Würzburg. Die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und ärztlichem Personal ist im klinischen Alltag entscheidend für die Sicherheit der Patientinnen und Patienten, insbesondere in Notfallsituationen wie etwa bei einem Herzinfarkt oder einer Sepsis. Konventionelle Teamtrainings sind allerdings sehr ressourcen- und personalintensiv. Das Uniklinikum Würzburg (UKW) hat deshalb in den vergangenen sechs Monaten eine innovative Pilotstudie zum Virtual Reality (VR)-basierten interprofessionellen Teamtraining durchgeführt. In der geschützten Umgebung von VR-Simulationen konnten zwölf Tandems aus Medizinstudierenden und Auszubildenden der Pflegeberufe realitätsnahe Notfallszenarien üben, in denen effektive Kommunikation, klare Rollenverteilung und schnelle Entscheidungsfindung im Vordergrund stehen. Das Training erfolgte nach dem etablierten TeamSTEPPS-Programm, das weltweit zum Erlernen erfolgreicher Teamarbeit im Gesundheitswesen eingesetzt wird.
VR nimmt hohen Stellenwert als Lehrmethode ein
Aufgrund des großen Interesses wird das Konzept ab Januar 2025 an fünf weiteren Universitätskliniken in Deutschland ausgerollt. Dazu gehören die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Medizinische Hochschule Hannover sowie die Universitätskliniken in Homburg, Münster und Oldenburg. „Die nationale Ausweitung bietet uns die Chance, die Wirksamkeit des Trainings unter unterschiedlichen Bedingungen zu prüfen,“ sagt Prof. Dr. Sarah König, Leiterin des Instituts für Medizinische Lehre und Ausbildungsforschung am UKW. „Dass unser Konzept an so vielen Fakultäten auf Interesse stößt, zeigt den hohen Stellenwert, den VR als Lehrmethode mittlerweile einnimmt.“
Skalierbares Werkzeug, um Teamfähigkeit gezielt zu fördern
Dr. Tobias Mühling ergänzt: Sollte die Studie zeigen, dass interprofessionelle VR-Szenarien auch hier wirksam sind, hätten wir in Zukunft ein skalierbares Werkzeug, um Teamfähigkeit gezielt zu fördern. Tobias Mühling leitet die Lehrklinik am UKW und hat die Studie gemeinsam mit der medizinischen Doktorandin Marie Lehmann am Standort durchgeführt. Die Auswertung der multizentrischen Studie wird ab Sommer 2025 ebenfalls in Würzburg stattfinden.
Wie ist die Aufgabenverteilung in den Notfallszenarien? Grundsätzlich, so Mühling, können in den Notfallszenarien alle Aufgaben von allen Teilnehmenden durchgeführt werden. Die Teilnehmenden werden jedoch ermutigt, die Aufgaben zu übernehmen, die ihrer Rolle entsprechen. Das Pflegepersonal führt beispielsweise eine Ersteinschätzung und eine kurze Übergabe durch, überwacht die Vitalwerte und verabreicht auf Anweisung des ärztlichen Personals Medikamente. Ärztinnen und Ärzte veranlassen Differentialdiagnosen und therapeutische Maßnahmen, Konsile und Verlegungen.
Die Technologie für das Virtual-Reality-Training stammt aus einer Kooperation des Universitätsklinikums Würzburg mit dem Münchner Start-up-Unternehmen ThreeDee GmbH. Das entwickelte Notfalltrainingsprogramm heißt STEP-VR und wurde bereits in früheren Projekten eingesetzt, zum Beispiel im VR-OSCE und im kürzlich veröffentlichten Projekt zur Erfassung der Notfallkompetenz von Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern (Pressemeldung, Studie).
Finanzielle Unterstützung durch Vogel-Stiftung Dr. Eckernkamp
Tobias Mühling hatte für sein Projekt bereits den mit 25.000 Euro dotierten Forschungsförderpreis der Würzburger Vogel-Stiftung Dr. Eckernkamp erhalten. Für die multizentrische Studie hat die Stiftung weitere 10.000 Euro zur Verfügung gestellt. „Teilhabe am Leben durch Forschung – so lautet unser Stiftungsmotto, und dieses Projekt leistet genau das: Erkenntnisse aus der Forschung über technische Hilfsmittel in der Lehre letztlich direkt in die Anwendung am Menschen zu überführen. Und das auch noch in Notfallsituationen!“, so Dr. Gunther Schunk, Vorstand der Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp.