paper place Archiv 2. Quartal

Wie sicher ist die Therapie mit Atezolizumab und Bevacizumab beim Leberzellkrebs?

Leberzellkrebs wird oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert und erfordert eine palliative medikamentöse Behandlung. Die Entwicklung der Immuntherapie hat in den letzten Jahren zu deutlichen Fortschritten in der Behandlung des sogenannten hepatozellulären Karzinoms (HCC) geführt.

Mit der kürzlich zugelassenen Kombinationstherapie aus dem Immuntherapeutikum Atezolizumab und dem Immuntherapieverstärker Bevacizumab kann bei etwa dreimal so vielen Patientinnen und Patienten ein Therapieansprechen erreicht werden wie mit der Standardtherapie Sorafenib. Trotz des offensichtlich günstigen Tumoransprechens gab es in Fachkreisen Bedenken, dass die Anwendung von Bevacizumab vermehrt zu Blutungen oder Thrombosen führen könnte. Um diese klinisch sehr relevante Frage zu klären, initiierte die Hepatologie des UKW eine multizentrische Studie, an der bundesweit sechs deutsche Universitätskliniken und eine Universitätsklinik in Österreich teilnahmen. Die Ergebnisse unterstützen die Sicherheit der Therapie mit Atezolizumab und Bevacizumab - eine Therapie, die mit der Möglichkeit eines Langzeitüberlebens von Patientinnen und Patienten mit HCC einhergehen kann. Die Studiendaten können dazu beitragen, dass weltweit mehr Patientinnen und Patienten Zugang zu dieser Immunkombinationstherapie erhalten.

 

Najib Ben Khaled, Marie Möller, Leonie S. Jochheim, Catherine Leyh, Ursula Ehmer, Katrin Böttcher, Matthias Pinter, Lorenz Balcar, Bernhard Scheiner, Alexander Weich, Hans Benno Leicht, Valentina Zarka, Liangtao Ye, Julia Schneider, Ignazio Piseddu, Osman Öcal, Monika Rau, Freidrich Sinner, Marino Venerito, Simon Johannes Gairing, Friedrich Förster, Julia Mayerle, Enrico De Toni, Andreas Geier, Florian Reiter FP. Atezolizumab/bevacizumab or lenvatinib in hepatocellular carcinoma: Multicenter real-world study with focus on bleeding and thromboembolic events. JHEP Rep 6(6) (2024). doi:10.1016/j.jhepr.2024.101065

Zur Publikation

Die Aufnahme von Cholesterin im Darm wird durch den LASP1-AKT-NPC1L1-Signalweg reguliert

Cholesterin spielt eine zentrale Rolle für die Stabilität und Architektur der Plasmamembranen und als Ausgangssubstrat für die Synthese von Gallensäuren und Steroidhormonen. Eine erhöhte Cholesterinaufnahme führt aber zu Hypercholesterinämie und Atherosklerose und ist an der Krebsentstehung beteiligt.

Für die Atheroskleroseforschung ist das Protein LASP1 von besonderem Interesse. Es wurde 2012 erstmals als Bestandteil der Ringstruktur von Prodosomen von Makrophagen nachgewiesen, die eine zentrale Rolle bei der Plaquebildung spielen. In der vorliegenden Arbeit wurde LASP1 als neuer Regulator für das Shuttlling des Steroltransporters NPC1L1 zur Zelloberfläche in Enterozyten zur Kontrolle der Cholesterinabsorption identifiziert.

 

Elke Butt, Thorsten Günder, Paulina Stürzebecher, Isabel Kowalski, Pia Schneider, Nils Buschmann, Sarah Schäfer, Alicia Bender, Heike M. Hermanns, Alma Zernecke. Cholesterol uptake in the intestine is regulated by the LASP1-AKT-NPC1L1 signaling pathway. Amercian Journal of Physiology Gastrointestinal and Liver Physiology, 327(1):G25-G35 (2024). doi:10.1152/ajpgi.00222.2023

Zur Publikation

Analyse der Cochlea mit Photonenzählender Computertomographie (CT)

Die detaillierte Analyse der Cochlea, also der Hörschnecke im Innenohr, spielt eine Schlüsselrolle bei der personalisierten Cochlea-Implantation (CI), insbesondere im Hinblick auf die individualisierte Elektrodenauswahl und den postoperativen anatomischen Anpassungsprozess.

Cochlea-Darstellung mit verschiedenen Bildgebungsverfahren vor und nach dem Einsetzen einer CI-Elektrode. A, Multislice-CT (MSCT), präoperative Bildgebung, 600 μm Auflösung. B, Flachdetektor-Volumen-CT mit Sekundärrekonstruktionen (fpVCTSECO), präoperative Bildgebung, 100 μm Auflösung. C, Photonenzähl-CT (PCCT), präoperative Bildgebung, 200 μm Auflösung. D, MSCT, postoperative Bildgebung, 600 μm Auflösung. E, fpVCTSECO, postoperative Bildgebung, 100 μm Auflösung. F, PCCT, postoperative Bildgebung, 200 μm Auflösung. Quelle: The Photon-Counting CT Enters the Field of Cochlear Implantation: Comparison to Angiography DynaCT and Conventional Multislice CT, Otology & Neurotology45(6):662-670 (2024).

Die photonenzählende Computertomographie (CT) ist ein neu entwickeltes bildgebendes Verfahren mit erheblichen Vorteilen gegenüber der konventionellen CT hinsichtlich der Reduktion der Strahlendosis und der Metallartefakte. Ziel dieser Studie war es, die Genauigkeit der cochleären Messungen mit dieser neuen Technik zu evaluieren. Die Ergebnisse zeigten, dass die Messungen mit dem Photon Counting Detector CT sehr genau waren, gleichwertig mit der Flat-Panel-Volumen-CT mit sekundären Rekonstruktionen und besser als Messungen mit der klassischen Multi-Slice-CT. Diese Ergebnisse sind erste Schritte zur Entwicklung dosisreduzierter CT-Anwendungen für die Analyse der Cochlea. 

 

Kristen Rak, Björn Spahn, Franz-Tassilo Müller-Graff, Jonas Engert, Johannes Voelker, Stephan Hackenberg, Rudolf Hagen, Bernhard Petritsch, Jan-Peter Grunz, Thorsten Bley, Tilmann Neun & Henner Huflage. The Photon-Counting CT Enters the Field of Cochlear Implantation: Comparison to Angiography DynaCT and Conventional Multislice CT. Otology Neurotology, 45(6), 662-670 (2024). doi:10.1097/MAO.0000000000004221

Zur Publikation

Cochlea-Darstellung mit verschiedenen Bildgebungsverfahren vor und nach dem Einsetzen einer CI-Elektrode. A, Multislice-CT (MSCT), präoperative Bildgebung, 600 μm Auflösung. B, Flachdetektor-Volumen-CT mit Sekundärrekonstruktionen (fpVCTSECO), präoperative Bildgebung, 100 μm Auflösung. C, Photonenzähl-CT (PCCT), präoperative Bildgebung, 200 μm Auflösung. D, MSCT, postoperative Bildgebung, 600 μm Auflösung. E, fpVCTSECO, postoperative Bildgebung, 100 μm Auflösung. F, PCCT, postoperative Bildgebung, 200 μm Auflösung. Quelle: The Photon-Counting CT Enters the Field of Cochlear Implantation: Comparison to Angiography DynaCT and Conventional Multislice CT, Otology & Neurotology45(6):662-670 (2024).
3D-Modell zur Untersuchung der Invasion von Krebszellen in Plattenepithelkarzinome des Kopfes und Halses

Diese Publikation beschreibt die Entwicklung eines 3D-Modells zur Untersuchung der Invasion von Krebszellen in menschliche Plattenepithelkarzinome des Kopfes und Halses (HNSCC für Head and Neck Squamous Cell Carcinoma).

Primäre Keratinozyten und Fibroblasten wurden auf einem biologisches Trägermaterial bestehend aus Schweinedünndarm ausgesät, um ein invasives Modell mit HNSCC-Zelllinie (FaDu) zu erzeugen. Dieses Modell bildet invasive Cluster von Tumorzellen und könnte helfen, die Mechanismen der Tumorinvasion besser zu verstehen. Es zeigte eine realistische Darstellung der Tumor-Mikroumgebung, was die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Krebszellen und Stromazellen ermöglichte. Zudem könnte das Modell für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze genutzt werden.

 

Manuel Stöth, Anna Teresa Mineif, Fabian Sauer, Till Jasper Meyer, Flurin Mueller-Diesing, Lukas Haug, Agmal Scherzad, Maria Steinke, Angela Rossi & Stephan Hackenberg. A Tissue Engineered 3D Model of Cancer Cell Invasion for Human Head and Neck Squamous-Cell Carcinoma. Current Issues in Molecular Biology 46(5), 4049-4062 (2024). doi:10.3390/cimb46050250

Zur Publikation

[18F]FDG PET/CT kann relevante Änderungen im onkologischen Management auslösen, die zu einem günstigen Ergebnis bei jodnegativem Schilddrüsenkrebs führen

Die Publikation untersucht die Auswirkungen von [18F]FDG PET/CT auf die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Schilddrüsenkarzinom, das kein Jod aufnimmt.

Patienten mit Therapieänderungen nach [18F]FDG PET/CT, mit (A) systemischen und (B) nicht-systemischen Behandlungsanpassungen. Maximale Intensitätsprojektionen und transaxiale CT- und PET/CT-Abschnitte der Zielveränderungen werden ebenfalls angezeigt. Die Person in A zeigte mehrere Organbeteiligungen mit PET-positiven pulmonalen und knöchernen Befunden (im linken Becken), die auf den transaxialen CT- und PET/CT-Bildern dargestellt sind. Bemerkenswert ist, dass Lungenläsionen nur in den PET/CT-Bildern identifizierbar waren. Zusätzliche PET-positive hepatische Läsionen sind nicht auf den transaxialen Bildern zu sehen, aber auf der MIP sichtbar (Pfeile). Angesichts der durch [18F]FDG aufgedeckten ausgedehnten Erkrankung wurde dieser Patient für einen Tyrosinkinase-Inhibitor eingeplant. Patient B hingegen präsentierte sich nur mit zervikalen PET-positiven Lymphknoten (Pfeil, ebenfalls auf den transaxialen PET- und PET/CT-Bildern zu sehen), was zu einer Halsdissektion der [18F]FDG-aktiven Befunde führte. Beide Patienten zeigten bei der Nachuntersuchung eine kontrollierte Erkrankung. Quelle: Endocrine https://doi.org/10.1007/s12020-023-03645-8

Bei 42 Personen, deren [131I]-Ganzkörperscan keine Ergebnisse zeigte, also das radioaktive Jod-131 von den Schilddrüsenkrebszellen nicht aufgenommen wurde, führte [18F]FDG PET/CT in 78,6% der Fälle zu Änderungen im onkologischen Management. Diese Änderungen umfassten sowohl systemische Behandlungen wie Tyrosinkinaseinhibitoren als auch nicht-systemische Maßnahmen wie Operationen und Strahlentherapie. Bei der Nachuntersuchung zeigte sich, dass 84,6% der Patientinnen und Patienten eine Krankheitskontrolle erreichten, wobei 68,1% dieser Fälle auf die durch PET/CT angestoßenen Managementänderungen zurückzuführen waren. Die Studie hebt hervor, dass [18F]FDG PET/CT ein wertvolles Hilfsmittel für Entscheidungen in der klinischen Praxis sein kann. 

 

Yingjun Zhi, Takahiro Higuchi, Stephan Hackenberg, Rudolf Hagen, Manuel Stöth, Agmal Scherzad, Andreas Buck, Rudolf A. Werner & Sebastian E. Serfling. [(18)F]FDG PET/CT can trigger relevant oncological management changes leading to favorable outcome in iodine-negative thyroid cancer patients. Endocrine, 84(2), 656-662 (2024). doi:10.1007/s12020-023-03645-8

Zur Publikation

Patienten mit Therapieänderungen nach [18F]FDG PET/CT, mit (A) systemischen und (B) nicht-systemischen Behandlungsanpassungen. Maximale Intensitätsprojektionen und transaxiale CT- und PET/CT-Abschnitte der Zielveränderungen werden ebenfalls angezeigt. Die Person in A zeigte mehrere Organbeteiligungen mit PET-positiven pulmonalen und knöchernen Befunden (im linken Becken), die auf den transaxialen CT- und PET/CT-Bildern dargestellt sind. Bemerkenswert ist, dass Lungenläsionen nur in den PET/CT-Bildern identifizierbar waren. Zusätzliche PET-positive hepatische Läsionen sind nicht auf den transaxialen Bildern zu sehen, aber auf der MIP sichtbar (Pfeile). Angesichts der durch [18F]FDG aufgedeckten ausgedehnten Erkrankung wurde dieser Patient für einen Tyrosinkinase-Inhibitor eingeplant. Patient B hingegen präsentierte sich nur mit zervikalen PET-positiven Lymphknoten (Pfeil, ebenfalls auf den transaxialen PET- und PET/CT-Bildern zu sehen), was zu einer Halsdissektion der [18F]FDG-aktiven Befunde führte. Beide Patienten zeigten bei der Nachuntersuchung eine kontrollierte Erkrankung. Quelle: Endocrine https://doi.org/10.1007/s12020-023-03645-8
Schnittstelle zwischen Kardioimmunologie, Herzgesundheit und Herzkrankheit

Noch gibt es keine eigene Fachgesellschaft, kein Publikationsorgan und keine regelmäßig stattfindenden internationalen Tagungen, die sich ausschließlich der aufstrebenden Disziplin Kardioimmunologie widmen.

Ein Anfang machte der Kongress Cardioimmunology 2022 im Kloster Ittingen in der Schweiz. Endete Juni richtete Würzburg den zweiten Kongress im Kloster Banz aus. Die Notwendigkeit, den interdisziplinären Austausch zu fördern, und die Begeisterung, mit der diese wegweisenden Veranstaltungen von einer wachsenden Kardioimmunologie-Community aufgenommen werden, hat die beiden Professoren Christoph Maack und Gustavo Ramos des DZHI dazu inspiriert, parallel zum Kongress in Würzburg ein Review-Kompendium in der Zeitschrift Circulation Research zu organisieren, das den Stand der Wissenschaft an der Schnittstelle zwischen Kardioimmunologie, Herzgesundheit und Herzerkrankungen zusammenfasst. Beiträge mit Würzburger Beteiligung gab es neben der Einleitung „Schnittstelle zwischen Kardioimmunologie, Herzgesundheit und -krankheit: Ein Kompendium“ (Gustavo Ramos und Christoph Maack) auch zum Thema „Reparatur des infarzierten Herzens: Zelluläre Effektoren, molekulare Mechanismen und therapeutische Möglichkeiten“ (Stefan Frantz), „Einzelzellbiologie im Herzen“ (Mona Litvinukova, Nachwuchsgruppenleiterin im SFB1525) und „Erforschung des T-Zell-Rezeptor-Repertoires bei Herzmuskelkrankheiten“ (Gustavo Ramos). Das Titelbild wurde von Professorin Katrin Heinze, Sprecherin des Rudolf-Virchow-Zentrums, gestaltet. 

 

Gustavo Campos Ramos, Daniela Čiháková, Christoph Maack, Sumanth D. Prabhu. Interface Between Cardioimmunology, Myocardial Health, and Disease: A Compendium. Circulation Research. Volume 134, Number 12 (2024). doi:10.1161/CIRCRESAHA.124.324871

Zur Publikation

Zur Pressemitteilung

Ralstonia pickettii –Blutstrominfektionen durch kontaminierte Kochsalzlösung?

Ralstonia pickettii ist ein Bakterium, das normalerweise nur sehr selten als Krankheitserreger nachgewiesen wird.

Im Jahr 2023 traten bundesweit, aber auch in einigen anderen Ländern, vermehrt Krankheitsfälle - überwiegend Blutstrominfektionen - mit Nachweis dieses Bakteriums auf. Erstmals konnte durch die Zusammenführung von klinischen, epidemiologischen und genomischen Daten durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des UKW und der Julius-Maximilians-Universität ein Zusammenhang zwischen der Häufung von invasiven Blutstrominfektionen mit Ralstonia pickettii in Deutschland und Australien hergestellt werden, der vermutlich im Zusammenhang mit kontaminierter Kochsalzlösung steht.

 

Manuel Krone, Vera Rauschenberger, Vera Blaschke, Heike Claus, Oliver Kurzai, Stefanie Kampmeier. Ralstonia pickettii bloodstream infections with potential genomic link to internationally distributed contaminated saline solution. Euro Surveillance;29(3) (2024). doi:10.2807/1560-7917.ES.2024.29.3.2400010

Zur Publikation