vorhandenen Strukturen zur Ausbildung von Clinician Scientists und des insgesamt überzeugenden Ausbildungskonzepts“, empfehlen die Gutachter die Förderung des Antrags im vollen Umfang.
Mitglieder des Steering Committees:
- Prof. Dr. Jürgen Deckert (Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie)
- Prof. Dr. Stefan Frantz (Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I)
- Prof. Dr. Christoph Germer (Klinikdirektor der Chirurgie I)
- Prof. Dr. Matthias Goebeler (Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie)
- Prof. Dr. Stefanie Hahner (Stellvertretende Leiterin der Endokrinologie und Diabetologie)
- Prof. Dr. Peter Heuschmann (Leiter des Lehrstuhls Klinische Epidemiologie und Biometrie)
- Prof. Dr. Michaela Kuhn (Direktorin des Instituts für Vegetative Physiologie)
- Prof. Dr. Christoph Maack (Sprecher des DZHI und Leiter der Translationalen Forschung)
- Prof. Dr. Stefan Störk (Leiter der Klinischen Forschung am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz)
- Prof. Dr. Alma Zernecke-Madsen (Leiterin des Instituts für Experimentelle Biomedizin, Lehrstuhl II)