Aktuelle Meldungen

Ad-hoc-Projekt CODEX+ Monitor zur Pandemiesteuerung

UKW übernimmt Gesamtkoordination eines Ergänzungsmoduls für das Forschungsprojekt CODEX+: Monitoring von stationären Patientinnen und Patienten mit Covid-19 und Ressourcen des stationären Gesundheitssystems.

Das Bild zeigt Patrick Meybohm im Stationsflur.
Prof. Dr. Patrick Meybohm, Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg, hat die Gesamtkoordination des Ergänzungsmoduls für das Forschungsprojekt CODEX+. Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Ad-hoc-Projekt soll die Bereitstellung von Daten über Patientinnen und Patienten, die wegen oder mit Covid-19 in stationärer Behandlung sind, verbessert werden. @ Robert Wenzl / Uniklinikum Würzburg
Das Bild zeigt Thomas Wurmb vor einem Computerbildschirm, auf dem das Windmühlenmodell visualisiert ist.
Prof. Thomas Wurmb, Sektionsleiter Notfall- und Katastrophenmedizin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg, hat das Windmühlenmodell entwickelt, das die Lage der vorhandenen und erforderlichen Ressourcen am Uniklinikum darstellt. @ Kirstin Linkamp / Uniklinikum Würzburg

Würzburg. Aufgrund der Dynamik der Covid-19-Pandemie werden für politische Entscheidungen immer wieder neue Daten zur Bewertung des Infektionsgeschehens benötigt. Daher hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kurzfristig ermöglicht, durch sogenannte Ad-hoc-Projekte im „Netzwerk Universitätsmedizin“ (NUM), die Datenlage zu verbessern und somit die Pandemiesteuerung im kommenden Herbst und Winter zu optimieren. Beim Projekt „CODEX+ Monitor“ hat Prof. Dr. Patrick Meybohm, Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg, die Gesamtkoordination übernommen. Das Modul baut auf das bereits laufende NUM-Projekt „CODEX+“ auf, das von Prof. Dr. Sabine Blaschke-Steinbrecher, Ärztliche Leitung der Zentralen Notaufnahme der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), sowie von Prof. Dr. Dagmar Krefting, Direktorin des Instituts für Medizinische Informatik der UMG, und von Priv.-Doz. Dr. Sven Zenker, Ärztlicher Leiter Stabsstelle Medizinisch-Wissenschaftliche Technologieentwicklung und -koordination (MWTek) am Universitätsklinikum Bonn, koordiniert wird.

Stationäre Aufnahme wegen oder mit SARS-CoV-2

„Mit dem erweiterten Projekt CODEX+ Monitor möchten wir die Bereitstellung möglichst bevölkerungsrepräsentativer Daten über stationär behandelte Patientinnen und Patienten mit Covid-19 verbessern“, erklärt Patrick Meybohm. „Neben üblichen Parametern, wie Alter, Risikofaktoren, Krankheitsschwere und Impfstatus, adressieren wir die medizinische und politisch hoch relevante Fragestellung, ob die Betroffenen wegen oder mit einer SARS-CoV-2 im Krankenhaus liegen. Anhand täglicher Meldungen der Kliniken über ihre Fallzahlen und der Information mit oder wegen Corona erhoffen wir uns die Ansteckungsgefahr und die Schwere der Erkrankung früh- und rechtzeitig einschätzen zu können. Darüber hinaus werden täglich die verfügbaren Ressourcen im Bereich Personal, Raum und Material überwacht.“

Möglichst viele der insgesamt 36 deutschen Universitätsklinika sowie ausgewählte nicht-universitäre Krankenhäuser sollen im Projekt CODEX+ Monitor ihre neu aufgenommenen Patientinnen und Patienten mit SARS-CoV-2-Nachweis melden. Vor allem die deutschen Universitätskinderkliniken werden sich beteiligen und ihre Daten mit dem bereits erfolgreich etablierten NUM-Dashboard und einer bereits existierenden Surveillance-Plattform fürs Monitoring synchronisieren. Das Dashboard visualisiert aktuelle Informationen zur Gesamtzahl der Patientinnen und Patienten mit Corona, zu Alter und Geschlecht, der Verweildauer auf den Stationen und zum Versorgungsniveau.

Ein weiterer Ansatz des Ad-hoc Projektes ist die systematische Erfassung verfügbarer Ressourcen. „Nicht die Anzahl freier Betten oder aufgestellter Beatmungsgeräte sind entscheidend, sondern wie viel und welches pflegerische und ärztliche Personal arbeitet am Patienten, wie ist die Versorgung mit Medikamenten oder Handschuhen sichergestellt und funktioniert beispielweise die Essensversorgung und der Transportdienst in einem Krankenhaus“, kommentiert Patrick Meybohm.

Windmühlenmodell zur Lagedarstellung der Ressourcen

Prof. Dr. Thomas Wurmb, Sektionsleiter Notfall- und Katastrophenmedizin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg ergänzt: „Zukünftig soll ein flächendeckendes qualitatives Monitoring mit Hilfe des bereits erfolgreich eingesetzten Windmühlenmodells zur Lagedarstellung verschiedener Ressourcen je Uniklinikum erfolgen“. Das Windmühlenmodell wurde im Rahmen der ersten Infektionswelle am Uniklinikum Würzburg entwickelt und ist seit November 2021 in ganz Bayern als web-basierte Anwendung im Einsatz. Die drei Komponenten Personal, Material und Raum werden als Windmühlenflügel dargestellt werden. Die Farbe des Flügels zeigt, ob die medizinische Versorgung unter Einhaltung der üblichen und anerkannten medizinischen Standards bei steigendem Behandlungsbedarf und abnehmender Behandlungskapazität aufrechtzuerhalten ist. Sind alle Flügel grün, ist eine Individualversorgung möglich, bei gelb und orange entspricht die Kapazität dem Bedarf, die Versorgung ist gesichert, ein roter Flügel bedeutet eine geschwächte Krisenversorgung in diesem Krankenhaus. Der Windmühlenflügel mit der jeweils kritischsten Farbkategorie bestimmt also die Versorgungsqualität des Gesamtsystems.

Das alles dient der Beantwortung der Frage: Welche Art von Allgemeinmaßnahmen in der Bevölkerung müssen ergriffen werden, um die Überlastung der Krankenhäuser durch stationär zu behandelnde Patientinnen und Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen zu vermeiden?

Über das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)

Patientinnen und Patienten optimal versorgen, Infektionen verhindern und Gesundheitsversorgung ausbauen – dazu möchte das im Frühjahr 2020 gegründete Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) beitragen. Es bündelt aktuell Forschungsaktivitäten zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie und eröffnet neue Handlungsstrategien. Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und koordiniert durch die Charité – Universitätsmedizin Berlin, arbeitet das Forschungsnetzwerk unter Beteiligung der 36 deutschen Standorte der Universitätsmedizin und weiterer Partner an Lösungen für eine bestmögliche Krankenversorgung und Pandemievorsorge. Ein Akzent liegt auf der klinik- und versorgungsnahen Forschung, deren Ergebnisse direkt Patientinnen und Patienten zugutekommen, in das Krisenmanagement einfließen und zum Aufbau einer nachhaltigen, nationalen Forschungsinfrastruktur beitragen. Zur Umsetzung dieser Aufgabe werden dem NUM und den beteiligten Einrichtungen bis Ende 2024 bis zu 390 Millionen Euro für bundesweite Kooperationsprojekte zur Verfügung gestellt. Mittelfristig ist das Ziel, die innerhalb des Netzwerks geschaffenen Strukturen und Konzepte auch für die Erforschung anderer Krankheitsbilder und somit die Förderung kooperativer Forschung auch über Covid-19 hinaus in der Universitätsmedizin zu nutzen. Weitere Informationen: https://www.netzwerk-universitaetsmedizin.de

In der ersten Förderphase bis 2022 war das Uniklinikum Würzburg an elf von 13 Projekten beteiligt, beim Nationalen Pandemie Kohorten Netz NAPKON, das in der zweiten Förderphase fortgeführt wird, ist das UKW an der Leitung beteiligt. 

Über CODEX und CODEX+

Mit CODEX wurde eine Plattform zur Bereitstellung von Forschungsdaten zu Covid-19 aufgebaut, die alle Universitätskliniken bundesweit verbindet. Das heißt, möglichst viele Covid-19-spezifischen Daten der deutschen Unikliniken werden in einer Datenbank recherchierbar. Damit werden der Wissenschaft strukturierte Daten mit hoher Qualität zur Verfügung gestellt und neuartige Auswertungen ermöglicht, die neue Erkenntnisse zum Verständnis und zur Behandlung von Covid-19 ermöglichen. CODEX+ erweitert die CODEX-Plattform um relevante organisatorisch-technische Komponenten für eine langfristige und nachhaltige Erforschung und Bewältigung der aktuellen sowie zukünftiger Pandemien.

Das Bild zeigt Patrick Meybohm im Stationsflur.
Prof. Dr. Patrick Meybohm, Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg, hat die Gesamtkoordination des Ergänzungsmoduls für das Forschungsprojekt CODEX+. Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Ad-hoc-Projekt soll die Bereitstellung von Daten über Patientinnen und Patienten, die wegen oder mit Covid-19 in stationärer Behandlung sind, verbessert werden. @ Robert Wenzl / Uniklinikum Würzburg
Das Bild zeigt Thomas Wurmb vor einem Computerbildschirm, auf dem das Windmühlenmodell visualisiert ist.
Prof. Thomas Wurmb, Sektionsleiter Notfall- und Katastrophenmedizin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Würzburg, hat das Windmühlenmodell entwickelt, das die Lage der vorhandenen und erforderlichen Ressourcen am Uniklinikum darstellt. @ Kirstin Linkamp / Uniklinikum Würzburg

Uniklinikum Würzburg: Erfolgreiche Premiere des interdisziplinären Schockraum-Simulationstrainings

Eine Woche lang trainierten am Uniklinikum Würzburg interdisziplinär besetzte Teams aus Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften und technischem Assistenzpersonal die Abläufe und die Zusammenarbeit im Schockraum. Insgesamt konnten sich dabei 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in realitätsnahen Simulationsszenarien erproben. Auch bei rund 1000 Schockraumeinsätzen im Jahr können Training, Analysen und Schulungen helfen, Abläufe weiter zu optimieren – so die These des Uniklinikums.

In den zwei chirurgischen Schockräumen des Uniklinikums Würzburg (UKW) findet die Erstversorgung schwerverletzter Patientinnen und Patienten statt. Dabei arbeiten Medizinerinnen und Mediziner aus verschiedenen Fachabteilungen sowie Pflegekräfte und technisches Assistenzpersonal (MTRA) eng zusammen. Die Schockraum-Führungsgruppe besteht aus Anästhesiologie, Unfallchirurgie, Allgemeinchirurgie und Radiologie sowie bei Bedarf weiteren Disziplinen. 

Um die komplexen Abläufe sowie die interdisziplinäre und berufsgruppenübergreifende Kooperation und Kommunikation zu schulen, fand vom 28. März bis 1. April 2022 erstmals ein großangelegtes, gemeinsames Schockraumtraining am UKW statt. Auch die Schulungsinhalte und -organisation wurde von einem Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der genannten Disziplinen geleistet. Bei der Umsetzung konnten sie auf die Ausstattung und das Know-how des Simulationszentrums der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie zugreifen.

Training vor Ort mit Video-Dokumentation

Für die einwöchige Fortbildungsveranstaltung wurde einer der beiden chirurgischen Schockräume im Tagesbetrieb zur Verfügung gestellt. Ein Ausweichkonzept sicherte die uneingeschränkte, reguläre Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten. Im Trainings-Schockraum installierte das Organisationsteam ein mobiles Audio-Video-System, mit dem die Trainings für die anschließende Auswertung aufgezeichnet wurden. 

Jede Schulungsgruppe bestand aus acht Personen. Wie in der Realität wurde dieser von einem – hier allerdings geschauspielerten – Notarzt ein „Schwerverletzter“ übergeben. Die Rolle des Patienten übernahm einer der Full-Scale-Simulatoren aus dem Bestand des Simulationszentrums. Hierbei handelt es sich um eine lebensgroße Nachbildung des menschlichen Körpers, die computergestützt und verbunden mit einer aufwändigen technischen Apparatur auf diverse klinische Eingriffe wie ein „echter Patient“ reagiert. Für ergänzende Informationen zum Szenario war von jeder beteiligten Disziplin eine Tutorin oder ein Tutor mit im Raum. 

80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult

Jedes Team spielte zwei, jeweils etwa 20-minütige Szenarien durch. Unmittelbar im Anschluss an jedes Szenario fand ein sogenanntes Debriefing statt, bei dem anhand der Video- und Tonaufzeichnungen Schlüsselsituationen analysiert wurden. Insgesamt dauerte das Training je Team etwa vier Stunden, sodass in der Aktionswoche zehn Teams, also 80 Beschäftigte, geschult werden konnten.

Ein voller Erfolg

In der Evaluation bewerteten alle Teilnehmenden das Training als zielführend und eine große Mehrheit wünscht sich eine regelmäßige Wiederholung. Auch das Organisationsteam konnte ein äußerst positives Resümee der Premiere ziehen. Laut der Anästhesistin Jasmin Wagner verbesserte das gemeinsame Training bei vielen das Verständnis für die Aufgaben und Herausforderungen der anderen Disziplinen. Dr. Oliver Happel, Leiter Simulation und Notfalltraining an der Klinik für Anästhesiologie, ergänzt: „Die Aktion zielte nicht nur darauf ab, die Kolleginnen und Kollegen zu trainieren und zu motivieren. Vielmehr wurden dabei auch Prozesse erkannt, die man noch optimieren kann. Letztlich zahlt sich die Schulung so auch in einer noch sichereren Patientenversorgung aus.“ Und die Unfallchirurgin Dr. Mila Paul berichtet: „Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten sich begeistert. Sie fanden die Szenarien authentisch und die Veranstaltung äußerst sinnvoll. Manche hätten solch ein Training gerne schon früher in ihrer ärztlichen oder pflegerischen Laufbahn durchgeführt.“

Nach dem gelungenen Auftakt soll das wegweisende Schockraumtraining am UKW in Zukunft möglichst regelmäßig durchgeführt werden. 

Uniklinikum Würzburg: Studie evaluiert Anästhesie-Monitoring per Datenbrille

Wie praktikabel ist es für Anästhesie-Supervisorinnen und-Supervisoren, die Vitalparameter von mehreren Patientinnen und Patienten über eine Datenbrille gleichzeitig im Blick zu haben? Das soll derzeit in einer gemeinsamen Studie des Uniklinikums und der Uni Würzburg ermittelt werden.

Bei Eingriffen in den sechs von der Urologie und der Unfallchirurgie genutzten Operationssälen des Uniklinikums Würzburg (UKW) ist für die anästhesiologische Behandlung einer jeden Patientin oder eines jeden Patienten jeweils mindestens eine Anästhesistin oder ein Anästhesist im OP-Saal zuständig. Die hierbei eingesetzten Assistenzärztinnen und -ärzte werden von einer Fachärztin oder einem Facharzt der Klinik für Anästhesiologie unterstützt. Da diese Supervisorinnen und Supervisoren nicht in allen OP-Sälen gleichzeitig sein können, werden die Vitalparameter der Patientinnen und Patienten zu einer stationären Zentrale übertragen. „Dort haben unsere erfahrenen Kolleginnen und Kollegen also einen visuellen Gesamtüberblick“, berichtet Dr. Oliver Happel. Der Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie fährt fort: „Sobald sich eine Supervisorin oder ein Supervisor jedoch in einen OP-Saal begibt, ist sie oder er nur noch per Telefon mit den anderen Sälen verbunden – die dortigen Vitalparameter hat sie oder er dann nicht mehr vor Augen, sondern ist auf mündliche Informationen angewiesen. Der hierbei mögliche Informationsverlust kann verschiedene Restrisiken mit sich bringen.“

Daten und Alarme in Augmented Reality

Um hier eine Alternative zu schaffen, arbeitet die Klinik für Anästhesiologie schon seit längerem mit dem Lehrstuhl für Psychologische Ergonomie am Institut für Mensch-Computer-Medien der Uni Würzburg zusammen. Gemeinsam entwickelten sie eine Applikation, die es ermöglicht, den Supervisorinnen und Supervisoren die Informationen aus mehreren Sälen per Head-Mounted-Display (HMD) auch mobil zu zeigen. Das HMD ist in diesem Fall eine Augmented-Reality-Brille, welche die Daten und gegebenenfalls Alarme virtuell vor die Augen ihrer Trägerin oder ihres Trägers projiziert, ohne sie oder ihn visuell von der Außenwelt abzuschirmen. Während die Technologie des kommerziell verfügbaren HMD und die Applikation an sich bereits erprobt sind, liegen noch keine Nutzererfahrungen über einen längeren Einsatzzeitraum im Krankenhausalltag vor. Diese sollen jetzt in einer seit Dezember 2021 am UKW laufenden Studie ermittelt werden. 

Jeweils zehntägiger Erprobungszeitraum

Dr. Happel erläutert: „Wir statten immer eine Supervisorin oder einen Supervisor für rund zehn Tage mit einer Augmented-Reality-Brille aus. An einzelnen Tagen begleitet eine Doktorandin die Anwenderin oder den Anwender und beobachtet das Trage- und Nutzerverhalten. Am Ende der zehn Tage findet zusätzlich ein umfangreiches Interview statt.“ Dabei geht es um qualitative Fragen zu den individuellen Erfahrungen: Wie war der Tragekomfort der Brille? Wie verträglich war die Augmented Reality? Wo hat das neue System geholfen, wo eher gestört? 

Neben den teilnehmenden acht Supervisorinnen und Supervisoren werden auch die betreuten Junior-Anästhesistinnen und -Anästhesisten über ihre Erfahrungen befragt. 

Die neben Dr. Happel auch von Dr. Tobias Grundgeiger vom Lehrstuhl für Psychologische Ergonomie geleitete Studie läuft noch bis April dieses Jahres, dann beginnt die Auswertung. 

Uniklinikum Würzburg: Neues Reanimationstraining für internationale Intensivpflegekräfte

Bei einem neukonzipierten Kurs im Simulationszentrum der Klinik für Anästhesiologie des Uniklinikums Würzburg trainierten fünf Pflegekräfte aus China und von den Philippinen erweiterte Reanimationsmaßnahmen.

Das Uniklinikum Würzburg wird zunehmend internationaler. Zu den zuletzt neugewonnenen internationalen Kolleginnen und Kollegen zählen fünf Chinesinnen und Filipinas, die auf den Intensivstationen des Klinikums eingesetzt werden. Um sie für wichtige Teilaspekte der Arbeit in diesem Bereich noch besser vorzubereiten, nahmen sie vor wenigen Wochen an einem neuen, maßgeschneiderten Reanimationsteamtraining im Simulationszentrum der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie des UKW teil. „Die zwischen 34 und 43 Jahre alten Kolleginnen sind in ihren Heimatländern examinierte Krankenschwestern. Sie alle bringen Erfahrungen in der Intensivpflege mit“, berichtet Nadja Kleilein. Die Praxisanleiterin für internationale Pflegekräfte am UKW, selbst Fachkrankenschwester für Intensivmedizin, fährt fort: „Im Moment werden sie noch als Krankenpflegehelferinnen eingesetzt, um dann aber nach offizieller Anerkennung zügig entsprechend ihrer fachlichen Qualifikation auch als Gesundheits- und Krankenpflegerinnen arbeiten zu können.“ 

Auf dem Weg dorthin durchlaufen die ausländischen Kräfte einen Deutschkurs sowie den von der Regierung von Unterfranken geforderten Anpassungslehrgang bei Nadja Kleilein. Der Lehrgang deckt allgemeine pflegerelevante Inhalte ab, wie zum Beispiel die Gabe von Medikamenten und Infusionen, den Pflegeprozess, die Wundversorgung sowie rechtliche Grundlagen. Hinzu kommt ein Extra-Unterricht zu intensivpflegerischen Themen. „Für Teilaspekte hieraus bat ich das Team des UKW-Simulationszentrums um Unterstützung“, schildert die Praxisanleiterin. Daraufhin entwickelte Manuel Hassemer, einer der Instruktoren des Simulationszentrums, ein speziell auf die internationale Zielgruppe angepasstes Schulungskonzept. 

Übungen am Full-Scale-Patientensimulator

„Unser Ziel war es, erweiterte Reanimationsmaßnahmen, also eine Wiederbelebung inklusive Intubation, Einsatz des Defibrillators und Gabe von Notfallmedikamenten, realitätsnah zu üben“, sagt der Krankenpfleger und Notfallsanitäter. Dafür wurde einer der Full-Scale-Patientensimulatoren des Zentrums genutzt. Hierbei handelt es sich um eine lebensgroße Nachbildung des menschlichen Körpers, die computergestützt und verbunden mit einer aufwändigen technischen Apparatur auf diverse klinische Eingriffe wie ein „echter Patient“ reagiert. Um den Patientensimulator herum wurde durch die entsprechenden medizinischen Geräte eine technische Umgebung ähnlich einer Intensiv- oder einer Intermediate-Care-Station geschaffen. 

Bei dem insgesamt vierstündigen Training führten Manuel Hassemer und Carolin Hofmann, Fachärztin für Anästhesiologie, zunächst die geforderten Maßnahmen vor. „Wichtig war uns, dass hier die Theorie vollständig verstanden wurde. Da die ausländischen Kolleginnen sehr gut Englisch sprechen, liefen die Hintergrundinfos und die Diskussion offener Fragen auf Englisch ab. Die Kommunikation während der Reanimation an sich wurde allerdings – wie in der Realität – auf Deutsch geübt“, erläutert Hassemer. 

Gelerntes sofort umgesetzt

Anschließend waren die Kursteilnehmerinnen selbst gefordert. Mit dem Patientensimulator wurde ein Atemstillstand bei noch bestehender Herzfrequenz simuliert. „Jetzt mussten die Kolleginnen selbstständig erkennen, dass eine akute Notfallsituation mit Herz-Kreislaufstillstand vorliegt und richtig handeln“, beschreibt der Instruktor.

Nach dem Training zeigte er sich mit dem gesamten Ablauf sehr zufrieden. „Man hat deutlich gemerkt, dass die Teilnehmerinnen bereits über ein sehr gutes Wissen in der Intensivpflege verfügen. Auch war die Gruppe hoch motiviert und hat die Inhalte des Kurses erfolgreich umgesetzt“, so Hassemer. Und Nadja Kleilein lobt: „Die Kursteilnehmerinnen und ich waren von dem Kurs begeistert. Ich hoffe, dass er zukünftig als festes Angebot bei der Einarbeitung von internationalen Pflegekräften etabliert werden kann.“

 

Uniklinikum Würzburg: Univ.-Prof. Dr. Heike Rittner mit dem Franz-Koehler-Inflammation-Award geehrt

Univ.-Prof. Dr. Heike Rittner, Schmerzexpertin am Uniklinikum Würzburg, wurde für ihre herausragende Forschung auf dem Gebiet der Entzündungen mit dem Franz-Koehler-Inflammation-Award 2021 ausgezeichnet.

Univ.-Prof. Dr. Heike Rittner, die Leiterin des Zentrums interdisziplinäre Schmerzmedizin an der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie des Uniklinikums Würzburg, erhielt im September dieses Jahres von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) den Franz-Koehler-Inflammation-Award 2021. Die Preisträgerin ist eine international renommierte Expertin für die Rolle des Immunsystems bei entzündlichen und neuropathischen Schmerzen. Dabei konnte sie unter anderem zeigen, dass Immunzellen mit ihren Botenstoffen Schmerzen auslösen, diese aber auch über körpereigene Endorphine lindern können. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr ihre neuere Forschung zur Bedeutung des Zusammenbruchs von schützenden Barrieren nach Nerventrauma und entsprechenden Entzündungsprozessen sowie zu den Ursachen des komplexen regionalen Schmerzsyndroms – einer seltenen Schmerzerkrankung nach Verletzungen der Extremitäten. 

Über den Preis

Der mit 5.000 Euro dotierte Franz-Koehler-Inflammation-Award wird seit dem Jahr 2010 jährlich verliehen. Die DGAI zeichnet damit herausragende Verdienste auf dem Gebiet der Erforschung von Pathophysiologie, Prophylaxe und Therapie von Entzündungen in ihren unterschiedlichen Ausprägungen im Umfeld von Operationen aus. Das Preisgeld stiftet die Dr. F. Köhler Chemie GmbH.

 

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Tranexamsäure verhindert Blutungen – und zwar ohne erhöhtes Thromboserisiko

Eine aktuelle Studie der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Patrick Meybohm vom Uniklinikum Würzburg belegt, dass die prophylaktische Gabe von Tranexamsäure das Risiko einer Thrombose oder einer Embolie nicht erhöht. Eine gute Nachricht unter anderem für alle, die unnötige Bluttransfusionen vermeiden wollen.

Tranexamsäure (TXA) ist ein hochpotentes Antifibrinolytikum, also ein Medikament, das die Auflösung von Blutgerinnseln (Thromben) verhindert. Diese Wirkweise macht sich die Medizin seit vielen Jahrzehnten zunutze – vor allem dann, wenn die Gerinnung dabei helfen soll, schwere Blutungen zu stoppen. 

Neuerdings tritt TXA durch das „Patient Blood Management“ verstärkt in den Fokus der Medizinerinnen und Mediziner. „Dieses Konzept zielt unter anderem darauf ab, bei Operationen die Blutverluste und den Einsatz von Blutkonserven möglichst zu reduzieren“, schildert Prof. Dr. Patrick Meybohm. Der Leiter der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Uniklinikum Würzburg (UKW) fährt fort: „Ein Ansatz dabei ist, bei Standardeingriffen, wie Knie- oder Wirbelsäulenoperationen, vorbeugend TXA intravenös zu verabreichen und damit die Blutverluste deutlich zu minimieren.“

Basis: Über 200 Studien mit Daten von 125.000 Patienten

Die Erweiterung der Indikationen ruft jedoch auch Besorgnis hervor: Kann die prophylaktische Anwendung nicht auch zu einem vermehrten Auftreten von Thrombosen oder Embolien führen? Um hier Klarheit zu schaffen, wertete Isabel Taeuber, Doktorandin aus der Arbeitsgruppe von Prof. Meybohm, mehr als 200 randomisierte kontrollierte Studien aus. Sie berücksichtigte dabei wissenschaftliche Arbeiten, die intravenös verabreichte Tranexamsäure mit einem Placebo oder einer Kontrolle verglichen. Dahinter stehen in Summe die Daten von über 125.000 Patientinnen und Patienten aus verschiedenen medizinischen Fachrichtungen. 

Ergebnis: Vorteile überwiegen das Risiko deutlich

Die im April dieses Jahres in der Fachzeitschrift JAMA Surgery veröffentlichte Übersichtsarbeit zeigt, dass unter prophylaktischer TXA-Gabe weder Thrombosen noch Embolien häufiger auftreten. Gleichzeitig konnte aber ermittelt werden, dass die allgemeine Sterblichkeitsrate – insbesondere die Sterblichkeitsrate aufgrund von Blutungen – durch Tranexamsäure signifikant gesenkt wird. „Es lässt sich festhalten, dass die Vorteile der vorbeugenden Therapie das potenzielle Thromboembolie-Risiko deutlich überwiegen. Damit bildet TXA einen wichtigen Baustein im Blutmanagement des Patienten. Der Wirkstoff hilft, eine Gerinnungsstörung zu verhindern, das Blutungsrisiko zu reduzieren und die wertvolle Ressource Blut zu schonen“, fasst Prof. Meybohm, der Letztautor der Studie, zusammen.

Literatur: 

Taeuber I, Weibel S, Herrmann E, et al. Association of Intravenous Tranexamic Acid With Thromboembolic Events and Mortality: A Systematic Review, Meta-analysis, and Meta-regression. JAMA Surg. Published online April 14, 2021. doi:10.1001/jamasurg.2021.0884

 

Link zur Pressemitteilung

Aufbau eines COVID-19 Evidenz-Ökosystems (CEO-sys) zur Verbesserung von Wissensmanagement und –translation

Mitarbeiter: Weibel S, Popp M, Schmid B, Meybohm P, Kranke P

Um die Herausforderung der aktuellen Corona-Pandemie zu bewältigen, ist ein koordiniertes Vorgehen zwischen Grundlagenforschung, Medizin, Politik und Öffentlichkeit dringend  erforderlich. Die Klinik für Anästhesiologie des UKW hat sich nun mit 20 weiteren Universitäten und 4 außeruniversitären Partnern im Rahmen des CEO-sys zu einem interdisziplinären Konsortium zusammengetan, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur COVID-19 Pandemiebewältigung qualitätsgesichert, unabhängig und schnellstmöglich zu erfassen, auf Relevanz zu prüfen und als aktualisierte Ergebnisübersichten („lebenden Evidenzsynthesen“) zur Verfügung zu stellen. Passgenaue und verständliche Informationen und Entscheidungshilfen sollen so mittels Handlungsempfehlungen an Kliniker und Entscheider sowie an Bürgerinnen und Bürger über mediale Aufbereitung und zielgruppenspezifische Kanäle übermittelt werden. Die Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerz­therapie wurde als Netzwerk-Partner aufgrund umfänglicher Expertise mit den Schwerpunkten Intensivmedizin, Studien-Bewertung und Erstellung lebender Evidenzsynthesen betraut. Ziel des Evidenz-Ökosystems ist eine flächendeckend gleichmäßig hochwertige medizinische Versorgungsqualität auf aktuellstem wissenschaftlichem Erkenntnisstand für die Bevölkerung zu sichern. Gleichzeitig ermöglichen die Ergebnisse des Projekts eine standardisierte Priorisierung von Forschungsfragen sowie einen koordinierten Forschungsfahrplan für die Initiierung großangelegter klinischer Studien zu den dringendsten Fragestellungen.

 

https://www.netzwerk-universitaetsmedizin.de/projekte/ceo-sys

https://www.cochrane.de/de/news/neues-evidenz-%C3%B6kosystem-f%C3%BCr-bessere-entscheidungen-zu-covid-19

www.cochrane.de

 

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Direktor
Prof. Dr. med. Patrick Meybohm
+49 931 201-30001


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