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Evidenzbasierte perioperative Medizin und Systematische Reviews

Unsere Forschungsgruppe sammelt weltweit die aktuellen Studienergebnisse und Daten zu bestimmten Fragestellungen aus den Themenbereichen Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. Daraus erstellen wir übersichtliche Zusammenfassungen mit fachspezifischen Bewertungen. Diese Arbeiten dienen der Entscheidungsfindung im klinischen Alltag und bilden die Basis von evidenzbasierten Leitlinien. 

Was ist Evidence-based Medicine (EbM)?

Erst eine methodisch systematische Sammlung von Daten gewährleistet eine sogenannte evidenzbasierte medizinische Behandlung: Der Patientennutzen einer Maßnahme ist durch ausreichende Belege und Studien nachzuweisen. So muss eine Entscheidung nicht alleine aus der ärztlichen Berufserfahrung getroffen werden und ist auch nicht dem subjektiven Empfinden der Patientin oder des Patienten auf Besserung geschuldet, sondern basiert auf allgemeingültigen Fakten nach aktuellem Wissensstand. Erst daraus wird eine verlässliche und seriöse medizinische Versorgung mit hohem Qualitätsanspruch möglich.

Systematische Reviews

Ein wesentliches Standbein bei dieser Arbeit ist die übersichtliche Aufbereitung und Darstellung all der gesammelten Daten und Ergebnisse, die es weltweit zu einem bestimmten Thema schon gibt. Man findet diese vor allem in bereits veröffentlichten Studien, aber auch in anderweitigen, vielleicht sogar weniger beachteten Quellen wie Datenbanken und Kongressberichten. Sie werden ebenfalls im mündlichen Austausch mit Expertinnen und Experten vorab abgefragt. Das Ergebnis solch eines systematischen Reviews bietet eine Gesamtschau auf eine konkrete Fragestellung mit all ihren Facetten. Durch kritische Bewertung können sich daraus neue oder verbesserte Behandlungsstrategien entwickeln, die dann auch zu Änderungen in den Leitlinien führen können.

Leitlinien

Leitlinien sind – im Gegensatz zu bindenden Richtlinien – Handlungsempfehlungen oder Handlungsoptionen und helfen Ärztinnen und Ärzten bei der Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen, auch unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte. Evidenzbasierte S3-Leitlinien folgen dabei besonders strengen Kriterien bei systematischer Recherche, Auswahl und Bewertung wissenschaftlicher Belege. Dadurch wird mehr Sicherheit in der Medizin vermittelt.

Aktuelle Forschungsprojekte

Wir widmen uns in unseren Projekten den Fragestellungen rund um eine Operation sowie der Behandlung von kritisch Kranken auf der Intensivstation. Weitere Themen betreffen Maßnahmen und Therapien in der Notfallmedizin, der Schmerztherapie und bei Covid-19.

PREPARED

Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie enorm wichtig ein effektives und schnell handelndes Krisenmanagement ist. Um gegen künftige Ereignisse besser vorbereitet zu sein, wurde das bundesweite Projekt PREPARED ins Leben gerufen. PREPARED steht für "Preparedness and Pandemic Response in Deutschland" und ist eine Kooperation zwischen dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) – bestehend aus 36 Universitätskliniken – mit 18 weiteren Einrichtungen, einschließlich des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Das gemeinsame Ziel dieses Projekts ist es, ein leistungsfähiges Konzept mit einer gut vernetzten und streng regulierten Infrastruktur für den Krisenfall zu entwickeln. Dadurch wird es möglich sein, die pandemische Lage kontinuierlich zu überwachen und schnell auf aktuelle Situationen zu reagieren. Dafür werden Informationen und Daten zügig und koordiniert gesammelt und analysiert, um daraus wiederum wissenschaftlich fundierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Schlussfolgerungen sollen dann als Empfehlungen für Entscheidungsträger dienen.
PREPARED wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Weitere Informationen zum NUM-Projekt PREPARDED

Lebende systematische Reviews

Lebende Systematische Reviews (LSRs) sind eine neue Herangehensweise für systematische Reviews. Sie ermöglichen es, die Ergebnisse in Echtzeit zu aktualisieren, sobald neue Studienergebnisse verfügbar sind. In einer kürzlich veröffentlichten Studie in der Zeitschrift "BMI Evidence-Based Medicine" haben wir eine neue Methode beschrieben, wie man transparent über die "lebende" Evidenzbasis berichtet. Das bedeutet, dass sich die Ergebnisse zwischen den veröffentlichten Versionen des Systematischen Reviews verändern können. Am Beispiel des antiviralen Wirkstoffes Nirmatrelvir veranschaulichen wir im Rahmen des „lebenden“ Cochrane Reviews, wie dies in der Praxis funktionieren kann.

Zum „lebenden“ Cochrane Review

Cochrane Reviews

Hinter der 1993 gegründeten Cochrane Collaboration verbirgt sich ein unabhängiges internationales Netzwerk hochrangiger Expertinnen und Experten, die unter sehr strengen Bedingungen evidenzbasierte Übersichtsarbeiten zu ausgewählten Fragestellungen erstellen. Unsere Klinik ist an folgenden Cochrane Reviews federführend beteiligt:

Leitlinien

An der Erstellung oder Bearbeitung folgender Leitlinien arbeitet unsere Klinik maßgeblich mit:

  • AWMF-Register-Nr. 113/001 S3-Leitlinie Empfehlungen zur stationären Therapie von Patientinnen und Patienten mit COVID-19
    Living Guideline, Kluge S. et al.
    Zur Leitlinie
  • FrühStaRT – Frühgeborene standardisiert und relevant therapieren
    Zur Projektbeschreibung
  • Consensus guidelines for the management of postoperative nausea and vomiting der Society for Ambulatory Anesthesia.
    Anesth Analg. 2014 Jan; 118(1): 85-113
    Zur Leitlinie
  • Perioperative fasting in adults and children: guidelines from the European Society of Anaesthesiology.
    Eur J Anaesthesiol. 2011 Aug; 28(8): 556-693
    Zur Leitlinie
  • Intravascular volume therapy in adults: Guidelines from the Association of the Scientific Medical Societies in Germany.
    Eur J Anaesthesiol. 2016 Jul; 33(7): 488-521
    Zur Leitlinie
  • S3-Leitlinie „Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen“ – Querschnitts-Leitlinien (BÄK) zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten
    aktualisierte und überarbeitete Auflage 2014 Kapitel 5 Humanalbumin
    ​​​​​​​Zur Leitlinie
  • Leitlinien im Bereich der Geburtshilfe und geburtshilflichen Anästhesie und Analgesie
    Zu den Leitlinien:
    Geburtshilfliche Analgesie und Anästhesie
    Sectio Caesarea
    Die vaginale Geburt am Termin

Projekte zum Patient Blood Management (PBM)

PBM zielt auf die Patientensicherheit und die Steigerung der körpereigenen Blutreserven der Patientinnen und Patienten ab. Folgende drei Säulen spielen dabei eine zentrale Rolle: 

  1. Präoperative Diagnose und Therapie
  2. Vermeidung körpereigener Blutverluste
  3. Rationaler Einsatz von Fremdblutkonserven 

Die folgenden Projekte orientieren sich vor allem an der ersten Säule:

  • Systematic Review of Outcomes: Core Outcome Set für den präoperativen Eisenmangel (COS-IDA)
    PROSPERO-Registrierung: CRD42020214247; COMET Initiative-Registrierung:
    Zum Projekt

  • Diagnose von Eisenmangelanämie: Auswertung der Daten der Würzburger Anämieambulanz zum Stellenwert des Retikulozyten-Hämoglobins

  • Scoping Review: Welche Biomarker gibt es bei präoperativem Eisenmangel?
    Zum Projekt

  • Systematic Review zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei präoperativer und antepartaler intravenöser Eisengabe
    PROSPERO-Registrierung: PROSPERO-ID: CRD42023428997
    Zur britischen Datenbank PROSPERO

Research Integrity

Das Ziel systematischer Reviews besteht darin, alle relevanten Studien zu finden, welche die Einschlusskriterien für die Reviews erfüllen. Manchmal gibt es Studien, die nicht nach den Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis durchgeführt wurden. Solche Studien könnten die Ergebnisse eines systematischen Reviews verfälschen und dadurch Leitlinien und offizielle Empfehlungen verzerren, welche auf diesen Reviews basieren.
Um die Qualität und Integrität der Forschung in randomisierten kontrollierten Studien zu bewerten, haben wir ein Instrument namens "Research Integrity Assessment (RIA)" entwickelt. Damit können problematische Studien transparent bewertet und angemessen behandelt werden. Anhand unserer Cochrane Reviews zu den Medikamenten Ivermectin und Nirmatrelvir zeigen wir, wie das in der Praxis funktionieren kann.

Abgeschlossene Forschungsprojekte

CEOsys – EbM zu COVID-19

Die Herausforderungen der Corona-Pandemie haben uns alle gezwungen, unter großem Druck wichtige Entscheidungen zu treffen. Basis für diese Entscheidungen war das noch lückenhafte und gleichzeitig rasant wachsende Wissen über COVID-19. Das Verbundprojekt COVID-19-Evidenz-Oekosystem (CEOsys) im Rahmen des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM) hatte zum Ziel, in dieser täglich eintreffenden Flut an Informationen den Überblick zu behalten und maßgebliche Entscheidungen zu Prävention und Therapie auf die fundierten Entscheidungsgrundlagen einer EbM zu stellen. In unseren zum Teil kontinuierlich weitergeführten „Lebenden“ Systematischen Reviews gehen wir folgenden therapeutischen Maßnahmen bei COVID-19 nach:

CEOsys – Leitlinien zu COVID-19

Diese komplexen Evidenzprofile und Cochrane Reviews dienten außerdem als Evidenzgrundlage für die S3-Leitlinie zur stationären Therapie von COVID-19 im deutschen Versorgungsraum. Sie wurden bereits und werden immer noch international von Leitlinienkonsortien und Gesundheitsbehörden als Evidenzgrundlage für Empfehlungen zur Therapie von COVID-19 herangezogen.

Folgende, sich jedoch noch stetig ändernden „Living Guidelines“ wurden bereits erarbeitet:

CEOsys – Wissensvermittlung zu COVID-19

Die Verbreitung der in CEOsys generierten Evidenz war von immenser Bedeutung, um Erkrankte, ärztliches Personal in den Kliniken sowie Entscheidungsinstanzen zu erreichen. Dazu dienten einerseits projekteigene Websites mit zielgruppenspezifischen Inhalten sowie die Erstellung von Evidenz Briefs und Webinare für Fachpersonal. Die Schulung und Aufklärung von Patientinnen und Patienten sowie der Allgemeinbevölkerung andererseits wurde durch laienverständliche Zusammenfassungen über die Evidenzarbeit zu COVID-19 Maßnahmen umgesetzt. Auch Erklärvideos zum Thema Evidenzforschung in der Medizin während der Pandemie und darüber hinaus sollten dazu beitragen.

Zur Webseite von CEOsys

Team der Forschungsgruppe

Leitung

PD Dr. rer. nat. Stephanie Weibel
Univ.-Prof. Dr. med. Peter Kranke, MBA
Univ.-Prof. Dr. med. Patrick Meybohm

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Tamara Pscheidl
Stefanie Reis
Dr. rer. nat. Lena Saal-Bauernschubert
Dr. med. Dr. rer. nat. Benedikt Schmid
Florencia Weber

Doktorandinnen und Doktoranden

Amon Resa Faske
Leonie Hartinger
Hannah Hartl
Dominik Heger
Olivia Jordan
Lisa Kawohl
Debora Mayer
Kristina Menger
Helia Moezi
Hannah Sievers
Johannes Volkmann
Veronika Walzer

Auswahl unserer Kooperationspartner

CEOsys Konsortium des Netzwerks Universitätsmedizin
Cochrane Deutschland
Cochrane Anaesthesia

Alumni / Abgeschlossene Projektarbeiten

  • Manuel Riemer

Ansprechpersonen

Porträtfoto Dr. rer. nat. Stephanie Weibel

PD Dr. rer. nat.
Stephanie Weibel

Biologin

+49 931201-30310

Portraitfoto: Univ-Prof. Dr. med. Peter Kranke

Univ.-Prof. Dr. med.
Peter Kranke

Oberarzt

+49 931 201-30050

Kontakt, Öffnungszeiten, Sprechzeiten

Telefon

Direktor
Prof. Dr. med. Patrick Meybohm
+49 931 201-30001


Anschrift

Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie| Zentrum Operative Medizin (ZOM) | Oberdürrbacher Straße 6 | Haus A2 | 97080 Würzburg | Deutschland

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