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Würzburger Anästhesistin als "Senkrechtstarterin des Jahres" ausgezeichnet: Wer ist Dr. med. Nora Schorscher?

Sie steht an der Uniklinik Würzburg im OP, fährt Schicht als Notärztin, war für Ärzte ohne Grenzen im Südsudan, treibt die Telemedizin voran: Wie macht die 37-Jährige das?

Seit 2017 arbeitet Nora Schorscher in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Foto: S. Krummer

Ein Portrait von Dr. med. Nora Schorscher in der Main Post vom 23.03.2025.

Seit 2017 arbeitet Nora Schorscher in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Foto: S. Krummer

Katastrophe als Studienfach

Terroranschlag, Messerangriff, Überschwemmung: Im Wahlfach „Katastrophenmedizin“ bereitet die Uniklinik Würzburg

Studenten auf Einsätze in Ausnahmesituationen vor. Aber geht das überhaupt? Der Initiator Thomas Wurmb hat damit Erfahrung.

Seit 1998 arbeitet Thomas Wurmb in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Foto: J. Brugger

Interview von Jaonas Strehl

SZ: Im Februar steuerte in München ein Mann sein Auto in eine Demonstration, im Januar hat einer in Aschaffenburg eine Kindergartengruppe angegriffen. Es starben Menschen. Kann man auf solche Situationen überhaupt vorbereitet sein?

Wurmb: In gewisser Weise schon. Man kann die Prinzipien trainieren, wie man darauf reagiert. Das haben wir mit den Anschlägen 2016 und 2021 hier in Würzburg gelernt.

Im Juli 2016 hatte ein Mann in einer Regionalbahn bei Würzburg vier Menschen mit einer Axt und einem Messer lebensbedrohlich verletzt, eine weitere Frau verletzte er auf der Flucht schwer. 

Dass jemand als Terroranschlag mit einer Axt und einem Messer auf Leute einschlägt und sticht, das kannten wir in Würzburg zuvor nicht. Das erfordert eine ganz andere Einsatztaktik, die noch nicht ausgereift war. Wir gingen damals mit einer Taktik in den Einsatz, die für zivile Lagen passt, für einen Verkehrsunfall etwa, aber nicht für einen aktiven Täter, der um sich sticht und vor dem man sich auch selbst schützen muss. Das fing bei den Begrifflichkeiten an: Solche Einsätze werden heute als „lebensbedrohliche Einsatzlage“ bezeichnet. Damit weiß jeder, was los ist. Vor zehn Jahren gab es den Begriff nicht. Fast zwei Jahre lang haben wir den Einsatz wissenschaftlich aufgearbeitet und unsere Konzepte angepasst.

Fünf Jahre später erstach in der Würzburger Innenstadt ein Mann drei Frauen und verletzte neun Menschen.

Da hatten wir einen fast identischen Einsatz mit vielen Einsatzkräften, die 2016 schon dabei waren, und waren vorbereitet: Die Ausrüstung des Rettungsdienstes war auf typische Stich- und Schussverletzungen angepasst, die Zusammenarbeit mit der Polizei war klar und die Patienten konnten viel schneller abtransportiert werden. In letzter Konsequenz ist man leider nie gänzlich vorbereitet, weil solche Angriffe immer unerwartet und dynamisch sind und mit unvorstellbarer Brutalität ausgeführt werden. Aber wir sind auf einem guten Weg. Das System wird besser und wir werden besser.

Funktioniert das immer, dass man aus vergangenen Katastrophen lernt?

Nein. Wir haben viele Anschläge weltweit wissenschaftlich ausgewertet und festgestellt, dass man nach den verschiedenen Angriffen immer zu den gleichen Erkenntnissen kam. Es sieht so aus, als würden wir nicht ausreichend voneinander lernen. Es ist einfach noch nichts getan, wenn man nur rausfindet, dass beispielsweise die Kommunikation nicht funktioniert hat. Die Erkenntnisse müssen umgesetzt und bis zur Einsatzkraft durchdekliniert werden.

Um junge Medizin-Studierende auf solche Ausnahmesituation vorzubereiten, haben Sie am Uniklinikum Würzburg das Wahlfach „Katastrophenmedizin“ initiiert. Um welche Katastrophen geht es in dem Wahlfach?

Die Definition einer Katastrophe ist recht spezifisch, darunter fallen Sturzfluten oder Erdbeben, aber auch Terroranschläge und Flugzeugabstürze. Auch eine Reihe von Großschadenslagen, wie ein Busunfall, erfordern Elemente der Katastrophenbewältigung. Wir lehren also nicht die Katastrophe, sondern die Werkzeuge, um sie zu bewältigen. Wenn man die nicht beherrscht, kriegt man das Chaos nicht sortiert.

Was macht eine Katastrophe aus?

Das Entscheidende ist der Ressourcenmangel: Entweder gibt es zu wenig Personal, zu wenig Material oder keine Möglichkeit, beides einzusetzen. Dann muss man die Mittel so verwenden, dass möglichst viele gerettet werden. Der einzelne Patient spielt dann nicht mehr die entscheidende Rolle. Mit dem Wahlfach wollen wir die Studierenden sensibilisieren: Dass sie als Ärztinnen und Ärzte in Katastrophenlagen Entscheidungsträger sind und Situationen erleben, die weit weg vom Alltag sind. Außerdem sollen sie wichtige Werkzeuge lernen, wie das Sichten von Patienten und das Versorgen typischer Verletzungen.

Wie entscheidet man, wem man in so einem Moment hilft?

Das ist in Deutschland seit der Corona-Pandemie ein schwieriges Thema. Wichtig ist bei dieser Art der Sichtung, im Unterschied zu einer Pandemie, dass noch kein Verletzter eine Behandlung bekommen hat. In einer solchen Lage, zum Beispiel nach einem Terroranschlag, muss man also nicht entscheiden, ob man dem einem eine Therapie entzieht, um einem anderen zu helfen. Stattdessen haben wir hier eine sogenannte Ex-Ante-Triage: Man kommt zum Einsatzort, hat vielleicht 100 Verletzte, aber nur zwei Rettungswagen. Um herauszufinden, ob ein Patient lebensbedrohlich verletzt ist, gibt es eine kurze Abfolge strukturierter Fragen. Wer nicht mehr atmet oder stark blutet, bekommt die Sichtungskategorie rot und muss sofort behandelt werden. Wer schwer verletzt ist, aber es noch mal eine Stunde schafft, erhält die Kategorie gelb. Wer noch laufen kann oder nur einen verdrehten Knöchel hat, ist grün. Da würden wir sagen: Sammelt euch alle und dann schauen wir nachher nach euch.

Nun könnte es sein, dass man eine schwerverletzte ältere Person und ein weniger schwer verletztes Kind vorfindet. Spielen dann nur die prüfbaren Parameter eine Rolle?

Hautfarbe, Geschlecht, Orientierung, Alter und Ähnliches spielen in einer Sichtung keine Rolle. Es geht nur um die Einschätzung der medizinischen Dringlichkeit. Aber klar, zum Beispiel nach einem Erdbeben steht man als Einsatzkraft vor einem Dilemma: Man will bestmöglich helfen und kann doch nie genug tun.

Wie bleibt man in so einer Situation ruhig?

Ein wesentlicher Faktor ist die Ausbildung. Wenn man sich schon mal in einer Übung mit solchen Situationen auseinandergesetzt hat, kann man die Mechanismen leichter abrufen. Entscheidend ist auch, wie man zum Einsatz gekommen ist. Wenn man sich als Katastrophenschutzeinheit in ein Gebiet begibt, hat man eine längere Fahrt und kann sich dabei gedanklich vorbereiten und einen Schutz aufbauen. Als Notarzt hat man während der Anfahrt wenigstens zehn Minuten Zeit. Vielleicht lautete die Einsatzmeldung Schlägerei, dabei ist es ein Terroranschlag. Da muss man sich erstmal sortieren.

Was macht das mit einer Person, ständig Katastrophensituationen zu erleben?

Das sind zum Glück in Deutschland keine alltäglichen Einsätze. Klar, als Notfallmediziner erfährt man viel Leid, dem man aber auch etwas Positives entgegensetzen kann. Wenn man das eine Zeit lang macht, belasten die meisten Einsätze auch nicht, sondern werden zur Routine. Dann hilft man Menschen in Not, ohne die Not zu seiner eigenen zu machen.

Und wenn sie doch belasten?

Es ist keine Schande mehr, sich deswegen Hilfe zu suchen. Das ist geübte Praxis, wir stellen Angebote, um posttraumatische Belastungsstörungen frühzeitig zu verhindern. Es gibt aber auch Einsatzkräfte, die mit schlimmen Situationen gut zurechtkommen. Denen darf man nicht einreden, dass sie völlig am Boden zerstört sein müssten.

Muss man ein bestimmter Typ Mensch sein, um als Katastrophenmediziner zu arbeiten? 

Es gibt natürlich Menschen, die sich dafür eignen, weil sie improvisieren können, eine stabile Persönlichkeit haben und bereit sind, sich sowas auszusetzen. Aber nein, einen bestimmten Persönlichkeitstyp gibt es nicht. Wer sich damit auseinandersetzen will, der kann das aus meiner Sicht auch.

Was kann man als Einzelner tun, um Einsatzkräfte in einer Krise zu unterstützen?

Man kann sich als Bevölkerung im Kleinen vorbereiten. Bei einer flächigen Katastrophe sind die Katastrophenschutzeinheiten davon abhängig, dass Menschen sich für eine gewisse Zeit selbst helfen können: dass kleinere Verletzungen verbunden werden können, dass Leute Wasser und Essen für drei bis vier Tage haben und sich in der Nachbarschaft unterstützen. Argwohn ist hier fehl am Platz, Vorbereitung muss etwas Selbstverständliches sein. Wenn die Katastrophe dann nicht eintritt: ist doch gut. Dann haben wir den Regenschirm nicht gebraucht, ihn aber dabeigehabt.

„Man will bestmöglich helfen und kann doch nie genug tun.“

Rettungskräfte müssen in Krisen richtig reagieren, wie in München vor einigen Wochen, als ein Mann sein Auto in eine Demonstration lenkte.

Thomas Wurmb, 55, leitet die Notfall- und Katastrophenmedizin am Uniklinikum Würzburg und schuf dort das Fach „Katastrophenmedizin“. Zudem berät der Anästhesist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz. 
Foto: Uniklinikum Würzburg


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Seit 1998 arbeitet Thomas Wurmb in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Foto: J. Brugger

PD Dr. med. Aileen Hill und Prof. Dr. med. Christian Stoppe übernehmen die Leitung der DIVI-Sektion Metabolismus und Ernährung

Privatdozentin Dr. med. Aileen Hill, Fachärztin für Anästhesiologie am Universitätsklinikum RWTH Aachen, ist neue Sprecherin der DIVI-Sektion Metabolismus und Ernährung. Die Leitung teilt sie sich mit dem ebenfalls neuen Stellvertreter Professor Dr. med. Christian Stoppe, Facharzt für Anästhesiologie und Leiter internationaler klinischer Studien am Uniklinikum Würzburg.

Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin

Die beiden haben sich bereits in anderen Projekten kennengelernt und schätzen die Zusammenarbeit, weshalb sie sich als ein hervorragend harmonierendes Team sehen. Während Christian Stoppe über einen fundierten biochemischen Hintergrund verfügt und besonders an innovativen, internationalen sowie multizentrischen Studien interessiert ist, liegen Aileen Hill die klinischen Studien sowie die Themen Implementierung, Ausbildung und Förderung des Nachwuchses besonders am Herzen.

Den ganzen Artikel können Sie hier nachlesen.

Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin

Würzburger Anästhesistin ist „Senkrechtstarterin des Jahres“

THIEME MANAGEMENT AWARD 2024 FÜR NORA SCHORSCHER, LEITERIN DES PROJEKTS „TELE-INTENSIVMEDIZIN IN BAYERN“

Dr. Nora Schorscher von der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) wurde am 20. Februar im Wasserwerk in Berlin mit dem Thieme Management Award 2024" ausgezeichnet. Neben Dr. Susanne Ozegowski, die als „Managerin des Jahres“ geehrt wurde, setzte sich Nora Schorscher als „Senkrechtstarterin“ durch. Die Anästhesistin hat mit der Entwicklung eines mobilen Teleintensivwagens den Aufbau telemedizinischer Netzwerkstrukturen in Bayern vorangetrieben. Der Wagen vernetzt Fachärztinnen und Fachärzte der Universitätskliniken mit medizinischem Personal in Partnerkrankenhäusern und hilft, die Zusammenarbeit zwischen den Kliniken auszubauen, Spezialwissen schneller abzurufen und die Patientenversorgung auch im ländlichen Raum zu verbessern.

Susanne Ozegowski links und Nora Schorscher rechts halten die gläsernen Preise in den Händen und lächeln in die Kamera.
Thieme Management Award 2024: Managerin des Jahres wurde Dr. Susanne Ozegowski (links), Leiterin der Abteilung „Digitalisierung und Innovation“ im Bundesgesundheitsministerium. Dr. Nora Schorscher, Leiterin des Pilotprojekts „Tele-Intensivmedizin in Bayern“, erhielt den Newcomer Award „Senkrechtstarterin des Jahres“. © Leo Seidel/cdgw
Nora Schorscher hält den gläsernen Preis in den Händen, im Hintergrund die Atmosphäre des Wasserwerks in Berlin
Die Anästhesistin Dr. Nora Schorscher leitet am Uniklinikum Würzburg seit 2021 das Pilotprojekt „Tele-Intensivmedizin in Bayern“. Am 20. Februar 2025 kürte sie die Thieme Gruppe im Wasserwerk in Berlin zur Senkrechtstarterin 2024. © Leo Seidel/cdgw

Würzburg. Laut Wikipedia sind Senkrechtstarter Flugzeuge, Drohnen oder Raketen, die keine Startbahn, also keinen Anlauf benötigen, um abzuheben. Die Thieme Gruppe würdigt im Rahmen ihres Management Awards junge Führungskräfte, die eine außergewöhnliche Karriere vorweisen, als „Senkrechtstarter*in“. In diesem Jahr darf sich Dr. Nora Schorscher, Anästhesistin am Uniklinikum Würzburg (UKW), über die Auszeichnung freuen. In der Tat hat die 37-Jährige als Leiterin des Pilotprojekts „Tele-Intensivmedizin in Bayern“ einen echten Senkrechtstart hingelegt. Anders ausgedrückt: Sie hat nach jahrelangem Leerlauf der Tele-Intensivmedizin einen Raketenstart verpasst.

Barrieren abbauen und Expertise aus Maximalversorgung flächenweit zur Verfügung stellen 

Das Bayerische Wissenschaftsministerium hatte bereits im Jahr 2015 den sechs bayerischen Universitätskliniken Fördergelder für ein teleintensivmedizinisches Pilotprojekt bewilligt, um die Sterblichkeit und Aufenthaltsdauer von Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen und die Behandlungskosten zu reduzieren. Ziel war die Schaffung teleintensivmedizinischer Netzwerkstrukturen, sodass periphere Krankenhäuser von der intensivmedizinischen Expertise der Kolleginnen und Kollegen in den Universitätskliniken profitieren und in virtuellen Visiten gemeinsam über die weitere Behandlung entschieden werden kann. Doch keines der damals vorhandenen Telemedizin-Systeme erfüllte die Anforderungen, weshalb das Projekt nicht realisierbar schien. Bis Prof. Dr. Patrick Meybohm, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie des UKW, im Jahr 2021 Nora Schorscher ins Boot holte. 

Mobiler Teleintensivwagen mit zahlreichen Features für Partnerkrankenhäuser 

Die gebürtige Fränkin, die erst vier Jahre zuvor ans UKW gekommen war, fühlte sich überrumpelt, bezweifelte, dass sie die Richtige für das Projekt sei. Doch mit ihrem Mut, ihrer Tatkraft und Empathie war sie letztendlich goldrichtig. Innerhalb eines Jahres hatte sie mit ihrem Team aus Fachleuten aus der Intensivmedizin und dem Servicezentrum Medizin-Informatik (SMI) den Prototyp eines mobilen Wagens für die intensivmedizinische Tele-Visite konzipiert. Namentlich erwähnen möchte Nora Schorscher hier vor allem ihre Kollegen Maximilian Göpfert, Daniel Röder, Jürgen Brugger, Axel Steinke sowie Patrick Meybohm und Helmut Greger als Leiter des SMI.

Und so funktioniert er: Der mobile Teleintensivwagen, ausgestattet mit mehreren hochauflösenden Kameras, Dokumentenscannern und vielen weiteren Features, steht im jeweiligen Partnerkrankenhaus. Die Ärztinnen und Ärzte des Universitätsklinikums schalten sich per Zoom in die Visite ein und erhalten einen umfassenden Eindruck vom Zustand der Patientin oder des Patienten, so dass sie mit ihrem Spezialwissen das Partnerkrankenhaus bei der weiteren Versorgung beraten können. Mit einer Augmented-Reality-Brille können die zugeschalteten Klinikerinnen und Kliniker die Patientinnen und Patienten mit den Augen der anwesenden Kolleginnen und Kollegen im lokalen Krankenhaus sehen, sogar die Kamera auf dem Wagen steuern und mit 30-fachem Zoom in bestimmte Bereiche fahren. Gleichzeitig werden die hohen Anforderungen des deutschen Datenschutzes erfüllt, da die Daten im Partnerkrankenhaus verbleiben.

Nora Schorscher hatte zwischen ihrer täglichen Arbeit im OP, auf der Intensivstation, im Notarztwagen und im Intensivtransportwagen – eben der Vielfalt, die sie in der Anästhesie so liebt – einige Herausforderungen zu meistern, bis der mobile Wagen alle Anforderungen und Voraussetzungen für einen reibungslosen Einsatz erfüllte. „Zunächst galt es, die Frage zu beantworten: Was brauchen wir Ärztinnen und Ärzte aus den Unikliniken, um die Patientinnen und Patienten, die im Partnerkrankenhaus liegen, medizinisch zu beurteilen? Wie können wir das technisch umsetzen, auch im Hinblick auf Datenschutz und medizinische Sicherheit? Und dann galt es Barrieren zu überwinden und die Kolleginnen und Kollegen in den umliegenden Krankenhäusern zu überzeugen“, erzählt Nora Schorscher.

Von der internationalen Diplomatie zurück zum Patienten 

Hier kommt der Medizinerin ihr diplomatisches Geschick zugute. Bevor sie 2017 ans Uniklinikum kam, studierte Nora Schorscher zwei Jahre lang an der Diplomatischen Akademie in Wien. „Ich wollte zwischenzeitlich zur Weltgesundheitsorganisation WHO oder in die Gesundheitspolitik gehen. Aber die Arbeit am Patienten und vor allem die Abwechslung in der Anästhesie mit den entsprechenden Adrenalinschüben fehlten mir zu sehr.“ Ärztin zu werden war ihr Traum, seit sie mit zwölf Jahren ein Buch über das Ebola-Virus gelesen hatte. Ihr Medizinstudium absolvierte sie am Imperial College in London, wo sie auch ihre Facharztausbildung begann und einen Bachelor in Health Management ablegte. Schon ihr Abitur am United World College (UWC) in Norwegen war international und auf interkulturellen Austausch ausgelegt. „An unserer Schule gab es 89 Nationalitäten – vom Straßenkind aus Thailand bis zur Prinzessin aus Uganda. Ausgewählt wurde nicht nach finanziellem Hintergrund, sondern nach Potenzial und Engagement“, so Schorscher. An sozialem Engagement mangelte es der jungen Frau aus dem 120-Seelen-Ort in den Haßbergen nicht. Als Jugendliche arbeitete sie ehrenamtlich beim Roten Kreuz, war Schulsanitäterin, gründete eine Nachhilfegruppe und baute ein Seelsorge-System für Mobbing-Opfer auf. Im vergangenen Jahr war sie sechs Wochen für „Ärzte ohne Grenzen“ im Südsudan. 

Verbesserung der Patientenversorgung und Kommunikation zwischen Kliniken

Mit ihrer sympathischen Professionalität - oder wie Nora Schorscher sagt: mit höflicher, freundlichen Bestimmtheit - konnte sie nicht nur alle bayerischen Unikliniken vom Projekt überzeugen, sondern auch zahlreiche periphere Krankenhäuser ans Netzwerk anbinden, trotz anfänglicher Skepsis. Inzwischen hat jede bayerische Uniklinik drei bis fünf Partnerkrankenhäuser mit einem weiterentwickelten, patentierten Teleintensivwagen ausgestattet, das UKW sogar zehn. Ganz nebenbei hat Nora Schorscher nicht nur einzelnen Patientinnen und Patienten geholfen, sondern auch zur Verbesserung des Gesundheitssystem beigetragen. Es gibt inzwischen bereits einige Anfragen aus anderen Bundesländern. 

„Die Praxis hat gezeigt, dass wir mit dem telemedizinischen Vier-Augen-Prinzip und dem zusätzlichen Blickwinkel von Expertinnen und Experten aus der Uniklinik, zahlreiche unnötige Verlegungen von Intensivpatientinnen und -patienten verhindern konnten“, sagt Nora Schorscher. Das mache das Projekt so brillant: „Mit wenig Aufwand und kollegialer Zusammenarbeit die Patientenversorgung verbessern! Barrieren wurden abgebaut, sowohl in der Anwendung als auch bei Finanzierungsfragen. Aufgrund der steigenden Nachfrage wurde die Produktion des Teleintensivwagens inzwischen ausgelagert. Ungeklärt sind derzeit noch die Abrechnungskosten für die Visite. Nora Schorscher bleibt am Ball. Das Motto der Senkrechtstarterin: „Es geht immer irgendwo eine Tür auf!“


Über den Thieme Management Award
Bereits seit 2004 wird die Auszeichnung zum „Manager*in des Jahres“ vergeben. Thieme – ein Verbund aus Wissenschaftsverlagen, Medien- und Dienstleistungsunternehmen –würdigt damit Persönlichkeiten, die auf ihrem Gebiet Ungewöhnliches leisten und sich durch besonderes Wirken auszeichnen. Für junge Führungskräfte, die eine außergewöhnliche Karriere vorweisen können, wird seit 2017 der Preis „Senkrechtstarter*in“ vergeben. Beide Kategorien sind unter dem Namen „Thieme Management Award“ zusammengefasst. Die achtköpfige Jury setzt sich aus den Herausgebern der Thieme Fachzeitschrift „kma“, Vertretern der Thieme Gruppe und einem Vertreter des „cdgw – Club der Gesundheitswirtschaft“ zusammen. Unter www.kma-online.de/lp/awards/ werden die Jury-Mitglieder im Einzelnen vorgestellt. Interessierte finden hier in Kürze außerdem Berichte und Bilder zur Gala. Die Porträts der Preisträger*innen werden in der kommenden Ausgabe der „kma“ (1/2025) veröffentlicht, die am 20. Februar 2025 erscheint.

Link zur Pressemeldung von Thieme, und Link zum ausführlichen Porträt der Preisträgerin Nora Schorscher.

Text: KL / Wissenschaftskommunikation
 

Susanne Ozegowski links und Nora Schorscher rechts halten die gläsernen Preise in den Händen und lächeln in die Kamera.
Thieme Management Award 2024: Managerin des Jahres wurde Dr. Susanne Ozegowski (links), Leiterin der Abteilung „Digitalisierung und Innovation“ im Bundesgesundheitsministerium. Dr. Nora Schorscher, Leiterin des Pilotprojekts „Tele-Intensivmedizin in Bayern“, erhielt den Newcomer Award „Senkrechtstarterin des Jahres“. © Leo Seidel/cdgw
Nora Schorscher hält den gläsernen Preis in den Händen, im Hintergrund die Atmosphäre des Wasserwerks in Berlin
Die Anästhesistin Dr. Nora Schorscher leitet am Uniklinikum Würzburg seit 2021 das Pilotprojekt „Tele-Intensivmedizin in Bayern“. Am 20. Februar 2025 kürte sie die Thieme Gruppe im Wasserwerk in Berlin zur Senkrechtstarterin 2024. © Leo Seidel/cdgw

NATA 25. Der Jubiläumskongress im April in München

Wir freuen uns, Ihnen den 25. NATA Kongress anzukündigen, der vom 24. bis 26. April 2025 in der wunderschönen Stadt München stattfinden wird.

NATA 25. Der Jubiläumskongress vom 24. bis 26. April 2025 in München.

NATA (Network for the Advancement of Patient Blood Management, Haemostasis and Thrombosis) ist ein weltweiter Verband, der sich als Forum für all diejenigen im Gesundheitswesen sieht, die sich kontinuierlich um Verbesserungen in der Behandlung von Anämie, Eisenmangel, kritischen Blutungen und Thrombosen bemühen.

Der Jahreskongress bringt Fachleute, Expertinnen und Experten sowie Interessierte aus vielen Bereichen der Medizin zusammen, um aktuelle Entwicklungen, innovative Ansätze und zukunftsweisende Forschung zu diskutieren. Weiter bietet er eine Plattform für spannende Vorträge, interaktive Workshops und Networking-Möglichkeiten mit führenden Köpfen der Branche.
Seien Sie dabei, wenn wir gemeinsam die neuesten Trends und Herausforderungen beleuchten und Lösungen erarbeiten.

Markieren Sie sich den Termin in Ihrem Kalender und freuen Sie sich auf eine inspirierende Veranstaltung voller Wissenstransfer und Austausch.

Early‐bird Anmeldefrist bis 24.02.2025
Reguläre Anmeldefrist bis 09.04.2025

Weitere Informationen zur Anmeldung und zum Programm finden Sie hier.

NATA 25. Der Jubiläumskongress vom 24. bis 26. April 2025 in München.

Abstracteinreichung für die Wissenschaftlichen Arbeitstage 2025 ab sofort möglich
Wissenschaftlichen Arbeitstage der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI).

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die Einreichung von Abstracts für die kommenden Wissenschaftlichen Arbeitstage der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), die vom 14. bis 15. März 2025 in Würzburg stattfinden, ab sofort möglich ist. Die Arbeitstage bieten eine hervorragende Plattform für Forschende, ihre neuesten Ergebnisse und Ideen einem breiten Fachpublikum vorzustellen und sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen.

Wichtige Informationen zur Abstracteinreichung:

Wir laden alle Interessierten ein, ihre Arbeiten einzureichen und Teil dieser inspirierenden Veranstaltung zu werden. Die von einer Preisträgerkommission ermittelte bedeutendste Forschungsarbeit wird mit dem Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung in Höhe von 15.000 Euro ausgezeichnet.

Für weitere Informationen besuchen Sie gerne unsere Webseite.

Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!

 

Wissenschaftlichen Arbeitstage der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI).

Neue Studie bekräftigt Reduktion bei der Kaliumgabe

Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Komplikationen nach Herz-Operationen. Bisher wird zur Vorbeugung häufig Kalium in relativ hohen Dosen verabreicht. Eine neue multizentrische Studie legt jedoch nun nahe, dass geringere Kaliumgaben sicherer, schonender und kosteneffizienter sind. Diese Forschung hat in der Fachwelt große Beachtung gefunden und könnte die Praxis in der Intensivmedizin nachhaltig beeinflussen.

Foto: UKW

Die in mehreren Ländern rekrutierende „TIGHT K“-Studie wurde von Prof Dr. med. Benjamin O'Brien aus dem Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) geleitet, und beim Ablauf und der Koordination in Deutschland von Prof. Dr. med. Christian Stoppe aus der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie des Universitätsklinikums Würzburg unterstützt. Das Ziel von „TIGHT K“ war es zu überprüfen, ob das übliche Vorgehen, den Kaliumspiegel nach einer koronaren Bypass-Operation auf hohem Normalniveau zu halten, tatsächlich wirksam ist, um Vorhofflimmern zu verhindern. Insgesamt wurden 1.690 Patientinnen und Patienten an 23 herzchirurgischen Zentren in Großbritannien und Deutschland eingeschlossen, die zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt wurden: Eine Gruppe erhielt Kalium bei höheren Spiegeln, die andere nur bei Werten unterhalb des Normalbereichs. Die Ergebnisse, die im Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht wurden, zeigten, dass die Häufigkeit von Vorhofflimmern in beiden Gruppen nahezu identisch war und somit die regelmäßige Kaliumgabe eingespart werden kann. Durch die geringere Kaliumdosierung könnte diese Anpassung der Standardtherapie zu einer erheblichen Reduzierung der Gesundheitskosten beitragen.

Alle weiteren Informationen zur Studie erhalten Sie hier.

Foto: UKW

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